12/JPR XXVI. GP

Eingelangt am 05.07.2018
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Plessl

Kolleginnen und Kollegen

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend legistische Entstehung einer Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, grundsätzlich ausgelöst durch die Regierungsvorlage 15 d.B., Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden

Das Gesetzesvorhaben langte am 21.02.2018 im Nationalrat ein und wurde in der 10. Sitzung des Nationalrates am 28.02.2018 dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zugewiesen. Die Vorberatungen endeten mit dem Ausschussbericht 88 d.B. vom 05.04.2018.

Die Plenarberatung erfolgte in der 21. Sitzung des Nationalrates vom 20.04.2018, in welcher ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Herbert und Amon eingebracht und mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ in zweiter und dritter Lesung angenommen wurde.

Die Beratungen im Bundesrat erfolgten am 25.04.2018 im Ausschuss für innere Angelegenheiten sowie im Plenum am 26.04.2018, wo der Antrag keinen Einspruch zu erheben mehrstimmig angenommen wurde. Davor wurde der Einspruchsantrag von Bundesrat Pfister mit Mehrheit abgelehnt.

§ 53 Abs. 5 ermächtigt die Sicherheitsbehörden sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich auf Bild- und Tonaufzeichnungen zurückzugreifen; alle Einrichtungen mit öffentlichem Versorgungsauftrag sind sogar dazu gezwungen. Die so ermittelten Daten können für eine Reihe von Zwecken durch die Sicherheitsbehörden verarbeitet werden.

Die Regierungsvorlage sah diese Änderung bereits in Art. 1 Z 3 vor; in Art. 1 Z 15 war ein Inkrafttreten mit 01.03.2019 vorgesehen. Durch den gesamtändernden Abänderungsantrag wurden weitere Änderungen, nämlich Anpassungen an die Datenschutz-Grundverordnung, welche mit 25.05.2018 in Kraft treten sollten, vorgeschlagen.

Gleichzeitig beinhaltete dieser Abänderungsantrag einen Vorschlag für das Inkrafttreten der Bestimmung in Art. 1 Z 79, welche wie folgt lautet:

„79. Dem § 94 werden folgende Abs. 43 und 44 angefügt:

„(43) Die §§ 7 Abs. 4, 13a Abs. 2 bis 4, 25 Abs. 1, 35a Abs. 5, die Überschrift des 4. Teils, die §§ 51, 52, 53 Abs. 1, 2, 3a, 4 und 5, 53a Abs. 2, 5, 5a und 6 samt Überschrift, 53b, 54 Abs. 4b, 5, 6 und 7, 54b Abs. 1 und 3, 55 Abs. 4, 55a Abs. 4, 55b Abs. 1, 56 Abs. 1, 3 und 5, 57, 58, 58a, 58b Abs. 1, 58c, 58d Abs. 1, 58e samt Überschrift, 59 Abs. 1 und 3 samt Überschrift, 60 Abs. 2, 61, 63 samt Überschrift, 64 Abs. 2, 65 Abs. 2 und 6, 67, 68 samt Überschrift, 69 Abs. 2, 70 samt Überschrift, 71 Abs. 5, 73 Abs. 1 Z 5, 75 Abs. 1 und 2, 76,

80, 90, 91c Abs. 1 und 2, 91 d Abs. 3, 92a Abs. 1 und la sowie die Einträge im Inhaltsverzeichnis zum 4. Teil und zu den §§ 53a, 58e, 59, 63, 68 und 70 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 29/2018 treten mit 25. Mai 2018 in Kraft. Gleichzeitig treten die §§ 56 Abs. 2, 59 Abs. 2 und 65 Abs. 5 außer Kraft.

(44) Die §§ 53 Abs. 5, 84 Abs. 1 und 93a samt Überschrift sowie der Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 93a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 29/2018 treten mit 1. März 2019 in Kraft.““

Wie deutlich zu erkennen ist, hat der Nationalrat mit Mehrheit der Regierungsfraktionen ein doppeltes Inkrafttreten für § 53 Abs. 5 SPG beschlossen. Ein solcher Beschluss ist nach Ansicht des Hauses in ähnlichen Fällen verfassungswidrig, da der Nationalrat zum selben Sachverhalt zwei verschiedene und widersprüchliche Konsequenzen beschlossen hat. Auch der Parlamentsdirektion ist der Fehler in der Beschlussausfertigung nicht aufgefallen, weshalb nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler das Gesetz mit Bundesgesetzblatt 29/2018 veröffentlicht wurde.

Eine Abfrage im Rechtsinformationssystem des Bundes am heutigen Tag zeigt, dass der § 53 Abs. 5 nach Meinung des Rechtsinformationssystems bereits in der geänderten Fassung in Kraft ist. Hätte man diesen Widerspruch inhaltlich auflösen wollen, was nach strikter rechtspositivistischer Auffassung gar nicht zulässig ist, hätte man wohl auf das Inkrafttreten am 01.03.2019 zurückkommen müssen, wie dies auch in der Regierungsvorlage vorgesehen war.

Das Inkrafttreten mit 25.05.2018 ist auch aus dem Grund völlig systemwidrig, da wie jeder auf den ersten Blick sieht, dieser Tag auch das Inkrafttreten der DSGVO ist und daher die jeweiligen Anpassungen auch mit diesem Tag in Kraft treten sollten. Bei § 53 Abs. 5 handelt es sich in keiner Form um eine DSGVO-Umsetzung, sondern um einen neuen massiven Grundrechtseingriff in Österreich.

Schon in der Regierungsvorlage, auch im gesamtändernden Abänderungsantrag ist ein neuer § 93a SPG vorgesehen, der zum § 53 Abs. 5 Ausführungsbestimmungen beinhaltet, wie beispielsweise die Informationsverpflichtung von Rechtsträgern des öffentlichen und privaten Bereiches, die im Sinne dieser Bestimmung einen öffentlichen Ort überwachen. Dieser § 93a tritt aber nach der im BGBl verkündeten Fassung erst mit 15.03.2019 in Kraft. An diesem abweichenden Inkrafttreten wird die fehlerhafte Beschlusslage noch deutlicher.

Aus der Sicht des Fragenstellers ist daher die Beschlussfassung des neuen § 53 Abs. 5 mit einem verfassungsrechtlichen Makel durch das doppelte Inkrafttreten versehen. In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass in einem ähnlichen Fall falsche Zitierungen, die zu keinerlei rechtlichen Konsequenzen geführt hätten, Auslöser für eine neuerliche Beschlussfassung des Vorhabens war. In diesem Fall handelt es sich jedoch um einen groben Grundrechtseingriff auch gegenüber Privaten, der zu maßgeblichen Konsequenzen für jeden Rechtsunterworfenen führt. Aus all den erwähnten Überlegungen richten wir daher an den Präsidenten des Nationalrates folgende

Anfrage:

1.       Wie lautet die Inkrafttretensbestimmung für § 53 Abs. 5 SPG in der Regierungsvorlage 15 d.B.?

2.       Wie lautet die Inkrafttretensbestimmung für § 53 Abs. 5 SPG in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Herbert und Amon?

3.        Ist diese doppelte Inkrafttretensbestimmung für § 53 Abs. 5 SPG bei der Beschlussausfertigung aufgefallen und wurde die Beschlussausfertigung dennoch dem Bundespräsidenten weitergeleitet?

Oder ist diese doppelte Inkrafttretensbestimmung nicht aufgefallen, also quasi im Kontrollmechanismus durchgerutscht?

4.        Welche rechtlichen Überlegungen sind der doppelten Beschlussfassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 in der vorigen Gesetzgebungsperiode zu Grunde gelegt worden?

5.        Wie beurteilen Sie das Inkrafttreten des § 53 Abs. 5 SPG - scheinbar nach RIS mit

25.05.2018      - zunächst aus der Sicht der doppelten Inkrafttretensbestimmung, weiters im Hinblick auf das in der Regierungsvorlage vorgesehene Inkrafttreten mit 01.03.2019 und schließlich im Hinblick auf das Inkrafttreten des flankierenden § 93a SPG mit 01.03.2019?

6.        Wie verhält sich dies mit den Pflichten für jene privaten Betreiber, die über einen öffentlichen Versorgungsauftrag verfügen, solche Videoaufzeichnungen bereits jetzt führen, sie aber erst mit 01.03.2019 den Behörden melden zu müssen?

7.         Bedeutet dies, dass entgegen der 4wöchigen Löschungsfrist, die jedoch erst mit 01.03.2019 in Kraft tritt, diese nunmehr aufgezeichneten Daten ewig zu speichern sind?

8.        Welche Vorgangsweise werden Sie der Präsidialkonferenz in Hinsicht auf diesen offensichtlichen Fehler vorschlagen?