24/JPR XXVI. GP

Eingelangt am 26.02.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde
an den
Präsidenten des Nationalrates

betreffend Parlaments-Veranstaltung „Für ein Europa freier Völker und Volksgruppen" am

2.   März 2019

Begründung

Der Präsident des Nationalrates Mag. Wolfgang Sobotka und die Dritte Präsidentin des Nationalrates Anneliese Kitzmüller sowie der Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich und die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich laden gemeinsam anlässlich 100 Jahre nach dem 4. März 1919 zur Veranstaltung „Für ein Europa freier Völker und Volksgruppen" am Samstag, den 2. März 2019, um 11:30 Uhr in das Parlament in der Hofburg ein. So heißt es in einer Parlamentsaussendung.

Bei dieser Veranstaltung soll im Parlament in der Hofburg der Demonstration für „die Eingliederung ihrer Heimatgebiete in Böhmen, Mähren und Österreich-Schlesiens in die neu gegründete Republik Deutsch-Österreich" gedacht werden, so der Einladungstext. Und weiter: „Bei diesem Bekenntnis zu Österreich wurden 54 Männer und Frauen, Jugendliche und Greise durch die einschreitende tschechische Miliz getötet und über 100 weitere verwundet. Diesen Opfern für das Selbstbestimmungsrecht wird seither jährlich gedacht, um Mahnung und Wahrheit gleichermaßen in die Zukunft zu tragen."

Festredner bei diesem Gedenken ist der Historiker Lothar Hobelt, der schon mehrmals durch die Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut aufgefallen ist. Beispielhaft sei dafür angeführt:

         Sein Beitrag in einer Festschrift für den Holocaustleugner David Irving von 1999. Der von Reinhard Uhle-Wettler herausgegebene Sammelband „Wagnis Wahrheit" erschien Ende 1998 im bundesdeutschen, rechtsextremen Arndt-Verlag.[1]

         Das Profil berichtete über ein Zitat Höbelts aus dem Jahr 2018 bezüglich der Waffen-SS. In dem Artikel „Im Sinn der Umerziehung: Die Welt des Wilhelm Brauneder" wird Hobelt wie folgt zitiert: „In seiner Vorlesung über den 2. Weltkrieg teilte der Historiker Hobelt vorvergangene Woche seinen erstaunten Studenten mit, dass die ,Waffen-SS anfangs nichts anderes war als die Kinderfreunde der SPÖ'."[2]

Die Beteiligung des Nationalratspräsidenten und dessen Einladung zu dieser Veranstaltung sind besonders bemerkenswert, da wenige Tage zuvor, am 1. März, die Wanderausstellung des Russischen Bildungs- und Forschungszentrums „Holocaust" eröffnet wird. Der Titel: „Holocaust: Vernichtung, Befreiung, Rettung". Dort spricht dann unter anderem die Auschwitz-Überlebende Helga Kinsky. Auch dazu lädt der Nationalratspräsident ein.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.              Wie beurteilen Sie die in der Anfrage genannten revisionistischen Initiativen (ad Holocaustleugner und ad Waffen-SS) des eingeladenen Festredners Lothar Hobelt, insbesondere im Hinblick auf das Gedenken an den Holocaust?

2.              Was qualifiziert den von Ihnen geladenen Redner Lothar Hobelt zu einem Festvortrag zum Thema „Für ein Europa freier Völker und Volksgruppen"?

3.              Welche Überlegungen haben das Nationalratspräsidium bewogen, eine Veranstaltung in Erinnerung an eine Demonstration „für die Eingliederung Böhmens, Mährens und Österreich- Schlesiens" auszurichten?

4.              Wie verträgt sich dieses Gedenken an eine „Eingliederungsdemonstration" mit einem Bekenntnis zu der Unverletzlichkeit der Grenzen in der Europäischen Union und der entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtung?

5.              Warum wird im Rahmen der Veranstaltung die ambivalente Rolle vieler Vertriebener in ihren Heimatländern in der Zeit des Nationalsozialismus nicht thematisiert?

6.              Erfolgte eine ausdrückliche Einladung zu dieser Veranstaltung an die Botschaften von Tschechien, der Slowakei und Polen?

7.              Wenn nein, warum ist keine ausdrückliche Einladung erfolgt?

8.              Wurde in Vorbereitung der Veranstaltung überlegt, Rednerinnen und Redner aus den betroffenen Ländern mit einzuladen und deren Sichtweise zu integrieren?

9.              Wenn ja, woran scheiterte die Einladung zu einem Vortrag?

10.          Wenn nein, weshalb sind diese Sichtweisen für Sie nicht relevant im Hinblick auf die Themensetzung der Gedenk-Veranstaltung an die Eingliederungsdemonstration?

11.          Wie hoch sind die Kosten für diese Veranstaltung?

12.          Wurde ein Honorar mit dem Festredner vereinbart?

13.          Wenn ja, wie hoch ist das Honorar des Festredners Hobelt?



[1]     http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/jaenner-1999/festschrift- fuer-irving (25.2.2019).

[2] https://www.profil.at/oesterreich/wilhelm-brauneder-fpoe-kommission-9033454 (25.2.2019).