28/JPR XXVI. GP

Eingelangt am 09.04.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Freundinnen und Freunde

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend „Sabotage des BVT-Untersuchungsausschusses"

BEGRÜNDUNG

Am 20. April 2018 wurde der BVT-Untersuchungsausschuss eingesetzt. Untersuchungsgegenstand ist die politisch motivierte Einflussnahme durch Funktionsträger des Bundesministeriums für Inneres auf das BVT in den ersten beiden Funktionsperioden des BVT-Direktors vom 1. März 2008 bis 13. März 2018. Diese Zeitspanne umfasst die Amtsperiode des Präsidenten des Nationalrats als Bundesminister für Inneres und damit auch ihn selbst als Ausgangspunkt möglicher politischer Einflussnahme. Aus diesem Grund hat der Präsident des Nationalrates den gem. § 5 Abs 1 VO-UA vorgesehenen Vorsitz des U-Ausschusses an die zweite Präsidentin des Nationalrates abgegeben.

Im Zuge der ersten Ausschusssitzungen und Aktenlieferungen wurde evident, dass speziell die Lieferungen aus dem Bundesministerium für Inneres entweder sehr zögerlich von Statten gingen oder gar nicht erfolgten. Im Rahmen eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof wurde dies bereits erfolgreich eingemahnt.

Neben mangelhaften Lieferungen wurde aber auch das Instrument der Klassifizierung der Akten gemäß Informationsordnungsgesetz (InfOG) durch das BMI wiederholt missbraucht. Mehrfach wurden Lieferungen mit falschen bzw. pauschalen oder gesetzesfremden Begründungen höher klassifiziert als notwendig, um so die Aufklärung im Rahmen medienöffentlicher Sitzungen zu verhindern.

Aus diesem Grund wurde von den Abgeordneten der Nationalratsklubs JETZT, SPÖ und NEOS am 9. November 2018 erstmals ein Herabstufungsantrag gem. § 6 Abs. 1 InfOG beim Präsidenten des Nationalrates eingebracht. Gem. § 6 Abs. 2 InfOG entscheidet der Präsident über den Vorschlag nach Beratung in der Präsidialkonferenz. Es ergibt sich allerdings auch in dieser Funktion eine klare Vor­eingenommenheit des Präsidenten, da er über die Herabstufung von Akten entscheidet, die seine eigene Funktionsperiode im Bundesministerium für Inneres betreffen.

Im Zuge des U-Ausschusses kam es bereits zu einer nicht erfolgten Vorlage eines sogenannten „Kabi­nettsaktes" aus der Amtszeit des Nationalratspräsidenten im BMI. Die Nichtvorlage dieses Akts war Anlass für eine parlamentarische Anfrage (23/ABPR) und der betreffende Akt wurde erst nach Ein­bringung der parlamentarischen Anfrage vom Nationalratspräsidenten vorgelegt. Nunmehr zeigt sich, dass der Präsident des Nationalrates auch in seiner Funktion als Entscheidungsträger bei Herabstu­fungen von Aktenlieferungen gemäß § 6 Abs. 1 InfOG seiner Aufgabe nicht nachkommt und somit die Aufklärungsarbeit des BVT-Ausschusses bewusst verzögert.

Als Folge dieser Verzögerung und der Verhinderung gesetzlich verpflichtender Aktenlieferungen, ist auch die Vorsitzende des BVT-U-Ausschusses (die in Vertretung des Nationalratspräsidenten tätig ist) nicht in der Lage, ihre Funktion effektiv zu erfüllen. In letzter Konsequenz ist es dadurch dem Aus­schuss selbst kaum möglich, die Hintergründe der politisch motivierten Einflussnahme eingehend aufzuklären, da ihm die nötigen Akten entweder vorenthalten oder unbegründet so streng klassifi­ziert werden, dass eine medienöffentliche Behandlung nicht möglich ist. Dieser willkürlichen Akten­klassifizierung kann wiederum nur der Präsident des Nationalrates Einhalt gebieten, was dieser aber gezielt unterlässt, um die Aufklärungsarbeit des BVT-Ausschusses zu verzögern.

Die untätige Hinnahme von gesetzwidrigen Verschleppungstaktiken untergräbt die Würde des Natio­nalrates und lässt ihn zum reinen Spielball von Exekutive und Parteipolitik verkommen. Durch den Umgang des Präsidenten mit mangelhaften Aktenlieferungen droht das parlamentarische Aufklä­rungsinstrument des Untersuchungsausschusses zur Farce zu werden.

Die offensichtliche Voreingenommenheit sowie das mangelnde Aufklärungsinteresse des National­ratspräsidenten untergräbt die Würde des Hohen Hauses und sabotiert die Arbeit der Vorsitzenden des U-Ausschusses sowie der zuständigen Abgeordneten.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.              Warum wurden lediglich zwei von den insgesamt vier Herabstufungsanträgen, die am 9. No­vember 2018 eingebrachten wurden, einer näheren Betrachtung unterzogen?

1. a. Warum wurde bei jenen Akten, bei denen - unter Anführung einer ausführlichen Be­gründung - die Herabstufung von Stufe 4 auf Stufe 1 vorgeschlagen wurde, nur eine Herabstufung auf Stufe 3 vorgenommen?

1.b. Warum wurde bei jenen Akten, bei denen die Herabstufung von Stufe 2 auf Stufe 1 vor­geschlagen wurde, eine neuerliche konkrete Begründung des Ausschusses gefordert, wenngleich die ursprüngliche Klassifizierung auf Stufe 2 vom BMI selbst nur pauschal begründet war?

2.              Warum wurde von dem in der Präsidiale gemeinsam vereinbarten Ersuchen, die Lieferung XXVI. GP/3-US/Stufe 2/8-2018 und Lieferung XXVI. GP/3-US/Stufe 2/10-2018 auf Stufe 1 unter Abdeckung (Schwärzungen) der Informationen, die die Klassifizierung in Stufe 2 erforderlich machen, vorzulegen und für jede Abdeckung eine gesonderte Begründung zu liefern, abgegangen, bzw. wieso haben Sie widerstandslos hingenommen, dass das BMI dem Ersuchen nicht nachkommt?

3.              Warum gab es auf das Schreiben des BMI vom 8. Jänner 2019, in welchem das BMI an den bereits vorgenommenen Klassifizierungen wiederum ohne Begründungen festhält, keinerlei Einwand von Ihrer Seite und warum sind Sie dem gesetzwidrigen Festhalten an zu hohen un­begründeten Klassifizierungen nicht entschieden entgegengetreten?

4.              Warum gab es Ihrerseits keine Reaktion, als das BMI am 31. Jänner 2019 in einem weiteren Schreiben feststellte, dass es keine Herabstufung vornehmen werde und diese Feststellung wiederum nicht begründete?

5.              Warum gabt es Ihrerseits keine Reaktion, als das BMI am 14. März 2019 eine weitere Herab­stufung von Akten mit einer pauschalen Begründung, die jeglicher gesetzlicher Grundlage ent­behrte, ablehnte?

6.              Warum folgen Sie sämtlichen unbegründeten Klassifizierungen von Seiten des BMI wider­spruchslos und schließen sich auch Argumentationen an, die ohne gesetzliche Grundlage ge­troffen werden?

7.              Warum ist es möglich, dass seit Einbringen des ersten Herabstufungsantrages im November 2018 bereits mehr als vier Monate vergehen konnten, ohne dass den umfassenden und präzise begründeten Herabstufungsanträgen auch nur ansatzweise Folge geleistet wurde?

8.              Warum spielt das Informationsordnungsgesetz im bisherigen Umgang der Präsidialkonferenz mit den Herabstufungsbegehren des Untersuchungsausschusses eine derart untergeordnete Rolle?

9.              Halten Sie sich in diesen Fällen an die vom Innenminister geforderte Maxime, dass das Recht der Politik zu folgen habe und nicht umgekehrt?