69/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Doris Bund in der 6. Sitzung vom 20. September 2018

Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem "Eurofighter Typhoon" von Anfang 2000 bis Ende 2017 hat in seiner 11. Sitzung am 15. November 2018 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Doris Bund zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2018 11 15

 

                Mag. (FH) Maximilian Unterrainer                                           Anneliese Kitzmüller

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 

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Untersuchungsausschuss

zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

6. Sitzung/medienöffentlich

Donnerstag, 20. September 2018

Gesamtdauer der 6. Sitzung

10.06 Uhr – 16.19 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Mag. Doris Bund

Vorsitzender Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nun dem Verfahrensrichter zur Belehrung der Auskunftsperson über ihre Rechte und Pflichten sowie zur Durchführung der Erstbefragung das Wort übergeben. – Bitte sehr.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Frau Mag.a Bund! Mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter. Ich darf Sie als Erstes über Ihre Rechten und Pflichten belehren. Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem Eurofighter Typhoon als Auskunftsperson zum Thema°I – Unzulässige Zahlungsflüsse – angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß §°288°Abs. 1 und Abs. 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson und/oder der Vertrauensperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Herr Mag. Passer! Ich darf auch Sie als Vertrauensperson herzlich begrüßen und Sie neuerlich darauf hinweisen, dass es eine Beteiligung an der Straftat einer vorsätzlich falschen Aussage gibt. Auch die Fälschung von Beweismitteln oder der Gebrauch falscher oder gefälschter Beweismittel kann für Beteiligte strafbar sein.

Aufgabe der Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson. Sie dürfen jedoch keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben oder anstelle der Auskunftsperson antworten. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt, der rechts von mir sitzt, wenden.

Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz, das Ihnen zweifelsohne bekannt ist.

Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer voraussichtlich als Auskunftsperson im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss zu laden ist, wer die Auskunftsperson bei Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte und wer Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgibt oder anstelle der Auskunftsperson antwortet.

Frau Mag.a Bund, Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die, wenn möglich, die Gesamtdauer von 20°Minuten nicht überschreiten sollte. – Bitte.

Mag. Doris Bund: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Medienvertreter! Sehr geehrte Damen und Herren! Schönen guten Morgen! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich kurz vorzustellen und darzustellen, was meine Aufgaben bei der Inducon Industrieconsulting GmbH waren.

Mein Name ist Mag. Doris Bund, ich komme aus einer Familie mit drei Kindern. Mein Vater war Käsemeister, meine Mutter Buchhalterin. Schon in meiner Familie wurde mir vorgelebt, fleißig zu sein. Ich habe von meinen Eltern gelernt, was arbeiten heißt.

Ich bin seit 1992 Landesbedienstete und habe neben meinem Ganztagesjob beim Land Steiermark immer zusätzlich nebenbei etwas gemacht. Zuerst habe ich in Graz Jus studiert, und als ich 2003 mit meinem Studium fertig war, habe ich eine zusätzliche Herausforderung gesucht und habe dann für die Inducon Industrieconsulting GmbH gearbeitet.

Nachdem die Inducon im Jahre 2011 geschlossen wurde, habe ich mir wieder einen neuen Nebenjob gesucht. Ich habe die Ausbildung für Buchhaltung und Personalverrechnung gemacht und bin seit Herbst 2015 im Nebenberuf als Buchhalterin und Personalverrechnerin selbstständig tätig. Im Moment mache ich gerade nebenbei die Ausbildung zur Bilanzbuchhalterin, da mich Rechnungswesen und Steuerrecht immer schon interessiert haben.

Herr Hödl hat mir damals erzählt, dass er aus familiären Gründen seine Tätigkeit bei Magna beenden und sich selbstständig machen wollte. Er wollte eine Firma gründen, ein Unternehmen, und das war dann die Inducon.

Herr Hödl hat mich gefragt, ob ich für ihn im Rahmen einer Nebenbeschäftigung arbeiten möchte. Ich hatte Interesse. Ich hatte ja gerade mein Jusstudium beendet und habe, wie ich schon erwähnt habe, nach einer neuen Herausforderung gesucht, und so kamen wir ins Gespräch.

Meine Tätigkeit als Geschäftsführerin der Inducon Industrieconsulting GmbH habe ich meinem Arbeitgeber, dem Land Steiermark ordnungsgemäß im Vorhinein als Nebenbeschäftigung gemeldet. Ich habe das dazu notwendige Formular ausgefüllt und meinen Aufgabenkreis, den ich bei der Inducon bewerkstelligen sollte, genau beschrieben. Meine vorgesetzte Behörde hat mir dazu die Erlaubnis erteilt.

Ich war von der Gründung im Jahr 2004 bis zur Löschung im Jahr 2011 Geschäftsführerin der Inducon. Unternehmensgegenstand der Inducon war Unternehmensberatung, insbesondere die wirtschaftliche und technische Beratung auf dem Gebiet der Automobiltechnologie, aber auch österreichischen Unternehmen den Zugang zu internationalen Märkten und Kunden zu erschließen. Schwerpunkte waren industrielle Kooperationen, Technologietransfers, Offsets, Standortentwicklung, Infrastrukturvorhaben und Liegenschaftsprojekte.

Meine Tätigkeit als Geschäftsführerin war von Anfang an auf rein administrative Aufgaben beschränkt. Die operativen Tätigkeiten wurden von Herrn Hödl wahrgenommen. Ich hätte diese Aufgaben auch nie wahrnehmen können, da mir einerseits jegliche persönliche Kontakte dazu fehlten, ich mich darin nicht auskannte, und ich andererseits ja nach wie vor einen Ganztagesjob hatte und habe.

Ich war die einzige Angestellte der Inducon und habe mich daher um alle administrativen Tätigkeiten gekümmert und die Officearbeiten durchgeführt. Diese Aufgaben habe ich weisungsfrei erledigt. In die operativen Tätigkeiten war ich so gut wie gar nicht eingebunden; da befolgte ich die Anweisungen von Herrn Hödl.

In der Anfangsphase habe ich mich um den Aufbau der Büroinfrastruktur gekümmert, wie zum Beispiel die Entwicklung des Firmenlogos, die Gestaltung und Bestellung von Drucksorten, die Anschaffung der notwendigen Geschäftsausstattung wie PC, Drucker et cetera.

Im laufenden Betrieb waren meine Aufgaben die Abwicklung der ganzen Büroorganisation, Bank- und Postwege zu erledigen, die Vorbereitung der Buchhaltung, die Ablage der Geschäftsunterlagen und Abwicklung des Schriftverkehrs, das heißt, ich habe die E-Mails abgefragt, mit Herrn Hödl als wirtschaftlichem Eigentümer Rücksprache gehalten, entsprechend seinen Anweisungen Antwortschreiben konzipiert und nach seiner Freigabe verschickt.

Wir hatten ein Büro. Heute noch erinnere ich mich an die unzähligen Ordner an Geschäftsunterlagen, die ich heute auszugsweise mitgebracht habe. Nach Schließung der Inducon habe ich alle Unterlagen Herrn Hödl übergeben. Mit den Gegengeschäften selbst hatte ich nichts zu tun. Alle E-Mails, die dazu versandt wurden, habe ich nach Diktat beziehungsweise Anweisung verfasst. Inhaltlich hätte ich dazu auch nichts beitragen können.

Die Inducon hatte neben den Eurofighter-Geschäften mehrere Geschäftspartner. Mit einer slowenischen Firma wurden in erster Linie Industrieprojekte, die Privatisierung der verstaatlichen Industrie und Liegenschaftsprojekte im ehemaligen Jugoslawien abgewickelt. Eine Personalleasingfirma wurde bei der Kundenakquisition unterstützt.

Ein Geschäftspartner war Orbital, mit der es eine Zusammenarbeit in verschiedenen Projekten gab. Die Eurofighter-Gegengeschäfte waren lediglich ein Projekt von mehreren. Ein Beispiel, das mit Eurofighter nichts zu tun hatte, soweit ich mich erinnere, war ein Offsetgeschäft für General Dynamics in Portugal.

Betonen möchte ich, dass es mir nie in den Sinn gekommen wäre, dass irgendetwas nicht stimmen könne, wenn die Voraussetzungen, ob ein Gegengeschäft vorliegt, von einem Ministerium geprüft und bestätigt werden. Auch sonst gab es keine Spur von Anzeichen, dass irgendein Vorgang nicht korrekt wäre.

Fakt ist: Die Inducon war definitiv keine Briefkastenfirma. Die Inducon hat keine Zahlungen an Politiker oder Ähnliches geleistet. Die Eurofighter-Projekte wurden entsprechend dem Vertrag mit Orbital nach Anrechnung als Gegengeschäft durch das Wirtschaftsministerium abgerechnet.

Den Medien habe ich entnommen, dass Herr Hödl ein Dreivierteljahr vor Gründung seiner Inducon ein Geschäft identifiziert haben soll. Dazu kann ich nur sagen: Bis die Inducon tatsächlich am Papier existierte, vergingen Monate. Ich weiß noch, dass ich mit ihm Vorbereitungen getroffen habe, bevor ich beschäftigt und angestellt war. Ich erinnere mich auch, dass er von der Initiative Industrie und Offset und deren Vorbereitungen gesprochen hat und dass er schon einige Geschäfte hätte, die im Laufen wären. Welche genau das waren, hat er mir nicht gesagt.Soweit ich mich erinnere, haben wir auch Honorare an Berater, vor allem den Steuerberater, bezahlt. Diese Leistungen sind ja auch weit vor der Eintragung ins Firmenbuch entstanden. Ich denke, das ging sogar bis ins Jahr 2003 oder noch weiter zurück, aber genau weiß ich das nicht mehr. Da müsste man nachschauen.

Für mich ist das auch kein Widerspruch. Der Zeitpunkt der Eintragung ins Firmenbuch ist ja nur mehr der letzte Schritt bei einer GmbH-Gründung. Natürlich muss man bereits vorher, in der eigentlichen Gründungsphase, tätig werden und zum Beispiel Kunden und Aufträge akquirieren. Wie soll man denn sonst die Anfangskosten decken? Bei einer GmbH zahlen Sie von Anfang an Steuern, Miete, Möbel, Geräte et cetera, egal ob Sie etwas verdienen oder nicht. Und auch die Gründung hat damals 36 000 Euro gekostet. Wie soll das denn ohne konkrete Geschäfte, die in naher Zukunft abgerechnet werden können, gehen?

Ich bin inzwischen selbstständige Buchhalterin. Auch ich habe mir vor der Gründung meines Einzelunternehmens überlegt: Wer sind denn meine Kunden? Was verdiene ich? Was sind meine Ausgaben?, und habe mir erst dann den Computer und die Buchhaltungssoftware gekauft. Erst als all das erledigt war, habe ich eröffnet und das Gewerbe angemeldet. Natürlich habe ich dann ab diesem Zeitpunkt alle Umlagen und Beiträge zu zahlen gehabt.

Dass wir die Gegengeschäfte erst ein Jahr später abgerechnet haben, ist auch logisch. Es konnte nicht früher abgerechnet werden. Erst als das Wirtschaftsministerium das Geschäft geprüft und anerkannt hat und Orbital uns das mitgeteilt hat, erst dann konnten wir abrechnen.

Zu Domerfield kann ich Ihnen nichts sagen. Damit habe ich weder als Inducon noch als Doris Bund privat je irgendetwas zu tun gehabt. Ich kenne diesen Namen und die Vorwürfe, die mit diesem Unternehmen verbunden sein sollen, erst aus den Medien. Hubert Hödl hat die Domerfield mir gegenüber nie erwähnt.

Neben den Eurofighter-Geschäften hatten wir die Imecon als Partner. Mit dieser slowenischen Firma haben wir hauptsächlich Industrieprojekte und Liegenschaftsprojekte abgewickelt. Ich kann mich sogar erinnern, dass wir gemeinsam an Ort und Stelle waren und uns in Slowenien und in Kroatien Grundstücke für Projekte angesehen haben – ein Liegenschaftsprojekt war in der Nähe von Dubrovnik –, denn diesen Projekten wollten wir nachgehen. Wir haben direkt an Ort und Stelle die Gespräche mit der Imecon geführt.

Herr Hödl war zur damaligen Zeit eigentlich laufend unterwegs. Im Büro war er nur sporadisch, meist haben wir telefoniert. Ich weiß, dass er viel im Ausland war. Ich glaube, es war hauptsächlich Südosteuropa. Seine Reisen hat er sich selbst organisiert. Wir haben uns im Büro immer spätnachmittags und am Wochenende getroffen. Das lässt sich auch aus den E-Mails nachvollziehen, wenn man auf den Zeitpunkt schaut, wann diese verschickt worden sind.

Die Unterlagen, die ich mithabe, habe ich vor meiner Einvernahme durchgelesen. Ich habe heute Herrn Mag. Passer gebeten, Sie mitzubringen. Ich kann mich auch an Protokolle und PowerPoint-Präsentationen der Initiative Industrie und Offset erinnern. Eines davon aus dem Jahr 2004 habe ich auch heute mit. Da war interessanterweise von Vector noch gar keine Rede. Dort ist die Struktur, die das Geschäft in Österreich abwickeln sollte, nicht so wie auf der Tafel von Ihnen, Herr Dr. Pilz, dargestellt, sondern da gibt es eine Newco als Abwicklerin. Ich kenne weder Vector noch Newco, nicht dass Sie hier etwas falsch interpretieren. Vector kenne ich aus dem Fernsehen, von Ihnen und aus den Medienberichten, die Newco aus dem Protokoll der Initiative Industrie und Offset. Wie das jetzt zusammenpasst, müssen Sie die Leute von Eurofighter fragen.

Wenn der Vorwurf Briefkastenfirma erhoben wird, dann sage ich Ihnen, was ich unter einer Briefkastenfirma verstehe: Eine Briefkastenfirma ist für mich ein formal errichtetes Unternehmen, das zwar rechtlich existiert, aber tatsächlich keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, also keine Geschäftsräume und keine Betriebs- und Geschäftsausstattung hat, auch keine Geschäftspartner und keine konkreten Projekte.

Die Inducon hatte aber all das, sie hatte einen Computer, einen Drucker, ein Faxgerät, Verträge, Geschäftspartner und konkrete Projekte.

Letztendlich wurde die Inducon aufgrund einer Eigentümerentscheidung geschlossen.

Kurz vor diesem Termin, vor circa 15 Minuten, habe ich erfahren und wurde mir bestätigt, dass eine Sachverhaltsdarstellung gegen mich bei der Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist. Sie werden daher verstehen, dass ich deshalb von meinem Recht auf Entschlagung Gebrauch machen werde, weil ich die Vorwürfe, die gegen mich erhoben werden, gar nicht kenne. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke, Frau Mag.a Bund.

Bevor ich, wie es eigentlich der Regelfall wäre, mit der Erstbefragung im Namen des Herrn Vorsitzenden beginne, möchte ich sagen, dass auch mir, und soweit ich weiß auch dem Herrn Verfahrensanwalt, der Inhalt dieser Sachverhaltsbekanntgabe nicht bekannt ist und wir daher ebenso wie Sie nicht wissen, worum es dabei eigentlich geht.

Ich würde daher anregen, allenfalls eine kurze Unterbrechung zur Klärung der Situation zu machen.

*****

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, ich glaube, dass wir uns jetzt in einer etwas unangenehmen Situation befinden, und ich möchte dazu einen Vorschlag machen. Ich glaube, dass der Auskunftsperson nicht wirklich zuzumuten ist, in einer rechtlich für sie vollkommen unklaren Situation Fragen zu beantworten. Bis heute Früh sind wir alle davon ausgegangen, dass die Auskunftsperson Zeugin in einem Strafverfahren ist und auch eine Zeugenaussage gemacht hat, die uns ja allen aus den Akten vorliegt.

Jetzt gibt es eine Sachverhaltsdarstellung – das habe ich auch aus dem Radio erfahren –, die natürlich die Rechtssituation der Auskunftsperson beeinflusst. Der erste Schritt, um das zu klären, ist sicherlich, der Auskunftsperson die Möglichkeit zu geben, diese Sachverhaltsdarstellung mit ihrem Rechtsbeistand gemeinsam zu studieren und auch zu bewerten.

Das heißt, zweitens werden wir das jetzt bedauerlicherweise – ich halte das für eine ganz wichtige Befragung, und die hätten wir ohne jedes Problem heute durchführen können und möglicherweise auch ganz entscheidende Sachverhalte im Zusammenhang mit Magna, Ing. Hödl, Gegengeschäften, Vector, Orbital und so weiter klären können – in dieser Form möglicherweise nicht machen können. Ohne das Recht zu eröffnen, diese Sachverhaltsdarstellung zu studieren, um daraus Schlüsse zu ziehen, würden wir möglicherweise Rechte der Auskunftsperson verletzen.

Das ist eine der blödesten Situationen, die ich bis jetzt in Untersuchungsausschüssen erlebt habe. Herzlichen Dank (in Richtung Abg. Bernhard), Herr Kollege! Ich bin dafür, dass wir den Rest in einer - -

Wir alle haben die Hinweise aus der Zeugenbefragung, dass da nachzufragen ist, ob sie wen von EADS gekannt hat, ob sie die Firma Omesco gekannt hat und so weiter. Das ist ja trivial. – Okay, das müssen wir jetzt klären. Tut mir sehr leid.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Ich möchte schon auch noch ganz kurz dazu etwas sagen, denn ich halte diese Vorgangsweise, dass die NEOS eine Sachverhaltsdarstellung einbringen, auch für mehr als kontraproduktiv. Das ist ihnen natürlich unbenommen, aber beim Zeitpunkt, quasi unmittelbar vor der Befragung, da frage ich mich wirklich: Was ist der Zweck dahinter?

Wir sollten daraus, glaube ich, für die zukünftigen Sitzungen und Befragungen lernen. Das sollte man sich vorher überlegen. – Danke.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Damen und Herren! Das ist eine vollkommen neue Situation, die jetzt scheinbar durch einen Akt eines Mitglieds des Untersuchungsausschusses entstanden ist. Näheres ist mir auch nicht bekannt. Wir haben aber natürlich die Verpflichtung, die Ernsthaftigkeit eines Untersuchungsausschusses zu wahren. Deshalb müssen wir Frau Mag. Bund ersuchen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung steht, weil sie wirklich eine zentrale Auskunftsperson für viele Fragen darstellt, aber der heutige Tag einfach unpassend ist und es unzumutbar ist, dass wir hier Fragen stellen, die sie unter Umständen in diesem Ermittlungsverfahren, das vielleicht beginnen wird, in Verlegenheit bringen.

Ich halte das also aus unserer Sicht für einen vollkommen falschen Vorgang. Wir müssen versuchen, dass wir das reparieren, Herr Präsident, Herr Verfahrensrichter. – Danke.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Nachdem unsere Sachverhaltsdarstellung schon angesprochen worden ist: Einerseits bringen wir das Dokument natürlich in den Untersuchungsausschuss ein, andererseits haben wir schon eine andere juristische Auffassung gehabt, und zwar aus zweierlei Gründen.

Wir haben die Sachverhaltsdarstellung zum ehestmöglichen Zeitpunkt eingebracht, der für uns vorstellbar war. Dienstag stand das Protokoll des letzten Untersuchungsausschusses zur Verfügung. Wir haben dieses genutzt und am Mittwoch dann die Informationen weitergegeben.  Wir halten es für ein Gebot der Transparenz, dass wir, wenn Unklarheiten in unserer Tätigkeit im Untersuchungsausschuss zutage treten, diese auch melden. Das halten wir für unsere Pflicht.

Jetzt kann man natürlich – und ich verstehe Herrn Kollegen Pilz, der sehr viel Erfahrung hat – auch sagen, man nutzt die Taktik, die Auskunftsperson davor zu hören, und danach das schon vorher vorbereitete Schreiben einzubringen. Ich halte das aber für genauso schwierig, wie es so knapp vor einem Untersuchungsausschuss einzubringen.

Den Vorschlag, dass wir an diesem Punkt beenden und eine weitere Einladung zur Befragung aussprechen, unterstütze ich allerdings.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Eine Sachverhaltsanzeige unmittelbar vor einer Einvernahme einzubringen und der Auskunftsperson, ich sage einmal, die Möglichkeit zu geben, sich zu entschlagen, obwohl sie als Zeugin hier vorgeladen ist, ist für viele von uns – für fast alle, bis auf ganz wenige – nicht nachvollziehbar.

Wir wissen, in der Verfahrensordnung ist ganz klar geregelt – Herr Kollege, Sie waren ja schon im letzten Ausschuss, in dem wir immer wieder die Diskussion hinsichtlich des Grads, inwieweit wir die Justiz behindern, geführt haben –, wenn Anzeigen vorliegen, haben wir Probleme, Zeugen vorzuladen, denn sie stehen auch hier unter Wahrheitspflicht und müssen auch hier wahrheitsgemäß aussagen, sie können auch belangt werden.

Gerade diese Vorgangsweise, die Sie da gewählt haben, ist für uns alle nicht nachvollziehbar, denn Sie nehmen auch der Zeugin als Auskunftsperson die Chance, vielleicht das eine oder andere abzuklären und uns Antworten zu geben, wie sie etwas sieht. Wir verstehen nicht, warum Sie das gemacht haben. Es ist für uns wirklich nicht nachvollziehbar. Diese Handlungsweise ist genauso nicht nachvollziehbar, wie auch dass Sie eine Taskforce schlechtreden, was auch schon einmal passiert ist.

Herr Präsident, ich ersuche, dass man eine Vorgangsweise wählt, dass man zumindest in Zukunft – und das erwarte ich auch, wenn man gemeinsam Aufklärung will und gemeinsam einen Untersuchungsausschuss einsetzt – nicht solch einen Hinderungsgrund einbringt, denn wir werden jetzt daran gehindert, Fragen zu stellen.

Ich bin auch dafür, dass man diese Befragung zu einem späteren Zeitpunkt durchführt, denn wir wissen alle nicht, was eingebracht worden ist, welche Causa das genau umfasst. – Danke schön.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es zur Geschäftsbehandlung noch eine Wortmeldung? – Wenn das nicht der Fall ist, bitte ich die Fraktionsführer zu mir.

Ich unterbreche die Sitzung.

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(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.42 Uhr unterbrochen und um 10.55 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

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10.55

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sehr geehrte Abgeordnete! Werte Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben uns jetzt in der Fraktionsführerbesprechung gemeinsam darauf verständigt, dass uns die Befragung zu diesem Zeitpunkt aufgrund der rechtlichen Nichtmöglichmachung – sowohl im Sinne der Auskunftsperson als auch im Sinne der nötigen Informationsfindung – schlussendlich als nicht sinnvoll erscheint, da sowohl die Sachverhaltsdarstellung als auch die Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht vorliegen.

Das heißt aber nicht, dass die Auskunftsperson nicht mehr zu laden wäre, sondern dass Sie, Frau Mag. Bund, in dem Moment, in dem für den Ausschuss wieder dementsprechend mit Informationen zu rechnen ist, wieder als Auskunftsperson geladen werden und dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung zu stehen haben. (Die Auskunftsperson nickt.)

Das ist jetzt in gemeinsamer Beratung geschehen. Ich werde diese Vorgangsweise auch in der Präsidiale – für alle Klubs – ansprechen und noch einmal betonen, dass es sinnvoll ist, solche Befragungen schlussendlich nicht zu verunmöglichen, aus welchen Gründen auch immer. Diese mögen durchaus ehrenwert oder auch klar formuliert sein, aber ich glaube, wir teilen diese Einschätzung mittlerweile.

Mag. Doris Bund: Ich bedanke mich dafür, dass das Hohe Haus meine Rechte wahrt und mir die Möglichkeit gibt, den Sachverhalt zu prüfen. Sobald der Sachverhalt von der Staatsanwaltschaft geklärt ist, stehe ich für eine weitere Befragung gerne zur Verfügung, da ich auch sehr viel Zeit für die Vorbereitung verwendet habe. Danke schön!

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bedanke mich recht herzlich, Frau Mag. Bund.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr, bis zur Befragung der geladenen Auskunftsperson Dr. Schön.

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