201/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. DDr. Martin Balluch in der 29. Sitzung vom 6. März 2019

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. DDr. Martin Balluch zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2019 07 02

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 


 


 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

29. Sitzung/medienöffentlich

Mittwoch, 6. März 2019

Gesamtdauer der 29. Sitzung

10.02 Uhr – 19.37 Uhr

Lokal 7

 


Befragung der Auskunftsperson Mag. DDr. Martin Balluch

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich komme jetzt zur Belehrung der Auskunftsperson: Herr DDr. Martin Balluch, mir liegt ein Zettel mit Ihren Daten vor. Stimmen diese Daten? (Auskunftsperson Balluch: Ja!) – Danke schön.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem BVT-Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zu den Beweisthemen 1 – Datenverwendung –, 2 – Extremismus –, 4 – Kooperation – und 6 – Organisation – des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung. Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll.

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Herr DDr. Balluch, Sie haben gehört, dass Sie die Möglichkeit haben, ein nicht länger als 20 Minuten dauerndes Eingangsstatement abzugeben. Möchten Sie davon Gebrauch machen? (Auskunftsperson Balluch: Das möchte ich gerne, ja, bitte!) – Gut, dann erteile ich Ihnen jetzt das Wort. Bitte.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe mich schon seit ziemlich langer Zeit mit Tierschutz beschäftigt, bin seit 2002 der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken; davor habe ich Mathematik studiert und war Universitätsassistent in Wien, Heidelberg und Cambridge, auch bei Stephen Hawking. Anschließend habe ich noch Philosophie studiert und eine Arbeit über Tierschutz und Tierrechte als Dissertation abgegeben.

2002 wurde ich Obmann des Vereins gegen Tierfabriken und habe mich dann einer ganzen Reihe von Kampagnen angenommen, zentrale Kampagnen unWseres Vereins gegen Tierfabriken, die da waren: zunächst einmal die Kampagne für ein Bundes-Tierschutzgesetz und ein Verbot von Legebatterien; danach die Kampagne gegen eine Aufhebung des Singvogelfangverbots; danach die Kampagne für ein Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen; und dann die Kampagne für ein Verbot der Käfighaltung von Fleischkaninchen.

In all diesen Kampagnen, die ich hauptsächlich geleitet habe und wo ich meine ganze Zeit investiert habe, auch hauptberuflich investiert habe, gab es nicht eine einzige Straftat. Dennoch haben wir ab Beginn 2005 einen starken Gegenwind gespürt, das war also der Moment, wo wir ein Bundes-Tierschutzgesetz erreicht haben, wo die ÖVP als Regierungspartei sozusagen der politische Gegner war oder das Hindernis, dieses Bundes-Tierschutzgesetz oder auch das Legebatterieverbot durchzusetzen.

Dieser Gegenwind hat sich unter anderem in einem Artikel der „Salzburger Nachrichten“, glaube ich, 2005 gezeigt: In London war ein Anschlag der Islamisten, und das BVT wurde gefragt, was die Gefahr in Österreich ist. Islamismus ist keine Gefahr, wurde gesagt, der Tierschutz ist die größte Bedrohung der Gesellschaft. Das hat mich schon sehr verblüfft, zumal es in meinen Augen überhaupt keinen Anlass gab, dass das der Fall sein könnte.

Was haben wir da an Gegenwind gespürt? – Wir haben Demonstrationsverbot erhalten, und zwar ein grundsätzliches Demonstrationsverbot für Tierschutz in Graz, das dann letztlich 2008, glaube ich, der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat; aber es war natürlich ein gezielter Schritt, um unsere Aktivitäten zu verhindern. Es gab ein Demonstrationsverbot in Wien vor pelzführenden Geschäften, das der damalige Innenminister Platter auf eine parlamentarische Anfrage damit begründet hat, dass wir anonyme Bekennerschreiben auf unsere Website setzen – was falsch war, eine eindeutige Unwahrheit, vielleicht auch eine Lüge. Und er hat behauptet, wir seien gewalttätig oder es hätte gewalttätige Aktionen bei unseren Aktivitäten gegeben, was auch falsch war. Wir haben dann öffentlich gesagt, er ist ein Lügner, und er hat uns nicht geklagt. Wir konnten ja nicht das mit einer Zivilklage wieder richtigstellen.

Es gab dann auch ein ministerielles Schreiben an die Schulen, dass wir dort nicht mehr auftreten sollen, 2005, es gab ein Redeverbot für mich an der Universität, und plötzlich eine Finanzprüfung des Vereins gegen Tierfabriken.  Ich habe einen Antrag ans BVT gestellt, um die Daten, die dort gespeichert werden, von mir, zu erfahren. Ich habe dann eine Reihe von solchen Akten bekommen, die großteils geschwärzt waren. Es gab eine Überschrift, in der gestanden ist: Fax an das Finanzamt, ob dem Verein nicht die Gemeinnützigkeit entzogen werden kann. – Das heißt, diese Finanzprüfung über unsere Gemeinnützigkeit hat das BVT in Auftrag gegeben, was mich damals schon sehr verblüfft hat und was meinem Eindruck nach eindeutig eine politische Intervention war.

Mein Vater war sehr tief in der ÖVP, er hat mich von Anfang an, wie diese Kampagnen von uns gelaufen sind, gewarnt, dass das Konsequenzen haben könnte. Insbesondere war er sehr aktiv im Cartellverband und hat von da aus gesagt, dass man Cartellbrüder schützt, und wenn die sozusagen um Hilfe bitten, dann hilft man ihnen auch von einer politischen Machtposition aus.

Ab Oktober 2006, haben wir dann später erfahren, haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt begonnen. Bei einer Anfrage an die Justizministerin wurde gesagt, das war ein bürokratisches Versehen, dass das dieser Ermittler war. Auffällig für mich ist, dass er vom Mittelschüler-Kartell-Verband war, also auch hier ein Konnex zum Cartellverband.

Und warum gerade dieser Staatsanwalt, der das mit irrsinniger Besessenheit macht? Nicht zuletzt zeigte die sich darin, dass er bei meiner Hausdurchsuchung, die in der Nacht mit maskierten Männern mit einem Rammbock und gezogenen Schusswaffen stattgefunden hat, ein Filmteam dabei hatte, das ständig Livebilder in sein Auto geschickt hat, wo er zusehen konnte, wie ich da nackt aus dem Bett gezerrt werde und die Pistole an den Kopf gehalten bekomme, was für mich ja ermittlungstechnisch keinen Sinn macht, aber er hat sich das offensichtlich unbedingt anschauen wollen. Wie gesagt: vom Mittelschüler-Kartell-Verband.

Man hat dann ab April 2007 eine Sonderkommission gegründet, mit der Ausrede, Kleider Bauer sei irgendwie belastet. In Wahrheit hat sich im Verfahren herausgestellt, dass die dort angegebenen Schadenshöhen vollkommener Unsinn waren, und es wurde klargestellt, dass in meinen Kampagnen nie irgendeine Straftat begangen worden ist und daher ich eigentlich niemals eine Zielperson solcher Ermittlungen, wenn es um Kleider Bauer geht, gewesen sein könnte. Ich habe mit dieser Firma nie Kontakt aufgenommen, ich habe nie dort demonstriert, ich habe mit denen nie geredet, sie waren mir vollkommen wurscht. Ich habe bestenfalls von der Seitenoutlinie kommentiert, was da geschieht, aber ich habe nie eingegriffen und auch bei keinem Treffen irgendwem gesagt, was er dort tun soll.

Das wusste die Staatsanwaltschaft ganz genau, weil sie nämlich zwei Spitzel bei uns platziert hat, die uns geheim gehalten wurden, die ich nur mit Hilfe von Privatdetektiven, die ich letztlich selber zahlen musste, herausfinden konnte. Es wäre eigentlich von Gesetzes wegen die Verpflichtung des Staatsanwalts und der Polizei gewesen, uns das mitzuteilen, weil das natürlich entlastende Beweismittel sind; abgesehen davon hätten wir per Akteneinsicht davon wissen müssen. Das wurde uns verheimlicht, aber nicht nur uns, sondern auch der prozessführenden Richterin. Es wurde einfach gelogen, der leitende BVT-Beamte hat gesagt, es gab keine Spitzeloperationen ab 2008. Das war eine faustdicke Lüge, die seltsamerweise keine juristischen Konsequenzen hat, obwohl es im Urteil steht.

Der eine Spitzel war ein Polizeispitzel, die die Polizeischule gemacht hat und dann 16 Monate bei uns aktiv war und danach noch drei Monate per E-Mail ständig Nachfragen gestellt hat. Sie hat auch einen der Gefangenen im Gefängnis besucht, und sie war, wie ich später feststellen konnte, bei über 200 Aktionen des VGT dabei. Sie hat ununterbrochen mitgemacht, sie war drei Mal die Woche bei uns im Büro. Ich bin mit ihr in der Nacht zu Aktionen gefahren. Ich war bei Tierfabriken mit ihr, ich war wildplakatieren mit ihr, ich war bei Jagden mit ihr, und ich war auch in der Nacht Jagdeinrichtungen dokumentieren mit ihr. Sie hat das alles genau gewusst und aus der ersten Reihe beobachtet – und das wurde dann im Rahmen dieses Prozesses einfach in die Schublade geschoben.

Es gab auch einen zweiten Spitzel, eine Privatperson, die auch ab April 2007 für sechs Monate in unseren Verein geschleust wurde, die eine E-Mail-Adresse unseres Vereins bekommen hat und die auch versucht hat, bei uns angestellt zu werden.

In Konsequenz haben beide dann letztlich vor Gericht ausgesagt, aber erst, nachdem ich sie herausfinden konnte, und das war, nachdem schon zwei Drittel des Prozesses vorbei waren. Beide haben vor Gericht gesagt, es war überhaupt nix und sie verstehen überhaupt nicht, warum es diese Verfolgung gibt; es war keine Straftat, es war nicht einmal radikal. Sie haben überhaupt nicht verstanden, was die eigentlich von uns wollen. Sie haben sich gedacht: Die werden schon irgendetwas anderes haben!, aber etwas anderes hatten sie nicht.

Es gab eine ganze Reihe von Aspekten, warum dieser Prozess definitiv politisch war: die verweigerte Akteneinsicht, das Verheimlichen von Entlastendem. Dann haben wir Selbstanzeigeaktionen organisiert, wo wortwörtlich die Anklage selbst von anderen Personen angezeigt wurde, und es hatte keine Konsequenz. Normalerweise würde man erwarten, dass dann eine Anklage folgen muss.

Es gab gegen mich nur den Vorwurf von wegen E-Mails; es gab ein Statement in der Zeitung, dass komischerweise immer, wenn es gegen den VGT oder den Tierschutz geht, Geld da war, aber bei anderen Verfahren, gegen die Russenmafia zum Beispiel, bei anderen Ermittlungen nicht. Es war die Rede von Schutzgelderpressung, weil wir ein Gütesiegel für bessere Tierhaltung mit anderen Vereinen herausgegeben haben. Es gab fingierte Vorwürfe wie den Brand einer Jagdhütte in Zurndorf, der – längst erwiesen – ein Kaminbrand war, wo dann die Experten - -, ein neuer Experte gerufen und der Tatzeitpunkt um zwei Tage verschoben wurde, damit man das in irgendeiner Form als Tierschutzstraftat darstellen kann.

Es gab dann zwei Finanzprüfungen des VGT. Es wurden dem VGT für zehn Monate die gesamten Unterlagen und Daten entfernt. Sie wurden nicht kopiert und wieder zurückgegeben, wie das sonst üblich ist; wir konnten erst durch ein Gerichtsverfahren diese Daten zurückbekommen. Beide Finanzprüfungen waren wegen Gemeinnützigkeit. Sie wurden von Josef Pröll ausgelöst, und es gibt auch ein Dokument, das belegt, dass dieses nach Treffen mit der Sonderkommission zustande gekommen ist.

Es gibt auch Papiere zur Gründung der Soko, die von Peter Pilz veröffentlicht wurden, in denen eindeutig steht, es geht um keinen Sachschaden, es geht um ein Imageproblem der Firma Kleider Bauer – also dass man sie öffentlich als Tierquäler darstellt, was in einer Demokratie völlig legitim sein müsste. Es wird dort angegeben, dass die Beamten und Beamtinnen alle administrativen Maßnahmen gegen die Demonstrationen anwenden sollen. Wenn man eine kriminelle Organisation ist, würde man erwarten, dass Ermittlungen der Polizei nicht gegen legale Demonstrationen gehen. Und es gab Workshops und sogar Medientermine, die die Polizei oder das BVT zusammen mit unserem politischen Gegner oder den Firmen gemacht hat, um sie gegen unsere legalen und legitimen Kampagnen zu schützen.

Kaum sind wir dann nach dreieinhalb Monaten aus ungerechtfertigter U-Haft entlassen worden, gab es eine Presseaussendung des Innenministeriums, in der behauptet wurde, 62 Straftaten müssen uns zugeordnet werden. Davon war dann später nie mehr die Rede, das war ein rein politischer Schachzug, um uns in der Öffentlichkeit zu desavouieren. Man wollte das Image des Innenministeriums nutzen, weil man normalerweise sagt: Die können doch nicht einfach lügen! – Offensichtlich können sie das aber unter gewissen Voraussetzungen schon!

Kurz und gut: Es wird dann auch noch behauptet, es sei belegt, dass wir irgendwie schuldig wären, weil danach keine Straftaten mehr waren. – Erstens waren vorher keine, und wenn, dann Bagatelldelikte und aufgebauschte Sachen.

Danach war aber wirklich eine Straftat: Während des Prozesses ist nämlich eine Jagdhütte oder eine Hütte von Daniel Vasella von der Firma Novartis angezündet worden. Es gab dazu sogar ein Bekennerschreiben. Das war während des Tierschutzprozesses. Lustigerweise wurde uns das nie untergejubelt – also dass behauptet wurde, wir wären das gewesen. Das war aber wirklich eine schwere Straftat, weil das ein Wohnhaus von jemandem gewesen ist, das angezündet wurde, weil er der Direktor einer Tierversuche unternehmenden Firma ist.

Ein anderes Beispiel für eine kriminelle Straftat, die danach stattgefunden hat, wahrscheinlich nicht vom Tierschutz, ist der Schweinelawinenversuch in Vent im Ötztal. Dort haben wir protestiert und haben versucht, den Versuch zu verhindern; das war auch mitten während dieser Prozesszeit. Da gab es eine Bombendrohung dagegen, die natürlich nicht von uns stammt, wo nie behauptet wurde, das sind wir. Diese Straftaten sind aber viel schlimmer als alles, was vorher gesagt wurde. Also wenn irgendetwas, dann hat dieser Prozess Straftaten ausgelöst, aber jedenfalls nicht gegen sie ermittelt oder verhindert.

Faktum ist, dass es ständig Schäden gegen den VGT gibt. Faktum ist, dass auch in dieser Zeit und auch vor Kleider Bauer Schäden gegen den VGT verursacht wurden. Faktum ist, dass Menschen, die vor Kleider Bauer friedlich demonstriert haben, von Schlägern, die dafür bezahlt wurden, die das auch zugegeben haben, angegriffen und verletzt wurden. Faktum ist, dass bei uns die Schlösser verklebt, die Autos beschmiert, die Fensterscheiben eingeschlagen und die Reifen aufgestochen wurden. Da wären Straftaten gewesen, die man hätte verfolgen können, aber komischerweise war das niemandem wichtig.

Faktum ist auch, dass für mich durch den Prozess ein Sachschaden von 500 000 Euro entstanden ist, trotz erwiesener Unschuld, und ich nie Schadenersatz bekommen habe. Ich musste immerhin 14 Monate eine anwaltliche Vertretung bezahlen. Ich musste 14 Gutachter bezahlen, die diese verrückten Gutachten der Staatsanwaltschaft aushebeln mussten. Und ich musste auch noch die Privatdetektive bezahlen, um etwas, was mir zugestanden wäre, nämlich die Information über diese Spitzel, herauszufinden.

Faktum ist, dass die Richterin, kaum hatte sie diese Spitzel einvernommen, das Verfahren eingestellt und die letzten Zeugen der Anklage nicht mehr gehört hat. Das heißt: Hätte man diese Spitzel von Anfang an gekannt, wäre von Gerichts wegen dieses Verfahren längst eingestellt worden. – Also auch das ein politischer Schachzug.

Damit hat leider diese Verfolgung nicht geendet, es ist zwar stark zurückgegangen, aber als ein Beispiel von vielen: Es gab irgendjemanden, der in eine Putenfabrik im Burgenland eine Kamera gehängt hat, und das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung im Burgenland hatte keine bessere Aufgabe, als zwei Monate lang zurückzuverfolgen, wer solche Kameras in Österreich gekauft hat, und dann Menschen einzuvernehmen, die das getan haben, obwohl diese Kamera nichts anderes tut, als Fotos von Tieren aufzunehmen, was komplett harmlos und auch im öffentlichen Interesse ist, weil die Menschen wissen wollen, wie es diesen Tieren geht. Sie wollen auch entscheiden können: Ich kaufe das oder ich kaufe das nicht!, und aus der Fleischwerbung lernt man das nicht. – Vielen Dank.

 Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Ich ersuche jetzt Sie, Herr Dr. Strauss, gleich mit der Erstbefragung der Auskunftsperson zu beginnen. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Einige der Fragen, die ich mir aufgeschrieben habe, haben Sie schon in Ihrem Statement beantwortet.

Ich frage Sie zusätzlich: Wann haben Sie erstmals davon erfahren, dass Überwachungsmaßnahmen gegen Sie angeordnet und durchgeführt worden sind?

Mag. DDr. Martin Balluch: Konkret habe ich das erfahren, also sozusagen bewiesen und belegt, dadurch, dass jemand um 5 Uhr in der Früh meine Wohnungstür eingeschlagen, sich maskiert neben mein Bett gestellt und mir eine Pistole an den Kopf gehalten hat. Davor war davon nichts zu merken beziehungsweise jedenfalls nicht belegt zu bemerken.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann war das?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das war der 21. Mai 2008.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann und wie haben Sie davon erfahren, dass eine Soko, eine Sonderkommission, eingesetzt wurde?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das weiß ich nicht mehr genau, aber vermutlich in den Tagen danach. Ich bin von dieser Hausdurchsuchung direkt ins Gefängnis gebracht worden, ich war sechs Tage isoliert und habe überhaupt keine Information gehabt; und danach, vermutlich, wurde mir das dann irgendwann einmal mitgeteilt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie Wahrnehmungen zu einer möglichen politischen Einflussnahme im Zusammenhang mit der Gründung der Soko Bekleidung?

Mag. DDr. Martin Balluch: Persönliche Wahrnehmungen nicht, aber ich habe, wie gesagt, den Akt gelesen, und ich habe als persönliche Wahrnehmungen jene Sachen, die ich auch erwähnt habe, und noch mehrere, die zeigen, dass es hier nicht um eine Ermittlung einer Straftat gegangen ist, weil man mir auch nie eine vorgeworfen hat, außer Chef einer kriminellen Organisation zu sein, die seit 1988 interessanterweise Tierschutzkampagnen führt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie den Eindruck – ich frage jetzt bewusst nach Ihrem Eindruck –, dass die Einsetzung der Soko Bekleidung politisch motiviert war, und wenn ja: Woran machen Sie diesen Eindruck fest?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, das ist eine Frage, die sehr lang zu beantworten ist, aber ich habe das eh in meinem Statement am Anfang versucht: Ich mache den Eindruck – wenn ich das noch einmal zusammenfassen darf – daran fest, dass wir, kaum war unsere erste richtig erfolgreiche Kampagne unter Dach und Fach und es gab ein Bundes-Tierschutzgesetz und ein Legebatterieverbot, kaum war das geschehen, plötzlich ganz starken Gegenwind bekommen haben, obwohl in dieser Legebatteriekampagne überhaupt keine Straftat von irgendeiner Relevanz geschehen ist, sondern eben lediglich klassische Aktionen des zivilen Ungehorsams.

Diese Aspekte habe ich erwähnt: Es hat begonnen mit diesem BVT-Interview in der Zeitung, dass Tierschutz die größte Gefahr für die Gesellschaft wäre, und war dann auch zu spüren durch die Demonstrationsverbote, die vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden, in den Aussagen von Innenminister Platter, der einfach behauptet hat, wir seien gewalttätig, in aller Öffentlichkeit.

Uni-Redeverbote: Ich habe mit dem Vizerektor, der für Gebäude zuständig ist, darüber gesprochen, und er hat gesagt, es wurde ihm mitgeteilt – und das kann nur das BVT gewesen sein –, dass ich ein Sicherheitsrisiko sei und deswegen dort nicht mehr reden dürfen soll, nicht einmal in Seminaren. Und es gab diesen Brief an die Schulen, der verhindern sollte, dass wir mit Schülern und Schülerinnen sprechen.

Es gab die Finanzprüfung, die schon sehr seltsam war, weil erstens vom BVT ausgelöst, wie wir durch dieses Fax wissen, und weil zweitens die Finanzprüfung sich ausschließlich dafür interessiert hat, wie viele T-Shirts wir verkaufen. Also es ist darum gegangen, zu zählen, wie viele T-Shirts und wie viele Häferln mit Tierschutzbotschaft wir verkaufen, um festzustellen, ob wir nicht eine verdeckte Firma sind, die eigentlich T-Shirts und Häferln verkauft und nicht Tierschutz betreibt und damit nicht gemeinnützig sind.

Wäre dieser Schachzug gelungen, uns die Gemeinnützigkeit zu entziehen, wären das 700 000 Euro Rückzahlung – an Schulden, an Steuern – gewesen, und das wäre vernichtend für den Verein gewesen. Das war also ein ganz gezielter Schritt, um den Verein auszuschalten.

Das alles sind für mich Aspekte, die klar belegen, dass von Anfang an, dass noch vor Kleider Bauer und vor irgendwelchen Ermittlungen durch diesen konkreten Staatsanwalt schon jemand in diesem politischen Umfeld, der also offensichtlich ein Interesse hat, dass Tierschutz keine erfolgreichen Kampagnen führt, jemand von dort das Ganze inszeniert und die Fäden zieht und alle möglichen Gruppierungen gegen uns in Stellung bringt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Das führt schon zur nächsten Frage: Haben Sie Wahrnehmungen, von wem, von welcher Stelle diese Motivation ausgegangen ist?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe auf jeden Fall die Wahrnehmung, dass Herr Innenminister Günther Platter solche Behauptungen von sich gegeben hat, die eindeutig unwahr waren. Wir haben auch den Volksanwalt eingesetzt; das war, glaube ich, damals Terezija Stoisits, und die hat mit ihm gesprochen und hat ihn auch angeschrieben. Er dann einfach gesagt - -, er hat das irgendwie herunterzuspielen versucht. Er hat aber jedenfalls zugegeben, dass es falsch ist, nur ist das natürlich dann nicht mehr an die Öffentlichkeit gekommen, im Gegensatz zu seinen Statements, die monatelang verhindert haben, dass wir Demonstrationen für den Tierschutz durchführen können. Also da habe ich Minister Platter sozusagen direkt erlebt.

Und ich habe diesen Brief von Herrn Pröll als Finanzminister ans Finanzamt gesehen, dass sie uns die Gemeinnützigkeit entziehen sollen, weil in seinen Augen ein Kampagnenziel von uns, nämlich die Abschaffung der Jagd, nicht gemeinnützig sein kann, weil doch ein für ihn, in seinen Augen relevanter Teil der Gesellschaft für die Jagd sei und das daher nicht gemeinnützig wäre. Eine objektive Prüfung der Beamten und Beamtinnen hat ergeben, dass wir sehr wohl gemeinnützig sind. Also da war offensichtlich jemand interessiert, uns diese Gemeinnützigkeit zu entziehen und damit auch einen großen Schaden anzurichten.

Und mir fällt das Unterrichtsministerium ein, das eben einen Brief an die Schulen verfasst hat, um zu verhindern, dass wir dort über Tierschutz reden, vollkommen harmlos und kinderkonform. Das weiß ich deswegen, weil mir mehrere Schuldirektoren seinerzeit – ich glaube, 2005 – diesen Brief gegeben haben.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, welche Rolle das BVT und das LVT Wien bei den Ermittlungen spielten?

Mag. DDr. Martin Balluch: Na ja, die Chefs dieser Soko waren vom BVT und vom LVT Wien, und diese Aussage in der Zeitung, 2005, war vom BVT, und ein BVT-Spitzel war schon 2001 – wie sich aus dem Akt ergibt – bei einer unserer Veranstaltungen. Also das BVT hatte offensichtlich ein großes Interesse an uns.

Ich habe auch, wie gesagt, eine Anfrage nach dem Datenschutzgesetz über die von mir gespeicherten Daten gestellt, und da wurden mir sehr viele Files geschickt, die halt alle geschwärzt waren, wo ich nur aus der Überschrift entnehme, dass sie bei sehr vielen Demonstrationen und Aktionen dabei waren und dort beobachtet haben, dass ich ebenfalls teilgenommen habe. Also da habe ich gemerkt, dass offenbar ein erhöhtes Interesse seitens dieses Vereins an mir und an meiner Person vorgelegen ist.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie Wahrnehmungen zu einer möglichen politischen Einflussnahme des BVT und des LVT Wien auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Verfahrens?

Mag. DDr. Martin Balluch: Eine politische Einflussnahme: Es gibt einen Experten für politische Prozesse in Österreich, er heißt Walther Rode und war um 1900 Rechtsanwalt. Er hat geschrieben, wie politische Prozesse aussehen, also politisch motivierte Prozesse, wo Straftaten sozusagen eine Nebenrolle spielen, sondern nur als eine Art Züchtigungsmaßnahme dienen. Die Thesen, die er aufgestellt hat, findet man alle in diesem Prozess wieder: keine konkreten Vorwürfe von Straftaten, Verheimlichen der Akteneinsicht und Aufblähen politischer Meinungen durch Pseudo-E-Mails, die vollkommen aus dem Kontext, aus dem emotionalen und dem fachlichen Faktenkontext gerissen vorgelegt werden, um irgendwelche radikalen Meinungen zu konstruieren, die nicht vorgelegen haben.

Wenn man sich das genau anschaut, dann sieht man das in vielerlei Hinsicht erfüllt, eben die verweigerte Akteneinsicht und auch die Finanzprüfungen. Man muss sich vorstellen: Dieses BVT nimmt unsere gesamte Datenbank, also jeder Kontakt zu Spendern und Spenderinnen ist unmöglich, gibt uns das nicht zurück, und zwar weil wir angeblich möglicherweise Kinderpornografie bei diesen Daten hätten und man uns diese daher nicht wiedergeben kann, auch wenn sie kopiert sind; und dann muss man per Gericht erreichen, dass diese Daten zurückgegeben werden. Ein Richter hat dann irgendwann gesagt: Okay, jetzt müssen sie zurück! Das war nach zehn Monaten, und am nächsten Tag kommt die Finanzprüfung und trägt die Buchhaltung schon wieder davon und macht eineinhalb Jahre Finanzprüfung! – Das ist klassisches Vorgehen in autoritären Systemen gegen Dissidenten. So läuft das in Russland.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Der zuständige, der fallführende Staatsanwalt war Mag. Wolfgang Handler. Ist das richtig?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Können Sie nachvollziehen, weshalb Sie von der Staatsanwaltschaft als Teil einer kriminellen Organisation angesehen wurden?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Insbesondere hat er seine Ermittlungen begonnen, bevor wir unsere – also wir als VGT, ich nicht, persönlich – Kampagne gegen Kleider Bauer begonnen haben, die dann später irgendwie als Aushängeschild für diese Begründung der Ermittlungen von ihm herangezogen wurde. Aber sein seltsames persönliches Interesse an mir - - zum Beispiel durch diese Filmaufnahmen während meiner Hausdurchsuchung: Es ist ja vollkommen ungewöhnlich, dass ein Staatsanwalt im Auto sitzt und sich anschaut, wie sozusagen der Mensch, den er unbedingt ins Gefängnis bringen will, aus dem Bett gezerrt wird, nackt, und vollkommen erniedrigt wird. Das ist schon seltsam, finde ich.

Dann hat er mich zu sich gerufen, sie haben mich zu ihm gebracht, und dann hat er mir gesagt, ich werde jetzt im Gefängnis verschwinden. Ich habe ihn gefragt: Warum? – Und dann hat er gesagt: Das wissen Sie ganz genau! Und das ist das Typische, was mir dann sechs Tage lang in meiner Isolation, bevor ich irgendetwas wusste, ständig wiederholt wurde: Sie wissen es eh ganz genau! – Ja, wenn man nichts konkret vorzuwerfen hat, dann sagt man das; und das hat er getan.

Er hat auch gelogen. Es wurde mir ein GPS-Sender aufs Auto montiert, und er hat behauptet, diese Daten würden zeigen, dass ich Anschlagsziele abfahre; das hat er öffentlich gesagt. Und das stimmt überhaupt nicht. Wir haben diese Daten zwar nie bekommen, aber ganz am Schluss des Prozesses hat dann die Richterin doch durchgesetzt, dass uns die Polizei die GPS-Trackerdaten geben muss, und da hat sich herausgestellt, ich bin nie irgendein Anschlagsziel abgefahren. Das war so eine rein propagandistische Erfindung.

Wenn ich mir das anschaue: Warum macht ein Staatsanwalt, noch dazu vom Cartellverband, so etwas, warum macht er das gegen einen Tierschutzverein und gegen Tierschützer, die sich engagieren? Da frage ich mich schon: Wie kann sich das anders erklären lassen als durch einen - - durch politische Motivation. Der kennt mich persönlich ja gar nicht, also warum sollte er lügen, um mich öffentlich schlecht darzustellen, außer aus politischer Motivation heraus?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Verletzung Ihres Rechts auf Akteneinsicht haben Sie schon angesprochen. Haben Sie Wahrnehmungen zu anderen Unregelmäßigkeiten im Rahmen des Ermittlungs- und des Strafverfahrens? Wenn ja, welche?

Mag. DDr. Martin Balluch: Sehr, sehr viele. Ich bin jetzt nicht in der Lage, die alle aus dem Kopf wiederzugeben, aber zum Beispiel dieser Fall mit dem angeblichen Brand einer Jagdhütte in Zurndorf: Ich bin damals von einem Passanten aufmerksam gemacht worden, dass dort eine illegale Fasanerie ist, weil zu dem Zeitpunkt, wie ich dort war, die Fasane längst hätten ausgesetzt sein müssen. Ich bin also dort hingegangen, habe mich vor der Fasanerie gefilmt und habe von dort aus die Behörde angerufen, um eine amtstierärztliche Kontrolle dieser Fasanerie durchzuführen. Herr Landauf von der Soko hat am Telefon zugehört, weil er mich zu der Zeit abgehört hat, hat dann umgehend die Jäger gewarnt, dass sie diese Fasane entfernen sollen, weil am nächsten Tag die Kontrolle der Behörde kommt. Er hat also das Aufdecken einer Verwaltungsstraftat verhindert, indem er da einfach seine Informationen weitergegeben hat; und er hat dann festgestellt, dass ich zu der Zeit dort war.

Zwei Tage vorher hat in demselben Wald, dem Eichenwald bei Zurndorf, eine Jagdhütte gebrannt. Daraufhin hat sich die Soko die Daten zu diesem Jagdhüttenbrand geben lassen; also Monate später. In diesem ursprünglichen Akt steht, das Ganze hat gebrannt, an einem Tag – ich weiß jetzt nicht mehr genau, welchen –, sagen wir dem 11. November, und das Feuer wurde um 19.09 Uhr von einem Polizisten gesehen. Ein Experte hat nachher gesagt, das war höchstwahrscheinlich ein Kaminbrand. Die Soko nimmt sich den Akt, verändert die Tatzeit – plötzlich steht dort: zwischen 11. und 13. November –, wohl wissend, dass ich am 13. November dort war, um diese Fasanerie anzuzeigen, und sagt dann auch noch - -, ein neuer Gutachter, ein neuer Experte von ihnen sagt: Es könnte auch eine Brandstiftung gewesen sein.

Später im Prozess hat sich herausgestellt, das war es natürlich nicht, weil die den Kamin nicht gesäubert haben und vor diesem Brand ein großes Fest mit sehr viel Feuer gemacht haben, und dass das eindeutig ein Kaminbrand war. Aber die Soko hat das gezielt falsch dargestellt. Sie hat einen Experten hingebracht, der ihre Meinung vertritt oder auch den ursprünglichen Experten aufhebt, und sie hat den Tatzeitpunkt geändert, sodass ich plötzlich zur Tatzeit am Tatort war, obwohl das zwei Tage vorher war. Man kann das im Akt genau verfolgen, wie das plötzlich geändert wurde.

Das ist eines von wirklich vielen Dingen, aber ich meine, ich kann gerne auch noch viele mehr bringen: Zum Beispiel habe ich einen Reader verfasst über das, wie ich es nenne, Denunziationsklima. Da geht es darum, dass man sich gegenseitig beschuldigt, diese und jene - -, und zwar überhaupt nicht Straftaten, sondern dass man sich gegenseitig beschuldigt, nicht – was weiß ich? – tierschutzkonform genug zu sein oder auch nicht menschenrechtmäßig genug zu sein. So etwas gibt es in sozialen Bewegungen viel, und ich habe dagegen argumentiert, dass man das macht, und ich habe gesagt: Lasst lieber ein bissel Toleranz walten und erwartet nicht, dass alle genauso denken wir ihr!

Diesen Reader hat die Sonderkommission genommen und daraus zitiert und diese Zitate an das Gericht weitergegeben, für meinen Schrieb, für meine Gedankenwelt. Und da ist auf meinem Reader gestanden: So soll es nicht sein – Doppelpunkt –:, und dann war eine Beschreibung von jemandem, der andere drangsaliert und sagt, sie sollen genauso sein, wie er sich das ideologisch vorstellt, oder gehen. So soll es nicht sein! Dieses: So soll es nicht sein!, hat die Soko gestrichen, sodass es wirkt, als wäre ich jemand, der will, dass unbedingt alle genau meiner Meinung folgen und genauso handeln wie ich. Dabei sagt das ganze Pamphlet das konkrete Gegenteil. – Das ist also wieder einer von vielen Beweisen.

Herr Landauf hat zum Beispiel englische Artikel von mir genommen, in denen ich geschrieben habe, ich habe in einer Legebatterie gefilmt. Er hat das von Englisch auf Deutsch übersetzt mit den Worten: Ich habe eine Legebatterie überfallen. Dann habe ich geschrieben: Ich habe eine Nerzjagd sabotiert – das ist ein englischer Begriff dafür, dass man diese Hetzjagden auf Nerze verhindert –, und er hat das übersetzt mit: eine Nerzfarm sabotiert. Und dann gab es einen Vorfall, wo ich 200 Euro Strafe bekommen hätte, mir das aber nachgelassen wurde. Er hat das übersetzt mit: zwei Jahre Gefängnis wurden mir nachgelassen. – Also es war ständig übertrieben, ständig falsch dargestellt, aus Versehen falsch übersetzt, damit Gerichte den Eindruck gewinnen, ich bin irgendwie ein gefährlicher Mensch. In Wahrheit war das aber einfach gezielt entstellt; einfach die Fakten falsch dargestellt.

Eines der erstaunlichsten Dinge ist ja dieser Vorfall mit einer UVS-Richterin – den darf ich vielleicht auch noch kurz schildern, um das darzulegen –: Es gab – ich weiß nicht mehr, wann, möglicherweise 2005 – eine Aktion bei einer Treibjagd in Böheimkirchen, bei der ich nicht war, und letztlich hat die Behörde Strafbescheide an alle Menschen geschickt, deren Autos dort gestanden sind. Das waren acht Personen, glaube ich, und jeder hat 200 Euro Strafe bekommen: für Betreten eines Treibjagdgebiets während einer Jagd. Dagegen wurde berufen, und die UVS-Richterin in St. Pölten hat alle befragt – die Jägerschaft und die Fahrer und Fahrerinnen –, hat festgestellt, man kann nicht nachweisen, dass sie dort waren, und hat alle diese 200-Euro-Strafbescheide aufgehoben.

Ich habe das in einem privaten E-Mail kommentiert – ich war weder in dem Verfahren noch bei dieser Aktion dabei –, ich habe nur gesagt: Das ist eine tolle Richterin, endlich mal eine, die nicht so agiert, wie wir das sonst leider erleben. – Das wurde dann konstruiert, als hätte ich die bestochen. Die wurde - - Da gab es Hausdurchsuchungen bei dieser Frau, sie wurde suspendiert, es wurde ihr Telefon abgehört, und nach sieben Jahren wurde dieses Verfahren eingestellt. Das war einer meiner Anklagepunkte, im Rahmen der kriminellen Organisation, dass ich diese Frau bestochen hätte. Es gab zwei Hausdurchsuchungen durch Architekten bei ihr, um festzustellen, ob irgendein Hinweis auf Bestechung existiert.

Also das war alles derartig absurd, dass man sich nur fragen kann, wie so etwas eingeleitet oder wie so etwas stattfinden kann, wie so etwas passieren kann. Aber das passiert. Das kann man eben sehr leicht verstehen, wenn man den Hintergrund kennt und weiß, dass es um eine politische Verfolgung geht.

Ja, die Finanzprüfungen, viele dieser Punkte sind für mich ein klarer Hinweis auf diese politische Dimension und die Einflussnahme auf die Polizei, die da ja offensichtlich instrumentalisiert wurde.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Meine Zeit ist längst überschritten. – Danke schön.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Damit kommen wir zur ersten Fragerunde der Abgeordneten des Ausschusses. Die Redevereinbarung ist Ihnen allen bekannt.

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr.in Krisper das Wort. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Guten Morgen, Herr DDr. Balluch. Wir haben jetzt Zeit, in die Tiefe zu gehen. Mein Fokus in diesem Untersuchungsausschuss wäre der potenzielle Missbrauch des BMI für parteipolitische Zwecke oder für die Interessen gewissen Parteien nahestehender Personen als auch die Person des Herrn Handler, der ja Staatsanwalt in Ihrem Verfahren war und danach zur Oberstaatsanwaltschaft hochgelobt wurde und deswegen schließlich auch in die BVT-Causa involviert war.

Ich möchte eine ÖVP-Werbung vom Bauernbund vorlegen, weil ich gerne chronologisch am Anfang beginnen möchte und Sie fragen möchte, wie denn das Verhältnis Ihres Vereins zur ÖVP war. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie haben schon gesagt, es kam zu Schwierigkeiten aufgrund Ihres Engagements zum Legebatterieverbot, aber vielleicht könnten Sie noch genauer ausführen, was für Situationen und Anlässe Ihnen in Erinnerung sind.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, wir haben als Tierschutzverein die Aufgabe, die Öffentlichkeit bezüglich Tierschutz und Tierethik zu informieren und zu sensibilisieren, und da veröffentlichen wir natürlich auch Bilder aus Tierfabriken und von Tierhaltungen und von Tierquälereien und zeigen das an. Der Bauernbund mit seiner ÖVP-Nähe findet das natürlich nicht gut und positioniert sich daher diesbezüglich als politischer Gegner und versucht mit allen möglichen Mitteln, uns da irgendwie zu desavouieren.

Wir haben bei der Kampagne für ein Legebatterieverbot und ein Bundes-Tierschutzgesetz auch die Bundes-ÖVP sozusagen aufs Korn genommen. Wir haben auch das Büro, das – wie sagt man? – Hauptquartier der Bundes-ÖVP 13 Stunden lang besetzt. Wir haben alle möglichen Aktionen gemacht, um darauf hinzuweisen, wie wichtig dieses Bundes-Tierschutzgesetz ist.

Dann haben wir uns natürlich auch bei den Wahlen in Kärnten und in Salzburg engagiert und haben gesagt: Wer ÖVP wählt, wählt Tierquälerei. Wer ÖVP wählt, wählt Legebatterien. Die Folge war, dass die ÖVP in Salzburg den Landeshauptmannsitz verloren hat. Und in Kärnten, in Klagenfurt, bin ich gestanden und habe während einer ÖVP-Wahlveranstaltung eine Gegenveranstaltung gemacht, die öffentlich angemeldet war, und habe dort diese Sätze gesagt. Daraufhin ist Herr Robert Lutschounig, der damalige Agrarsprecher der ÖVP Kärnten, von seinem Podium runtergegangen, quer durch einen Gang auf meinen Platz und auf mein Podium, und hat mir ins Gesicht geschlagen. Der Agrarsprecher der ÖVP hat mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen – ich habe hier noch immer eine Narbe (auf sein Gesicht zeigend) –, und er hat das Transparent hinter mir zerrissen.

Ich habe ihn dann vor Gericht gebracht, und er hat das zunächst geleugnet und dann zugegeben; hat mir 700 Euro Schadenersatz gezahlt. Wenn man auf Wikipedia, Robert Lutschounig, geht, sieht man, dass dieser Vorfall dort auch steht, und das ist immer nur, wenn es durch Gerichtsakten belegt ist; also natürlich ist das so. Er hat dann eine Diversion bekommen, das heißt, er wurde nicht verurteilt, und er wurde natürlich auch im Rahmen der ÖVP befördert. Wenn man Tierschützer schlägt, ist das offensichtlich etwas, was einen dafür prädestiniert, eine gute Position einzunehmen.

Ein Beispiel würde ich auch noch haben - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Pardon, noch zu ihm: Er hat ja auch etwas geäußert, als er sich Ihnen genähert hat, oder? Er hat ja auch etwas gefordert, was mit Tierschützern zu passieren hat. (Auskunftsperson Balluch: Puh, das ist jetzt so lange her - -!)

Also in Ihrem Buch schreiben Sie, dass er gefordert hätte, dass Tierschutzaktivisten in Käfige gesperrt werden sollen.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ach so, ja, ja, das war so, weil es natürlich um das Legebatterieverbot gegangen ist; da hat er gemeint, die sollen selber eingesperrt werden. Das ist halt schon 2003 oder so gewesen, glaube ich, und das ist halt jetzt länger her.

Was ich aber auch noch anfügen möchte, ist, dass dann am 1. Jänner 2005 das Bundes-Tierschutzgesetz in Kraft getreten ist und damit erstmals eine Tierschutzministerin da war. Das war Maria Rauch-Kallat von der ÖVP – mit einem Ehemann Mensdorff-Pouilly, der die Drehscheibe der Gatterjagd im Südburgenland ist und dort auch Fasane und Enten zu Tausenden gegen gutes Geld massakrieren lässt. Sie hat ein Verbot betreffend den Singvogelfang, das das Bundes-Tierschutz mit sich gebracht hat, aufheben wollen. Daraufhin haben wir eine Kampagne gegen sie geführt. Wir haben auch ein Flugblatt herausgegeben: die sieben Todsünden der Tierschutzministerin. Sie hat uns bezüglich dieser sieben Statements geklagt, wir haben betreffend alle sieben vor dem Gericht gewonnen, das festgestellt hat, dass alle sieben wahr sind.

Zusätzlich sind wir – das muss ich natürlich sagen, das ist ein Teil dieser Kampagne gewesen – bei jedem ihrer öffentlichen Auftritte im Rahmen von zwei Monaten mit Transparenten dort gestanden und haben sie konfrontiert. Sie hat dann tatsächlich diese Änderung des Gesetzes nicht vorgenommen, sondern das Singvogelfangverbot belassen – also eigentlich das Ausstellungsverbot für gefangene Singvögel –; aber natürlich hat das negative Reaktionen von ihr und von der ÖVP mit sich gebracht. Einmal hat sie mich so gepackt (sich mit beiden Händen an den Halsausschnitt seines T-Shirts fassend) und geschüttelt und gesagt: Jetzt lassen Sie mich endlich in Ruhe!

Ja, also es gab offensichtlich einige Leute aus der ÖVP, die sehr wütend auf uns waren.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): In Ihrem Buch schreiben Sie, dass es Abgeordnete anderer Parteien gab, die Sie warnten, dass Sie mit Racheaktionen der ÖVP zu rechnen hätten. Wer warnte sie denn da?

Mag. DDr. Martin Balluch (erheitert): Ui, erinnere ich mich nicht mehr genau, aber Madeleine Petrovic hat uns sicher in irgendeinem Zusammenhang gewarnt. Mein Vater hat uns gewarnt, aber sonst weiß ich jetzt nicht mehr genau, wer da noch war.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Glauben Sie, dass die Vorfälle rund um Kleider Bauer, die zur Bildung der Soko geführt haben, ein Vorwand waren, um Rachepläne durchzuführen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Auf jeden Fall. Da gibt es verschiedene Gründe, warum ich das sage: Erstens einmal hat der Druck gegen uns lange vor der Kleider-Bauer-Kampagne begonnen, nämlich schon 2005, am Anfang, und die Kleider-Bauer-Kampagne hat, glaube ich, im Dezember 2006 begonnen, oder so ähnlich; jedenfalls deutlich später.

Zweitens haben die Ermittlungen des Staatsanwalts im Oktober 2006 begonnen, also auch noch bevor die Kleider-Bauer-Kampagne begonnen hat.

Drittens habe ich mit der Kleider-Bauer-Kampagne persönlich überhaupt nichts zu tun. Ich habe mit denen nie geredet, ich bin dort nicht gewesen, es hat mich nicht interessiert. Ich habe ganz andere Dinge zu tun gehabt, und trotzdem war ich irgendwie Hauptziel.

Viertens gab es ein von Peter Pilz gefundenes Dokument, in dem steht, dass im Rahmen der Gründung dieser Soko Graf selber, von Kleider Bauer, sagt, der Imageschaden war das größte Problem und nicht irgendein Sachschaden. Und ein Imageschaden aufgrund von Tierquälerei ist eine logische Folge einer funktionierenden Demokratie und nicht irgendeine Straftat, die verfolgt werden müsste.

Und zu guter Letzt, auch sehr relevant: Kleider-Bauer-Chefs wurden vor Gericht befragt, was es jetzt wirklich mit dem Sachschaden auf sich hat. Sie haben astronomische Zahlen genannt, die immer größer und größer wurden. Das BMI hat ja in ihrer Presseaussendung, nachdem wir freigelassen wurden, plötzlich von Millionen Euro gesprochen, davor war immer von Hunderttausenden Euro die Rede. Das sind also immer Fantasiezahlen gewesen. Kleider Bauer hat dann gesagt, sie haben mit der Versicherung einen Deal gemacht, 200 000 Euro Schaden würden sie wiederbekommen – aber es waren fünf Schadensfälle, von denen einer eine Überschwemmung in ihrer Filiale in Innsbruck war. Und alles zusammen, inklusive einer Stinkbombe vom Tierschutz, waren dann diese 200 000 Euro, die sie da veranschlagt haben. Abgesehen davon haben sie auch gesagt, sie haben der Versicherung die Bemalung ihrer Scheibe als Einbruchsdiebstahl gemeldet, weil man von der Versicherung dann mehr Geld bekommt; auch das haben sie dezidiert so vor Gericht gesagt.

Also das sind alles Aspekte, die mir zeigen, dass diese angeblichen Sachschäden, von denen ich ja nicht weiß, wer das war, für dieses Verfahren nicht relevant waren, sondern eine gute Ausrede.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zur Soko und nehme an, Sie würden sich der Wahrnehmung anschließen, dass die Soko als Erfüllungsgehilfe für diese Racheaktionen eingesetzt wurde.

Mag. DDr. Martin Balluch: Auf jeden Fall, ja. Wenn man bedenkt: 35 Personen aus der Mordkommission rekrutiert! Da hat irgendjemand politisch entschieden, den VGT zu zerschlagen ist wichtiger als einen Mord aufzuklären, denn sonst zieht man die nicht aus der Mordkommission ab. Also das ist offensichtlich, dass man da Menschen oder Beamte in Stellung gebracht hat, die den Auftrag gespürt haben, jetzt - - 35 Personen, Vollexperten, hochbezahlt, die nichts anderes tun sollen, als uns ins Gefängnis zu bringen – das ist deren Aufgabe gewesen –, egal aus welchem Grund! Das merkt man auch an der Art der Ermittlung, das ist einfach so in alle Himmelsrichtungen gegangen. Man hat einfach immer ins Blaue alles Mögliche probiert und von Finanz-, Steuerproblemen, bis zu irgendwelchen Aktionen gegen die Jagd, alles wurde plötzlich thematisiert, und man hat versucht, da irgendwelche handfesten Dinge zu finden.

Man findet übrigens im Akt auch den Umstand, dass die eigentlich schon viel früher vorhatten, eine Hausdurchsuchung zu machen; dann macht man das halt, nur ist dann bekannt, dass es Ermittlungen gibt, und aus diesem Grund wollten sie das so lange wie möglich hinauszögern, damit sie noch weiter ermitteln können, weil sie einfach noch nichts gefunden haben.

Auch diese Sache mit der UVS-Richterin finde ich sehr, sehr bezeichnend, weil: Dieser Vorfall war 2005, und die haben das alles beobachtet. Damals haben sie vielleicht noch gehofft, sie finden irgendetwas gegen mich – haben sie nicht. Dann haben sie 2008, nachdem sie noch immer nichts hatten, diesen UVS-Richterinnenfall ausgegraben, weil sie noch als schwerwiegendsten Vorwurf diese angebliche Bestechung gefunden haben, weil sonst einfach nichts war, was sie mir hätten vorwerfen können. Und damit haben sie eben drei Jahre gewartet, weil sie einfach dauernd gehofft haben, sie finden irgendetwas anderes.

Also wenn man so ins Blaue ermittelt, um einfach irgendwie etwas zu finden, einen Dreck, den man dem anpicken kann: Da merkt man, dass es um gar keine konkrete Straftat geht, sondern es geht um die Person. Den sperrn S’ ma ein, wurscht wie!, das ist der Auftrag.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Genau zu dem Punkt möchte ich etwas vorlegen, Dokument 8819, Seite 2 (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), und zwar geht es da um eine Besprechung der Soko am 5. Mai 2008 im BVT, bei der Josef Böck vorschlägt – Sie sehen es gleich in der ersten Zeile –: „Vorschlag Böck: bei jedem Einschreitteam sollen Leute vom a) Betrug b) Wirtschaft c) Kinderpornographie dabei sein.“

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich muss jetzt sagen, ich kenne dieses Dokument gar nicht; aber es ist erschütternd.

De facto ist es so, dass sie bei Gericht, wie wir versucht haben, unsere Daten zurückzubekommen, gesagt haben: Es könnte ja Kinderpornografie drauf sein, wir hatten noch nicht Zeit, alles anzuschauen, deswegen können wir es nicht zurückgeben!, obwohl sie bei einer ähnlichen Hausdurchsuchung in der Technischen Uni oder einer Firma sofort, am selben Tag noch, die Daten einfach spiegeln und zurückgeben – aber bei uns nicht.

Kinderpornografie ist halt ein Vorwurf, der, wenn man den öffentlich macht, so negativ behaftet ist – richtigerweise –, dass die Leute von vornherein damit irgendwie desavouiert sind. – Aber: Erschütternd!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist in dem Akt irgendetwas bekannt, vor dieser Besprechung, irgendein Hinweis, der nachvollziehbar macht, warum Kinderpornografie überhaupt ein Ermittlungsgegenstand wird?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein. Also Kinder haben mit uns sowieso nichts zu tun, und wir haben ja auch keine Fotos von Menschen, sondern von Tieren. Also es hat - - Mit Kinderpornografie haben wir absolut überhaupt - -, da gibt es nicht einmal die geringste Verbindung.

Ich meine, ich könnte jetzt fantasieren: Zwei Verbindungen fallen mir ein, die natürlich nicht wirklich existieren, aber das eine ist, dass wir halt gegen - -, also für ein Verbot von Sexualverkehr mit Tieren waren, natürlich dagegen; aber da haben wir natürlich auch keine Fotos dieser Art gehabt. Und zweitens gehen wir natürlich in Schulen, und diese Sonderkommission hat zwei Schüler, eine Schülerin und einen Schüler, befragt – hat auch nichts mit Pornografie zu tun, aber mit Kindern halt. Das hat mich schon auch sehr gewundert, dass die siebenjährige Kinder befragen, ob wir radikal sind. Also ich weiß nicht: Ist das eigentlich legal, dass man einfach so zu Kindern geht und die fragt, was sie jetzt von diesen TierschützerInnen halten?

Aber jedenfalls: Mit Kinderpornografie haben wir absolut überhaupt nichts zu tun, und es gibt keinen Hinweis darauf, dass wir etwas damit zu tun gehabt hätten. Absolut nichts! Es gibt aber auch im Akt nichts, soweit ich das weiß.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von wegen: Was für Dokumente haben Sie, was für Dokumente haben wir? – Ich lege aus dem Verfahren das Dokument mit der Nummer 6869 vor, Seiten 118, 119. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da führt der Angeklagte Völkl aus:

„Bereits vor Beginn des Hauptverfahrens wurden jene interne Besprechungsprotokolle aus dem BKA und dem LVT Wien veröffentlicht, aus denen die durch Intervention der Kleiderbauer Geschäftsführer Peter und Werner Graf injizierte Gründung der SOKO Bekleidung hervorgeht. Am 5.4.2007 trafen sich die Spitzen der Österreichischen Polizei und Beamtinnen des Verfassungsschutzes mit den Geschäftsführern der Firma Kleiderbauer GmbH Peter und Werner Graf im BKA.“

Meine Frage wäre: Meines Wissens liegt uns das Protokoll über dieses Treffen nicht vor. (Auskunftsperson Balluch: Bitte? Was?) – Meiner Wahrnehmung nach liegt uns das Protokoll zu diesem Treffen nicht vor. (Auskunftsperson Balluch: Echt? Okay!)

Haben Sie es?

Mag. DDr. Martin Balluch: Anwalt Stefan Traxler wird es heute am Nachmittag mithaben, hoffe ich. Also ich habe leider gar keine mit, weil ich davon ausgegangen bin, dass die Akten vorliegen, aber er hat das definitiv mit. Das weiß ich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut, dann werden wir ihn darum ersuchen.

Ich fahre im Text fort: 

„Der Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Dr. Erik Buxbaum vom BM für Inneres ordnete neben dem Ausschöpfen sämtlicher administrativer Möglichkeiten im Hinblick auf die Untersagungen der Demonstrationen, unter anderem auch die Einrichtung einer operativen SOKO an.“

Das heißt, es sind zwei Punkte. Sehe ich das hier richtig, auch Ihrer Wahrnehmung entsprechend, dass der Staat nicht nur auf Zuruf einer privaten Firma im Eiltempo eine Sondereinheit mit über 30 Ermittlern zusammenstellte, sondern auch noch versuchte, parallel dazu das Versammlungsrecht einzuschränken – und das im Auftrag von ganz oben, vom Generaldirektor?

Mag. DDr. Martin Balluch: Absolut. Genau so steht das in dem Ding drin, und es steht noch ein zusätzlicher Satz, der jetzt hier gar nicht erwähnt ist. Der operative Soko-Leiter sagt nämlich dort auch, er veranlasst, dass alle Polizeistationen zu jeder Kundgebung, die wir durchführen oder die der Tierschutz durchführt, möglichst viele Polizeibeamte hinbringen sollen, die möglichst martialisch auftreten, mit Helm und Schild, damit die Öffentlichkeit den Eindruck hat, wir sind radikale Menschen. – Das steht in diesem Schreiben auch drin.

Und es war auch tatsächlich so: Bei jeder unserer lächerlichen Pelzdemos kommen plötzlich Hundertschaften der Polizei, die nebenhergehen, als müsste man die Öffentlichkeit vor uns schützen, dass wir sonst randalierend durch die Straßen ziehen. Und das war also - - Auch in diesem Papier ist das gestanden und hat mir also erklärt, warum dieser Eindruck tatsächlich war; dass das also stimmt, dass es wirklich ein Auftrag war, uns in der Öffentlichkeit radikal darzustellen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte zu diesem Themenkomplex Demonstrationsfreiheit gleich noch ein Dokument vorlegen, Nummer 5715, Seite 28. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist eine Information an den Herrn Generaldirektor durch E. Z. (LVT)/Böck, wo ausgeführt wird, dass sich die Problemstellungen für die Unternehmen derzeit von Anschlägen weg in Richtung geschäftsstörende Demonstration entwickeln und die Demonstrationen über Auftrag überwacht werden, um Eskalationen zu vermeiden. „Die Untersagung von Kundgebungen wird von den Experten für Versammlungsrecht derzeit für nicht möglich erachtet.“ – Das heißt, daraus geht auch klar hervor, dass die Intention eigentlich gewesen wäre, einfach die Demonstrationen im Kollektiv zu untersagen.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, sie haben das, wie gesagt, in Graz probiert – aber erst drei Jahre später hat der Verfassungsgerichtshof das aufgehoben –, und sie haben es in Wien probiert, halt nur vor pelzführenden Geschäften, mit dieser Platter’schen Begründung, dass wir Gewalt ausüben würden, was nie der Fall war. Das haben sie dann letztendlich auch aufgegeben, eben auch aufgrund des Umstandes, dass das Demonstrationsrecht in der Verfassung verankert ist. De facto haben sie aber mit allen Mitteln versucht, uns die vollkommen legalen und friedlichen Demonstrationen zu verhindern.

Vor Gericht wurden dann Streifenpolizisten als Zeugen einvernommen, die bei unseren Demos dabeigestanden sind, und die haben immer gesagt, ausnahmslos: Das war immer freundlich und friedlich!; während Herr Böck zum Beispiel vor Gericht dann begründet hat, warum er gegen unsere Demonstrationen vorgeht, dass wir aggressiv Flugblätter verteilen würden, was auch immer das heißt. Wenn ich jemandem ein Flugblatt in die Hand drücken will, mache ich das nicht aggressiv, denn ich will ja, dass der es liest; denn wenn ich ihm das so ins Gesicht haue, dann wird er es einfach wegschmeißen, dann habe ich sinnlos ein Papier verbraucht. Also: Aggressives Flugblattverteilen ist kompletter Unsinn!

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben nur mehr Zeit für eine kurze Frage in dieser Runde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann möchte ich zu dem für mich völlig absurden Umstand kommen, dass man es geschafft hat, die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt zuständig zu machen, und damit Herrn Handler, indem man jemanden, der nicht einmal für Tierschutz aktiv war, nämlich Herrn Matthias Podgorski, zuerst als Hauptverdächtigen führte, um dadurch, durch den Buchstaben P, die Zuständigkeit, weil er in der Wiener-Neustadt-Gegend wohnhaft war, zu erreichen.

Können Sie dazu etwas ausführen, bitte!

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, das war für mich auch äußerst verwirrend. Ich habe nie verstanden, warum Wiener Neustadt zuständig ist, bis ich dann diese parlamentarische Anfrage lese, dass das ein bürokratisches Versehen war.

Tatsächlich ist irgendein Gemeinderat von den Grünen, glaube ich, zuerst als Hauptverdächtiger geführt worden und dann rasch unter den Teppich gekehrt worden – auch das eindeutig ein Beweis, dass man von vornherein wollte, dieser Mensch soll die Ermittlungen machen, denn der ist – weiß ich nicht – eben für uns ein geeigneter Mensch für so etwas. Und er hat ja das dann mit einem Fanatismus betrieben, dass man schon sieht, was die Eignung ausmacht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Einen schönen guten Morgen auch von mir! Ich würde nur gern kurz, weil Sie es auch angesprochen haben, ins Jahr 2004 gehen. Sie haben gesagt, dass da Finanzprüfungen wegen Gemeinnützigkeit bei Ihnen angestanden sind, also eine Gemeinnützigkeitsprüfung.

Können Sie das noch einmal kurz erläutern, wie es dazu kam oder welche Hinweise Sie haben, dass das politisch motiviert war?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja. Also zunächst einmal: Der erste Hinweis war - - Also die Finanzprüfer sind zu uns gekommen, ich schätze, 2005, 2006, und haben plötzlich eben wissen wollen, wie viele T-Shirts und wie viele Häferln wir verkaufen. Sie haben dann versucht, das in Beziehung zu unserem Budget zu setzen, und haben dann irgendwann festgestellt, dass wir keine Häferl- und T-Shirt-Firma sind.

Später habe ich durch meine Anfrage nach dem Datenschutzgesetz – Offenlegung der von mir gespeicherten Daten – vom BVT ein Papier bekommen, das vollkommen geschwärzt war, wo als Überschrift gestanden ist: Fax an die Finanzprüfer wegen Gemeinnützigkeit des VGT – also muss das BVT dieses Finanzamt oder die Finanzprüfer angehalten haben, uns auf die Gemeinnützigkeit – sprich, wie viele T-Shirts und Häferl wir verkaufen – untersuchen zu lassen.

Als Nächstes kam dann dieser Polizeiüberfall. Es wurden unsere Daten vollkommen entwendet. Wir haben versucht, sie zurückzubekommen. Nach zehn Monaten haben wir sie bekommen – und am nächsten Tag stehen schon wieder Finanzprüfer da, die die Buchhaltung wegtragen.

Es hat sich dann herausgestellt - - Also diese Finanzprüfer sind eineinhalb Jahre mit mir jede einzelne Presseaussendung, jeden einzelnen Eintrag auf der Webseite, jeden einzelnen Artikel in der Zeitung, alles, was wir gemacht haben, durchgegangen, haben einen Prozentsatz erstellt, wie viel davon politisch ist und wie viel Zeit davon gemeinnützig-konform ist, haben also wirklich den VGT komplett in seiner Tätigkeit durchleuchtet. Jedes Mal, wenn ich mich zum Beispiel mit einem Tierschutzsprecher getroffen habe, haben sie das als nicht gemeinnützig festgehalten und haben auch die Stunden geschätzt, die ich mich darauf hätte vorbereiten müssen, und haben das von meinem Gehalt als Beitrag zur Nichtgemeinnützigkeit gewertet.

Später ist dann ein Aktenvermerk aus dem Akt erschienen, den wir auch haben – ich weiß nicht, ob Sie ihn haben, aber ich kann Ihnen den jederzeit geben –, in dem gestanden ist: Treffen der Soko mit der Finanzprüf- -, dem Finanzamt zur Frage - - Es steht dort wirklich: Es sollte dem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen werden. Wenn das gelungen ist, sind weitere Schritte möglich. – So hat die Soko mit der Finanzprüfung gesprochen. Ja, also mehr als - - Also einen deutlicheren Beweis, dass das politisch motiviert war, kann man nicht finden: Was interessiert die Soko, wie viel ich mit Tierschutzsprechern der Parteien rede oder wie viel nicht? Das interessiert sie eigentlich - - oder hat sie überhaupt nicht zu interessieren. Und die Finanzprüfer mussten das dann eben offenbar machen.

Zusätzlich ist dann ein Brief von Pröll aufgetaucht, in dem steht, dass uns die Gemeinnützigkeit zu entziehen ist; auch ein Brief an dieses Finanzamt. Auch den habe ich natürlich – elektronisch sowieso, aber jetzt nicht in Papierform; aber wenn das interessant ist, kann ich das natürlich jederzeit nachliefern.

Diese Prüfung hat eineinhalb Jahre gedauert. Es wurde uns bestätigt, dass wir gemeinnützig sind, weil der Prozentsatz der nicht gemeinnützigen Sachen unter 10 Prozent war und das normalerweise ein Toleranzlevel ist. Dann kam plötzlich die nächste Finanzprüfung, also fast unmittelbar dran; und diese Finanzprüfung hat geschaut, ob wir die Autos privat nutzen oder nicht. Sie haben die Fahrtenbücher gecheckt und wie viel - - ob davon etwas privat ist. Und auch da hat sich herausgestellt, es ist nichts privat.

Es gab nur diesen einen Fall, wo wir Chris Moser eine Jahreskarte für den Zug gezahlt haben, damit er zum Prozess fahren kann. Der musste aus Tirol dreimal pro Woche anreisen und wieder zurück, und da war das Billigste eine Jahreskarte. Da hat das Finanzamt festgestellt: Wenn der drei Tage pro Woche hin- und herfährt, dann kann er vier Tage umsonst fahren – und das wäre also eine verdeckte Gehaltszahlung gewesen. Da mussten wir dann Steuer nachzahlen; aber das ist ja auch wirklich ein Witz.

Also drei volle Finanzprüfungen über Jahre hinweg haben ergeben, dass wir jemandem um 50 Euro eine Jahreskarte gezahlt haben und das nicht so hätten machen sollen. Und es ging eigentlich immer um die Frage der Gemeinnützigkeit und der Verwendung von Mitteln für welche Zwecke bei uns.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Sie sprechen von drei Finanzprüfungen. (Auskunftsperson Balluch: Drei Finanzprüfungen!) In welchem zeitlichen Rahmen haben sich diese bewegt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Die erste war (Abg. Zadić: Ungefähr!) 2005 oder 2006; die zweiten zwei waren direkt hintereinander ab 2009; also 2009, 2010.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Und das war unter dem damaligen Finanzminister Pröll?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was steht denn in diesem Brief, beziehungsweise von wem haben Sie diesen Brief?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist eine - - Der Brief ist unterschrieben von - - Ich kann ihn Ihnen vorlegen, aber ich habe ihn nicht schriftlich in der Hand, sondern elektronisch. (Abg. Zadić: Ungefähr, nur aus Ihrer Erinnerung!)

Im Brief steht, sozusagen im Stile einer Rechtsauskunft seitens des Bundesministeriums für Finanzen, dass dem VGT die Gemeinnützigkeit zu entziehen ist, weil er für die Abschaffung der Jagd sei, und dass das kein gemeinnütziges Ziel sein kann, weil eine relevante Minderheit zumindest die Jagd will und das damit in der Öffentlichkeit nicht ganz als gemeinnützig gelten kann.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Und dieser Brief ist vor der Finanzprüfung datiert, oder war das nach der Finanzprüfung? Wissen Sie das ungefähr?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das weiß ich nicht, aber es muss ungefähr - - Also ich glaube, es war während - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Gehen Sie davon aus, dass dieser Brief der Auslöser für die Finanzprüfungen war?

Mag. DDr. Martin Balluch: Der Auslöser für die Finanzprüfungen war das Treffen der Soko mit diesen Finanzprüfern. Da gibt es einen Akt, das heißt, Aktenvermerk, und da steht explizit drinnen: Wir sind, wir Soko-Leute – unterschrieben von Bettina Bogner –, wir sind jetzt in diesem Finanzamt, im zuständigen Finanzamt, wir legen Teile der Buchhaltung vor, sagen, da glauben wir, dass das nicht gemeinnützig ist, und legen also nahe, dass da eine Gemeinnützigkeitsprüfung stattfindet. Wenn es gelingt, die Gemeinnützigkeit zu entziehen, sind weitere Schritte sinnvoll.

Das ist sozusagen der Schlusssatz dieses Treffens; und das muss diese Finanzprüfung ausgelöst haben. Dass das Ministerium für Finanzen dann diesen Brief geschickt hat, ist, glaube ich, eine Stellungnahme an das Finanzamt, was die Bewertung seitens des Ministeriums ist, wenn man diese Prüfung durchführt, also die rechtliche Bewertung.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Jetzt vielleicht noch einmal zurück zu den Brüdern Graf und dann weiter vorwärts in das Jahr 2006: Kennen Sie die Brüder Graf persönlich aus der Zeit noch vor dem Prozess oder gar nicht?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, überhaupt nicht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich würde Ihnen gerne das Protokoll der Vernehmung vorlegen. Das ist das Dokument Nummer 6878. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Jetzt war das so, dass sich die Brüder Graf ja bereits Ende 2006, im November, im Innenministerium getroffen und sich dort über ihre Lage beschwert haben. (Auskunftsperson Balluch: Ja!) Und ein paar Monate darauf hat einer der Brüder Graf – ich glaube, Peter Graf war es – direkt den Innenminister angerufen. Seite 9, ich möchte Ihnen das vorlesen, er sagt:

„Anlass war die Zerstörung unserer Autos. Wir waren mit der Arbeit der Polizei aus unserer subjektiven Sicht nicht zufrieden und ich habe am 04.04.2007 versucht, den Innenminister zu erreichen und habe um einen Rückruf gebeten.“ – Seite 9.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ist das die Seite 9 des Fax – oder was das ist – oder die Seite 9 des Dokuments?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Seite 7 des Dokuments und Seite 9 aus der ON.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja. Was war die Frage?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ist das aus Ihrer Sicht ein üblicher Vorgang, dass man bei Sachbeschädigungen direkt den Innenminister kontaktiert?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es gab auch eine Sachbeschädigung gegen uns. Es wurde unser Bus von oben bis unten bemalt, während so eine Kleider-Bauer-Kundgebung stattgefunden hat. Ich habe dem Innenminister ein E-Mail geschrieben, und das ist wohl - - Ja, natürlich redet der Innenminister mit mir über so etwas nicht, er freut sich wahrscheinlich eher.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Haben Sie dann einen Rückruf vom Innenminister bekommen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Hat Sie der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zurückgerufen, nachdem Sie ihm den Brief geschrieben haben (Auskunftsperson Balluch: Nein!) aus Anlass Ihrer Autobeschädigungen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): In dieser Zeugeneinvernahme geht es nämlich weiter, denn Peter Graf hat einen Rückruf bekommen. 

„Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit hat mich zurückgerufen und hat mir für den nächsten Tag einen Termin in Aussicht gestellt.“

Haben Sie einen Termin bekommen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Dieser Termin hat dann stattgefunden. Wissen Sie, ob Peter Graf direkte Verbindungen zum Innenminister oder zur ÖVP hatte oder ob es da Verbindungen gibt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, weiß ich leider nichts darüber. Ich kenne Herrn Graf nicht, außer von dieser Verhandlung und seiner Einvernahme.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wissen Sie etwas von diesem Treffen am nächsten Tag? – Am 4.4. hat Peter Graf im Innenministerium angerufen und wurde umgehend zurückgerufen, am nächsten Tag hat es schon ein Treffen gegeben. Wissen Sie, mit welchen Leuten das Treffen stattgefunden hat?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es gibt ein Dokument über dieses Treffen, Peter Pilz hat das seinerzeit schon vorgelegt. Da waren also die ganzen Spitzen der Polizei dabei; der Innenminister selber nicht, aber alle anderen schon.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich würde Ihnen und auch dem Ausschuss gerne dieses Dokument wieder vorlegen, weil wir das ja von damals haben. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Meine Kollegin hat das Dokument ja auch angesprochen. Das scheint offensichtlich auch nicht in den Akten zu finden zu sein, was uns ein bisschen schleierhaft ist, weil das ja doch mit dem BVT und politischer Einflussnahme zu tun hat.

Auf Seite 1 sehen Sie ein E-Mail vom damaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Herrn Erik Buxbaum, der unmittelbar nachdem er mit Graf Peter gesprochen hat, eine Sitzung mit allen Größen im Innenministerium anberaumt, auch mit dem damaligen BVT-Direktor Polli Gert, mit Polizeipräsident Stiedl, LVT-Leitung Bachinger, E. Z. (LVT), BKA, und so weiter.

Da schreibt er: „Morgen um 10.00 Uhr“ – also es scheint eine ziemliche Dringlichkeit zu sein – „findet im Sitzungszimmer“ des Generaldirektors eine Gesprächsrunde gemeinsam mit den Eigentümern statt. „Der Anlass ergibt sich insbesondere aus dem beiliegenden Behördenauftrag [...]. Wesentlicher Zweck [...] ist eine gebündelte Information über die von den Sicherheitsbehörden getroffenen Maßnahmen zum Schutze der Firma Kleider Bauer [...].“

Dann geht es weiter: „Dabei sollte auch angedacht werden, ob es aus versammlungsrechtlicher Sicht zumindest vertretbar ist ab sofort jedewede Versammlung in einem bestimmten Umkreis von Filialen der Firma [...] zu untersagen bzw. aufzulösen.“

Inwiefern haben Sie diese Maßnahmen dann gespürt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, wir haben mit Sicherheit direkt nach diesem Treffen diese Demonstrationsverbote bekommen; vermute ich jetzt. Also ich weiß natürlich den Zeitpunkt nicht ganz genau, aber Faktum ist, dass wir jedenfalls ein allgemeines Demonstrationsverbot vor pelzführenden Geschäften bekommen haben. Wir haben das dann juridisch bekämpft und auch durch Öffentlichkeitsarbeit, und letztlich wurde das dann nach einigen Monaten wieder aufgehoben.

Faktum ist, dass es bei unseren Demonstrationen nie zu irgendeiner Straftat gekommen ist. Faktum ist, dass unsere Demonstrationen – also ich war nicht dabei, aber die jedenfalls der Tierschützer und Tierschützerinnen und des VGT – immer freundlich und friedlich stattgefunden haben, dass die Eingänge immer frei waren und es sich lediglich um eine Information bezüglich der Konsumenten und Kunden und Kundinnen gehandelt hat und damit eigentlich überhaupt kein Grund gegeben ist, einzuschreiten.

Mich erschüttert an diesem Brief auch, dass er eindeutig sagt – also kein Wort von Sachbeschädigung oder irgendwelchen Straftaten –, es ist ihm offensichtlich der Schutz der Firma Kleider Bauer vor einem Imageverlust wichtig. Das ist auch das, was Graf dann letztlich in diesem Resümeeprotokoll von sich gibt: dass das das Wichtige für ihn ist. – Und das ist überhaupt nicht der Job der Polizei, das Image einer Firma zu schützen!

Faktum ist, dass die Polizei auch ungefähr um die Zeit – ich glaube, kurz davor sogar noch; weiß ich nicht – ein Medienevent mit der Firma Kleider Bauer gemacht hat, es ihr eben auch nahelegt, so etwas zu tun, und Workshops mit der Firma, damit man erkennt, wenn irgendwer eine Demo beginnt oder wenn irgendeine Aktion von Tierschutz droht, dass man da sozusagen gleich gewappnet ist. In Wahrheit sollte die Polizei neutral sein. Die Kleider-Bauer-Leute sollen ihre Meinung äußern, wir unsere, und die Polizei achtet nur darauf, dass keine Straftaten begangen werden – aber dass sie da eindeutig Seite beziehen und gegen den Tierschutz vorgehen, ist ja offensichtlich nicht rechtskonform.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich möchte in diesem Dokument weiterblättern, denn hierin findet sich dann weiter auch das Resümeeprotokoll von der Sitzung vom 5.4.

Auf Seite 3 des Resümeeprotokolls, dritter Absatz, steht dann Folgendes: „In der nachfolgenden Diskussion wurde HPP“ – Herr Polizeipräsident – „Dr. Stiedl von HGD“ – Herrn Generaldirektor – aufgefordert, „alle administrativen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Demonstrationen vor den Filialen zu untersagen.“ Das Versammlungsrecht „dürfe nicht in Geschäftsblockaden ausufern und nicht zu einem de facto Ruin eines Unternehmens führen.“

Jetzt waren Sie bei diesem - -

Vorsitzende Doris Bures: Die letzte Frage in der Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Jetzt waren Sie bei diesem Prozess dabei: Können Sie sich erinnern, dass Herr Graf von einem finanziellen Ruin gesprochen hat?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, von finanziellem Ruin nicht, aber er hat gesagt, dass es ein Imageverlust ist. Faktum ist, dass wir natürlich nicht Geschäftsblockaden durchführen, denn dann würde sofort die Demo beendet und untersagt werden. Das ist ja selbstverständlich, das ist vom Versammlungsrecht umfasst. Du kannst ja nicht verhindern, dass Leute hineingehen. Da war ständig Polizei vor Ort, die das natürlich unterbunden hätte. Also es ist de facto ganz klar so, dass das eine vollkommen friedliche Form des Verteilens von Information an Kunden und Kundinnen war. Und das muss ja im Sinne aller sein: dass die seriös informiert sind, damit sie nach eigenem Selbstinteresse eine Entscheidung treffen können.

Ja, und hier wird offensichtlich einfach versucht, gegen vollkommen legale und verfassungskonforme Demonstrationen vorzugehen, damit irgendein Freund von denen keinen Imageschaden erleidet, wenn er Tiere quält beziehungsweise Tierqualprodukte verkauft; was in meinen Augen einen Imageschaden erzwingen sollte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Also von einem finanziellen Ruin kann man nicht sprechen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, überhaupt nicht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Vielen Dank.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Dr. Balluch, zunächst die Frage: Von wem haben Sie erfahren, dass wir heute einen Antrag auf Ausschluss Ihrer geplanten Vertrauensperson stellen wollen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Darf ich zurückfragen, woraus Sie schließen, dass ich das weiß? (Abg. Amon: Bitte?) – Darf ich zurückfragen, woraus Sie schließen, dass ich davon weiß?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Fragen stelle ich, und ich ersuche Sie, zu antworten. (Die Auskunftsperson berät sich mit Verfahrensanwalt und Verfahrensrichter.)

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Frage der Relevanz, des Zusammenhangs mit dem Thema ist wieder einmal gestellt worden. – Können Sie den herstellen?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Kann ich herstellen, und zwar deshalb, weil es ja von Relevanz ist, ob es eine Abstimmung oder Abstimmungen mit anderen Mitgliedern des Ausschusses gegeben hat, weil das natürlich auch die Aussagen relativieren könnte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke schön. (Die Auskunftsperson berät sich mit Verfahrensanwalt und Verfahrensrichter.)

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich Ihnen, Herr DDr. Balluch, wenn Sie die Beratung dann beendet haben, das Wort erteile, darf ich mitteilen, dass mir auch noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vorliegt.

Ihre Beratungen sind jetzt einmal beendet? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)

Bitte, Herr Abgeordneter Krainer, zur Geschäftsbehandlung.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nur weil Kollege Amon hier auf Verbindungen zu anderen hingewiesen hat: Ich kenne Herrn Balluch seit 2004, weil ich Tierschutzsprecher war und als dieser einer derjenigen war, mit denen er Kontakt hatte; wie ich mit vielen Tierschutzorganisationen Kontakt habe. Ich habe auch seither regelmäßig Kontakt, und ich habe gestern zu Mittag Herrn Balluch gesagt, dass ich es nicht für eine gute Idee halte, wenn sein Bruder hier Vertrauensperson ist, und dass ich, wenn ich die ÖVP wäre, einen Antrag auf Ausschluss stellen würde. Das habe ich gestern zu Mittag in einem persönlichen Gespräch gesagt. Mir war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die ÖVP das tatsächlich tun wird – war halt weise Voraussicht, weil ich schon länger im politischen Geschäft bin und die ÖVP gut kenne.

Es war aber nicht nur aus diesem Grund, sondern dass jemand Vertrauensperson bei drei Auskunftspersonen ist, habe ich auch nicht für eine gute Idee gehalten, und darauf habe ich aufmerksam gemacht.

Und, wenn ich das auch gleich auf den Tisch legen darf, ich habe alle Auskunftspersonen, die wir geladen haben, die in U-Haft waren, bevor ich das Verlangen eingebracht habe, persönlich kontaktiert und gefragt, ob das in Ordnung ist, weil ich der Meinung bin, dass Personen, die unschuldig in U-Haft gesessen sind, nur dann geladen werden sollen, wenn sie selber sagen, sie sind damit einverstanden. Ich kann auch sagen, dass nicht alle, die ich kontaktiert habe, gesagt haben, dass sie einverstanden sind, sondern es waren auch Personen dabei, die gesagt haben, nein, sie wollen jetzt nicht noch einmal diese Zeit durchleben, und die habe ich dann nicht geladen beziehungsweise habe ich kein Verlangen auf deren Ladung eingebracht, weil ich das auch für in Ordnung halte, dass Personen, die unschuldig in U-Haft waren, hier nicht vor einen Ausschuss „gezerrt“ – unter Anführungszeichen – werden, wenn sie das nicht wollen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt zur Geschäftsbehandlung noch eine Wortmeldung? – Nein.

Wenn ich den Inhalt Ihres Beitrages, Herr Abgeordneter Krainer, gekannt hätte, dann hätte ich vielleicht die Beratung vorher ein bisschen abgekürzt, aber das konnte ich nicht wissen.

Wir gehen in der Befragung weiter. Ich erteile Ihnen, Herr Dr. Balluch, das Wort.

Mag. DDr. Martin Balluch: Darf ich um eine kurze Pause bitten?

Vorsitzende Doris Bures: Ja, selbstverständlich. 10 Minuten? (Auskunftsperson Balluch: Ja, super! Bitte!) – Ich unterbreche für 10 Minuten die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.34 Uhr unterbrochen und um 11.44 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.44

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ich erteile Ihnen, Herr DDr. Balluch, das Wort – oder ist es beantwortet, Herr Abgeordneter?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich habe keine Antwort bekommen.

Vorsitzende Doris Bures: Dann gelangen Sie zu Wort, Herr Dr. Balluch.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich wollte ursprünglich meinen Bruder Harald hier als Vertrauensperson haben. Es wurde mir dann gesagt, dass das eigentlich eine schlechte Idee ist, wenn er auch in diesen Fall involviert war oder ist, und das ist ja bei ihm der Fall – er war ja letztlich auch angeklagt, obwohl überraschend erst zwei Wochen vor dem Prozess –; daher haben wir gemeinsam beschlossen, dass er doch nicht kommt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie sich mit anderen Abgeordneten – außer Abgeordnetem Krainer – in Vorbereitung auf die heutige Befragung abgesprochen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe mich überhaupt nicht abgesprochen. (Abg. Krainer: Das ist eine Suggestivfrage!)

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist keine Suggestivfrage. (Abg. Krainer: Das wird Ihnen sicher der Herr Verfahrensrichter erklären, was daran suggestiv ist!) – Was ist denn das? Ist das eine Geschäftsordnungswortmeldung? Geht das auf meine Redezeit? Wie ist das jetzt?

Vorsitzende Doris Bures: Es ist auf niemandes Zeit gegangen. (Abg. Duzdar: Was hat das mit der Sache eigentlich zu tun?)

Am Wort sind jetzt Sie, Herr Dr. Balluch, zur Beantwortung.

Mag. DDr. Martin Balluch: Also, ich habe mich - - Was war das Wort, abgesprochen, oder was? (Ruf: Abgesprochen!) – Ich habe mich mit niemandem abgesprochen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie sich mit den anderen heute geladenen Auskunftspersonen ausgetauscht (Auskunftsperson Balluch: Ja!), in Vorbereitung auf die heutige Befragung?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie Informationen darüber, welche Unterlagen andere Auskunftspersonen für den Ausschuss mithaben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, ich habe gestern Abend zufällig unseren damaligen Anwalt Stefan Traxler getroffen, und der hat mir gesagt, dass er Unterlagen mitnehmen wird und hier vorlegen wird – insofern ausgetauscht, als dass er mir nur kurz - -, dass wir kurz darüber geredet haben, dass er das eben tun wird.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sie haben von einem Fax gesprochen, das das BVT an die Finanz geschickt haben soll und das dann Auslöser für die Finanzprüfung gewesen sei. Haben Sie dieses Fax noch?

Mag. DDr. Martin Balluch: Wie gesagt, das war nur die Überschrift, der Rest war geschwärzt, aber die Polizei hat meine gesamte Wohnung und alles derartig auf den Kopf gestellt, dass ich diese Dinge nicht mehr habe; aber, ich meine, es wird sicher beim BVT liegen. Man braucht nur noch einmal eine Anfrage zu machen, denke ich, denn die werden hoffentlich nicht weggeschmissen worden sein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Frage war nur, ob Sie diese Unterlage noch haben.

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, momentan jedenfalls nicht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Könnte es sein, dass Sie sie noch haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es könnte sein, dass ich in der Lage wäre, sie wiederzubekommen, wenn ich mich darum bemühe – wo genau, weiß ich nicht, vermutlich im Büro; wenn es im Büro liegt, im Büro, ansonsten wieder vom BVT.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Würden Sie sich allenfalls darum bemühen und dem Ausschuss die Unterlage zur Verfügung stellen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Kann ich gerne tun.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Da bin ich sehr dankbar.

Darf ich auf Ihre Tätigkeit im VGT zurückkommen: Sie haben gesagt, Sie sind seit 2002 Obmann dieses Vereins und sind dort bis heute hauptberuflich tätig. Habe ich das richtig verstanden?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist richtig, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie ein Dienstverhältnis mit dem VGT?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, angestellt bin ich.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Gibt es da einen Dienstvertrag?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist der unabhängig oder abhängig von der Funktion des Obmanns im VGT?

Mag. DDr. Martin Balluch: Unabhängig.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie die Aufgaben beschreiben, die Sie als Obmann beziehungsweise die Sie als Angestellter wahrnehmen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Als Obmann bin ich nach außen die vertretungsbefugte Person in allen Bereichen und habe bei den Vorstandssitzungen den Vorsitz, und bei einer Stimmengleichheit zählt meine Stimme doppelt.

Bei meinem Dienstverhältnis handelt es sich darum, dass ich als Kampagnenleiter angestellt bin dafür, sozusagen die Fokuskampagne, die zentrale Kampagne des VGT zu koordinieren. Das waren diese vier Kampagnen, die ich genannt habe, bis 2008.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie viele Mitglieder hat der VGT derzeit?

Mag. DDr. Martin Balluch: 22 000 etwa.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie wird man Mitglied in der Organisation?

Mag. DDr. Martin Balluch: Man muss unterscheiden zwischen einem ordentlichen Mitglied, das man nur werden kann, wenn man sich aktivistisch betätigt, und einem sozusagen unterstützenden Mitglied, das man werden kann, indem man spendet.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie uns einen kurzen Einblick in die sogenannte Tierschutzszene in Österreich geben, wie die organisiert ist, wie viele Organisationen es da in etwa gibt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Tierschutzszene in Österreich: Ich würde sagen, es gibt ungefähr 180 Vereine und Stiftungen und Organisationen; davon sind die große Mehrheit Tierheime, relativ kleine Tierheime.

 Ansonsten gibt es eine Reihe von Vereinen, die Öffentlichkeitsarbeit machen, das heißt, Tierquälereien anzeigen, Tierquälereien aufdecken und versuchen, sie an die Öffentlichkeit zu bringen; allen voran Vier Pfoten – das ist sogar eine der weltgrößten Tierschutzorganisationen –, natürlich wir. Dann gibt es aber auch Organisationen, die groß sind und die eigene Tierheime haben, die aber trotzdem auch Öffentlichkeitsarbeit, Bewusstseinsbildung machen; das ist zum Beispiel der Aktive Tierschutz Steiermark oder der Wiener Tierschutzverein.

Dann gibt es natürlich noch eine Reihe anderer Vereine, die auch groß sind, aber weniger aktivistisch tätig, aber trotzdem Aufdeckungsarbeit und Pressearbeit machen, zum Beispiel der Österreichische Tierschutzverein. Es gibt dann sehr aktivistisch-lastige Vereine wie RespekTiere Salzburg, Robin Hood in Niederösterreich oder die Tier-WG in der Steiermark. Und es gibt dann auch einen ÖVP-nahen Tierschutzverein, den Tiroler Tierschutzverein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Tauscht sich der VGT mit diesen Vereinen aus?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Inwiefern?

Mag. DDr. Martin Balluch: Wir organisieren Konferenzen, wir haben aber auch Sitzungen zum Beispiel zu verschiedenen Projekten; wenn da ein Projekt ist, treffen wir uns. Oder zum Beispiel zu den Gütesiegeln für eine bessere Tierhaltung gibt es Treffen und einen Informationsaustausch und auch ein Abstimmen der Aktivitäten.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das heißt, Kampagnen stimmen Sie allenfalls auch ab?

Mag. DDr. Martin Balluch: Unter Umständen, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist schon vorgekommen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, ist auf jeden Fall vorgekommen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie viele stimmberechtigte Mitglieder hat der VGT eigentlich?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das wechselt natürlich immer, aber ich schätze, ungefähr 400.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): 400.

Herr Dr. Balluch, ich möchte Ihnen aus der Feststellung des Gerichts zitieren, das auf Seite 59 aufgrund der Erkenntnisse im Beweisverfahren Folgendes festhält – ich lege Ihnen das vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Seite 59. (Abg. Krainer: Aktenzahl bitte!) – Dokument Nummer 6772.

Mag. DDr. Martin Balluch: Was ist das?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das ist der Gerichtsentscheid.

Mag. DDr. Martin Balluch: Vom Tierschutzprozess, oder wie? (Abg. Amon: Bitte?) – Vom Tierschutzprozess in Wiener Neustadt?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ja. Ich zitiere daraus, da heißt es (Auskunftsperson Balluch: Welche Seite?) – 59 –: „DDr. Martin Balluch kann im Bereich des Tierrechtsaktivismus in Österreich als ‚Infojunky‘ mit einem gesteigerten politischen Sendungsbewusstsein bezeichnet werde, zumal er jegliches Material sammelt, das mit Tierschutz bzw. Tierrechtsaktivismus zu tun hat.“

Weiter unten heißt es dann: „Des Weiteren befinden sich in diesen Informationsarchiven umfassende Informationen über Brandanschläge sowie Sachbeschädigungen der ALF in Österreich.“

Würden Sie sich heute in diesem Zusammenhang auch noch als „Infojunky“ bezeichnen? Das ist nämlich eine Aussage im Verfahren, die von Ihnen stammt, muss ich dazusagen.

Mag. DDr. Martin Balluch: Aha. Ich interessiere mich sehr dafür, was im Tierschutz passiert, und habe ein Riesenaktenarchiv, wenn mich nicht gerade die Polizei überfällt und es mir wieder wegnimmt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, dass zwischen 1.12.2006 und 8.1.2008 bei der Firma Kleider Bauer 17 Straftaten verübt worden sind; dass zwischen 2004 und 2006 fünf Straftaten bei der Firma Peek & Cloppenburg verübt worden sind; dass zwischen 29.10.2004 und 10.12.2006 fünf Straftaten bei der Firma Gnädig verübt worden sind; dass bei der Firma Trachtenmaus drei Straftaten zwischen 2004 und 2006 verübt worden sind; dass zumindest zwei Brandanschläge – einer beim Hühnermastbetrieb Pummersdorf und einer beim Circus Knie – verübt worden sind? Sind Ihnen diese Straftaten bekannt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, ich bezweifle auch, dass es welche sind. Ich meine, man muss immer unterscheiden zwischen dem, was ...

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Na, Sie haben es eh schon beantwortet, sie sind Ihnen nicht bekannt.

Mag. DDr. Martin Balluch: Na Moment, dass es Straftaten sind! (Abg. Amon: Ist Ihnen nicht bekannt!) Die Vorfälle sind mir bekannt, natürlich, aber ich bezweifle - -

Zum Beispiel wird hier einfach subsumiert, Straftat ist, wenn jemand in ein Geschäftslokal rennt und kleine Flankerln verteilt, auf denen steht: Pelz ist Tierquälerei. Das wird hier als Straftat gewertet, und das ist ja an und für sich ein Witz. Das ist etwas, was irgendwie vergleichbar ist mit dem, was Martin Luther King als Run-in bezeichnet, und das ist einfach eine aktivistische Aktionsform, die da eben durchgeführt wurde, die ich aber nicht als Straftat sehe. Was soll das sein, Verschmutzen des Geschäfts oder dergleichen? Also ich behaupte, dass diese vorgelegten Listen gar nicht einmal Straftaten umfassen.

Was zum Beispiel Circus Knie betrifft, kann ich mich erinnern, war das der Brand eines Generators. Es wurde nie erklärt, warum der eigentlich zu brennen begonnen hatte; abgesehen davon war dort praktisch keine Sachbeschädigung, sondern in irgendeinem Nebenzelt hat ein Generator zu brennen begonnen. Also auch da bezweifle ich, dass das eine von Tierschutzseite verübte Straftat ist.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das haben ja jetzt Sie gesagt. Ich habe gar nicht gesagt, dass das von Tierschutzseite gekommen sein muss. Ich habe Ihnen nur die Daten – die es hier polizeilich protokolliert gibt – und entsprechende Anzeigen vorgelesen. Es ist interessant, dass Sie der Meinung sind, dass das von Tierschutzseite kommen muss – aber bitte, wenn Sie das so festhalten wollen, halten Sie das so fest.

Da Sie einen guten Überblick haben: Können Sie uns eine Größenordnung nennen, wie viele Anschläge, Sachbeschädigungen Sie jährlich wahrgenommen haben?

Mag. DDr. Martin Balluch (erheitert): Das Wort Anschlag finde ich in dem Zusammenhang sehr problematisch, weil es so klingt, als ginge es um Gewalt gegen Menschen. Was hier alles subsumiert wird, wenn solche Listen auftauchen, sind auch E-Mails, wo irgendjemand schreibt: Was du mit den Tieren machst, sollte man einmal mit dir machen! Das ist ganz offensichtlich, dass da jemand, der einfach verzweifelt ob des Umstandes dieser Tierquälerei, seinem Ärger Luft macht und überhaupt nie ernsthaft meint, man müsste diese Menschen bedrohen. Das wird alles hier in diesen Listen subsumiert.

Wenn man sich das wirklich unterm Strich anschaut: Es gab einige Vorfälle, wo man tatsächlich meinen könnte, dass das – aus Tierschutzmotivation und so – geplante schwere Sachbeschädigungen sind, aber die kann man an den Fingern einer Hand abzählen, über Jahrzehnte. Also de facto können die niemals so etwas rechtfertigen wie diese Vendetta, die da stattgefunden hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Konnten Sie in den Jahren 2006 bis 2007 eine Steigerung der Sachbeschädigungen wahrnehmen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, habe ich nicht wahrgenommen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nein. Haben Sie irgendwelche Wahrnehmungen, ob es in diesem Zeitraum spezielle Sachbeschädigungen verstärkt gab?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich weiß, dass es Sachbeschädigungen gegen den VGT gibt und gab. Wir haben erst kürzlich wieder, vor wenigen Tagen, eine schwere Todesdrohung, eine Morddrohung per Brief geschickt bekommen (Abg. Amon: Das war nicht meine Frage!), die ich auch an die Polizei weitergebe, ich gehe aber davon aus, dass sie gleich im Mistkübel landet, weil sie das null interessiert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie bestimmte Straftaten in dieser Zeit besonders verwundert oder schockiert? Sie haben ja gesagt, es gab welche.

Mag. DDr. Martin Balluch: In welcher Zeit?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): 2006 und 2007.

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, da war in meinen Augen nichts auffällig.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich darf weiter aus der Feststellung zitieren, der nächste Satz lautet: „Für DDr. Balluch ist die gesamte Tierrechtsbewegung ein psychologisches Phänomen, wobei er sich aus ethischen Überlegungen gedanklich mit strafrechtlich relevanten Delikten als philosophischen Diskurs auseinandersetzt.“

Sie haben sich ja intensiv mit der ALF in Österreich auseinandergesetzt. Können Sie uns sagen, was die ALF ist?

Mag. DDr. Martin Balluch: Wo steht, dass ich mich intensiv mit der auseinandergesetzt hätte?

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es liegt Ihnen vor.

Mag. DDr. Martin Balluch: Wenn hier steht „mit strafrechtlich relevanten Delikten“, heißt das ja nicht ALF. Strafrechtlich relevante Delikte, das kann auch ohne Weiteres eine offene Befreiung von Hühnern sein, was ich gemacht habe. Ich bin in eine Legebatterie gegangen, mit einer Journalistin des „Falter“, und habe sieben Legehühner rausgeholt. Das ist strafrechtlich relevant, das könnte eine dauerhafte Sachentziehung sein, und damit setze ich mich natürlich auseinander, weil das auch Teil unserer Kampagne war. Das ist aber für mich keine Straftat im Sinne irgendeines gesellschaftlich bedrohlichen Szenarios.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Das war auch nicht meine Frage, was Sie beantwortet haben.

Die Frage war: Können Sie uns sagen, was die ALF ist?

Mag. DDr. Martin Balluch: ALF ist ein Akronym, das von manchen Personen – vor allem international, in Österreich praktisch überhaupt nicht – im Zusammenhang damit verwendet wird, dass man Aktionen setzt, um Tiere zu befreien. Da geht es vor allem um Befreiungen von Tieren aus Tierversuchslabors oder auch aus Tierfabriken.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte noch einmal auf das zurückkommen, was Kollegin Zadić ausgeteilt hat, dieses E-Mail mit angehängtem Resümeeprotokoll vom 5. April. Wir haben ja schon vorhin herausgearbeitet, dass am 4.4. eben dieser Anruf von Herrn Graf bei Herrn Platter war und dass dann 24 Stunden später diese Sitzung stattfindet. Das ist das, was wir übrigens nie zu den Akten bekommen haben, sondern ich habe es von der Homepage von Peter Pilz. Da ist es noch immer abrufbar.

Auf Seite 3, fünfter Absatz, steht etwas sehr Bemerkenswertes in diesem Protokoll: „Hinsichtlich der Sachbeschädigungen führte HPP“ – Herr Polizeipräsident – „aus, dass bisher kein klarer Zusammenhang zwischen den Demos und den Sachbeschädigungen hergestellt werden konnte.“

Das heißt, vom Ablauf her, der Herr Generaldirektor fordert auf, alle administrativen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Demonstrationen vor den Filialen zu untersagen. Der Herr Polizeipräsident sagt, dass bisher kein klarer Zusammenhang zwischen den Demos und den Sachbeschädigungen hergestellt werden konnte. Dieser konnte übrigens auch im Prozess nicht hergestellt werden, also es konnte bis heute kein Zusammenhang hergestellt werden.

Er führt weiter aus – steht im Protokoll –: „Der Verdacht eines Zusammenhanges liege zwar auf der Hand, ein Beweis oder“ auch nur „ganz starke Indizien konnten bisher aber nicht ermittelt werden.“

Ist Ihnen bekannt, dass das zu irgendeinem Zeitpunkt ermittelt werden konnte?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein. Da konnte nie etwas ermittelt werden, weil es auch nichts gibt. Man hat – im Gegenteil – versucht, die Demonstrationen irgendwie an sich zu kriminalisieren oder dann als Teil einer Nötigung aufzufassen, um irgendwie doch noch einen strafrechtlichen Winkel auf sie zu bekommen. De facto aber, wenn man zum Beispiel eine Stinkbombe nimmt, die da geworfen worden sein soll, und irgendwie eine Beziehung zu diesen Demonstrationen herstellt, dann ist das nie gemacht worden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als Ergebnis dieser Besprechung – 24 Stunden nach dem Anruf des Eigentümers von Kleider Bauer bei Minister Platter – gibt es dann folgende Anordnungen – das steht unten –:

Erstens: „Ausschöpfen sämtlicher administrativen Möglichkeiten im Hinblick auf die Untersagung der Demonstrationen, inklusive Kontaktaufnahme mit der S“ – Sektion – „III durch HPP“. – Obwohl auf den Tisch gelegt wird, dass es keinen Zusammenhang gibt, nicht einmal ein Indiz da ist, dass es einen Zusammenhang gäbe, wird die Anordnung erlassen, diese Demonstrationen möglichst zu untersagen. Das ist ja tatsächlich auch passiert, wenn ich das in Ihrem Einleitungsstatement richtig gehört habe.

Zweitens: „Übernahme der Koordination der Ermittlungstätigkeit, national und international durch das .BK“ – Bundeskriminalamt –, „wobei das BVT einzubinden ist“. – Das ist die zweite Anordnung, die erlassen wird.

Die dritte ist: „Übernahme der allfällig notwendigen Pressearbeit durch [...] (Obst. HESZTERA)“; dann die vierte Anordnung: „Einrichtung einer operativen SOKO“ – Sonderkommission – „im Bereich der BPD/des LPK Wien (Leitung vorzugsweise Obst. FRÜHWIRTH, Obstlt. BÖCK/HR. Mag. SCHERZ) unter Einbeziehung des LVT Wien“. – Das heißt, 24 Stunden nach diesem Anruf gibt es bereits die Anordnung, eine Sonderkommission einzurichten, obwohl in dieser Besprechung festgestellt wird: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Demonstrationen und den Straftaten, keine Beweise, keine Indizien dafür.

Das Nächste, das kommt, ist: „Kontaktaufnahme mit der WKO und der Wirtschaftskammer Wien, sofern von KBM befürwortet“. – KBM heißt, nehme ich an, Kabinett des Bundesministers.

Das Nächste ist: „Einrichtung der angeordneten Struktur im Laufe der nächsten Woche“, sprich: die Soko muss innerhalb einer Woche operativ gestellt werden.

Die letzte Anordnung ist: „Info des KBM über die angeordneten Maßnahmen“, das heißt, das Kabinett des Bundesministers ist über diese Maßnahmen zu informieren.

Das passiert alles innerhalb von 24 Stunden nach dem Anruf, obwohl bei der Besprechung ausdrücklich festgestellt wird: Es gibt keine Beweise, ja nicht einmal Indizien, dass irgendein Zusammenhang zwischen den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten dieses Vereins, dieser Personen und den Straftaten besteht.

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir das im Protokoll haben und dass wir auch wissen, dass uns dieses Dokument bis heute vom Innenministerium vorenthalten und es uns nicht vorgelegt wird, obwohl das natürlich für die Frage der politischen Einflussnahme auf Verfahren absolut beweisrelevant ist. Das festzustellen war mir wichtig.

Ich habe eine andere Frage, Herr Balluch, weil Kollege Amon gerade gefragt hat, ob Ihnen aufgefallen ist, dass 2006, 2007 die Zahl der Straftaten angestiegen wäre: Kennen Sie diese Verfassungsschutzberichte, in denen auch immer wieder auf das Engagement für Tierrechte und Tierschutz hingewiesen wird?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es gibt vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, das früher EBT geheißen hat, Verfassungsschutzberichte, wo es seit – glaube ich – den späten Neunzigerjahren, ein Kapitel „Militanter Tierschutz“ gab. Dieses Kapitel hat sich dann im Laufe der Ermittlungen lustigerweise umbenannt. Diese Sonderkommission hat ja den Begriff MTG, militante Tierrechtsgruppen, für diese angeblich kriminelle Organisation erfunden. Im Gleichschritt damit hat das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung das Kapitel über den Tierschutz umbenannt, zunächst einmal von „Militanter Tierschutz“ auf militantes Tierrecht und von dort auf „Militante Tierrechtsgruppen“.

Diese Verfassungsschutzberichte enthielten insbesondere gegen Ende eine Liste von Verwaltungsstraftaten, es war zum Großteil ein Tätigkeitsbericht des Vereins gegen Tierfabriken, der überhaupt nicht strafrechtlich relevant ist. Es wurde der VGT sogar explizit genannt, sodass es natürlich für alle möglich ist, uns irgendwie als radikal hinzustellen. Wenn sogar das BVT in seinen Verfassungsschutzberichten den Verein gegen Tierfabriken nennt, dann muss der offensichtlich verfassungsbedrohlich sein.

Wir haben dann dagegen Beschwerde eingelegt. Das Ministerium hat dann VGT im nächsten Jahr – das muss 2006, 2007 gewesen sein – rausgenommen, hat aber in so einer Liste der Akronyme VGT noch dringehabt, das haben sie noch zu löschen vergessen. Im nächsten Jahr ist auch das dann weg gewesen, und dann wurde irgendwann dieser Verfassungsschutzbericht komplett eingestellt, also der Teil über den Tierschutz, den gibt es heute nicht mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf nur fürs Protokoll aus dem Verfassungsschutzbericht 2008 zitieren; es wird immer das Vorjahr betrachtet: „Das Engagement für Tierrechte zeigte im Jahr 2007 im legalen Bereich eine deutliche Steigerung, während die Zahl der strafrechtlich relevanten Delikte rückläufig war.“

Ich kann das auch gerne vorlegen, wenn darum ersucht wird: Verfassungsschutzbericht 2008, „Allgemeines Lagebild“. Das widerspricht nur etwas den Vorhaltungen des Kollegen Amon, nämlich dass es hier Steigerungen gegeben hätte. Zumindest hat offensichtlich das BVT da zwar von einer deutlichen Steigerung im legalen Bereich gesprochen, während die Zahl der strafrechtlich relevanten Delikte rückläufig war – das ist in dem Jahr, in dem die Sonderkommission eingerichtet wurde.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als Allerletztes darf ich noch etwas vorlegen, fragen tue ich dann in der nächsten Runde; aber vielleicht freut sich Kollege Amon, weil er danach gefragt hat. Das habe ich ebenfalls, glaube ich, von der Homepage. (Abg. Amon: Ich habe nur danach gefragt, ich habe es nicht behauptet!) Das ist ein Aktenvermerk an Soko Bekleidung, wo es um diese Besprechung mit der Steuerfahndung, mit Herrn Stark, geht.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie jetzt auf die nächste Runde verweisen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege es für die nächste Runde vor.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Balluch, ich möchte gleich da anschließen, wo Kollege Krainer vorhin war, ich möchte bei dieser Soko bleiben, die damals eingerichtet wurde.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu oder vielleicht Kenntnisse, die Sie dem Ausschuss mitteilen können, dass es in der Vergangenheit Ermittlungsschritte oder Tätigkeiten dieser Soko gegeben hat, die nicht genehmigt waren respektive die vielleicht nicht auf dem Boden der gesetzlichen Bestimmungen stattgefunden haben? Können Sie dem Ausschuss dazu etwas mitteilen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, jedenfalls die Spitzel, der Einsatz der Spitzel ab 2008, denn da hatte sich das Gesetz geändert und da hätte man eine Genehmigung dafür haben müssen.

Die Ausrede der Soko war zunächst – also für 2007 –, dass das nur zur Gefahrenabwehr und nicht zu Ermittlungszwecken war. Dieser Spitzel war aber definitiv zu Ermittlungszwecken, weil sie im Auftrag der Soko DNA-Spuren von verschiedenen Personen gesammelt hat; sie hat also zum Beispiel Flaschen, die jemand getrunken hat, aus dem Mist eingesammelt und der Soko gebracht. Sie hat auch der Soko zu allen internen E-Mails Zugang gegeben, diesen E-Mail-Listen, die da geführt wurden, wo sie eben seit November 2007 Zugang hatte. Und das hat sie auch weiterhin getan, das hat sie sogar noch deutlich nach der Untersuchungshaft weiterhin getan, und das war alles nicht genehmigt von irgendjemandem, das ist eigentlich komplett illegal geführt worden.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hat es da irgendwelche Konsequenzen gegeben, wissen Sie das?

Mag. DDr. Martin Balluch: Keine Konsequenzen. Wir haben das natürlich angezeigt. Im Gerichtsurteil, das hier liegt, kann man nachlesen, dass die Richterin explizit gesagt hat, dass die Soko sie angelogen hat oder zumindest die Unwahrheit gesagt hat. Es hatte aber keine Konsequenzen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Es gibt ja in Ihrem Fall auch den Verdacht der parallelen Aktenführung. Können Sie uns mitteilen, worauf sich dieser Verdacht stützt, beziehungsweise gibt es da eine Objektivierung, die diesen Verdacht soweit darlegt?

Meiner Meinung nach ist einer der schwerwiegendsten Vorwürfe überhaupt in dem ganzen Verfahren, dass man einen Akt parallel führt, je nachdem, in welche Richtung sich etwas entwickelt, um dann eben diesen oder jenen Akt zu ziehen und weiterzuverwenden. Worauf stützt sich dieser Verdacht beziehungsweise haben Sie dahin gehend Wahrnehmungen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es ist natürlich lange her, jetzt müsste ich mich wirklich in den Akt vertiefen, um das noch einmal genau auszugraben, wie das war, aber es war definitiv so, wie Sie es sagen, dass ein Parallelakt angelegt wurde. Wir konnten natürlich dazu keine Akteneinsicht beantragen, weil wir die Aktennummer gar nicht kannten, aber es hat sich dann doch in irgendeinem Zusammenhang herausgestellt, dass es diesen Parallelakt gibt oder zumindest einen Parallelakt gibt.

Und ich weiß auch noch, in welchem Zusammenhang das war, oder ich glaube, mich zu erinnern: Das war im Zusammenhang mit einer Dame, die psychologische Schwierigkeiten hatte und wegen Verfolgungsängsten auch in der Psychiatrie war. Die ist von der Soko heimlich, hinter dem Rücken ihres Pflegers und Ehemanns, der Tierschützer bei uns war und unser Rechtsbeistand, also ein Rechtsanwalt, einvernommen worden.

Sie haben sie mehrere Stunden einvernommen, und sie halt dann zu allen möglichen halluzinierten Aussagen gebracht, die dann in einem Parallelakt geführt wurden, sodass man eigentlich gar nicht weiß, dass sie einvernommen worden ist. Das ist aufgeflogen, sodass man diesen Parallelakt bezüglich dieser Sache halt sehen konnte, oder jedenfalls konnte diese Einvernahme letztlich eingesehen werden.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben gesagt, Sie konnten sie selbst nicht einsehen, weil Sie keine Aktennummern hatten. Ist Ihnen bekannt, ob diese parallel geführten Akten jeweils eigene Aktennummern hatten?

Mag. DDr. Martin Balluch: Die hatten eine andere Aktennummer, da bin ich mir sicher.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Die hatten eine andere Aktennummer (Auskunftsperson Balluch: Ja!), alles klar.

Haben Sie Hinweise darauf, dass Aktenteile beziehungsweise Informationen aus den Akten im Zuge Ihres Verfahrens zum Beispiel verloren gegangen oder nicht aufgetaucht sind?

Meine Frage bezieht sich darauf, ob Sie Wahrnehmungen dahin gehend haben, ob in den Akten manipuliert worden sein könnte. Das ist das, was ich eigentlich fragen möchte, darauf zielt die Frage ab.

Mag. DDr. Martin Balluch: Also manipuliert worden ist auf jeden Fall. Ich habe das Beispiel mit Zurndorf gebracht. Da ist der erste Polizeibericht, in dem steht, der Brand muss aufgetreten sein, ich glaube, am 11. November zwischen 7 Uhr früh und 7 Uhr abends, weil er um 19.09 Uhr von einem Polizisten entdeckt wurde.

Kaum hatte die Soko den Akt, hat sie plötzlich einen neuen Akt über diesen Brand angelegt, in dem gestanden ist, der Brand war zwischen 11. und 13. November, 19.09 Uhr und 20 Uhr. Sie haben es also plötzlich zwei Tage in die Vergangenheit verschoben, obwohl der Brand um 19.09 Uhr ja bereits von einem Polizisten gesehen wurde. Das wurde dazu verwendet, um mich irgendwie mit diesem Vorfall, der überhaupt keine Straftat war, in Verbindung zu bringen. Und das ist also eine eindeutige Änderung des Aktes.

Ich müsste jetzt versuchen, mich zu erinnern, ob irgendwelche Dinge verschwunden sind. Was jedenfalls schon war, ist, dass wir zum Beispiel zu den Telefonabhörungen, zu den Originaldaten nie Zugang hatten, obwohl das die Strafprozessordnung vorsieht. Es wurden Ausreden gebracht wie: Der Speicherplatz bei der Polizei reicht nicht aus!, oder: Wir haben jetzt dort keinen freien Raum, um uns das anzuhören!, und: sie können uns das leider nicht alles geben, weil das viel zu voluminös ist und abgesehen davon sind sie gerade auf Urlaub!

Mit solchen Ausreden wurde verhindert, dass wir diese Originalaufnahmen anhören konnten oder dass wir die Originalfilmaufnahmen anschauen konnten, denn es waren ja zwölf Kameras über Türen angebracht und es wurde auch, so wie Filialen, eine Zeit lang gefilmt. Es ist dann laut den Ermittlungsbehörden nie irgendetwas Auffälliges gewesen, aber wir konnten das nie ansehen. Es wurde immer eine Ausrede gefunden, warum wir das nicht anschauen konnten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben gerade eine Änderung des Aktes geschildert. Das ist meiner Meinung nach eine strafbare Handlung. Haben Sie das eigentlich ebenfalls zur Anzeige gebracht?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe das zur Anzeige gebracht, und es wurde uns erklärt, dass so etwas passieren kann, also dass das einfach ein Versehen ist.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben sich natürlich gegen Anschuldigungen, die gegen Sie erhoben wurden, auch rechtlich zur Wehr gesetzt. Darf ich Sie fragen, ob Sie – ich weiß ja nicht, ob Sie einen Überblick haben, es ist ja doch lange Zeit her beziehungsweise ein relativ langer Zeitraum – einen groben Überblick haben, welche Kosten Ihnen daraus im Lauf der Jahre entstanden sind?

Mag. DDr. Martin Balluch: Na ja, auch das sind Zigtausende Euro. Man muss ja auch da eine Rechtsvertretung bezahlen, die so etwas macht. Wir mussten ja auch die Verfahren für die Akteneinsicht führen und wir mussten Verfahren führen, um unsere Sachen zurückzubekommen. Das alles waren Prozesskosten. Und wir mussten die - -, und ich musste für die Verteidigungskosten, die Schadenersatzzahlung einen Prozess führen, der letztlich 57 000 Euro gekostet hat, die ich extra zahlen musste.

Also der Staat hat mich nicht nur unschuldig eingesperrt und mir 500 000 Euro genommen, sondern wie ich die Frechheit besaß, das Geld zurückzuverlangen, hat er gesagt: Und jetzt zahlen Sie 57 000 Euro für diese Anfrage dazu!

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte noch einmal auf den Themenkomplex verdeckte Ermittler zurückkommen. Sie haben gesagt, es waren zumindest zwei verdeckte Ermittler in der Gruppe im Einsatz. Sind Sie selbst Betroffener der Tätigkeit dieser verdeckten Ermittler gewesen? Wie sind Sie überhaupt draufgekommen, wie haben Sie das selbst mitbekommen, dass die eigene Gruppe offenbar von verdeckten Ermittlern infiltriert wurde?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich war Hauptziel beider Spitzel, aber ich habe es während deren Tätigkeit nicht bemerkt, sondern erst im Nachhinein. Das eine war eben eine Polizistin, die den Decknamen Danielle Durand hatte und die gleich im April – das muss Tage nach Erstellung dieser Protokolle, die hier vorgelesen wurden, geschehen sein – in den VGT eingeschleust wurde. Sie hat sich also - -, sie ist bei diesen Demonstrationen erschienen, hat einige Zeit lang mitgemacht, ist dann ins Büro gekommen und war dann eigentlich immer mit uns unterwegs. Wie gesagt, ich habe mit ihr auch - -, nur sie und ich, zu zweit, sind wir in der Nacht unterwegs gewesen, haben zum Beispiel die Gänsejagd im Nationalpark Neusiedler See Seewinkel dokumentiert und die Schnattermaschinen, die dort hingestellt werden, um  Wildgänse anzulocken.

Ich war mit ihr plakatieren, wildplakatieren, sie war zum Beispiel auch mit in Holland bei einem Tierrechtstreffen, ich habe mit ihr eine Radiosendung gemacht, ich war mit ihr in zwei Legebatterien filmen. Sie hat also alles aus erster Hand mitbekommen. Und sie war bei allen Treffen dabei. Sie war bei den Tiertransportverfolgungen dabei; da hat sie übrigens gleich per SMS die Polizei informiert, wenn wir irgendwelche Schritte treffen wollten: Da ist ein rumänischer Pferdetransporter mit Schlachtpferden durch Österreich gefahren, und wir haben das als Information bekommen und wollten den stoppen und sind also da irgendwie so in Erwartungshaltung gesessen. Sie hat per SMS die Polizei informiert, dass wir da sitzen und dass wir demnächst kommen, sodass die Polizei uns stoppen konnte, bevor wir den Transporter erreicht hatten. Also solche Dinge hat sie getan und war mittendrin bei, wie sich später herausgestellt hat, über 200 Aktionen.

Die andere war eine Privatperson, die scheinbar für dieses Spitzelbüro bei der Polizei arbeitet und die auch mit einem Spitzelführer bei uns eingeschleust wurde, auch schon im April 2007. Sie hat bei uns angestellt werden wollen, sie war dann auch im Büro, hat auch eine E-Mail-Adresse mit vgt.at bekommen, weil sie das unbedingt wollte. Sie hat aber keine - -, sie ist aber letztlich nicht angestellt worden, und nach einem halben Jahr ist sie dann irgendwo wieder verschwunden; was aber nicht auffällig ist, weil die Aktivisten und Aktivistinnen immer kommen und gehen.

Wir sind dadurch draufgekommen, und zwar erst nach zwei Drittel des Prozesses - - Also man muss bedenken: Die Ermittlungen haben 2006 begonnen, die Soko wurde im April 2007 gegründet, die Hausdurchsuchungen waren im Mai 2008, Freilassung aus der Untersuchungshaft im September 2008, und dann die Anklage noch einmal ein Jahr drauf, Mai 2010, oder nein, Oktober 2010 etwa.

Wir haben dann noch bis in den Sommer 2011 nichts von diesen Spitzeln gewusst. Dann ist ein Observationsprotokoll aufgetaucht, wo dringestanden ist: An dem und dem Tag um 6 Uhr früh sind vier Frauen und eine davon - - Also im Observationsprotokoll ist gestanden: Unsere verdeckte Ermittlerin und drei andere Frauen steigen bei Martin Balluch ins Auto. – Da habe ich rekonstruiert, wer diese vier Frauen damals waren, und ich habe dann mit drei von ihnen gesprochen, die vierte war in Frankreich auf Studienaufenthalt, das war eben Danielle Durand, und deswegen habe ich mir gleich gedacht, das muss dann sie sein.

Ich habe dann einen Privatdetektiv eingeschaltet, und der hat dann länger ermittelt. Er hat festgestellt, wo sie gewohnt hat, hat festgestellt, dass sie bei einem Polizisten in der Obersteiermark gemeldet ist – polizeilich gemeldet, als ob sie dort wohnen würde. Sie hat eine eigene Pseudowohnung in Wien eingerichtet, denn: Es wurden die Nachbarn alle befragt, und die haben sie alle nie gesehen; also sie war dort gar nicht, sondern das war nur so eine Wohnung, die halt irgendwie tierschutzmäßig ausschaut, damit man das Leuten zeigen kann, falls sie das sehen wollen. Sie hat 2005 zu existieren begonnen, was auch schon sehr auffällig war. Daraufhin sind wir damit an die Öffentlichkeit gegangen. Sie wurde dann als Zeugin vorgeladen und sechs Tage lang einvernommen, und auch ihr Spitzelführer Stefan Wappel wurde einvernommen.

Die andere ist dadurch aufgefallen, dass die Polizei dann zugegeben hat, dass es eine Vertrauensperson gab. Ich habe dann auch aus den Angaben, die uns da gemacht wurden, rekonstruiert, dass das eine Frau namens Esther Hofbauer gewesen sein muss, und habe sie dann angerufen und auch getroffen. Sie hat gar nicht gewusst, dass ich weiß, dass sie ein Spitzel ist. Ich habe sie dann aufgenommen und mit dem konfrontiert. Sie hat das alles bestritten und hat mich dann aber gleich via ihren Polizeiführer angezeigt, dass ich Zeuginnen beeinflussen würde, was aber dann keine Konsequenzen hatte.

Jedenfalls war sie auch Zeugin vor Gericht, nachdem wir sie aufgedeckt haben. Hätten wir das aber nicht getan, wäre das nie zur Sprache gekommen. Das waren Menschen, die ganz intensiv bei uns dabei waren, Tag und Nacht mit uns unterwegs waren. Die haben genau gewusst, dass wir nicht kriminell sind.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Können Sie sagen, in welchem Zeitraum in etwa diese zwei verdeckten Ermittlungen stattfanden, wie lange die bei Ihnen tätig waren?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das kann ich genau sagen: Also im April, unmittelbar nach dem - -, wenige Tage danach, sind sie beide erschienen. Die eine, das war die Polizistin, die hat sich also so langsam hineingearbeitet, war dann im November in unserer internen E-Mail-Liste und völlig integriert. Sie ist dann bis zur Untersuchungshaft geblieben. Während der Untersuchungshaft hat sie noch vor dem Gefängnis gegen die Untersuchungshaft demonstriert. Sie hat dann auch einen der Aktivisten im Gefängnis besucht und ist dann danach, nachdem wir freigelassen wurden, „nach Frankreich gegangen“ – unter Anführungszeichen –, und hat dann noch E-Mails geschickt. Sie war also 16 Monate bei uns dabei, plus drei Monate per E-Mail-Kontakt danach noch.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Darf ich da zwischenfragen, bitte: 16 Monate sagen Sie. War das dieser Zeitraum, wo Ihnen die Straftaten vorgeworfen wurden, die schlussendlich ja auch zur Untersuchungshaft und so weiter geführt haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, sicher auch, ja. Mir wurde das konkret nicht - -, aber ja.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben diese zwei verdeckten Ermittlerinnen Aussagen dahin gehend getätigt, dass hier Straftaten fällig waren? Meiner Meinung nach wird ja so etwas nur eingesetzt, wenn man einen gefährlichen Angriff, auf wen auch immer, abwehren möchte.

Was waren die Aussagen von diesen zwei Personen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Die waren sehr, sehr positiv für uns. Sie haben sogar explizit gesagt, sie waren erstaunt, wie wenig radikal wir sind, und sie haben eigentlich überhaupt keine Auffälligkeiten oder irgendetwas, was bemerkens- oder berichtenswert wäre, gesehen.

Sie hat auch explizit gesagt, sie versteht gar nicht - - Also diese interne E-Mail-Liste, die ja dann der Hauptverdachtsmoment gegen mich war, weil man irgendwelche E-Mails rausgenommen hat, hat sie alle mitgelesen, und sie hat gesagt, für sie war das nur Geplauder über Obst und neue vegane Alternativen. Also die waren beide der Überzeugung, da war nichts.

Ich habe dann vor Gericht gefragt: Warum, glauben Sie, war dann die Hausdurchsuchung? Da hat sie gesagt: Das hat mich auch total überrascht, aber ich habe mir gedacht, die werden schon irgendwas wissen, was ich nicht weiß, was sie aber de facto nicht gemacht haben. Aber: Beide haben uns komplett entlastet, und die Richterin hat eindeutig auf der Basis dieser Aussagen gesagt, dass das Verfahren zu beenden ist. Sie hat auch selbst die Zeugen der Anklage nicht mehr einvernommen. Sie hat einfach das Verfahren beendet.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Der VGT wurde seit 1997 in den Berichten als militant bezeichnet. Haben Sie eine Wahrnehmung, warum das Ende der 1990er-Jahre begonnen hat, worauf sich diese Einschätzung berufen hat? (Auskunftsperson Balluch: Nein!) Gab es da einen Anlassfall? Haben irgendwelche Demonstrationen begonnen, oder gab es eine besondere Kampagne, die damals gestartet hat? Wissen Sie da noch etwas dazu?

Mag. DDr. Martin Balluch: Gibt es diesen Verfassungsschutzbericht länger? Mein Eindruck war, dass es gleichzeitig mit den ersten Berichten auch schon diese Kapitel gab, aber das weiß ich jetzt nicht genau.

Ich meine, das, was auffällig ist – ich weiß nicht –, sind halt Aktionen vom Verein gegen Tierfabriken. Wir sind zum Beispiel im Mai 1997 zu einer Schweinefabrik im Burgenland gegangen, in der Nacht, sind dort eingedrungen, haben Schweine rausgeholt, haben sie vor dem Stall in eine Wiese gestellt und haben dort einen Zaun rundherum gemacht, um zu sagen: Wie leicht wäre das, diese Schweine ins Freiland zu bringen!, und sind dann dortgeblieben. Das war ein Riesenfall, der dann auch vom BVT analysiert wurde. Da wurden wir befragt, es wurden lauter Verhöre gemacht, und man hat das dann auch in diesen Vorwurfskatalog dieses Prozesses hineingebracht. Aber ich meine, solche Aktionen haben möglicherweise irgendwelche Leute alarmiert, die dann der Meinung waren, wir müssen unbedingt verfolgt werden oder wir seien militant.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke. Ich habe keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Dann kommen wir zur zweiten Fragerunde. – Frau Abgeordnete Dr.in Krisper, bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Dr. Balluch, ich möchte Ihnen einen „News“-Artikel vom September 2008 vorlegen und bei meinem letzten Thema weitermachen, nämlich wie man die passende Staatsanwaltschaft bekommt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wird als nicht sehr bürgerrechtsbewegt wahrgenommen und hat den Ruf, grundrechtsintensive Ermittlungsmethoden wie Telefonüberwachung, verdeckte Ermittler et cetera besonders häufig zu genehmigen. Jetzt haben wir schon darüber gesprochen, dass es die Ermittler in dem Fall ja geschafft haben, durch die Nennung einer Person, die ihren Wohnsitz im Sprengel Wiener Neustadt hatte, als ersten Verdächtigen die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt herzustellen. Die Vorwürfe gegen diesen Herren stellen sich laut „News“ danach als hanebüchen heraus, aber die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft war hiermit gesichert und die Sonderkommission hatte freie Bahn. Es kommt zu den ersten Rufdatenabfragen, der Auswertung von Standortdaten, der inhaltlichen Überwachung von Telefongesprächen.

Nun ist es ja so, dass Staatsanwalt Handler nun Gruppenleiter der WKStA ist und demnach in der BVT-Causa zuständig war. Hier geht es um die politische Beeinflussung der Arbeit der Staatsanwaltschaft, in Ihrem Fall und auch im BVT-Fall. Letztendlich haben in beiden Fällen Gott sei Dank die Gerichte dem Ganzen einen Riegel vorgeschoben.

Meine Frage ist aber, wo Sie – Sie haben schon einen Fall genannt – bei Staatsanwalt Handler politisch beeinflusstes Verhalten wahrgenommen haben.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, die Beispiele, die ich genannt hatte, waren das Filmen ‑ ‑ Also dass er unbedingt ein Filmteam um mich dort haben wollte, spricht vielleicht nicht für politische Beeinflussung, aber jedenfalls dafür, dass er persönlich besonders motiviert war, etwas gegen mich zu unternehmen.

Was er auch getan hat, war, diese Lüge in die Welt zu setzen, dass die GPS-Daten des Trackers auf meinem Auto zeigen würden, ich würde Anschlagsziele abfahren. Das hat er einfach öffentlich behauptet, und das hat sich dann als ein Unsinn herausgestellt, der von den Daten überhaupt nicht belegt ist.

Ja, also politische Beeinflussung würde ja heißen, ich müsste von wem wissen, der mit ihm gesprochen hat. Das weiß ich nicht. Man kann natürlich nur indirekt aus Indizien so etwas schließen, und das tue ich natürlich schon, weil er Ermittlungsmaßnahmen genehmigt und auch gefördert hat, die durch die Datenlage überhaupt nicht gerechtfertigt waren.

Warum macht man zum Beispiel große Lauschangriffe, obwohl überhaupt keine relevanten Straftaten vorliegen, warum wird ständig intensiver ermittelt? Es gab einen großen Lauschangriff, es gab zwölf Kameras über Wohnungstüren und Bürotüren, es gab eineinhalb Jahre lang eine Telefonüberwachung, es gab zwei GPS-Tracker auf dem Auto, es gab Überwachung der E-Mail-Korrespondenz und der SMS – und das alles eigentlich ohne einen Grund. Das spricht für mich für eine politische Beein- -, also Inanspruchnahme.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege nun Dokument  5728, Seite 23 vor. Das ist ein Vermerk von Dr. Nittel von der Oberstaatsanwaltschaft vom Mai 2008 über ein Gespräch, unter anderem mit dem Präsidenten des Landesgerichts Wiener Neustadt und dem Kabinettschef Dr. Dearing vom BMJ. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da findet sich auf Seite 23 in der unteren Hälfte der Text:  „KC“ – Kabinettschef – „Dr. DEARING machte insbesondere darauf aufmerksam, dass in der Öffentlichkeit (und von den ‚Grünen‘) ein Zusammenhang zu den am 8.6.2008 bevorstehenden Tiroler Landtagswahlen hergestellt werde (zumal einer der Festgenommenen Tiroler ist) und darauf, dass der Tatbestand der Kriminellen Vereinigung offensichtlich nicht verstanden werde. Es wäre daher der Vorwurf massiver Sachbeschädigungen ‚in großem Stil‘ (sehr hoher Schaden) mit dem Ziel, auf den ‚Markt‘ Einfluss zu nehmen sowie weiterer Straftaten (schwerer Nötigungen) zu transportieren.“

Offenbar sprach sich hier die StA mit dem Kabinett des Justizministeriums dahin gehend ab, wie in der Öffentlichkeit der Eindruck möglichst hoher krimineller Energie erweckt werden kann. Sehen Sie auch eine gewisse Politisierung des Verfahrens?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, auch diesen Brief kenne ich nicht, und es erschüttert mich, das zu lesen.

Das ist von der Oberstaatsanwaltschaft geschrieben, oder?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, oben sehen Sie „OStA“ und dann beginnt der Vermerk.

Mag. DDr. Martin Balluch: Von Frau Mag.a Staribacher?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der Vermerk ist von Dr. Nittel.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ach so, okay.

Ich habe Frau Mag.a Staribacher getroffen, als ich aus dem Gefängnis gekommen bin, weil ich von ihr wissen wollte, warum wir verfolgt werden. Und da hat sie sich angehört, was ich so geredet habe, und dann hat sie gesagt: Wer soll es denn anders gewesen sein?, oder so ähnlich; aber jedenfalls hatte sie keine konkreten Vorhalte gegen mich.

Ja, was natürlich zu bemerken war, ist, dass die ständig längere Listen von angeblichen Sachbeschädigungen und Straftaten vorgebracht haben, mit immer größeren und fantasievolleren Sachbeschädigungszahlen und -ausmaß. Und das ist tatsächlich - -, das kann man richtig schön zurückverfolgen, dass das immer stärker zunimmt. Besonders dann, wie aus der Untersuchungshaft wir freigelassen wurden, hat das Innenministerium eine Presseaussendung gemacht, die heute noch online ist, als eine APA -, also eine OTS-Aussendung; und da steht drinnen, dass ein Sachschaden, glaube ich, von dreieinhalb Millionen Euro entstanden ist – also von diesen Dimensionen war bis dahin noch nie die Rede – und dass die in Haft genommenen Personen damit in Zusammenhang gebracht werden müssen – ohne dass es dafür irgendeinen Hinweis gab, der natürlich auch nicht nachher nachgeliefert worden ist.

Aber jedenfalls hat das Innenministerium da offensichtlich das Bedürfnis gehabt, nach unserer Freilassung noch einmal in der Öffentlichkeit klarzumachen, dass wir irgendwie sicherlich schon schuldig sind. Und das entspricht genau dem, was hier steht – nicht? –, dass das also möglichst breit und möglichst groß da gesagt wird.

Dann wurden dort eben Vorwürfe gebracht, die, wenn man sie wirklich ausformuliert, keine sind, weil dort eben von Straftaten die Rede ist, wie zum Beispiel einem Run-in in ein Geschäft; aber das steht nicht so dort, sondern es steht halt Nötigung, zum Beispiel, oder dergleichen – also eindeutig eine mediale Werbemaßnahme, um uns in der Öffentlichkeit kriminell darzustellen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe noch eine Frage zum Soko-Mitglied Böck, der ja vorgeschlagen hat, einen Experten für Kinderpornografie zu Ihrer Hausdurchsuchung mitzunehmen.

Konnte er im Zeugenstand konkrete Angaben zu den Ihnen vorgehaltenen Anklagepunkten machen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Die Einvernahme von ihm war ein rechtsstaatlicher Witz, denn auf jede Frage hat er immer geantwortet: Ich verweise auf den Akt! Und nachdem alle Anwälte und Anwältinnen mit der Befragung fertig waren, habe ich begonnen und habe gefragt, wie er zum - -, ob er den VGT kennt. Und da hat die Richterin das sofort abgebrochen und hat ihn gar nicht mehr geladen; das heißt, ich konnte ihm nie Fragen stellen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich würde Ihnen gerne noch eine weitere E-Mail mit einem angehängten Protokoll vorlegen, vom 11. April 2007; das ist von Herrn E. Z. (LVT), er war der Leiter der Soko. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist so ungefähr eine Woche nach Einberufung der Sonderkommission beziehungsweise nachdem man sich darauf geeinigt hat, dass da BVT, LVT, Bundeskriminalamt und alle sonstigen wichtigen Menschen einzubeziehen sind.

Wenn Sie sich jetzt diese E-Mail anschauen, dann steht erstens – ich zitiere –, „aus verschiedenen Telfongesprächen von heute“ ist „mehr oder weniger der Umfang der SOKO [...] in Kritik gezogen“ worden.

Mag. DDr. Martin Balluch: Darf ich fragen, wo Sie lesen, ich sehe es gerade nicht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Erste Seite, Entschuldigung. (Auskunftsperson Balluch: Ach so, okay!) Erste Seite.

Vorsitzende Doris Bures: Es liegt mir eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

*****

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, wir kriegen da jetzt ein E-Mail – ich kann nicht feststellen, ob das authentisch ist, das ist ja nicht aus unserem Aktenbestand. Ich hätte gerne gewusst, woher das ist, und hätte gerne überprüft, ob das authentisch ist, denn es ist ein bissel schwierig, sich damit auseinanderzusetzen, wenn wir nicht wissen, ob das echt ist oder nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Na, ich finde den Skandal nicht darin, dass das vorgelegt wird, ich finde den Skandal darin, dass das Innenministerium uns diese Sachen nicht übermittelt, ganz ehrlich, dass uns permanent quasi einfach Akten nicht vorgelegt werden, die die politischen Zusammenhänge darstellen, die auch darstellen, dass selbst bei der Soko alle der Meinung waren, dass das alles – diese Verbindungen zwischen legaler Arbeit und Sachbeschädigungen – an den Haaren herbeigezogen worden ist.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich weiß nicht, Herr Kollege Krainer missinterpretiert mich heute den ganzen Tag. Ich habe überhaupt nicht gesagt, dass es ein Skandal ist, dass das vorgelegt wird, sondern ich habe gesagt, ich kann nicht feststellen, ob es authentisch ist. Und ich meine, dieses Recht werde ich ja wohl noch haben, dass ich hinterfrage, ob das ein Dokument ist, das eigentlich – natürlich – bei den Akten sein müsste; aber ich kann nicht überprüfen, ob es ein authentisches Dokument ist, und daher ist es ein bisschen schwierig, damit umzugehen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte jetzt gar nicht bewerten, ob das echt ist oder nicht, ich sehe keinen Grund, daran zu zweifeln. Tatsache ist jedoch, und das möchte ich festhalten, dass das vom 11. April 2007 ist und damit vom Untersuchungszeitraum nicht umfasst ist.

Ich möchte hier schon zu bedenken geben, dass die Opposition ihr Begehren hinsichtlich Untersuchungszeitraum selbst definiert hat. Jetzt Krokodilstränen darüber zu vergießen, dass wir hier dann Dokumente nicht haben, die leider aus der Zeit davor stammen: Da liegt der Fehler nicht zwingend beim Innenministerium, den Fehler würde ich in diesem Fall woanders suchen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Da ganz wenige Akten in diesem Zusammenhang im Aktenverzeichnis zu finden sind und uns vorgelegt wurden, müssen wir auf unsere eigenen Bestände zurückgreifen. Wenn das Innenministerium Sachen nicht vorlegen will oder nicht finden kann, gibt es ja zum Glück Akten, die uns zugespielt wurden, die wir hier verwenden können.

Fakt ist, dass wir hier eine politische Einflussnahme prüfen müssen, und diese politische Einflussnahme lässt sich nur prüfen und nur eruieren, wenn wir uns alle relevanten Dokumente anschauen. Ich würde Sie bitten, dieses Dokument zuzulassen, da wir sonst außerstande sind, hier eine politische Einflussnahme zu prüfen.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Frau Abgeordnete.

Ich bitte jetzt die Fraktionsvorsitzenden kurz zu mir und unterbreche die Sitzung.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 12.38 Uhr unterbrochen und um 12.45 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

14.45

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Frau Abgeordnete Dr.in Zadić, Sie sind am Wort.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Auf der ersten Seite dieser E-Mail, gleich im ersten Absatz, steht: „Beiliegend das Protokoll über die [...] Auftaktbesprechung. Da aus verschiedenen Telfongesprächen von heute mehr oder weniger der Umfang der SOKO angesprochen/in Kritik gezogen wurde, möchte ich hier eines mehr als deutlich machen“. – Also es geht daraus hervor, dass offensichtlich dieser Riesenumfang der Sonderkommission in Kritik war. Trotzdem versucht der Leiter der Sonderkommission, das weiter zu rechtfertigen, und da findet sich im zweiten Absatz, weiter unten, folgende Passage:

„Aufgrund der bisher aber sehr unsicheren Informationslage (d.h. es gibt keine klar dokumentierten Hinweise, dass die Täterschaft in Wien und z.B. Graz ident ist- also keine Tat-Täter, keine Täter -Täter und keine Tatort-Tatort- Zusammenhänge sowie keinen Überblick über die Spurenlage) sowie auch keinen gesicherten Überblick, welche Tatorte in Österreich übrhaupt existieren“ – und dann kommt eine für mich sehr zentrale Aussage – „(die Aussagen der Graf-Brüder bei der Besprechung am 5.4. decken sich gar nicht mit den vorhandenen Berichten) und auch keinerlei Tatverdacht ermittelt werden konnte, erscheint es dem Gefertigten daher“ – und dann geht es weiter, was dann weiter zu tun ist.

Das heißt, aus dieser zweiten Besprechung geht hervor, dass das, was die Brüder Graf gesammelt haben, überhaupt nicht mit den Berichten der damaligen polizeilichen Ermittlungen übereinstimmt und es sonst keine Übereinstimmungen mit den Tätern und mit den Sachbeschädigungen, den Demonstrationen und den beschuldigten Personen gibt.

Ein Jahr danach oder ein halbes Jahr danach sind Sie ja in Untersuchungshaft gesessen. Welche Zusammenhänge hat man bis dahin zwischen Ihnen, konkret, und den Personen, die mit Ihnen in Untersuchungshaft gesessen sind, und diesen Sachbeschädigungen finden können?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es war ein Jahr und ein Monat, genau.

Wenn Sie mir das jetzt so vorhalten, erinnere ich mich, dass Graf vor Gericht gefragt wurde, was er bei dieser Sitzung eigentlich vorgelegt hat. Und es war ein dickes Dossier, das er hat erstellen lassen – das sich auch im Akt befindet, das ich auch hätte, wenn es jemand haben will –, wo er eben eine Reihe von solchen Vorwürfen formuliert, von denen sich herausgestellt hat, dass sie vollkommen unwahr sind und überhaupt keine - -, der Faktenlage sozusagen gar nicht entsprechen. Es wurde also absichtlich breit aufgebauscht, das kann man schon so sagen.

Ich war dann in Untersuchungshaft, da habe ich eben zum ersten Mal überhaupt gemerkt, dass es diese Verfolgungshandlung gibt. Es hat mich dann niemand einvernehmen wollen, interessanterweise, sodass ich also nie konkrete Vorwürfe gehört habe. Ich habe dann über meinen Anwalt die Soko gebeten, diese BVT-Personen gebeten, dass ich in Haft einvernommen werde, und das haben sie lange Monate nicht machen wollen. Dann haben sie es doch gemacht und haben mir also ein paar Fragen gestellt, und dann ist es ihnen schnell langweilig geworden, und dann sind sie gegangen und haben gesagt, den Rest soll ich einfach selber zusammenschreiben. Ich habe dann zig Seiten mit einer Stellungnahme gefüllt, ohne eigentlich zu wissen, was man mir vorwirft, und habe die dann eben abgegeben – und das ward nie mehr gesehen und hat auch nie in irgendeinem Verfahren irgendwo eine Rolle gespielt.

Also konkret hat man mir nichts vorgeworfen, bis beim Prozess, und da waren sozusagen die Vorwürfe gegen mich lediglich E-Mails, wo gefragt wurde, was ich mit denen gemeint haben könnte.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen; eine kurze Nachfrage, sonst erteile ich Ihnen in der nächsten Runde wieder das Wort.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Haben Sie mit der Richterin, die dann die Untersuchungshaft geprüft hat, jemals die Haftgründe erörtert, oder hat sie die Haftgründe mit Ihrem Anwalt erörtert?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es gibt ein Dokument, das einen Kontakt zwischen Oberstleutnant Böck von der Soko und der Haftrichterin nachweist. Er hat sie persönlich getroffen und hat sie mit Falschaussagen zu beeindrucken versucht. Es ist ein Protokoll, das sie nach diesem Treffen und nach einem zusätzlichen Telefongespräch zusammengeschrieben hat.

Er hat ihr vier Sachen gesagt, die mich betreffen würden. Das eine ist, dass ich den Computer verschlüssle; dann das Zweite ist, dass es verdächtige Flüssigkeiten in unserem Materiallager gibt. Die Polizei hat ja schon vorher eine chemische Analyse dieser Flüssigkeiten gemacht gehabt und festgestellt: Die sind harmlos. Dieses Analyseergebnis wurde aber nicht weitergegeben, auch nicht den RichterInnen.

Dann hat man mir vorgeworfen, ich hätte Spritzen gehabt – also nicht ich, sondern die Verdächtigen hätten Spritzen; bei mir waren keine – und so einen Tarnanzug, so einen Militaryanzug – hatte ich auch nicht – und hoch spezialisiertes Einbruchswerkzeug, was natürlich jede Richterin dazu bringen muss, einen in Untersuchungshaft zu nehmen. In Wahrheit war das ein Nachsperrschlüsselbund, den diese Spitzelfrau, die Polizistin genau gekannt hat, auch genau gewusst hat, warum. Ich bin mit ihr alles durchgegangen, wir haben das genau besprochen, und ich habe ihr auch gezeigt, wie wir das verwenden. Wir haben es selbst zusammen verwendet.

Wäre sie also einbezogen worden, hätte Böck das real, objektiv und ehrlich gesagt, wäre es nie zu einer U-Haft gekommen. Jedenfalls hat er sie auf diese Weise vollkommen falsch beeinflusst.

Dieselbe Richterin war dann auch bei der zweiten U-Haftverhandlung, und da wurde mir eigentlich nur ein - - schon das fixe Urteil gegeben, bevor ich viel sagen konnte; und bei der dritten und vierten Verhandlung war das dann ebenfalls so, bis wir dann überraschend entlassen wurden.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Dr. Balluch, ist es richtig, dass Sie nach dem ganzen Verfahren Strafanzeige gegen den ermittelnden Staatsanwalt erstattet haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es ist natürlich lang her, aber soweit ich weiß, ja, soweit ich mich erinnern kann. Wir haben Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch erstattet, mit einer sehr detaillierten Angabe von vielen Dingen, die ich hier erwähnt habe.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke. Ich wollte nur fragen, ob Sie Anzeige erstattet haben.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ja. Und wie ist dieses Verfahren ausgegangen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es wurde umgehend, in wenigen Tagen, die Ermittlung eingestellt, mit der Begründung, dass das alles halt ohne Vorsatz geschehen sei.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist es richtig, dass Sie Strafanzeige gegen die gesamte Sonderkommission erstattet haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Also - - Gegen die gesamte? Gegen einzelne Personen, würde ich jetzt sagen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Waren Ihnen die Mitglieder der Sonderkommission bekannt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Na ja, also Böck, Landauf, E. Z. (LVT), Bogner, Plessl.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Mhm. Haben Sie gegen all diese Personen Strafanzeige erstattet?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich glaube schon, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie ist das Verfahren ausgegangen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es wurde wieder unmittelbar eingestellt, wieder mit der Begründung, dass kein Vorsatz vorgelegen sei; man müsse das verstehen oder das sei in der Hektik passiert, es sei jedenfalls nicht absichtlich.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie die Republik auf Rückerstattung Ihrer Verfahrenskosten geklagt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, das habe ich.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie ist dieses Verfahren ausgegangen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe - - Zuerst hat die Republik Verjährung ein- -, also gesagt, es war verjährt. Ich habe dann dagegen berufen. Da wurde mir dann in den beiden oberen Instanzen recht gegeben, dass es nicht verjährt ist. Dann wurde es noch einmal an die unterste Instanz übergeben, und die hat dann wieder festgestellt, dass der Schadenersatz nicht zusteht weil in ihren Augen alle zurückgehaltenen Aktenteile nichts Wesentliches an der Verdachtslage geändert hätten. Das habe ich beeinsprucht, aber es wurde letztlich von allen Gerichten so bestätigt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist es richtig, dass Sie auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegangen sind?

Mag. DDr. Martin Balluch: Bin ich auch, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie ist dort das Verfahren ausgegangen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es gab kein Verfahren, sondern der Richter, der dafür zuständig ist, das den Kammern zuzuweisen oder Anträge oder Klagen einfach frühzeitig abzuweisen, ein Einzelrichter, hat festgestellt, dass er kein Menschenrecht übertreten sieht, in seinen Augen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Mhm.

Ich komme noch einmal auf das Gerichtsurteil zurück. Auf Seite 100 des Urteils wird festgestellt – ich zitiere –: „Zwischen 27.04. und 28.04.2005 kam es zum Aufbringen von Flusssäure auf Schaufenster und Türen.“ (Auskunftsperson Balluch: Welche Seite noch einmal, bitte?) – Auf Seite 100 steht das. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Darüber wurde in Radio Orange (das Wort englisch aussprechend)  berichtet, da haben Sie moderiert, unter der Bekennung ALF Liesing. Sie haben sich ja mit allen möglichen Sachbeschädigungen beschäftigt. Sie haben gemeint, Anschläge würden nur Anschläge sein, wenn sie sich gegen Leib und Leben richten.

Können Sie uns sagen, was Flusssäure ist?

Mag. DDr. Martin Balluch: Erstens ist das Radio Orange (das Wort deutsch aussprechend). Zweitens ist das die Tierrechtsradiosendung, die damals eben immer einen Teil Tierrechtsnachrichten enthielt, der halt aus den Medien zusammengestellt war: News über Tierrechtssachen. Möglicherweise ist das darin vorgekommen, wenn es in irgendeinem Medium berichtet worden ist.

Aber jedenfalls: Wenn Sie mich fragen, was Flusssäure ist, dann weiß ich darüber ein bisschen. Das wird nämlich von Künstlern verwendet, um Glasätzungskunstwerke herzustellen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist es richtig, dass sie für Menschen, die damit in Kontakt kommen, in direkten Hautkontakt kommen, auch tödlich sein kann?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist mir nicht bekannt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen nicht bekannt. So steht es aber im Polizeiakt.

Da Sie sich philosophisch mit diesen Dingen auseinandergesetzt haben: Was haben Sie sich dabei gedacht, dass hier Personen einen derartigen Anschlag verüben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Also wenn ich das hier jetzt so lese, denke ich mir, dass jemand mit einem Verätzungsstift einen Schriftzug auf eine Scheibe gemalt hat. So verstehe ich das – Pelz ist Mord, zum Beispiel, oder so etwas; einen Schriftzug auf eine Scheibe. In dem Augenblick, wo das geschrieben ist, können sie drüberwischen, und es passiert ihnen nix. Das ist ein Schriftzug auf einer Scheibe – kann mich nicht sehr erschüttern.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es lässt Sie also kalt, dass Einsatzpersonen, die zu diesem Tatort kommen, Polizei, Feuerwehr, wer immer, die mit diesem Stoff in Berührung kommen, möglicherweise zu Tode kommen können?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist komplett absurd, dass irgendjemand zu Tode kommt; dann dürfte man mit so einem Material keine Kunstwerke herstellen, denn dann müsste ja jeder bei einer Ausstellung zu Tode kommen. Also das ist - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Na, es gibt ja auch Schutzkleidung. (Auskunftsperson Balluch: Aber Sie gehen nicht in eine Ausstellung - -!) Wenn man mit gefährlichen Materialien arbeitet, kann man ja mit Schutzkleidung arbeiten (Auskunftsperson Balluch: Aber Sie gehen nicht in eine Ausstellung mit Schutzkleidung!), das weiß ja jemand, der dort zum Tatort kommt, nicht.

Mag. DDr. Martin Balluch: Also meiner persönlichen Erfahrung – also Eindruck – nach, sage ich Ihnen: Ich halte das nicht für gesundheitsgefährdend, und ich glaube nicht, dass irgendwelche Feuerwehrleute in Gefahr sind.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wissen Sie von ähnlichen Anschlägen, bei denen derartige chemische Materialien verwendet worden sind?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich weiß nichts von Anschlägen. Das Einzige, was einem Anschlag vielleicht ähnlich ist, ist dieser Brand der Hütte von Daniel Vasella in Tirol. Da ist wirklich etwas Anschlagsähnliches passiert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie würden Sie das dann nennen, wenn nicht Anschlag?

Mag. DDr. Martin Balluch: Für mich ist das ein Bagatelldelikt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wissen Sie von ähnlichen Bagatelldelikten, bei denen derartige chemische Substanzen verwendet worden sind?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sie haben in dieser Radiosendung darüber berichtet. Ist Ihnen noch erinnerlich, wie Ihre Berichterstattung zu diesem Thema in etwa aussah?

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, konkret überhaupt nicht, aber erinnerlich ist mir, dass wir in diesen Sendungen immer ein Thema haben – die Sendung ist eine Stunde lang – und dass es damals, also das habe ich jetzt vor ungefähr zehn Jahren schon beendet, schätze ich, immer so 2 Minuten lang die neuesten News aus den Medien der letzten Woche gab, weil diese Sendung wöchentlich ist. Da habe ich einfach nur wörtlich wiedergegeben oder ganz kurz zusammengefasst, was da gemeldet worden ist.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in der Runde.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich habe keine in dieser Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich habe eh schon angekündigt, dass ich einen Aktenvermerk vorlege, in dem es um eine Besprechung in den Soko-Räumlichkeiten geht. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Zur Frage, woher ich das habe: Das ist aus einer Pressekonferenzunterlage der Grünen vom 21. Jänner 2011 und dort als Beilage 6 gekennzeichnet. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich glaube, Sie können eine Frage stellen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist das dieses Dokument, das Sie vorhin mit dem Satz: Wenn es gelingt, die Gemeinnützigkeit abzusprechen, sind weitere Maßnahmen sinnvoll!, angesprochen haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, genau.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ein Dokument, in dem es um diese Besprechung zwischen Mitgliedern der Sonderkommission und Mitarbeitern des Finanzamts in den Soko-Räumlichkeiten geht.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie sagen, das ist das, was Sie gesehen haben, wo Sie gesehen haben, dass die Ermittlungen und der Versuch, die Gemeinnützigkeit zu entziehen, und diese Steuerprüfungen – denn hier geht es ja bereits dann gleich auch um die Frage der Zusammenarbeit mit Spar, diese Eierkontrolle –, dass also quasi diese ganzen Verfahren des Finanzamts in Kooperation mit der Soko passiert sind.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, genau. Die Soko hat hier offensichtlich der Steuerfahndung solche Aufträge erteilt, wie sie uns die Gemeinnützigkeit entziehen können. Das haben sie eben versucht, indem sie irgendeine Art von Verkauf oder Ankauf oder Dienstleistung identifizieren.

Es war tatsächlich so, dass manche von uns eben Eierkontrollen bei Spar gemacht haben, um festzustellen, ob das Legebatterieeier sind, und Spar hat das halt zugelassen, in ihren Lagerhallen. Und da wollten sie irgendwie konstruieren, dass wir in Wahrheit so eine Eierkontrollfirma sind und kein gemeinnütziger Tierschutzverein, was aber nicht der Fall war. (Abg. Krainer: Gut!)

Wir haben – sollte ich noch dazusagen – als Tierschutzverein überhaupt nie irgendein Geld, einen Gewinn aus Gütesiegeln oder Eierkontrollen bezogen. Niemals!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin von einem Auftrittsverbot an der Uni Wien gesprochen.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann war das?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich habe 2004, 2005 meine Dissertation an der Uni Wien fertiggestellt und habe sie dort auch noch präsentiert, und unmittelbar danach – nach meiner Erinnerung – ist es so gekommen, dass ich dort einen Raum nicht mehr verwenden durfte, und es wurde mir gesagt, dass es ein Verbot für mich gibt, an der Uni aufzutreten.

Ich habe dann das Rektorat kontaktiert, und die haben mir einen Termin mit einem Vizerektor, der für die Gebäude zuständig ist, gegeben. Er hat mir gesagt, ihm ist mitgeteilt worden, scheinbar von polizeilicher Seite, dass mein Auftreten ein Sicherheitsrisiko wäre, also dass scheinbar jemand, wenn er mich hört, gleich irgendwelche Sachbeschädigungen begeht, und aus diesem Grund dürfe ich an der Uni nicht mehr sprechen.

Ich habe dann über verschiedene andere Professoren versucht, in Seminaren reden zu dürfen, zum Beispiel bei Professor Ludwig Huber oder Professor Gerhard Marschütz an der katholischen Fakultät, und die haben mir auch von großen Schwierigkeiten berichtet, die sie sofort hatten, wenn sie Vorträge von mir aufsetzen wollten. Marschütz hat das dann doch einmal durchgezogen, hat aber die Auflage bekommen, dass er keine Werbung dafür machen darf, und dann war das irgendwie ausnahmsweise in seinem Seminar, also nicht als öffentlicher Vortrag, zulässig, dass ich dort über Tierschutz spreche.

Sonst hat man mich aber jahrelang von der Uni verbannt, obwohl ich dort mehrere Diplome in Physik, Mathematik, Astronomie und ein Doktorat in Philosophie abgeschlossen und überhaupt keine Straftat begangen habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie irgendwelche Hinweise, von wo dieses Verbot ausgegangen ist? Vermutungen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, ich weiß nicht, ich kann natürlich nur vermuten, dass das dieselbe Quelle ist, die uns da diese ganzen Schwierigkeiten gemacht hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm.

Sie haben vorhin davon gesprochen, dass Schulen mit Briefen gewarnt wurden, Mitarbeiter oder Menschen, die vom VGT sind, als Tierschutzlehrer zum Unterricht zuzulassen. Wir sind dem nachgegangen. Wir haben einen Brief vom Landesschulrat für Oberösterreich gefunden, den ich vorlegen darf. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Er datiert vom 15. September 2005, den können Sie in Ruhe anschauen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ist das so ein Brief, wie Sie ihn vorhin angesprochen haben?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es ist so, dass wir seit Mitte der Neunzigerjahre als Verein gegen Tierfabriken an Schulen gehen, also eigene Tierschutzlehrer und ‑lehrerinnen ausbilden, die dort hingehen und hauptsächlich mit Volksschulkindern gemeinsam über Tiere reden und auch Gefühlslagen von Tieren erarbeiten, ein Verständnis dafür gewinnen.

Ja, dann kam plötzlich die Mitteilung von verschiedenen Direktoren und Direktorinnen von Schulen, vor allem Volksschulen, dass vom Unterrichtsministerium wahrscheinlich via Landesschulrat gesagt wurde, dass sie uns nicht mehr einladen sollen. Dann habe ich mindestens von zweien diesen Brief bekommen, und das war nicht nur Oberösterreich.

Hier wird erwähnt, dass das Ministerium ein eigenes Projekt, Tierschutz macht Schule, begonnen hat, und ich weiß aus persönlicher Wahrnehmung, dass dieses Projekt gezielt gemacht wurde, um uns aus Schulen zu verdrängen. Es wurde eben eingerichtet, weil scheinbar die Auffassung vom Ministerium bestanden hat, dass wir da irgendwie die Schüler indoktrinieren würden; daher kam diese Idee, ein eigenes Projekt, Tierschutz macht Schule, zu machen, das man dann als viel seriöser positioniert und das dann statt uns angefordert werden soll. Deswegen wird auch darauf hingewiesen.

De facto ist es so, dass dieses Projekt mittlerweile zwar läuft, aber nicht kostenlos angeboten wird, und dort auch nicht idealistische Personen hingehen, sondern natürlich Menschen, die eine gewisse Zielrichtung verfolgen. Es gibt da zum Beispiel ein Skriptum dazu, in dem steht: Nur weil in Österreich Pelzfarmen verboten sind, kann man noch immer Pelz tragen!, oder: Nur weil Tiertransporte grauslich sind, kann man trotzdem Fleisch essen! Das war also sozusagen die Gegenposition zu einer Tierschutzposition, die man an die Kinder bringen wollte, was man im Rahmen dieses Projekts dann offenbar auch gemacht hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass jedenfalls um 2005 herum der Schwerpunkt diese Kennzeichnung von Eiern mit 0, 1, 2, 3 war, die neu gekommen ist?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist richtig, ja genau, und das war auch der Schwerpunkt unseres Unterrichts. Es gab plötzlich eine Eierkennzeichnung, sodass die Konsumenten und Konsumentinnen selbst entscheiden können, was sie kaufen.

Wir haben – also der Verein gegen Tierfabriken, ich persönlich nicht – im Rahmen dieser Änderung und der Änderung des Gesetzes, dass ab 1. Jänner 2009 Legebatterien in Österreich verboten waren, versucht, die verschiedenen Supermärkte und auch eine Reihe von Bäckereien, die Konditoreikette Aida und auch Nudelhersteller dazu zu bewegen, auf österreichische Boden- oder Freilandhaltungseier oder vegane Produkte umzusteigen, und das haben dann sukzessive einige gemacht.

Die Sonderkommission ist dann zu über 60, glaube ich, dieser Firmen gegangen und hat versucht, sie dazu zu bewegen, dass sie sich durch uns genötigt gefühlt haben könnten. Sie haben da also so ein Formular vorgelegt bekommen, und da wurde gefragt: Wie wurde gegen sie demonstriert? Haben sie sich gefürchtet? Haben ihre Angestellten sich gefürchtet?

Bei all diesen Firmen gab es nie irgendeine Sachbeschädigung und dergleichen, es gab nur ganz normale Kundeninformation und Öffentlichkeitsarbeit und Demonstrationen. Diese Firmen haben alle umgestellt und haben dann einen Schaden von so einigen Zigtausend Euro pro Jahr durch die Umstellung von Käfig- auf Bodenhaltungseier angegeben, sozusagen, und die Soko hat das wieder als einen Schaden dieser Sonderkommission aufsummiert. (Abg. Krainer: Mhm!) Unser Kampagnenleiter, dieser Legebatteriekampagne, ist dann auch angeklagt worden – das war Herr David Richter –, obwohl dem sonst nie irgendetwas vorgeworfen wurde, keinerlei Sachbeschädigung.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Letzte Frage in dieser Runde: Das heißt, Sie hatten den Eindruck, dass es von den Bundesministerien für Unterricht, für Wissenschaft, für Inneres und (Auskunftsperson Balluch: Finanzen!) für Finanzen Maßnahmen gab.

Haben Sie Wahrnehmungen oder den Eindruck gehabt, dass auch noch von anderen Ministerien vorgegangen wird, auf Bundesebene?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja. Na, ich meine, was mir einfällt – aber das trifft jetzt nicht auf die Jahre 2005, 2006 zu –, ist, dass Josef Pröll als Finanzminister diese Lex VGT unbedingt machen wollte, dass man eben eine Steuerabschreibung machen kann für Spenden, außer wenn es um den Tierschutz geht; und er hat explizit gesagt, dass er das deswegen macht, damit der VGT nicht am Ende auch noch eine Steuerbegünstigung bekommt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich würde gerne noch einmal auf diese Datengeschichte zurückkommen: Sie haben vorhin in Ihrer einleitenden Stellungnahme gesagt, dass der gesamte Datensatz von Ihnen beschlagnahmt wurde, das lag dann bei der Staatsanwaltschaft.

Weil wir es hier schon bei anderen Themen hatten: Haben Sie sich eigentlich in den letzten Jahren, in letzter Zeit irgendwann einmal erkundigt, ob beim BVT etwa noch Daten von Ihnen gespeichert sind? Wissen Sie, ob da noch personenbezogene Daten aus dem Verfahren, Verfahrensakten, sonstige Dinge vorhanden sind, oder ob das eigentlich alles gelöscht ist?

Es wäre nur interessant, weil wir das bei vielen anderen komplexen Themen hier auch schon gehabt haben, dass man auf einmal draufkommt: Na, eigentlich hätte man das längst löschen müssen – aber leider ist es noch da und vielleicht wird damit noch gearbeitet. Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, eine interessante Frage. Mir wurden ja DNA-Spuren, also DNA-Proben genommen, mir wurden natürlich Fingerabdrücke genommen, und ich bin unschuldig, also freigesprochen worden. – Da wüsste ich schon gern, ob das noch vorrätig ist oder nicht, aber ich habe bis jetzt nicht nachgefragt; aber ja, ich könnte das zum Anlass nehmen.

Ich habe halt auch ein bissel das Vertrauen in diese Polizei verloren, dass die mir einfach sagen, sie haben es eh gelöscht, und es war nicht so.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben vorhin davon gesprochen, Kollege Krainer hat es angesprochen, dass es da offenbar eine politische Intervention gegeben hat beziehungsweise ein politisches Interesse – nennen wir es einmal vorsichtiger so – gegeben haben könnte, damit genau diese Vorgänge eben so ins Laufen kommen, wie sie ins Laufen kommen.

Wir wissen auf der einen Seite: Polizei – das wurde heute schon besprochen. Wie schaut es denn auf der Justizseite aus? Haben sie damals den Eindruck gehabt, dass Sie von justizieller Seite korrekt behandelt werden, nämlich von Beginn an? Sie haben vorhin in einer Stellungnahme gesagt, die Richterin, die die Untersuchungshaft verhängt hat, wurde von der Polizei mit falschen Informationen getäuscht.

Kann man das einfach mit einer Täuschung argumentieren, oder gab es da ein Zusammenspiel: auf der einen Seite Polizei und auf der anderen Seite Justiz? Wie schätzen Sie die Situation ein?

Mag. DDr. Martin Balluch: Wenn Sie Justiz sagen, muss man wahrscheinlich zwischen Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft auf der einen Seite und Gerichten und Richtern und Richterinnen auf der anderen differenzieren. Staatsanwalt und Oberstaatsanwaltschaft hatten in meinen Augen definitiv einen politischen Auftrag, die Richter und Richterinnen vermutlich nicht.

Man hat diese erste Untersuchungsrichterin definitiv falsch informiert. Es gab da einmal einen anderen Untersuchungsrichter – Andreas Pablik, glaube ich, hat der geheißen –, bei dem man zum Beispiel beantragt hat, dass diese UVS-Richterin, von der ich erzählt habe – diese Jagd in Böheimkirchen –, abgehört werden soll, und der Richter hat das abgelehnt. Und dann wurde er aber irgendwohin versetzt, und dann kam eine andere Richterin, und die hat das dann wieder erlaubt.

Dieser Untersuchungsrichter, der das abgelehnt hat, war auch von mir ein Untersuchungsrichter, er hat eine dieser Verhandlungen geführt, wie ich dort war, und er war in meinen Augen verständnisvoll, hat aber irgendwie gezögert, mich freizulassen – einfach weil er von der Polizei immer so die Hinweise bekam, dass da noch mehr ist und noch mehr kommt, aber dass das noch zurückgehalten werden müsse.

Er war auch der erste der drei Richter, die auf unseren Akteneinsichtsantrag geurteilt haben, dass die Polizei sich daran - - Wörtlich: Die Polizei muss sich daran gewöhnen, sich an den Rechtstaat zu halten und rechtskonform zu handeln und hat uns jetzt sofort Akteneinsicht zu geben! – So scharf hat er das formuliert. Wenn ich mir das anschaue, denke ich mir, das waren schon Notbremsen, die halt nicht ganz funktioniert haben, weil die Polizei doch so überzeugend einen Unsinn erzählt hat, fürchte ich, und die einfach getäuscht hat.

Der Schwerpunkt dieser Täuschung liegt darin, dass sie die Spitzelberichte verheimlicht hat, denn wenn die von Anfang an vorgelegen wären, wenn man hört - - – also da waren Spitzel 19 Monate ununterbrochen mit mir zusammen –, wenn die Gerichte das gehört hätten, hätten sie, glaube ich, keine Untersuchungshaft verhängt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Wir wissen, dass die Hauptaktivitäten auf der einen Seite in Graz und auf der anderen Seite in Wien stattgefunden haben – Stichwort Kleider Bauer, die Infotische und die Demonstrationen et cetera.

Unabhängig von der Firma Kleider Bauer, die sicher keine große Freude daran gehabt hat, aber zum Beispiel vonseiten der Kaufleute der Mariahilfer Straße oder vonseiten der Stadt Wien, die der Meinung war, sie braucht das eigentlich auch nicht, weil sie da eher Ruhe haben will: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass es auch von dieser Seite Einflussnahmen gegeben haben könnte, dass man gesagt hat: Bitte, schaut, dass das alles in geordneten Bahnen bleibt, wir wollen da keinen Wirbel haben!, oder war das denen relativ egal? Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, also was meine Wahrnehmungen betrifft, sind 2007 – ich sage jetzt ungefähr – diese Demonstrationsverbote - -, die wir vor pelzführenden Geschäften in Wien bekommen haben. Und es hat sechs, sieben, acht Monate gedauert, bis das dann aufgehoben wurde. Aber das war also ein Verbot - -; explizit auch vor Geschäften, vor irgendwelchen Geschäften: Wenn es eine Demonstration gegen Pelz war, wurde sie untersagt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das kam von der LPD Wien?

Mag. DDr. Martin Balluch: Die Untersagung macht die Versammlungsbehörde.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ja, das ist das Magistrat. Aber LPD Wien? (Abg. Krainer: Das ist die Polizei!)

Mag. DDr. Martin Balluch: Nein, nein. Das ist in Wien die Polizei, das ist die Bundespolizeidirektion.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Die Landespolizeidirektion Wien hat das untersagt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich glaube, die Bundespolizeidirektion untersagt das.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur dritten Fragerunde. – Frau Abgeordnete Dr.in Krisper, bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da wir uns ein paar Wochen mit der Tierschützercausa beschäftigen werden und uns nach unserer Wahrnehmung Unterlagen fehlen – alleine in Ihrem Buch finden wir Dokumente, die dem Untersuchungsausschuss nicht vorgelegt wurden –, würde ich Sie eindringlich ersuchen, uns alle bei Ihnen vorhandenen Dokumente zukommen zu lassen, damit wir für die Besprechung des Falls sicher alles haben.

Mag. DDr. Martin Balluch: Der Akt selber hat 300 000 Seiten, die müsste man mit einem Auto hierherschaffen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also das, wo Sie annehmen können (Auskunftsperson Balluch: Dass man es für wichtig hält!), dass es wichtig ist.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, da gibt es natürlich viel.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich hätte zu der Hausdurchsuchung bei Ihnen noch ein paar Fragen, nämlich zur Verhältnismäßigkeit: Hat sich geklärt, warum bei der Hausdurchsuchung bei Ihnen mit Schusswaffen und in diesem Ausmaß vorgegangen wurde?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das war nicht nur bei mir, aber jedenfalls gab es auch bei meinem Bruder eine Hausdurchsuchung – die Begründung war, er ist mein Bruder, sonst gab es keinen Vorwurf gegen ihn –, und dort war das auch mit Schusswaffen. Er hat gegen diese Hausdurchsuchung eine Maßnahmenbeschwerde gemacht, und vor dem Gericht haben die dann argumentiert, dass das eine normale Maßnahme sei, dass man mit Schusswaffen da hingeht, und dass sie gar nicht erwartet hätten, dass dort Schusswaffen sind, aber das als normale Maßnahme gesehen haben.

Diese Hausdurchsuchung war in vielerlei Hinsicht fragwürdig, denn es wurde mir auch nie gesagt, ob ich jetzt irgendeinen Gegenstand herausrücke – weil sie ja überhaupt nicht wussten, was sie suchen, sondern sie wollten nur mein Haus auf den Kopf stellen. Sie wollten auch martialisch auftreten, damit ich mich fürchte, nicht?; denn wenn man da überfallen wird und mit einer Pistole bedroht wird, dann fürchtet man sich halt, und ich vermute, dass das die Motivation war, so vorzugehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wer hat die Hausdurchsuchung angeordnet?

Mag. DDr. Martin Balluch: Staatsanwalt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Handler?

Mag. DDr. Martin Balluch: Wolfgang Handler, ja. Er war ja selber dabei. Er ist unten gesessen – das ist so ein Stockhaus, eine kleine Wohnung gewesen, die ich mit meinem Bruder geteilt habe, mit einem anderen Bruder – und hat ein Filmteam hinaufgeschickt und hat sich im Auto Livebilder von diesem Eindringen und Überfallen vorspielen lassen. Es war die Wega, es waren maskierte Personen, die halt zuerst einmal das Haus – wie sie es nennen – gesichert und alle Leute an die Wand gestellt haben; es war mein Bruder dort und seine zehnjährige Tochter und seine Frau. Und kaum war sie gesichert, sind Bogner und Landauf und diese Soko-Beamten hineingekommen und haben die Wohnung sechs Stunden lang auf den Kopf gestellt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben vorhin, als ich sie zu Staatsanwalt Handler gefragt habe, über seine Ermittlungen ausgeführt, welche Ermittlungen - - (Auskunftsperson Balluch: Über wen?) – Handler. (Auskunftsperson Balluch: Ah so, Handler!)

Wie hat er sich im Verfahren verhalten?

Mag. DDr. Martin Balluch: Na ja, also sehr einseitig, in meinen Augen.

Sie meinen jetzt beim Prozess, oder? (Abg. Krisper: Ja!) – Beim Prozess, ja.

Na sehr einseitig. Er ist nie eine Sekunde runtergestiegen, obwohl es keine Beweise für irgendetwas gab, und er hat in seinem Schlussplädoyer diesen seltsamen Satz gesagt, dass ich quasi so als Messias der Tierrechtsbewegung und meine zwölf Apostel angeklagt sind – weil es 13 Personen waren –; und da habe ich mir schon die ganze Zeit gedacht: Wie kommt er auf solche Ideen?

Was auch noch passiert ist, ist, dass, kaum war der Freispruch – ich bin dann unten gestanden und habe das also der Öffentlichkeit verkündet –, ein Staatsanwalt oben am Fenster steht und mich so abschießt, mit den Fingern. (Die Auskunftsperson macht eine entsprechende Geste mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger.) Das hat eine ORF-Kamera gefilmt und wurde dann auch angezeigt, glaube ich, aber da wurde nichts gemacht. Jedenfalls spricht das schon für eine ganz persönliche Anteilnahme an dem, wenn man aus dem Fenster auf Leute schießt, die gerade freigesprochen wurden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Vielleicht in diesem Zusammenhang auch gleich weiter: Wir haben ja vorhin kurz erörtert, man hat Ihnen persönlich keine konkreten Straftaten zuordnen können, also man hat Sie nicht mit konkreten Straftaten in Verbindung gebracht. Deswegen hat man dann § 278a, diesen Mafiaparagrafen, in Aussicht gestellt, weil es da ja keine konkrete Straftat braucht, sondern er auf die kriminelle Organisation an sich abzielt; da braucht man mehr als zehn Personen, heißt es in den Erläuterungen.

Haben Sie die zehn Personen, die mit Ihnen angeklagt wurden, alle gekannt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Es waren 13, die angeklagt wurden, zehn waren in U-Haft. § 278a taucht schon relativ früh im Ermittlungsakt der Staatsanwaltschaft auf, den ich gesehen habe, weil er eben sehr viele Ermittlungsmaßnahmen zulässt, die man sonst nicht unbedingt machen kann, bis zum großen Lauschangriff.

Und ja, von den mit mir Angeklagten habe ich einen Gutteil – also drei, vier Personen, glaube ich, drei Personen – nicht gekannt, auch vorher nicht gesehen gehabt. Es waren sogar von einer richtiggehend feindlich eingestellten Gruppierung fünf Personen, die eben eine andere Auffassung, eine grundsätzlich andere politische Auffassung haben; sie haben sich als linksradikal definiert und uns als bürgerlich, und entsprechend waren keine Berührungspunkte.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Laut diesem Paragraf braucht es auch einen Einfluss auf Politik und Wirtschaft, zumindest damals noch. Peter Graf wurde ja auch befragt, welchen wirtschaftlichen Einfluss das auf sein Unternehmen gehabt hat; da stellt ihm der Staatsanwalt die Frage: „[...] hätte das Ihr Unternehmen in wirtschaftliche Turbulenzen gebracht?“ – Zeuge sagt: „Nein.“

De facto war also auch kein Einfluss auf Wirtschaft oder Politik gegeben, keine zehn Personen und schwerwiegende strafbare Handlungen anscheinend auch nicht.

Mag. DDr. Martin Balluch: Ja, es ist tatsächlich so, denn es wurde auch von Peek & Cloppenburg, gegen die wir auch eine Kampagne gemacht haben, und auch von C & A, glaube ich, jemand geladen – vielleicht nicht C & A –, und da war immer die Frage: Können Sie konkret sagen, was diese Tätigkeit für einen Schaden macht? Und das konnten die nie, also auseinanderdividieren konnten sie das nie. Aber es ging mehr um den ideellen Schaden, glaube ich, um einen Imageschaden.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Vielen Dank.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Dr. Balluch, im Urteil wird als erwiesener Sachverhalt festgestellt, dass es von England ausgehend eine Welle an radikalen Tierrechtskampagnen gab. Kennen Sie Herrn Keith Mann? (Auskunftsperson Balluch: Wollen Sie mir das zitieren, nur dass ich - -?) – Das ist meine Zusammenfassung.

Kennen Sie Herrn Keith Mann?

Mag. DDr. Martin Balluch: Also kennen ist übertrieben, ich habe - - Er hat einen Film gemacht, oder er war - -

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Nein, ich möchte keine Beschreibung von ihm, ich habe nur gefragt, ob Sie ihn kennen.

Mag. DDr. Martin Balluch: Na gut, dann müssen Sie mir näher erklären, was das Wort kennen bedeutet. Heißt das, zwei Mal im Leben gesehen, ist das ein Kennen? Erkennen auf einem Foto, ist das ein Kennen? – Mehr nicht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sie können es gerne beurteilen, wie Sie wollen. Ich frage Sie, ob Sie ihn kennen. Ist er Ihnen bekannt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Vom Sehen und von drei Worten (Abg. Amon: Okay!) oder sehr wenig Kontakt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ist Ihnen bekannt, dass er Anfang der Neunzigerjahre wegen eines Anschlags zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde, die dann auf elf Jahre reduziert wurde, sieben davon hat er verbüßen müssen?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das ist mir bekannt, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wissen Sie, dass er 1991 in der Grünen Bildungswerkstatt einen Vortrag gehalten hat? Entschuldigung: 2001.

Mag. DDr. Martin Balluch: 2001, genau, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie das vermittelt?

Mag. DDr. Martin Balluch: Vermittelt?! – Na, es war so, dass war so ein Kunstsymposium, wo 14 oder 17 Künstler und Künstlerinnen waren, und die wollten halt neben verschiedenen anderen Themen - - Wir haben den Zoo Schönbrunn besucht und Orang-Utan-Frau Nonja, die dort malt, angeschaut, und wir haben eben auch Menschen, die ihr Leben gewissen Themen widmen, also im Umgang mit Tieren, eingeladen.

Wer jetzt konkret die Idee hatte, den einzuladen, weiß ich nicht, aber es war sicher im Zusammenhang damit, dass gerade ein Film über ihn, „Behind the Mask“, öffentlich wurde und er eigentlich international herumgereist ist und diesen Film präsentiert hat.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wissen Sie, dass es in dem Film um Brandanschläge geht?

Mag. DDr. Martin Balluch: Das kommt auch vor, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke, keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe an und für sich keine weiteren direkten Fragen. Wir beschäftigen uns jetzt vor allem mit der politischen Verantwortung: Haben Sie noch Hinweise – noch aus der letzten Runde –, dass andere Ministerien oder andere Behörden in irgendeiner Art und Weise, für Sie zumindest erlebbar, konzertiert vorgegangen wären?

Mag. DDr. Martin Balluch: Fällt mir jetzt spontan nicht ein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Na, es ist eh ausreichend, wenn das vier Ministerien sind, also das ist genug Arbeit für uns als Ausschuss, diesen vier Fragen nachzugehen. – Sonst danke ich Ihnen fürs Kommen und für Ihren - -

Mag. DDr. Martin Balluch: Ich wollte noch vielleicht zum Justizministerium sagen – nur diesen einen Satz –: Es gab eine Anfrage, wie viel da ermittelt wurde, und im Jahr 2008 sollen gegen 267 oder 287 Personen im Tierschutz Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet worden sein – war, glaube ich, die parlamentarische Anfragebeantwortung. Und da habe ich mir gedacht, das ist eine gewaltige Zahl, ich kenne überhaupt nicht 287 Tierschützer und Tierschützerinnen, 2008, und dass das Justizministerium das offenbar in Auftrag gegeben hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag am Beginn dieses Prozesses, sage ich einmal, im Rahmen dessen der Untersuchungsausschuss die politische Aufarbeitung der sogenannten Tierschützerprozesse macht, um zu klären, inwiefern es hier politische Aufträge und politische Verantwortung im Zusammenhang mit der Vorgangsweise der verschiedenen Behörden gab. – Vielen Dank.

Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte. (Abg. Jenewein: Danke schön, ich habe keine weiteren Fragen!) – Danke vielmals, Herr Abgeordneter.

Herr Dr. Strauss, haben Sie abschließend ergänzende Fragen an die Auskunftsperson?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nein danke, keine weiteren Fragen.

Vorsitzende Doris Bures: Vielen Dank, Herr DDr. Balluch, dass Sie dem Ausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden sind. Bitte die Unterlagen alle hier lassen, nichts mitnehmen. – Danke.