216/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Handler, LL.M. in der 34. Sitzung vom 2. April 2019

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Handler, LL.M. nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2019 07 02

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 



 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

34. Sitzung/medienöffentlich

Dienstag, 2. April 2019

Gesamtdauer der 34. Sitzung

10.03 Uhr – 16.25 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Oberstaatsanwalt Mag. Wolfgang Handler, LL.M.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich komme nun zur Belehrung der Auskunftsperson: Herr Mag. Wolfgang Handler, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, dem BVT-Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zu den Beweisthemen 1 –Datenverwendung –, 2 – Extremismus – und 4 – Kooperation – des Untersuchungsgegenstandes angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen. Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.

Kopien, Notizen, Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten soll. Ich weise Sie aber schon jetzt auf Folgendes hin: Wir haben zwar einen Untersuchungszeitraum festgelegt, es ist aber Usance dieses Ausschusses, dass auch Fragen gestellt werden, die sich auf Abläufe, die vor diesem Untersuchungszeitraum gelegen sind, aber in den Untersuchungszeitraum hineinwirken, beziehen. – Danke schön.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Herr Mag. Handler, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die 20 Minuten nicht überschreiten soll. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Erstens einmal habe ich die Belehrung verstanden, zweitens trage ich, weil sehr viel Arbeit auf mich wartet, meinen Teil zur Straffung des Zeitplans bei und verzichte auf eine einleitende Stellungnahme.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Danke.

Ich darf den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung ersuchen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wann haben die Ermittlungen im Fall Tierschützer[1] begonnen beziehungsweise wann sind Sie mit dieser Causa in Kontakt gekommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist schon relativ lange her, begonnen hat das Ganze, soweit ich mich erinnern kann, als Verfahren gegen unbekannte Täter im Jahr 2006, aber fragen Sie mich bitte nicht, wann genau.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Aus welchem Grund wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt geführt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gab eine subjektive Konnexität bezogen auf eine Person, die sowohl in diese Angelegenheit der ursprünglichen Sachbeschädigungen involviert war als auch in den Vorwurf der kriminellen Organisation. In der Strafprozessordnung ist es so: Wenn eine Personenidentität besteht, dann führt die Staatsanwaltschaft das Verfahren, die das ursprüngliche Verfahren gegen den Verdächtigen geführt hat.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie sind Sie zum Leiter des Ermittlungsverfahrens in dieser Causa geworden? Aus welchem Grund?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gab damals in Wiener Neustadt, soweit ich mich erinnern kann, ein Zufallsprinzip, das heißt, sämtliche einlangenden Akte wurden damals nach einem sogenannten Radelsystem[2] verteilt, das heißt, das konnte man nicht beeinflussen, welches Verfahren bei welchem Staatsanwalt landet, noch dazu war ich damals zweieinhalb Jahre Staatsanwalt und stand auch unter größtmöglicher Revision durch den Behördenleiter.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie haben Sie Tierschützer oder Tierrechtsaktivisten vor Ihrer Zuteilung zu dieser Sache als Staatsanwalt wahrgenommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Gar nicht, ich bin diesem Thema völlig neutral gegenübergestanden. Es hat auch für mich im Strafverfahren überhaupt keine Rolle gespielt, ob das Tierrechtsaktivisten oder sonstige Aktivisten sind. Es gab konkrete Vorwürfe von strafbaren Handlungen, und als Staatsanwalt ist man dem Legalitätsprinzip verpflichtet und muss entsprechende Aufklärungsmaßnahmen setzen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wurde zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens versucht, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das nicht wahrgenommen. Es gab am Tag der Hausdurchsuchung einen einzigen Anruf eines Nationalratsabgeordneten beim Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, wo ersucht wurde, Auskünfte zum Verfahren zu erteilen, aber das ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht geschehen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hatten Sie persönlich Kontakt zu Werner oder Peter Graf, den Geschäftsführern - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, nein. Ich habe sie erstmalig gesehen, als sie in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommen wurden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hatten Sie Kontakt zu Personen im Kabinett des Innenministers beziehungsweise zu Herrn Innenminister Günther Platter?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Keinerlei Kontakt.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Hatten Sie Kontakt zu Herrn Mensdorff-Pouilly?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sind Sie Jäger?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ein anderes Thema: Haben Sie Wahrnehmungen zur Einsetzung der Soko Bekleidung?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Insofern, als ab einem gewissen Zeitpunkt die Berichte im Verfahren von der Soko Bekleidung kamen und nicht mehr von der Landespolizeidirektion Wien, soweit mir erinnerlich ist. Wann und wie und auf welche Art und Weise diese Soko zusammengesetzt wurde, ist mir nicht bekannt; auf solche Tätigkeiten des BMI hat ein Staatsanwalt auch überhaupt keinen Einfluss.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie Wahrnehmungen zu politischer Einflussnahme bei der Einsetzung der Soko beziehungsweise auf deren Ermittlungstätigkeit?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Keine Wahrnehmungen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen Soko und Staatsanwaltschaft?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: So wie mit anderen Polizeieinheiten auch: Es gab regelmäßige Berichte, schriftliche Berichte, die, soweit ich mich erinnern kann, persönlich überbracht wurden. Und alles, was die Soko sozusagen erarbeitet hat, was schriftlich abgeliefert wurde, hat sich dann im Ermittlungsakt befunden, der Grundlage für das weitere Vorgehen der Staatsanwaltschaft war.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wer entschied, welche Ermittlungsmaßnahmen gesetzt werden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auch hier war das Vorgehen so wie üblich: Die Polizei, in dem Fall die Soko, regt bestimmte Ermittlungsmaßnahmen an, die zu begründen sind. Es erfolgt dann eine rechtliche Prüfung durch den Staatsanwalt, das war meine Person. Ich stand damals natürlich unter Revision, das heißt, auch das Vieraugenprinzip innerhalb der Staatsanwaltschaft war gewahrt. Und letztlich wurde vonseiten der Staatsanwaltschaft entschieden, welche Ermittlungsmaßnahmen gesetzt werden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wer waren Ihre Ansprechpartner innerhalb der Soko?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das waren Herr Böck, Frau S. G. (BVT) und Frau Bogner; am Anfang, soweit ich mich erinnern kann, Herr Plessl und ganz am Rande – der war zwar Soko-Leiter, hat sich aber operativ eigentlich nicht beteiligt – Herr E. Z. (LVT). 

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Rechtsanwalt Mag. Stefan Traxler sagte in seiner Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am 6.3.2019 aus, dass die Beschuldigten fortgesetzt in ihrem Recht auf Akteneinsicht verletzt worden seien. Es habe jeweils in den Jahren 2009, 2010 und 2011 Beschlüsse gegeben, in denen festgestellt worden sei, dass die Beschuldigten in ihrem Recht auf Akteneinsicht verletzt worden seien.

Können Sie mir erklären, weshalb den Betroffenen keine umfassende Akteneinsicht gewährt worden ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann hier nur auf den staatsanwaltschaftlichen Akt verweisen. Da gab es am Anfang eine Beschränkung der Akteneinsicht, die auch begründet war. Diese Beschränkung wurde aufgehoben und ab diesem Zeitpunkt hatten die Beschuldigten und ihre Verteidiger volle Akteneinsicht in den Akt.

Das, worauf sich der Rechtsanwalt bezieht, ist möglicherweise eine Einsichtnahme in den polizeilichen Handakt. Hier gab es gerichtliche Entscheidungen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass das auch so umgesetzt wird; wobei ich sagen muss, letztlich bin ich auch davon ausgegangen, dass die polizeilichen Berichte natürlich in den Ermittlungsakt kommen und dort der vollständigen Akteneinsicht unterliegen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Anderes Thema: Im Laufe des Ermittlungsverfahrens wurde eine verdeckte Ermittlerin mit dem Decknamen Danielle Durand eingesetzt. 

Waren Sie in die Entscheidung, ob eine verdeckte Ermittlerin eingesetzt werden würde oder soll, involviert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dazu muss man ein bisschen ausholen. Also im Jahr 2007, 2006/2007 galt noch das Regime der Strafprozessordnung – Anführungszeichen – „Alt“ – Anführungszeichen Ende.[3] Damals war nicht der Staatsanwalt sozusagen Herr des Ermittlungsverfahrens, sondern es galt das Untersuchungsrichtersystem; die anwesenden Juristen werden das sicher noch wissen. Und die alte Strafprozessordnung hat eine verdeckte Ermittlung auch überhaupt nicht vorgesehen. Es gab die verdeckte Ermittlung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, und soweit ich mich erinnern kann, wurde ich irgendwann in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2007 von der Polizei darüber informiert, dass eine verdeckte Ermittlerin nach dem SPG – Anführungszeichen – „eingeschleust“ – Anführungszeichen Ende – wurde.

Ich habe dann darauf verwiesen, dass mit 1.1.2008 die StPO Neu gilt und eine verdeckte Ermittlung anordnungspflichtig durch die Staatsanwaltschaft wäre und habe mich auch gleichzeitig nach dem Beweiswert dieser verdeckten Ermittlerin erkundigt, ob die zur Aufklärung dieser Straftaten oder dieser Verdachtsfälle etwas beitragen kann. Diese Frage wurde verneint, daher habe ich als Staatsanwalt nach der Strafprozessordnung von der Anordnung einer verdeckten Ermittlung Abstand genommen.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Also von Ihnen hatte die verdeckte Ermittlerin keine Aufträge?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es wäre auch gar nicht möglich gewesen, weil, wie gesagt, im Jahr 2007 die rein aus dem Regime des Sicherheitspolizeigesetzes eingesetzt wurde und sich eine Polizei im Bereich des Sicherheitspolizeigesetzes von einer Staatsanwaltschaft nichts sagen lässt; zumindest ist mir das bis heute noch nicht passiert. Also wenn, dann hätte das nur auf Grundlage der Strafprozessordnung passieren können. Auf dieser Grundlage ist es nicht passiert, wiewohl die gesetzlichen Voraussetzungen wahrscheinlich vorgelegen wären.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Wissen Sie, ob die Ermittlerin den Auftrag hatte, Strukturermittlungen durchzuführen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Davon weiß ich nichts, weil, wie gesagt, ich davon ausgegangen bin, dass diese Ermittlerin nur zur Gefahrenabwehr eingesetzt wird, was zumindest - - Wenn man dann als Staatsanwalt das Ergebnis betrachtet, nämlich ob diese Gefahrenabwehr gelingt – das sieht man ja dann, ob Delikte stattfinden oder nicht –, dürfte diese Gefahrenabwehr durch die verdeckte Ermittlerin auch nicht gelungen sein, zumindest nicht in dem Maße, wie sich das die Polizei vorgestellt hat.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Haben Sie die Berichte der verdeckten Ermittlerin von der Soko erhalten?

 

 

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe die nicht erhalten. Erst in der Hauptverhandlung sind die über Antrag beigeschafft worden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Warum erst so spät?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, weil die verdeckte Ermittlerin für mich keinen Beweiswert im Ermittlungsverfahren hatte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja.

Dann beende ich meine Erstbefragung, nicht ohne Sie zu fragen, ob die Daten stimmen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Stimmen, ja.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Danke schön.

*****

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen bekannt.

Im Sinne der Redeordnung erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Krisper das Wort. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt! Ihre Ausführungen zur verdeckten Ermittlerin sind meiner Wahrnehmung nach im Widerspruch zu Aussagen, die bisher von Auskunftspersonen hier getätigt wurden, als auch zu Dokumenten, die uns vorliegen.

Deswegen noch einmal zu diesem Themenkomplex: Warum wurde der Einsatz einer verdeckten Ermittlerin gleich nach Einsetzen der Soko beschlossen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Bitte? Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum wurde der Einsatz einer verdeckten Ermittlerin gleich nach Einsetzen der Soko beschlossen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe den Einsatz der verdeckten Ermittlerin nicht beschlossen und war in diesen Beschluss auch nicht involviert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte nun hier das Protokoll der Befragung des Soko-Leiters Böck vorlegen (Auskunftsperson Handler: Mhm!), mit dem Sie, wie Sie schon gesagt haben, sehr wohl im Austausch gewesen sind. Seite 21. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da habe ich ihn gefragt: „[...] Staatsanwalt Handler hat entschieden, dass es eine verdeckte Ermittlerin geben soll?“

Er hat geantwortet: „In Absprache mit uns, sicher.“

Ich: „Sind Sie sich sicher?“

Er: „Ich bin mir ziemlich sicher, ja.“ 

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich bin mir ganz sicher. Wie gesagt, noch einmal: Es galt damals die Strafprozessordnung Alt, das heißt, ein Staatsanwalt hätte keine verdeckte Ermittlerin beschließen können, hätte diese Entscheidung nicht treffen können. Ich hätte einen Antrag beim zuständigen Untersuchungsrichter im Rahmen von Vorerhebungen stellen müssen. Die alte Strafprozessordnung – und Sie können das gerne nachlesen – hat auch eine verdeckte Ermittlung als Ermittlungsmaßnahme nicht vorgesehen. Also aus diesen zweierlei Gründen kann ich sagen, dass diese Aussage nicht präzise ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht aber darum, ob es in Absprache mit Ihnen - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gibt, was das Sicherheitspolizeigesetz - - Also zumindest in meiner 15-, 16-jährigen Tätigkeit hat es, was das Sicherheitspolizeigesetz betrifft, noch nie Absprachen zwischen der Polizei und der Staatsanwaltschaft gegeben, und auch in diesem Fall gab es keine.

Ich wurde – und das habe ich eh vorhin schon gesagt – irgendwann in der zweiten Jahreshälfte 2007 darüber informiert, dass es eine verdeckte Ermittlerin gibt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Herr Böck hat hier Ihrer Meinung nach eine Falschaussage getätigt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich nicht sagen. Jedenfalls inhaltlich ist das nicht richtig.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auf meine Frage – „Hat er“ – also Sie –„ mitentschieden, hat er entschieden, dass es eine verdeckte Ermittlerin geben soll?“ – hat er weiter ausgeführt: „Ja, sicher. Alleine hätten wir das nie gemacht.“  

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, da muss ich wiedersprechen. (Abg. Krisper: Mhm!) Es entspricht nicht meiner Wahrnehmung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann lege ich Ihnen das Dokument mit der Nummer 9143 vor. Da geht es um Informationen für den HGD durch E. Z. (LVT)/Böck. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da finden Sie sehr wohl den Passus: „In Absprache mit dem zuständigen“ – Staatsanwalt, Untersuchungsrichter – „des LG Wr. Neustadt wurden folgende taktische Instrumente eingesetzt“ – dritter Punkt –:

„Verdeckte Ermittlungen“  (Auskunftsperson Handler: Mhm!)

Weiters: „Es gibt regelmäßige persönliche Besprechungen mit“ Staatsanwalt. „Sämtliche Ermittlungsschritte werden hierbei abgesprochen.“

Weiters: „Geplante weitere Vorgehensweise (mit LG Wr. Neustadt akkordiert)“ – fünfter Punkt –: „Fortsetzung VE Einsatz“  

Was sagen Sie dazu?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, da sind einige Sachen. Also mit dem LG Wiener Neustadt weiß ich nicht, ob da etwas akkordiert wurde. Zuständig war die Staatsanwaltschaft und, wie gesagt, ich bleibe dabei, die verdeckte Ermittlung wurde mir in der zweiten Jahreshälfte 2007 entsprechend mitgeteilt. Zuvor hatte ich keine Wahrnehmungen dazu. Ich weiß auch nicht, wer das geschrieben hat. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – E. Z. (LVT)/Böck. Okay. Es gibt - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bitte noch einmal genau auszuführen, inwiefern Sie über die Ergebnisse der verdeckten Ermittlung in Kenntnis waren!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auch das habe ich schon ausgeführt. Mit 1.1.2008 wäre es möglich gewesen, eine verdeckte Ermittlung nach der Strafprozessordnung einzusetzen. Daher habe ich mich, nachdem mich die Polizei über diese verdeckte Ermittlung zur Gefahrenabwehr informiert hat, erkundigt, ob diese verdeckte Ermittlerin in irgendeiner Art und Weise relevante Beweismittel für den Tatverdacht beischaffen kann, konnte oder können wird.

Diese Frage wurde damals verneint. Wenn ich - - Bitte lassen Sie mich nachdenken! Die Begründung war, glaube ich, dass es der verdeckten Ermittlerin nicht gelingt, in die Organisationsstruktur, in die obere Organisationsstruktur dieser Vereinigungen einzudringen, weder, was illegale Dinge betrifft, noch, was legale Demonstrationen betrifft. Das war dann die Entscheidung, dass eine verdeckte Ermittlung nach der Strafprozessordnung Neu keinen Beweiswert hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie sich für die Berichte der verdeckten Ermittlerin interessiert, dafür, diese zu erhalten?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, erst im Zuge der Hauptverhandlung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich zitiere wiederum aus dem Protokoll Böck, das liegt Ihnen schon vor, dieselbe Seite, wo ich - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Entschuldigung, darf ich noch etwas ergänzen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich muss auch ehrlich sagen, ich habe damals auch gar nicht gewusst, wie die Berichterstattung einer verdeckten Ermittlerin zur Gefahrenabwehr gegenüber der Polizei passiert, ob das schriftlich, mündlich oder sonst irgendwie stattfindet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Protokoll, Befragung Böck. Ich habe gefragt: „Wenn der Staatsanwalt Bescheid wusste, hat er sich für Ihre Berichtlegungen zu der verdeckten Ermittlerin interessiert?“ – „Ja, sicher, laufend berichtet.“

„Das heißt, er hat Ihre Berichte interessiert entgegengenommen? – „Ja, wie gesagt, ich bin alle ein, zwei, drei Wochen hinausgefahren und habe ihm über alle Ermittlungsergebnisse berichtet, aber nicht nur ihm allein, sondern auch dem Leitenden Staatsanwalt [...] Also ich war dort beim Staatsanwalt und habe das berichtet.“ 

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, wenn das die Wahrnehmung des Herrn Böck ist, mag das so sein. Wie gesagt, ich kann Ihnen nur das wiederholen, was ich schon gesagt habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es ist nicht nur die Wahrnehmung des Herrn Böck, sondern ich darf Ihnen noch das Dokument mit der Nummer 5732 vorlegen, Seiten 443, 444. Es handelt sich dabei um schriftliche Unterlagen aus dem Jahr 2010, und zwar aus jenem Zeitraum, in welchem es der Verteidigung im Tierschützerprozess gelang, schließlich herauszuarbeiten, dass es den Einsatz der verdeckten Ermittlerin gegeben hat. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dazu hat Sektionschef Pilnacek damals anscheinend mehrere Medienanfragen bekommen und holte deswegen Informationen zum Einsatz der verdeckten Ermittlerin ein. Und zu diesem Zweck fragte Oberstaatsanwalt Gildemeister bei Ihnen im Auftrag von Pilnacek nach, und Pilnacek hält in einer E-Mail das fest, was Sie gesagt haben, und zwar, dass Sie sehr wohl über die Ermittlungsergebnisse informiert waren.

Ich zitiere: „Tatsächlich hat im Jahr 2007 eine auf § 54 SPG gestützte VE stattgefunden, von der die StA Wr. Neustadt – wie damals üblich – nur ,gelegentlich‘ erfahren hat [...]“ – aber sehr wohl – „auf Grund eines Berichts, in dem Ermittlungsergebnisse unter anderem auch auf die VE zurückgeführt wurden).[4]“ – Schon im April 2007“, schreibt er hier, nach einem Gespräch mit Ihnen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich bleibe dabei: Also mir wurde über Ermittlungen einer verdeckten Ermittlerin nichts erzählt, weil - - Wie gesagt, bis auf das eine Gespräch, an das ich mich wirklich erinnern kann, wo mir gesagt wurde, dass es der verdeckten Ermittlerin nicht gelingt, in den engen Kreis sozusagen dieser damals angenommenen Organisation vorzudringen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also demnach ist auch diese E-Mail des Oberstaatsanwaltes an Sektionschef Pilnacek faktenwidrig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht, möglicherweise gibt es - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja oder nein? Stimmt es oder nicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich nicht sagen. Möglicherweise gibt es einen Bericht der Polizei, wo das Wort VE vorkommt. Ich kann mich aber daran natürlich jetzt zehn Jahre später nicht mehr erinnern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht um eine klare Aussage Ihrerseits, die hier wiedergegeben wird, nämlich, dass Sie sehr wohl davon erfahren hätten, schließlich schon im April 2007.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Im April 2007, ich meine, ich mag nichts ausschließen, aber ich glaube - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja oder nein?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Schauen Sie, ich kann nicht mit ja oder nein antworten, ich kann nur sagen, aus meiner Erinnerung war die Information über die verdeckte Ermittlerin in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2007. (Abg. Krisper: Aber Sie halten es nicht für ausgeschlossen?) Es kann sein, dass im April 2007 möglicherweise hier in einem Bericht VE, verdeckte Ermittler, erwähnt wird, aber für mich hat das nie eine Rolle gespielt, weil ich, wie gesagt, das strafprozessual nicht als Beweismittel gebraucht habe oder mich für so ein Beweismittel entschieden habe. (Abg. Krainer: Haben Sie schon!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme jetzt zu der mittlerweile hier schon als absurd herausgearbeiteten Position, dass diese verdeckte Ermittlerin nur nach § 54 SPG zur Gefahrenabwehr eingesetzt wurde. Sie haben das ja heute auch vertreten.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. Ich darf Ihnen ein Dokument der Soko vorhalten, das wir außerhalb des UsA erhalten haben, in dem unzweifelhaft festgehalten ist, dass der VE-Einsatz sehr wohl dazu diente, um Ermittlungsergebnisse im Strafverfahren zu liefern. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Und das Dokument ging an Sie, erste Seite, da sehen Sie: zu Handen: Sehr geehrter Herr Staatsanwalt Dr. Wolfang Handler! – Das Dokument ist vom 13.9.2007.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: An das kann ich mich natürlich jetzt in der Einzelheit nicht erinnern, aber - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Müssen Sie nicht, es geht darum, ob Sie zu - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das würde natürlich zusammenpassen mit dem, was ich gesagt habe, dass ich in der zweiten Jahreshälfte über diese verdeckte Ermittlerin informiert wurde. Wenn das am 13.9.2007 war, dass die verdeckte Ermittlerin hier - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Darum geht es jetzt nicht! (Auskunftsperson Handler: Ich weiß, worum es geht!) Hier geht es jetzt darum, dass Sie behauptet haben, dass sie nur zur Gefahrenabwehr eingesetzt wurde, und das hier ist klar der Fall, dass Sie über das Gegenteil informiert wurden, wenn auch erst im September 2007. Wenn Sie unter „Ermittlungsstand in der SOKO Bekleidung“ lesen, da steht:

„Aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse [...] VP und VE-Einsatz [...] sowie Spurenauswertungen [...] kann ausgesagt werden, dass folgende Organisationen/Personen in der gegenständlichen Causa eine bedeutende Rolle spielen. Aufgrund der Faktenlage ergeben sich folgende Verdachtsmomente“.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt, ich kann nicht mehr genau sagen, was da gemeint war. Ob sich die Spurenauswertungen jetzt auf den VE-Einsatz beziehen, weiß ich auch nicht. Wie gesagt, es hat die Information dieses Einsatzes der verdeckten Ermittlerin gegeben. Ich hätte die auch ab 1.1.2008 eingesetzt, wenn es irgendeinen Beweiswert gehabt hätte. Es wurde mir gesagt, dass das nicht der Fall ist, und daraufhin hat man mir zugesagt, dass diese verdeckte Ermittlerin langsam aus dieser Organisation wieder herausgezogen wird. Mehr habe ich nicht wahrgenommen.

Konkret an dieses Schriftstück kann ich mich natürlich jetzt nicht mehr erinnern, aber zeitlich würde das möglicherweise zusammenpassen. Ich habe aber die verdeckte Ermittlerin auch nie im Zusammenhang mit Ermittlungen gesehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht darum, dass Sie behauptet haben, nicht gewusst zu haben, dass sie auch Strukturermittlungen getätigt hat.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M:. Habe ich nicht gewusst, nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. Aber das Dokument beweist das Gegenteil, Herr Oberstaatsanwalt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Möglicherweise, ja. Ich kann - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nicht möglicherweise. Das erging an Sie.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, das erging an mich. Ich kann mich an dieses Schreiben auch nicht mehr in allen Einzelheiten erinnern, aber eine verdeckte Ermittlerin konnte damals nicht eingesetzt sein, weil sie in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen war. Sie war nach dem - - Was die Polizei hier tatsächlich für Aufträge gegeben hat, das weiß ich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das macht es jetzt alles nicht besser, was Sie hier sagen. (Auskunftsperson Handler: Okay! Gut! Das ist Ihre Einschätzung!)

Ihnen liegt schon diese E-Mail des Oberstaatsanwaltes an Pilnacek vor. Da findet sich nämlich auch der Passus: „Tatsächlich sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass die VE keine weiteren Ermittlungsansätze gebracht hat [...]“ – Ermittlungsansätze!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, eh. Das habe ich ja eh gesagt. Das war meine Frage: Kann die VE Ermittlungsansätze bringen, die ab 1.1.2008 verwertbar sind? Und das wurde verneint. Das wollte ich damit ausdrücken.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): April 2007?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich kann mich im April 2007 an das nicht erinnern. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Das war aus meiner Sicht zweite Jahreshälfte, würde zusammenpassen mit diesem anderen Schreiben, das Sie mir vorlegen, aber es kann sein, dass die im April 2007 eingeführt wurde, die verdeckte Ermittlerin. Aber das ist korrekt, ja. Meine Frage ging immer nach Ermittlungsansätzen, die der Aufklärung des Sachverhalts dienen, und diese Ermittlungsansätze wurden vonseiten der Polizei verneint. Daher hatte diese verdeckte Ermittlung für mich keinen Beweiswert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie lange habe ich noch?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 45 Sekunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wurde der Einsatz der verdeckten Ermittlerin ab 1.1.2008 nur deshalb entgegen der ursprünglichen Planung nicht staatsanwaltlich genehmigt, da dieser dann in den Akt eingeflossen wäre, somit, und das war damals schon erkennbar, potenziell entlastende Tatsachen den Beschuldigten und dem Gericht vor Hausdurchsuchung, Festnahmen und Anklage bekanntgeworden wären?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke. Nächste Runde.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Haben Sie sich von der Soko, von Herrn Böck ausreichend informiert gefühlt, also von den Soko-Leitern E. Z. (LVT) oder Böck?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Natürlich, ja. Es war so, wie es immer abläuft. Es gab Ermittlungen durch die Soko, Kriminalpolizei. Es gab entsprechende Berichte. Und das, was in diesen Berichten drinstand, war die Information, die dem Staatsanwalt zur Verfügung stand.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Und unabhängig von den Berichten – hatten Sie sonst Kontakt zu Herrn Böck?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Bei der Überbringung der Berichte, ja. Also die wurden immer persönlich überbracht, aber nicht nur alleine von Herrn Böck, soweit ich mich erinnern kann, sondern es waren meistens am Anfang Plessl, S. G. (BVT), Bogner dabei. Plessl ist dann ausgefallen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wie oft hat das stattgefunden? (Auskunftsperson Handler: Bitte?) – Wie oft waren diese Berichte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen nicht mehr sagen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Sie haben, glaube ich, das Protokoll der Befragung von Herrn Böck vorliegen. Wenn Sie auf Seite 25 blättern. (Auskunftsperson Handler: Ich habe eine Seite vorliegen!)  Entschuldigung, dann bekommen Sie das gesamte Protokoll. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Herr Böck hat ausgesagt, dass er sich zweimal im Monat mit der Staatsanwaltschaft getroffen und berichtet hat. Ist das korrekt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kann möglich sein, kann ich nicht mehr - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): „Am Anfang“ war es „häufiger, und dann sind wir alle ein, zwei bis drei Wochen persönlich rausgefahren“.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich weiß nicht, was er mit „am Anfang“ meint. (Abg. Zadić: Am Anfang der Ermittlungen!) – Am Anfang der Ermittlungen glaube ich nicht, dass das so häufig war, weil es da um einen Fall gegen unbekannte Täter in Gumpoldskirchen oder Guntramsdorf, ich weiß es nicht mehr, ging, und um eingeschlagene Fensterscheiben. Vielleicht am Anfang der Gründung der Soko – ich kann das jetzt nicht rauslesen –, aber es kann sein, dass es Treffen in einer Häufigkeit, die Herr Böck hier erwähnt, gegeben hat (Abg. Zadić: Mhm! Haben Sie sie außer- -?), aber eher zwei bis drei Wochen, würde ich sagen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wurde Ihnen da immer schriftlich oder auch persönlich berichtet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also soweit ich mich erinnern kann, wurden Berichte übergeben. Ob das jedes Mal der Fall war, weiß ich nicht, ich gehe aber eigentlich davon aus. Natürlich haben wir persönlich zu diesen Berichten auch gesprochen, aber die Inhalte kann ich Ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen. (Abg. Zadić: Mhm! Jetzt hat er - -!) Ich glaube aber, dass es immer so war, dass das Ermittlungsergebnis, das mir ja schriftlich übergeben wurde, mündlich referiert wurde, soweit ich mich erinnern kann.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was hat er Ihnen über die verdeckte Ermittlerin gesagt? Können Sie sich daran noch erinnern?

 

 

 

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe es Ihnen jetzt schon gesagt: Soweit ich mich erinnern kann, wurde mir gesagt, dass es eine verdeckte Ermittlerin nach dem Sicherheitspolizeigesetz gibt, dass es dieser verdeckten Ermittlerin nicht gelingt, in die – Anführungszeichen – „Kommandostruktur“ – Anführungszeichen Ende – einer Organisation vorzudringen. Daher wurde meine Frage nach der Beweisrelevanz dieser Ermittlerin vonseiten der Kriminalpolizei verneint und die Entscheidung getroffen, diese Ermittlerin ab 1.1.2008 nicht nach dem Regime der StPO Neu einzusetzen. Mir wurde dann auch zugesagt – an das kann ich mich erinnern –, dass man die verdeckte Ermittlerin in langsamen Schritten irgendwie aus dem Sachverhalt herausnimmt, um ihre Tarnung sozusagen zu schützen. Aber wie gesagt hat mich das dann in weiterer Folge nicht mehr betroffen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ist es korrekt, dass Herr Böck Sie darüber informiert hat, dass die verdeckte Ermittlerin keine konkreten Straftaten finden konnte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte er das sicher angezeigt. Also ich weiß nicht, ob er mich jetzt konkret darüber informiert hat; ich glaube eher nicht. Ich bin, glaube ich, eher davon ausgegangen, dass das, wenn hier eine Polizistin – und nichts anderes ist eine verdeckte Ermittlerin – eine Straftat wahrnimmt, entsprechend angezeigt wird.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ihnen angezeigt meinen Sie?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Der Soko angezeigt, die es dann in einem Bericht an mich weiterübermittelt[5]; so ist die Vorgehensweise immer gewesen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Hier steht dann:

Meine Frage: „Also es ist ihr nicht gelungen, eine konkrete Straftat nachzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hat das dann so gewusst.“ – Herr Böck: „Ja, sicher.“ – Dann habe ich gefragt: „Trotzdem hat“ dieser Umstand, dass keine Straftaten nachgewiesen werden konnten, „keinen Eingang in den Strafakt gefunden.“

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, dass etwas, dass jemand etwas nicht wahrnimmt - - Weiß ich jetzt nicht, aber das ist ja aus meiner Sicht auch kein Beweismittel, da ohnehin die Unschuldsvermutung gilt. Ich muss ja als Staatsanwalt jemandem eine Straftat nachweisen, nur so kann ich letztlich vor Gericht gehen. (Abg. Zadić: Aber es ist also - -!) In dem Fall bin ich aber fix davon ausgegangen, wenn das tatsächlich der Fall gewesen wäre und eine Polizeibeamtin eine Straftat wahrnimmt, dann wird das der Soko entsprechend berichtet und die Soko berichtet das dann weiter an die Staatsanwaltschaft. Das ist so nicht passiert. Ob mir Herr Böck ausdrücklich so etwas gesagt hat, weiß ich nicht mehr, ich schließe das aber eher aus.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich habe Herrn Böck noch einmal mit seiner Aussage konfrontiert und habe gesagt: „Sie haben jetzt erzählt, dass Sie der Staatsanwaltschaft gesagt haben, dass keine konkreten Straftaten gefunden werden konnten.“ – „Aufgrund der verdeckten Ermittlerin“. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wo steht das?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Das steht auf Seite 26.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also tut mir leid, an das kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Das heißt, Sie können sich nicht daran erinnern, dass Herr Böck Ihnen gesagt hat, dass die verdeckte Ermittlerin keine konkreten Straftaten finden konnte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, das musste er mir nicht ausdrücklich sagen. Wenn die das wahrgenommen hätte, dann wäre ich natürlich informiert worden.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Aber nehmen wir jetzt einmal den Fall an: Herr Böck hat unter Wahrheitspflicht (Auskunftsperson Handler: Mhm!) in diesem Ausschuss – in diesem Ausschuss herrscht ja Wahrheitspflicht – die Wahrheit gesagt. (Auskunftsperson Handler: Ja!) Er hätte Sie ja informiert, dass keine konkreten Straftaten gefunden werden konnten.

Sie sind ja ein erfahrener Staatsanwalt. Wäre das ein Umstand gewesen, der auf jeden Fall einmal in irgendeinem Strafakt oder in dem Strafakt, an dem Sie arbeiten, zu vermerken ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn jemand etwas nicht wahrnimmt?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wenn keine konkreten Straftaten - - (Auskunftsperson Handler: Ja, eh!) Wenn die verdeckte Ermittlerin keine konkreten Straftaten wahrnimmt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na, aber verstehen Sie mich, es gilt ja - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Es ist Ihre Aufgabe, die Objektivität zu wahren, das heißt, beide Seiten zu beleuchten. Sie sind ja nicht Strafverteidiger.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, na das ist ja eh logisch, aber es gilt die Unschuldsvermutung, das heißt, wenn ein Zeuge etwas nicht wahrnimmt oder eine verdeckte Ermittlerin etwas nicht wahrnimmt, dann hat das überhaupt keinen Beweiswert.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): In dem Fall ist sie verdeckte Ermittlerin und keine Zeugin. (Auskunftsperson Handler: Bitte?) – Sie ist Kriminalbeamtin und keine Zeugin.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na, natürlich würde sie im Verfahren eine Zeugin darstellen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ja (Auskunftsperson Handler: Mhm!), aber sie war verdeckte Ermittlerin (Auskunftsperson Handler: Ja, genau!) und Kriminalbeamtin. (Auskunftsperson Handler: Verdeckt- -!) Sie hat keine Straftaten beobachtet. Jetzt die Frage: Warum hat das keinen Eingang in den Strafakt gefunden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich habe keine polizeilichen Berichte darüber bekommen. Die verdeckte Ermittlerin war im Sinne der Gefahrenabwehr eingesetzt. (Abg. Zadić: Na offensichtlich nicht!) Ich habe auch - - Es hat ja dann letztlich (Abg. Zadić: Offensichtlich hat sie ja - -!) sowieso ein - - Bitte?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Offensichtlich hat sie ja nicht nur Gefahrenabwehr gemacht, offensichtlich hat sie auch strukturell ermittelt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, das kann ich nicht sagen, was sie offensichtlich gemacht hat. Ich kann nur sagen, dass mir immer mitgeteilt wurde, dass diese verdeckte Ermittlerin zur Gefahrenabwehr eingesetzt wurde. Es gab weitere Straftaten, auch im Jahr 2007, soweit ich mich erinnern kann, während des Einsatzes der verdeckten Ermittlerin. Daher war mir klar: Wenn ich keine Mitteilung bekomme, dass sie Wahrnehmungen zu Straftaten gemacht hat, dann hat sie keine gemacht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Herr Staatsanwalt (Auskunftsperson Handler: Ja!), Herr Böck hat Ihnen ja nicht nur gesagt, dass diese Ermittlerin zur Gefahrenabwehr eingesetzt wurde, er hat Ihnen auch gesagt, dass sie keine konkreten Straftaten beobachten konnte. Hier sagen die Auskunftspersonen unter Wahrheitspflicht aus. Ich muss daher auch das, was Herr Böck gesagt hat, als wahr annehmen. Daher konfrontiere ich Sie mit dieser Aussage.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, Sie haben mich eh konfrontiert. Ich kann mich - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Warum hat das, wenn er Ihnen das so damals gesagt hat – und da gibt es ja auch ausreichend Belege, dass Sie informiert waren, und meine Kollegin Krisper hat Ihnen das auch vorgelegt –, keinen Eingang in den Strafakt gefunden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Weil das keine Maßnahme im damaligen Vorverfahren beziehungsweise im nachfolgenden strafprozessrechtlichen Ermittlungsverfahren war und mir von der Polizei versichert wurde, dass diese verdeckte Ermittlung keinen Beweiswert für das Verfahren hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was heißt „keine Maßnahme“ war? Eine verdeckte Ermittlung ist eine Maßnahme.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja eh, aber ich habe schon versucht, es zu erklären. Eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr: Das heißt, aus meiner Sicht war die verdeckte Ermittlerin eingesetzt, um rechtzeitig vor weiteren Sachbeschädigungen zu warnen, damit die Polizei rechtzeitig einschreiten kann und diese Gefahren beseitigen kann. Das ist über meine Nachfrage nicht gelungen. Die verdeckte Ermittlerin konnte, soweit mir das die Polizei erzählt hat, keine Wahrnehmungen zu irgendeinem Bezug zu Straftaten machen und war daher als Beweismittel nicht relevant.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Sie haben jetzt selbst auch gesagt, dass die verdeckte Ermittlerin keine Straftaten wahrnehmen konnte und auch keinen Nachweis hatte, dass es Straftaten gab. Jetzt haben Sie das auch selbst gesagt. Warum hat genau dieser Umstand keinen Eingang in den Strafakt gefunden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen heute nicht mehr sagen. Ich kann Ihnen aber noch eines sagen: Es haben dann letztlich in der Hauptverhandlung diese Protokolle, die es da von der verdeckten Ermittlung gegeben hat, Eingang in den Verhandlungsakt gefunden, wurden von mir damals auch bewertet – ich kann auch nicht mehr genau sagen, welche Beweiswürdigung ich vorgenommen habe –, wurden der Fachaufsicht vorgelegt, das heißt, der Oberstaatsanwaltschaft Wien und dem Bundesministerium für Justiz. Es gab auch keine Weisung in irgendeine Richtung, den Strafantrag zurückzuziehen. Daher bin ich davon ausgegangen, dass diese Einschätzung auch richtig war.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich möchte Ihnen das Dokument Nummer 5728 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Sie haben gesagt, Sie haben das alles an das Bundesministerium für Justiz berichtet. Richtig? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war der, soweit ich mich erinnern kann - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Auf Seite 10 – die Unterlagen sind ein bisschen durcheinander – habe ich einen interessanten Vermerk gelesen: „Zu lesen ist die beabsichtigte Anordnung einer optischen und akustischen Überwachung“. Und weiter unten steht: „Eine Berichterstattung an das BMJ ist derzeit nicht geboten.“ Das wurde dann mit einem Kugelschreiber durchgestrichen. Können Sie mir sagen - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich finde die Seite nicht. Können Sie mir noch einmal helfen, bitte?

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Seite 10, rechts oben steht 10 von 550. Mit einem roten Stift steht Seite 17 geschrieben, ganz oben rechts steht Seite 10 von 550. (Auskunftsperson Handler: Mhm!) Es fängt an mit: „Vermerk: Zu lesen ist die beabsichtigte

Anordnung einer optischen und akustischen Überwachung“. Und ein paar Zeilen weiter: „Eine Berichterstattung an das BMJ ist derzeit nicht geboten.“ Das wurde mit einem Kugelschreiber durchgestrichen. (Auskunftsperson Handler: Mhm!)

Können Sie mir sagen, wer das geschrieben hat, dass die Berichterstattung an das BMJ nicht geboten ist? Warum war das ursprünglich der Plan und warum wurde es dann durchgestrichen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also wenn da unten das Datum 3.4.2008 steht, ist das nicht meine Unterschrift. Es kann sein, dass das ein Vertretungsfall war, ich weiß es nicht. Es dürfte - - Na, ich kann es nicht mehr sagen. Also es ist nicht meine Unterschrift, daher gehe ich davon aus, dass ich das nicht geschrieben habe. Das Durchstreichen kann seine Erklärung darin finden, dass natürlich in einer Staatsanwaltschaft ein Vieraugenprinzip vorherrscht, das heißt, dass dieser Vorgang der Revision unterlegen ist und derartige Maßnahmen, nämlich eine optische und akustische Überwachung, schon einer Berichterstattung an die Oberstaatsanwaltschaft bedurft hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Von wem stammt das denn?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich weiß es nicht. Da unten die Unterschrift kann ich nicht zuordnen. Es ist aber nicht meine.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wenn Sie nach vorne blättern, da steht: „Berichtsverfasser: StA Mag. Wolfgang Handler“. (Auskunftsperson Handler: Genau!) Dann ist ein Bericht, und dann sind diese Vermerke angehängt; 15,17 sind die Seiten vom Akt, das müsste irgendwie dazugehören.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also es findet sich da oben eine OStA-Zahl (Abg. Zadić: Ja!), daher glaube ich, dass das ein Vermerk der Oberstaatsanwaltschaft Wien ist, weil dann auch unten steht: „An die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt“, und hier ein Ersuchen ergeht, über die optische und akustische Überwachung zu berichten. – Also aus meiner Sicht stammt dieser Vermerk nicht von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, sondern von der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Welcher konkrete Sachbearbeiter das dort war, kann ich Ihnen aufgrund der Paraphe nicht sagen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Sie können sich auch nicht erinnern, dass es bei Ihnen eine Überlegung gab, nicht an das BMJ zu berichten?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein. Also das ist ganz eindeutig im Staatsanwaltschaftsgesetz geregelt. Grundsätzlich sind Bericht- - (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Warten Sie, vielleicht findet man was auf der Rückseite? – Da steht „Hofrat Dr. Helmuth Seystock“. Es könnte sein, dass diese Paraphe Seystock heißt.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 1 Minute noch in der ersten Runde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Aber wie gesagt: Grundsätzlich sind die Berichtspflichten im Staatsanwaltschaftsgesetz eindeutig geregelt. Damals – das ist, glaube ich, heute nicht mehr so – musste über eine optische und akustische Überwachung berichtet werden; was auch der Fall war, weil sich der Bericht auch hier in dem Konvolut, das Sie mir vorgelegt haben, befindet, und zwar der Bericht vom 2. April 2008. Interessanterweise ist der Vermerk der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom 3. April 2008. Das heißt, es wurde bereits berichtet und - - Genau: Offensichtlich hat die Oberstaatsanwaltschaft entschieden, dass eine Berichterstattung an das Bundesministerium für Justiz derzeit nicht geboten ist. Das hat aber nichts mit der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt zu tun, weil eine Staatsanwaltschaft immer direkt an die Oberstaatsanwaltschaft berichtet und die Oberstaatsanwaltschaft entscheiden muss, ob sie dem Bundesministerium für Justiz nach § 8a StAG berichtet oder nicht. – Somit, glaube ich, kann man das so aufklären. (Abg. Zadić: Und in dem Fall - -!)

Wer das durchgestrichen hat, weiß ich nicht. Ich habe auch keine Wahrnehmungen zu einer Usance von Berichterstattungen der Oberstaatsanwaltschaft Wien an das Bundesministerium für Justiz. (Abg. Zadić: Ich möchte Ihnen noch ein weiter- -!) Ich gehe aber auch davon aus, dass das kein Aktenbestandteil war.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Na ja, 17 steht oben. (Auskunftsperson Handler: Wo steht das?) – Rot 17; ich gehe davon aus, dass das schon ein Aktenbestandteil war.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das - - Das weiß ich nicht.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich möchte zu einem weiteren Themenkomplex kommen: Dokument Nummer 8823, das ist auch etwas, das uns in den letzten Tagen Kopfzerbrechen bereitet hat. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Bericht von Herrn E. Z. (LVT) vom 6. Mai 2008, also ungefähr zwei Wochen vor der Hausdurchsuchung.

Auf Seite 3 von 3 steht: „Ein Beweis für die Urheberschaft der Anschläge konnte bisher nicht ermittelt werden, auch wenn die Indizienkette, insbesondere gegen Chrstof MACKINGER sehr dicht gemacht werden konnte.“ Das heißt, am 6. Mai 2008 schreibt Herr E. Z. (LVT), der Soko-Leiter, Ihnen, dass eine „Urheberschaft der Anschläge [...] nicht ermittelt werden“ konnte.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 15 Sekunden noch in der ersten Runde.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Das ist ein Bericht von Herrn E. Z. (LVT) über die Ermittlungen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die Einschätzung einer Beweislage obliegt nach der Strafprozessordnung der Staatsanwaltschaft. Diese Einschätzung wurde getroffen, aufgrund dieser Einschätzung der Beweislage wurden entsprechende Maßnahmen durchgeführt, es wurde auch gegen mehrere Verdächtige/Beschuldigte die Untersuchungshaft beantragt. Diese Untersuchungshaft wurde von einer Richterin verhängt. Gegen diesen Beschluss auf Verhängung der Untersuchungshaft gab es eine Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien, wo ein Dreirichtersenat diese Entscheidung bestätigt hat. Gegen diese Entscheidung des Dreirichtersenats des Oberlandesgerichts Wien gab es eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof, wo ein weiterer Dreirichtersenat diese Entscheidung bestätigt hat. Das heißt, insgesamt sieben unabhängige Richter haben eine ausreichende Beweislage für die Verhängung der Untersuchungshaft bestätigt. Dass das jetzt mit der Einschätzung des Herrn E. Z. (LVT), der meiner Erinnerung nach operativ gar nicht tätig war, nicht übereinstimmt, mag sein, ist aber für diese Sache nicht weiter relevant gewesen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Herr E. Z. (LVT) war ja, auch wenn er nicht operativ tätig war, der Leiter der Soko (Auskunftsperson Handler: Mhm!), ihm wurde letzten Endes auch berichtet. Herr E. Z. (LVT) hat dann über diese letzten Stellungnahmen Berichte verfasst. Die Frage, die ich mir stelle, ist – und vielleicht können Sie das aufklären –: Was ist in diesen zwei Wochen passiert? Oder warum - -

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Bitte um Formulierung der Frage, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann auf den vorletzten Absatz verweisen, wo steht: „Geplante Polizeiliche Maßnahmen“, was dann offensichtlich auch nicht ganz zusammenpasst. Er schreibt hier: „22 HD in NÖ, S, St, T und W (frühestens ab Mitte Mai)“. Das heißt übersetzt, 22 Hausdurchsuchungen. Dann schreibt er: „10 HB in NÖ, St, T und W“. Das heißt: 10 Haftbefehle. – Warum er das schreibt, wenn er der Meinung ist, dass keine ausreichende Beweislage vorliegt, ist für mich nicht stringent.

 

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Danke; weiter in der nächsten Fragerunde.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, danke, dass Sie uns heute als Auskunftsperson zur Verfügung stehen! Ich darf zunächst noch einmal nachfragen – ich weiß nicht, ob ich das richtig verstanden habe –: Warum war das Landesgericht Wiener Neustadt für den Fall zuständig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Auch das ist von der Fachaufsicht mehrfach geprüft worden. Und Sie können mir glauben: Wenn ein Staatsanwalt ein Verfahren loswerden kann, dann wird er alles machen, damit er es loswird. In dem Fall war es aber so, dass es eine Verdachtslage gab – soweit ich mich erinnern kann –, mehrere Sachbeschädigungen in – bitte nageln Sie mich nicht fest – Gumpoldskirchen oder Guntramsdorf, und da gab es letztlich einen DNA-Treffer – wie gesagt, soweit ich mich erinnern kann –, der eine Person betroffen hat, die auch im Zusammenhang mit dieser Organisation zu sehen war. Daher gab es eine sogenannte subjektive Konnexität und das Verfahren war in Wiener Neustadt anhängig. (Abg. Amon: Mhm!) Es wurde im Laufe des Verfahrens auch nie von irgendeiner Person – soweit ich mich erinnern kann – beantragt, das Verfahren an eine andere zuständige Staatsanwaltschaft zu übertragen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wir legen Ihnen einen „Presse“-Artikel vom 6.6.2008 vor (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), aus dem hervorgeht, dass der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen Grünen, Thomas Huber, der Auffassung ist, dass das Landesgericht Wiener Neustadt zuständig ist – ich zitiere –,„weil P. als Erster im Akt aufscheint. Das sei auch in der Absicht der ermittelnden Behörden gelegen, weil dieses als relativ streng bekannte Gericht eher Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen und Untersuchungshaft genehmigen würde als andere“.

Entspricht diese Aussage des Herrn Huber den Tatsachen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich kann das nur verneinen und noch einmal darauf verweisen: Es galt damals die Strafprozessordnung Alt, daher konnte eine Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen, Untersuchungshaft, Sonstiges nicht genehmigen, sondern musste das im konkreten Fall immer beim zuständigen Untersuchungsrichter, bei der zuständigen Untersuchungsrichterin beantragen.

Und es gab nicht nur den Verdacht - - Es kann schon sein, dass der allererste bekannte Täter letztlich nichts mit den anderen zu tun hatte, aber es gab dann einen zweiten Verdacht, und das war sozusagen der Missing Link, der zu einer juristischen Entscheidung bezüglich der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt geführt hat. Das wurde auch im Wege der Fachaufsicht mehrmals überprüft, soweit ich mich erinnern kann, die Strafsache wurde der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt aber nie abgenommen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Können Sie sich erklären, wie Herr Huber auf so eine Aussage kommt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein. Ich kenne Herrn Huber nicht und kann mir das auch nicht erklären.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Und wie kommt es dazu, dass dieser Herr P. als erster Name im Akt genannt wurde?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich glaube, das - - Wie gesagt, das hat begonnen als ein Verfahren gegen unbekannte Täter, und dann hat es einen Verdacht gegeben - - Aber ich tue mich schwer mit meiner Erinnerung. Ich denke, es gab Bilder einer Überwachungskamera, die auf eine bestimmte Person hingedeutet haben, die offensichtlich dieser P. sein konnte. Soweit ich mich erinnern kann, gab es dann sogar eine Durchsuchung bei ihm zu Hause. Das hat aber zu nichts geführt und das Verfahren gegen P. wurde letztlich auch eingestellt.

Nichtsdestotrotz – ein Staatsanwalt prüft immer einen Sachverhalt – gab es dann eben eine zweite Person, die mit diesem Sachverhalt in Verbindung gebracht werden konnte, die dann auch in der anderen - - beim anderen Tatverdacht eine entsprechende Rolle gespielt hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Es war die Rede von regierungstechnischen - -, registrierungstechnischen Fehlern. Passiert das öfter?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M. (erheitert): Ich hatte einen Leiter in Wiener Neustadt, der sehr viel Wert auf die richtige Registrierung gelegt hat, also ich kann ausschließen, dass es in diesem Fall so war; ob das in anderen Fällen passiert, kann ich natürlich nicht ausschließen. Es war aber kein registrierungstechnischer Fehler, sondern das ist ein üblicher Vorgang, dass, wenn man einen unbekannten Täter ausforscht, der entsprechend an der ersten Stelle registriert wird. Ob diese Ausforschung dann tatsächlich auch zu einer entsprechenden Verurteilung führt, ist dann eine andere Frage. Die kann man erst nach Ende eines Ermittlungsverfahrens beurteilen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Aussage, dass es sich um einen registrierungstechnischen Fehler handle, kam ja von Justizministerin Berger. Können Sie sich erklären, wie sie auf diese Aussage kam? (Auskunftsperson Handler: Nein!)

Wann wurde der Name des Herrn P. dann wieder aus dem Akt entfernt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es ist so, dass Namen nicht aus dem Akt entfernt werden, es wird nur vermerkt, dass das Verfahren gegen denjenigen eingestellt ist.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich muss noch einmal darauf zurückkommen: Entspricht es den Tatsachen, dass das Landesgericht Wiener Neustadt mehr als andere Gerichte Zwangsmaßnahmen genehmigt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich hatte diese Wahrnehmung nicht, aber ich hatte auch den Vergleich nicht. Es wurden Zwangsmaßnahmen beantragt, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen sind, und ich habe, glaube ich – das habe ich, glaube ich, schon beim ersten Mal gesagt, als ich hier war - - Ein Staatsanwalt geht natürlich davon aus, dass seine Anträge bewilligt werden, weil er ja die gesetzlichen Voraussetzungen vorher prüft. Statistische Daten liegen mir nicht vor, dass hier die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt irgendeine Ausreißerstaatsanwaltschaft gewesen wäre.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Gibt es eigentlich eine Statistik darüber, welche Gerichte wie viele Zwangsmaßnahmen verhängen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das müssen Sie beim Bundesministerium für Justiz erfragen, das weiß ich nicht. (Abg. Amon: Aber Ihnen ist es nicht bekannt?)

Es wird sicher Auswertungen geben, weil ja diese Zwangsmaßnahmen in unserer Verfahrensautomation Justiz elektronisch erfasst werden. Welche Staatsanwaltschaft da voranliegt, kann ich nicht sagen, aber wahrscheinlich sind auch nicht alle Staatsanwaltschaften – auch vom Personal her – vergleichbar.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Als Nächstes legen wir Ihnen einen Ausschnitt aus den Protokollen der Auskunftspersonen Christian Moser und Rechtsanwalt Traxler mit der Nummer 9209 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da würde ich Sie bitten, sich die Seite 90 anzuschauen. Da wird, nämlich von Herrn Moser, Folgendes gesagt:

„Also mir ist das [...] so vorgekommen, als wäre das für Handler so ein Kreuzzug, als wäre das etwas ganz Persönliches“. Und weiter: „Ich kann mir vorstellen, dass für jemand, der [...] stockkonservativ ist, eine Protestkultur etwas extrem Verdächtiges ist“.

War diese Causa für Sie eine persönliche Angelegenheit, Herr Oberstaatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich ausschließen, ja?, weil ich weder Herrn Balluch noch Herrn Moser oder sonst irgendjemanden gekannt habe. Ich habe auch keine Aversionen gegen irgendwelche Tierrechtsaktivisten je in meinem Leben gehabt, bin aus meiner Sicht auch nicht stockkonservativ, aber, wie gesagt, es wurde halt immer versucht – und das ist vielleicht aus Sicht einer Verteidigung auch zulässig –, die Staatsanwaltschaft hier in ein gewisses Licht zu rücken. Darauf habe ich mich aber - - hat sich die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt auch nie eingelassen, sondern man hat das Verfahren geführt, man hat das, was Staatsanwälte immer machen, gemacht: Beweise gewürdigt und versucht, das rechtlich einzuschätzen.

Diese rechtliche Einschätzung, und das möchte ich vielleicht auch hier sagen, wurde vom Obersten Gerichtshof auch mitgetragen, nämlich diese Einschätzung nach 278a, und das Verfahren wurde zu Ende geführt. Dass dann ein Gericht nach einer Hauptverhandlung Beweise anders sieht, die Beweiskraft anders sieht als eine Staatsanwaltschaft und das dahinter stehende Bundesministerium für Justiz, das ist möglich und kommt auch immer wieder vor, und das ist auch in diesem Verfahren so vorgekommen. Persönliche Interessen hat es da nie gegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Auf Seite 125 sagt Rechtsanwalt Stefan Traxler Folgendes – ich zitiere –: „Die wollten Handler als Staatsanwalt.“ – Zitatende. Traxler vermutet genauso wie Balluch eine politische Einflussnahme. Haben Sie eine Erklärung, wer möglicherweise Sie als Staatsanwalt wollte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Herr Traxler hat das offensichtlich nicht näher konkretisiert. Ich halte es für sehr bedenklich, dass ein Rechtsanwalt vor dem Untersuchungsausschuss solche Sachen sagt. Ich glaube, er hat auch gesagt, er vermutet, dass ich Teil eines Netzwerkes bin, weil ich besonderes Engagement gezeigt habe. Das ist meiner Meinung nach bedenklich und auch nicht zulässig.

Ich weiß nicht, wer mich als Staatsanwalt gewollt hätte. Ich habe es Ihnen schon erklärt: Es gab ein Zufallsprinzip bei der Aktenverteilung, es gab eine engmaschige Revision, es gab Vertreter, es gab die Fachaufsicht und es gab damals noch den Untersuchungsrichter, der sämtliche Schritte, die ein Staatsanwalt setzte, genehmigen musste. Interessanterweise haben in diesem Verfahren – aus welchen Gründen auch immer – die Untersuchungsrichter auch gewechselt. Das heißt, wenn hier tatsächlich Einfluss genommen werden sollte, hätte man tatsächlich nicht den Handler, sondern mehrere Personen hier an den richtigen Hebeln sitzen haben müssen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Hat es für Sie eine wie immer geartete Form einer politischen Einflussnahme in dieser Causa gegeben? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe keine Wahrnehmungen zu einer politischen Einflussnahme. Ich habe es Ihnen schon gesagt, es gab einen einzigen Anruf eines Nationalratsabgeordneten, der sich über das Verfahren informieren wollte, diese Information aber nicht bekommen hat, weil es dafür keine gesetzlichen Voraussetzungen gibt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wer war der Nationalratsabgeordnete?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war Herr Dr. Pilz; den entsprechenden Vermerk muss es beim Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt noch geben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wenn Sie bitte Seite 110 zur Hand nehmen. Dort berichtet Traxler, dass Sie einen Zeugen einen Tag vor seiner Einvernahme zu sich ins Büro geholt hätten, den Sie – ich zitiere – „gebrieft“ haben sollen.

Entspricht diese Aussage, die Mag. Traxler vor dem Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht aussagt, den Tatsachen (Auskunftsperson Handler: Nein!), und um welchen Zeugen handelt es sich da?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja eben! Also ich habe sicher keinen Zeugen vor irgendeiner Vernehmung gebrieft. Wenn ich einen Zeugen briefe, dann vor der Vernehmung, indem ich ihn entsprechend belehre, wie es in der Strafprozessordnung vorgesehen ist.

Ich tue mich auch sehr schwer, weil Herr Traxler den Namen des Zeugen offensichtlich nicht nennt, weil dann könnte ich vielleicht in irgendeiner Art und Weise meine Erinnerung wecken. Aber es hat kein Briefing von irgendwelchen Zeugen gegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie noch eine nähere Erinnerung an das Gespräch mit Herrn Abgeordneten Dr. Pilz?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe das Gespräch nicht geführt. Das hat der Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt geführt und hat, soweit ich mich erinnern kann, auch einen entsprechenden Vermerk angelegt. Ob dieser Vermerk noch auffindbar ist, weiß ich nicht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber Sie haben keine nähere Erinnerung daran (Auskunftsperson Handler: Nein!), was der Inhalt des Gesprächs war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, mich hat das auch nicht interessiert. Herr Dr. Pilz hat auch nicht mich angerufen, sondern den Mediensprecher.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wir legen Ihnen eine Ergänzung zu Ihrem Vermerk vom 27.5.2008 vom leitenden Staatsanwalt von der leitenden Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Mag. Nussbaumer mit der Nummer 6753 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Auf Seite 264 des vorliegenden Dokuments wurde vom leitenden Staatsanwalt Mag. Nussbaumer zum Thema parteipolitisch motivierte Steuerung ergänzend zu Ihrem Vermerk Folgendes festgehalten:

Der leitende Oberstaatsanwalt Pleischl äußerte – Zitat –: „Wir lassen uns nicht vor den Karren des Innenministers spannen“. – Zitatende. Auf diese Aussage hat Staatsanwalt Mag. Nussbaumer erwidert –, ich zitiere –: „Wir lassen uns vor überhaupt keinen Karren spannen“.

Was meinte er mit „vor den Karren spannen“, Herr Oberstaatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann natürlich jetzt nur vermuten, weil ich ja diese Aussage nicht getätigt habe, aber gemeint war offensichtlich, dass sich die Staatsanwaltschaften allgemein und insbesondere die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt in ihren Entscheidungen im Verfahren nicht von irgendeiner externen Quelle beeinflussen lässt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Magister, haben Sie die Entscheidung zur Ermittlung beziehungsweise der Anklage nach § 278a alleine getroffen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da muss man auch auf die Fachaufsicht verweisen, die im Staatsanwaltschaftsgesetz vorgesehen ist. Das Verfahren war spätestens mit den Hausdurchsuchungen beziehungsweise der Verhängung der U-Haft ein öffentlich wirksames Verfahren, ein clamoroser Fall, und hat Berichtspflichten ausgelöst.

In solchen berichtspflichtigen Verfahren ist es erforderlich, dass man Enderledigungen als Vorhaben berichtet, das heißt, man muss der Oberstaatsanwaltschaft Wien, und die dann in weiterer Folge dem Ministerium, die beabsichtigte Vorgehensweise berichten. Das ist in diesem Fall passiert.

Die beabsichtigte Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt war die Einbringung von Strafanträgen. Dieses Vorhaben wurde sowohl von der Oberstaatsanwaltschaft Wien als auch vom Bundesministerium für Justiz, von der dortigen Fachabteilung, entsprechend genehmigt, und erst danach, nach Genehmigung, wurden die Strafanträge eingebracht.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Namentlich an wen haben Sie berichtet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: An die Oberstaatsanwaltschaft Wien. Wer der zuständige Sachbearbeiter war, weiß ich nicht mehr. Es könnte, wenn ich mir das vorige Schreiben anschaue, Herr Mag. Seystock gewesen sein. Ich bin mir aber ehrlich gesagt nicht mehr ganz sicher.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Und von wem kam der Vorschlag, nach 278a vorzugehen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist kein Vorschlag, sondern das war eine rechtliche Beurteilung, die die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt so getroffen hat, und – ich habe es schon erwähnt – diese rechtliche Beurteilung wurde mehrfach auch einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen, nämlich aus Anlass der Beschwerden gegen die Untersuchungshaft und auch aus Anlass einer Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof, wo der Oberste Gerichtshof ausgeführt hat, dass die rechtliche Beurteilung der Beweislage richtig war.

Daher war das sozusagen ein Vorgehen, das zum Zeitpunkt der Strafantragseinbringung gerichtlich abgesegnet war. Ich sage immer, wäre die Bestimmung falsch angewandt worden, dann hätte man sie wahrscheinlich nachher auch gesetzgeberisch nicht korrigieren müssen. Das ist aber in weiterer Folge dann auch passiert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Aber wer hat diese rechtliche Erstbeurteilung vorgenommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Die rechtliche Erstbeurteilung hat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt vorgenommen und im Genehmigungswege vorgelegt.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, wer ist das?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das war ich als Sachbearbeiter in Übereinstimmung mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft, der gleichzeitig mein Revisor war.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wäre für Sie zum damaligen Zeitpunkt auch eine Ermittlung beziehungsweise Anklage in Richtung Sachbeschädigung beziehungsweise Nötigung infrage gekommen, oder war für Sie relativ klar, dass das ein 278a sein muss?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich denke einmal, soweit ich mich an den Strafantrag erinnern kann – ich habe keinen Zugriff mehr, weil ich nicht mehr in dieser Behörde bin –, gab es auch einzelne Fakten, die nach Sachbeschädigung und Nötigung angeklagt waren. Also es war nicht nur ein Delikt von der Anklage umfasst, sondern es waren hier mehrere Straftaten umfasst, unter anderem auch der 278a, aber auch, soweit ich mich erinnern kann, schwere Sachbeschädigungen und Nötigungen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke. Ich habe in der ersten Runde keine Fragen mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Staatsanwalt Handler, Sie haben gesagt, Sie sind kein Jäger. Sind Sie bei einer Verbindung? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich bin Mitglied beim Mittelschüler-Kartell-Verband, und zwar bei der Studentenverbindung in Eisenstadt, die Forchtenstein Eisenstadt heißt, aber ich bin nicht Mitglied beim CV.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Verwandtschaft, die im Burgenland in der Landwirtschaft tätig ist? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Okay, na, ich kann das beantworten. Meine Schwiegereltern sind Weinbauern.

 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie zu einem Mastbetrieb im Burgendland, der Handler heißt, verwandtschaftliche Verbindungen? (Auskunftsperson Handler: Nein!) – Okay. Wann haben Sie von der Gründung der Soko erfahren?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Darf ich bitte fragen, warum diese Fragen im Sinne des Beweisthemas relevant sind?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein. Ich stelle hier die Fragen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Okay, aber der Herr Verfahrensanwalt hat mich nämlich darauf hingewiesen, dass ich nachfragen darf. (Verfahrensanwalt Dr. Mikesi: Ob die Relevanz ...!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, Sie dürfen bei ihm nachfragen, aber nicht bei mir. (Auskunftsperson Handler: Gut!)

Wann haben Sie von der Soko-Gründung erfahren?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich zeitlich nicht mehr genau einordnen, aber das muss gewesen sein ab dem Zeitpunkt, als die ersten Berichte der Soko kamen. Ich nehme an, dass das irgendwann einmal 2006, 2007 war. Ich weiß nicht mehr genau, wann die Soko gegründet wurde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Anordnung zur Gründung der Soko war am 5. April 2007. Es hat dann ein paar Tage gedauert, und wenige Wochen später war die verdeckte Ermittlerin im Einsatz.

Sie haben ja die Meldung der Soko Bekleidung an Sie und den Untersuchungsrichter vom 13. September 2007, in der die verdeckte Ermittlerin erwähnt wird, vorgelegt bekommen. (Auskunftsperson Handler: Ach so, diesen Bericht vom 13. September 2007?) – Ja. Wieso finden wir das nicht im staatsanwaltschaftlichen Akt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wieso sich dieser Bericht im staatsanwaltschaftlichen Akt befindet?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso ich ihn nicht im staatsanwaltschaftlichen Akt finde!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Diesen Bericht haben Sie nicht gefunden? – Das weiß ich nicht. Das weiß ich nicht! Wenn das ein Bericht der Soko Bekleidung ist, dann muss dieser Bericht im Akt vorhanden sein, ist auch an das Landesgericht Wiener Neustadt und an den Staatsanwalt adressiert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, an Staatsanwalt Dr. Wolfgang Handler, das sind ja Sie. (Auskunftsperson Handler: Genau! Magister ...!)

Gibt es da einen Zweiten? Gibt es einen zweiten Dr. Handler (Auskunftsperson Handler: Nein!) oder Mag. Handler? (Auskunftsperson Handler: Nein!)

Wieso finden wir den nicht im staatsanwaltschaftlichen Akt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Der muss im Ermittlungsakt sein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche Gründe kann es geben, dass er nicht im Akt ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich nicht sagen. Also, es schaut mir auch so aus, als gäbe es da oben eine Journalisierung, eine Seitenzahl 13, auf der anderen Seite 11 und eine Ordnungsnummer 97, und diese Ordnungsnummer bedeutet, dass das ein Aktenbestandteil ist. Das muss unter der Ordnungsnummer 97 im Gerichtsakt sein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na ja, aber es gibt ja einen Akt vom Untersuchungsrichter und vom Staatsanwalt (Auskunftsperson Handler: Nein!), oder sind das gemeinsame Akten?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gibt einen Akt, der entsprechend – damals, vor dem 1.1.2008 – vom Untersuchungsrichter geführt wurde und bei Antragstellung der Staatsanwaltschaft übermittelt wurde; nach dem 1.1.2008 war die Staatsanwaltschaft Aktenführer und zur Antragstellung wurde der Akt an das Gericht übermittelt. Da das im Jahr 2007 war, ging der Bericht richtigerweise an den Untersuchungsrichter, an das Landesgericht Wiener Neustadt, und wurde dort offensichtlich mit der Ordnungsnummer 97 journalisiert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also in Ihrem Akt haben wir das nicht gefunden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gibt nur einen Akt, der dann auch zum Hauptverhandlungsakt wird, also dieser Hauptverhandlungsakt muss diese Ordnungsnummer 97 enthalten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Wissen Sie, dass bei der Gründung der Soko am 5.4. der Polizeipräsident von Wien gesagt hat, es gibt keinen Beweis und auch kein Indiz, dass es einen Zusammenhang zwischen den legalen Tierschutzaktivitäten wie Demonstrationen und den Sachbeschädigungen gibt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, ich war bei der Gründung der Soko nicht dabei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es liegt Ihnen der Bericht der Soko, also von Herrn E. Z. (LVT), nach 13 Monaten vor, in dem er sagt, es gibt noch immer keinen einzigen Beweis und es gibt nur Indizien gegen eine einzige Person, gegen Herrn Mackinger.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wie gesagt – ich habe es vorher zu erklären versucht –: Eine Beweislage schätzt letztlich nicht die Polizei ein, sondern die Staatsanwaltschaft, und vonseiten der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt – konkret von meiner Person – wurde die Beweislage anders eingeschätzt, und das war auch der gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Hätte es keine Beweislage gegeben, dann wäre auch die Untersuchungshaft nicht verhängt worden, die ja von einem Richter verhängt werden muss.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie erfahren, dass die verdeckte Ermittlerin erstens einmal Entlastendes berichtet hat beziehungsweise Strukturermittlungen angestellt hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe die Berichte der verdeckten Ermittlerin im Zuge der Hauptverhandlung gelesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, da sind Sie draufgekommen: Ah, sie hat auch Entlastendes geliefert? 

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe - - Ich kann zu einer Beweiswürdigung keine Aussagen treffen, aber ich habe diese Berichte der verdeckten Ermittlerin im Wege der Fachaufsicht berichtet und habe keine Weisungen bekommen, an den Strafanträgen beziehungsweise an der Anklage irgendetwas zu ändern. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Ich habe mich nur beraten: Zur Beweiswürdigung als Akt der Rechtsprechung kann ich nichts sagen, weil das nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Selbstverständlich ist das Gegenstand.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein – Artikel 53 B-VG. (Zwischenbemerkung von Verfahrensrichter Strauss.)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Ich glaube, Abgeordneter Krainer wartet auf eine Antwort.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe Sie ohne Mikrofon nicht verstanden.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Eine Beweiswürdigung ist Teil der Rechtsprechung – grundsätzlich. Seine Einschätzung kann er – die Auskunftsperson – natürlich bekannt geben, muss er ja auch, wenn er einschätzt, inwieweit das möglichweise relevant werden kann.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann - - Vielleicht kann man es so lösen: Das Ergebnis meiner Einschätzung war keine Zurückziehung einer Anklage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege das Dokument 5734 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist der Bericht der verdeckten Ermittlerin (Auskunftsperson Handler: Mhm!), den Sie im November 2010 erhalten haben. Also Sie haben ja offensichtlich Zwischenberichte mündlich wie schriftlich bekommen, das haben wir ja schon - -, und zwar ab April 2007. Zumindest ist das die Beweisaufnahme, die wir hier gemacht haben, das haben wir schriftlich, wo Sie zitiert sind, beziehungsweise von anderen Zeugenaussagen; aber da geben Sie selber zu, dass Sie ab diesem Zeitpunkt jedenfalls Kenntnis hatten.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das wurde im Rahmen der Hauptverhandlung beigeschafft und stand natürlich ab diesem Zeitpunkt der Staatsanwaltschaft und insbesondere mir zur Verfügung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Da gibt es mehrere Stellen, wo festgestellt wird, dass zum Beispiel die BAT und der VGT miteinander – ich zitiere – „verfeindet“ wären. Sind Ihnen diese geläufig? (Auskunftsperson Handler: Bitte - -!) – Soll ich Sie darauf hinweisen, wo Sie die finden? (Auskunftsperson Handler: Bitte!)

Ich suche (in den Unterlagen blätternd) gerade die Stelle. Also erinnerlich ist Ihnen das nicht – die Aussagen? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.) Erinnerlich ist Ihnen das nicht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Tut mir leid, das ist einige Zeit her. Ich kann es in meiner Erinnerung nicht mehr abrufen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Würden Sie aus heuti- - Ja, das machen wir anders. So, da habe ich es. Ich gehe später näher auf diese Stelle ein.

Seite 36, also Seite 35 unten, 36 oben, erster Absatz: „Laut eigenen Angaben der Aktivisten“ – Anmerkung von mir: vom BAT – „sind sie mit dem VGT [...] politisch verfeindet, was aber von keinem Mitglied näher erläutert wurde.“

Und auf Seite 86: „Die VE“ – verdeckte Ermittlerin – „konnte Teile des Gesprächs zwischen BALLUCH und SPRINGER mithören: Sie unterhielten sich über die BAT; BALLUCH sagte dass er wenig bis gar nichts mehr mit ihnen zu tun haben will......; sogar HNAT distanziert sich von ihnen“.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Was ist Ihre Frage, bitte?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bedeutet das - - Haben Sie jetzt Kenntnis davon, dass hier - - Sie sagen, es gibt eine kriminelle Organisation, wo Mitglieder - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe Kenntnis erlangt von diesen Berichten. (Abg. Krainer: Ja!), habe eine entsprechende Wertung - - den Beweiswert entsprechend bewertet, habe in der Fachaufsicht darüber berichtet, und das war es letztlich. Ich kann jetzt, glaube ich, hier beim Untersuchungsausschuss nicht neuerlich auf die Beweiswürdigung eingehen, aus den Gründen des § 53 Bundes-Verfassungsgesetz - - Artikel 53, und auch deswegen, glaube ich,

weil es ja ein Verfahren betrifft, wo viele Leute rechtskräftig freigesprochen sind. Ich glaube, dass man hier nicht noch einmal die Beweiswürdigung entsprechend abführen kann. Drittens: Wenn hier am Verfahren tatsächlich noch etwas offen sein sollte, dann wäre die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt zuständig, der ich nicht mehr angehöre.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso haben Sie die Berichte, die Sie mündlich bekommen haben, und teilweise auch schriftliche Berichte (Auskunftsperson Handler: Ich habe diese - -!), die auf den Aussagen basiert haben, nicht alle von der Polizei angefordert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe erstens einmal nicht gewusst, dass diese schriftlichen Berichte existieren. Ich habe Ihnen gesagt, mündlich wurde mir berichtet, dass es hier keine Wahrnehmungen der verdeckten Ermittlerin gibt, und daher hat sich für mich die Frage nach der Anforderung auch nicht gestellt. Aber spätestens in der Hauptverhandlung sind diese Berichte vorgelegen und haben in das Beweisverfahren Eingang gefunden. Ob das jetzt entlastend war oder belastend oder sonst was, kann ich aus heutiger Sicht auch nicht mehr beurteilen. Aber das Gericht hat eine Beurteilung getroffen, die zu Freisprüchen geführt hat, und das ist so zu akzeptieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie schon einmal etwas von Gruppen gehört, die miteinander verfeindet sind, aber gemeinsam eine kriminelle Organisation bilden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann diese Frage wieder - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ob Sie davon schon einmal etwas gehört haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ob ich von verfeindeten Gruppen gehört habe: sicher!, ob diese Gruppen gemeinsam eine kriminelle Organisation gebildet haben, kann ich nicht sagen. Das ist eine Frage, die man nur in konkreten Sachverhalten beurteilen kann; in dieser Allgemeinheit nicht beantwortbar. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Das ist hier aber schon ein konkreter Sachverhalt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, und jetzt fragen Sie mich, ob ich diese Beweis- - Und jetzt fragen Sie mich wieder nach meiner Beweiswürdigung zu den vorliegenden Berichten der verdeckten Ermittlerin und ich sage, ich kann diese Beweiswürdigung heute nicht mehr hier abgeben. Die wurde von mir vorgenommen, wurde entsprechend berichtet und hat zu keiner Weisung der Anklagezurückziehung geführt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, es hat zu Freisprüchen geführt (Auskunftsperson Handler: Ja, zu Freisprüchen, ja, richtig!), im Gegensatz zu Ihrer Beweiswürdigung.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kommt vor, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege Ihnen Ihren Strafantrag vor (Auskunftsperson Handler: Ja!), Nummer 5716. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da kann ich jetzt auf viele Seiten verweisen, zum Beispiel auf Seite 52, da berichten Sie von „International Animal Rights Gatherings“. Dieser Verweis darauf ist, glaube ich, sieben- oder achtmal in diesem Strafantrag drin. Woher hatten Sie diese Informationen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: „AS“ – Aktenseite – „345 in ON 79, AS 45f in ON 366“, ist in Klammer angeführt. Also das sind Informationen aus, nehme ich an, polizeilichen Berichten. Es wird von uns immer in Klammer angeführt, damit man die Fundstelle leichter findet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Wissen Sie, woher die Polizei - - In der Zwischenzeit werden Sie ja wissen, dass das ausschließlich aufgrund von Beobachtungen der verdeckten Ermittlerin gewesen sein kann, weil sie die Einzige war, die dort war.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen heute nicht mehr beantworten.

 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie nicht mehr beantworten?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie nachgefragt? Wenn Sie so einen Bericht bekommen haben, fragen Sie dann nach: Woher habt ihr das?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kann sein, kann ich mich nicht mehr erinnern, kann durchaus möglich sein. Ich kenne die Berichte nicht mehr in dieser Form.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber da wird Ihnen gesagt werden: Das wissen wir von unserer verdeckten Ermittlerin, denn die war dort!

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 30 Sekunden noch in der ersten Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was ich nicht verstehe, ist, wieso Sie - - Sie haben Kenntnis, laut Akten, die wir hier haben, seit April 2007, dass eine verdeckte Ermittlerin eingesetzt wird, Sie bekommen laufend Berichte. Das ist in unserer Beweisaufnahme hier, das ist Ihnen schon vorgelegt worden – Herr Böck, die schriftlichen Akten, die wir Ihnen vorgelegt haben –: dass Sie seit April 2007 wissen, da gibt es eine verdeckte Ermittlerin. Sie bekommen mündliche und schriftliche Berichte. Sie bekommen Berichte, die ausschließlich auf ihren Angaben basieren können (Auskunftsperson Handler: Das kann ich so - -!), und Sie sagen, die hat nichts mit Strukturermittlungen - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich so nicht bestätigen, weil wie gesagt ich – und da bin ich mir sehr sicher – die verdeckte Ermittlung nicht seit April 2007 wahrgenommen habe, sondern erst in der zweiten Jahreshälfte und hier entsprechend informiert wurde, dass die verdeckte Ermittlerin eben keine Wahrnehmungen zu irgendwelchen Organisationsdelikten oder sonstigen Straftaten gemacht hat.

Mehr kann ich nicht sagen. Wenn Herr Böck das anders wahrgenommen hat, dann gibt es hier offensichtlich eine Diskrepanz.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist DNA-Spuren einsammeln Strukturermittlung oder ist das Gefahrenabwehr? Trinkflaschen - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht. Das ist ein kriminalpolizeilicher Akt.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Die Redezeit ist abgelaufen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Antwort?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also das ist eine Ermittlungsmaßnahme, würde ich einmal sagen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die wäre von Ihnen genehmigungspflichtig gewesen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht. Wenn eine Polizeibeamtin DNA-Spuren einsammelt, ist das grundsätzlich nicht genehmigungspflichtig. Ich darf ja auch ein – Beispiel – Alkomatprotokoll eines Streifenpolizisten in einem Strafverfahren verwenden. Also das traue ich mich jetzt rechtlich nicht einzuschätzen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber sie hat den Auftrag gehabt, diese DNA-Spuren einzusammeln.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer, Ihre Redezeit in der ersten Runde ist abgelaufen.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Jenewein. – Bitte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Staatsanwalt, die unterschiedlichen Handlungen, die von Ihnen im gegenständlichen Fall angeordnet wurden: Waren die alle von der Oberbehörde genehmigt oder hatte die Oberbehörde irgendwann einmal Einwendungen gegen irgendwelche Ermittlungsschritte? Können Sie sich daran erinnern?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Soweit ich mich erinnern kann, war der erste Bericht - - hat die optische und akustische Überwachung betroffen. Da gab es keine Einwände, und in weiterer Folge wurde das Verfahren wie jeder andere Fall nach § 8 Abs. 1 StAG geführt.

Das heißt, Erledigungen wurden der Oberbehörde berichtet. Man muss ja auch sagen, es gab nicht nur diese Strafanträge, sondern es gab auch eine Vielzahl von Einstellungen, die berichtet wurden, und das wurde alles genehmigt. Soweit ich mich erinnern kann, findet sich keine Weisung im Akt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Hätte es für die Oberbehörde eine Möglichkeit gegeben, Ihnen eine Weisung zu erteilen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ja.

Ich möchte Ihnen etwas vorlegen, und zwar ist das ein Bericht aus dem „Mittagsjournal“ vom 17.12.2010. Da äußert sich der Justizsprecher der SPÖ, Herr Jarolim, zum damals aktuellen Tierschützerprozess. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da steht im vierten Absatz, gleich am Beginn – es ist fett gedruckt –: „Jarolim hält es für möglich, dass das Justizministerium sogar ausdrücklich der Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft die Weisung erteilt hat, Anklage zu erheben.“ – Können Sie das bestätigen oder ist das der Fantasie des Herrn Jarolim entsprungen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, eine Weisung ist nur dort möglich, wo die Rechtsansicht der Oberbehörde nicht mit jener der berichtenden Stelle übereinstimmt. In dem Fall wurden die Strafanträge und das Einstellungsvorhaben genauso genehmigt, wie es berichtet wurde. Daher war keine Weisung erforderlich.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Das heißt, Sie halten diese Vorstellung, dass aus dem Ministerium eine Weisung an die StA ergeht, in diesem Fall für nicht zulässig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist nicht zutreffend, würde ich sagen (Abg. Jenewein: Nicht zutreffend!), und nicht zutreffend - - Es gab keine - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Es wäre in dem Fall aber auch nicht zulässig gewesen, wie Sie gerade gesagt haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: O ja, also es wäre zulässig gewesen. Bei Personen, wo ein Einstellungsvorhaben berichtet wurde, wäre es durchaus möglich und zulässig gewesen, wenn das Bundesministerium für Justiz eine entsprechend begründete Weisung an die Oberstaatsanwaltschaft Wien erteilt und die Oberstaatsanwalt Wien diese Weisung dann an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt weitergibt. Dann hätten weitere Personen angeklagt werden müssen, die eigentlich aus der Einschätzung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt nicht anzuklagen waren, aber das ist im konkreten Fall nicht vorgekommen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu oder wurde das vielleicht irgendwann einmal besprochen oder haben Sie es gehört oder mitbekommen, dass es Weisungen Richtung Soko gegeben hat? (Auskunftsperson Handler: Bitte? Jetzt habe ich Sie akustisch - -!)

Ob es Weisungen aus dem Ministerium, aus dem Justizministerium oder aus dem Innenministerium in die Soko gegeben hat? Wissen Sie etwas davon? Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also Weisungen des Justizministeriums kann - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dass es keine Weisungskette gibt (Auskunftsperson Handler: Gibt’s keine, ja!), weiß ich auch. Also es ist ein Unterschied, ob ich das als offizielle Weisung sehe oder ob da einmal ein gut meinender Freund anruft. Ich frage Sie nur, ob Sie Wahrnehmungen dahin gehend (Auskunftsperson Handler: Ich habe keine Wahrnehmungen!) haben, ich unterstelle hier nichts.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe keine Wahrnehmungen, ich konnte nur das wahrnehmen, was ich als Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gesehen und gehört habe. Interne Vorgänge im BMI waren mir nicht bekannt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar.

Herr Balluch sprach, als er vor ein paar Wochen hier gesessen hat, davon, dass es eine parallele Aktenführung bei ihm gegeben hätte und dass die Akteneinsicht dadurch für die Vertreter der Tierschützer gar nicht möglich gewesen wäre, weil sie die Aktenzahlen nicht gekannt haben. Können Sie etwas dazu sagen? Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann nur zum gerichtlichen beziehungsweise später staatsanwaltlichen Akt etwas sagen. Der wurde vollständig geführt und es gab auch vollständige Akteneinsicht in diesen Akt. Die Strafprozessordnung sieht vor, dass die Kriminalpolizei ihre Ermittlungen aktenmäßig festzuhalten hat; auch hier besteht die Möglichkeit der Akteneinsicht. Inwiefern die dort wahrgenommen wurde, weiß ich nicht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Also von parallelen Aktenführungen haben Sie nichts wahrgenommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Es gab einen Ermittlungsakt, der Grundlage für die Anklageerhebung war, und dieser Akt war letztlich auch Grundlage für das Urteil.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar. Können Sie sich erinnern, dass die Soko Abschlussberichte verfasst hat, die in Wahrheit aber gar keine Abschlussberichte, sondern Zwischenberichte waren? Haben Sie das schon einmal gehört?

Der Hintergrund ist, dass man damit natürlich auch keine Akteneinsicht dazu hat. Wissen Sie etwas dazu, dass man sich dieses Mittels oder, ich würde fast sagen, dieses Tricks bedient haben könnte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dazu habe ich keine Erinnerungen mehr. Ich weiß – aber ich kann das jetzt nicht auf dieses Verfahren münzen –, es hat solche Versuche der Polizei in manchen Verfahren gegeben, zu Beginn der Strafprozessordnung Neu, dass man auf einen Bericht Abschlussbericht draufgeschrieben hat und damit erreichen wollte, dass Akteneinsicht nur mehr bei der Staatsanwaltschaft zulässig gewesen wäre. Das wurde aber, soweit ich mich erinnern kann, relativ rasch abgestellt, weil ein Abschlussbericht, der inhaltlich kein Abschlussbericht ist, auch nicht als Abschlussbericht bezeichnet werden kann.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass nach Legen des Abschlussberichts in der gegenständlichen Causa weiter ermittelt wurde?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Da habe ich keine Wahrnehmungen, aber ich weiß, dass es ein ausgeschiedenes Verfahren gab, das dann letztlich auch zu einem Strafantrag geführt hat; möglicherweise, dass in diesem ausgeschiedenen Verfahren weiter ermittelt wurde, aber das weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie von der Soko sämtliche Ermittlungsergebnisse bekommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Aus meiner Sicht ja.

 

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Aus Ihrer Sicht ja.

Sie haben einen Aktenvermerk geschrieben, dass Herr Dr. Dearing - -, dass ein möglicher Zusammenhang zwischen der Hausdurchsuchung, zwischen der Festnahme und den Landtagswahlen in Tirol besteht. Was war der Grund für Ihre damalige Annahme?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, ich habe das nicht gesagt, sondern es war kurz nach den Durchsuchungen eine Dienstbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien, soweit ich mich erinnern kann, und dort wurde das erwähnt, aber das war für mich neu, also ich habe das auch nicht - - Das hat in den Überlegungen einer Terminisierung einer Durchsuchung überhaupt keine Rolle gespielt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte das Dokument 6753 vorlegen. Das ist dieser nämliche Aktenvermerk von Ihnen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da geht es um die von Ihnen gerade angesprochene Dienstbesprechung, bei der Herr Pleischl, Frau Nittel, Herr Dearing, Nussbaumer und Handler anwesend waren.

Meine Frage dahin gehend: Es ist halt auffällig, dass es da offenbar doch Thema war, dass tagespolitische Aktivitäten, in dem Fall eine Landtagswahl in Tirol, in die Überlegungen miteinbezogen wurden. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass das vorher oder nachher ebenfalls eine Rolle gespielt haben könnte?

Man darf ja nicht vergessen, dass dieser Fall, dieser Tierschützerprozess, ja über viele Monate natürlich auch die Berichterstattung dominiert hat. Können Sie ausschließen, dass da auch politische Interessenlagen, parteipolitische Interessenlagen eine Rolle gespielt haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Für die Staatsanwaltschaft kann ich das ausschließen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Für die Staatsanwaltschaft können Sie es ausschließen. (Auskunftsperson Handler: Sonst nicht!)

Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass man da versucht hat, nicht jetzt auf Sie im Speziellen, ein gewisses Druckszenario aufzubauen, und dabei meine ich gar nicht so sehr, dass man Ermittlungen in diese oder in jene Richtung haben will, aber dass man zum Beispiel auf den Zeitplan, auf die Zeitachse Einfluss nehmen wollte, dass man gesagt hat: Bis dahin sollten wir fertig werden, uns läuft die Zeit davon, denn da kommt dieser Wahlgang et cetera!?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Solche Wahrnehmungen hatte ich nicht, ich kann aber auch nicht mehr genau sagen, warum es genau der 21.5.2008 wurde, den man als Termin für die Durchsuchungen festgelegt hat.

Diesen Zusammenhang zwischen einer Tiroler Landtagswahl und den Durchsuchungen hat aber der damalige Kabinettschef Dearing hergestellt – der hat überhaupt keine Rolle gespielt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar.

Haben Sie Wahrnehmungen darüber, dass die zuständige Richterin, Frau Mag. Arleth, unter Druck gestanden wäre?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, die Frage ist, welcher Druck. Das Verfahren war (Abg. Jenewein: War groß!) nicht angenehm zu führen und es ist sicher jeder, der hier beteiligt war, unter Druck gestanden, daher auch die Richterin. Ob sie unter irgendeinem politischen Druck gestanden ist, kann ich nicht sagen. Ich hatte dazu keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gegen Sie selbst wurde auch Anzeige wegen Amtsmissbrauchs erstattet; das ist dann eingestellt worden. Kommt das eigentlich oft vor oder war das eine Spezialität dieses Verfahrens?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Damals kam es noch nicht so oft vor, heutzutage ist das der Normalfall, ja. Staatsanwälte werden angezeigt, das ist so. Wir haben uns damit mittlerweile abgefunden, aber damals gab es nicht nur eine Anzeige, sondern mehrere gegen meine Person.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar. Ich habe in dieser Runde keine weiteren Fragen.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt, wir haben jetzt schon herausgearbeitet, und nicht nur anhand der Dokumente der Befragung von Herrn Böck, sondern auch anhand anderer Dokumente nachgewiesen, dass Ihnen die Existenz der verdeckten Ermittlerin und die Existenz ihrer Ermittlungstätigkeit bekannt war.

Wenn man sich § 3 StPO anschaut, dann steht da: „Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat [...]“ – also nicht für die Verurteilung des Beschuldigten – „von Bedeutung sind.“ (Auskunftsperson Handler: Das ist der Objektivitätsgrundsatz!)

Deswegen frage ich mich, wie Sie Ihre Aussagen, dass die Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin entlastend und dementsprechend irrelevant waren, mit diesem Grundsatz vereinbaren können und wie Sie das damit vertreten können.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Was ist jetzt die konkrete Frage, bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie Sie Ihre Aussagen von vorher, dass die entlastenden Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin für Ihre Beweiswürdigung nicht relevant waren und daher nicht - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich habe nicht gesagt, dass entlastende Aussagen nicht relevant sind, aber - - Ich habe gesagt, dass die Bewertung der Berichte der verdeckten Ermittlerin im Nachhinein nicht dazu geführt hat, dass ich eine andere Einschätzung der Beweissituation im Hinblick auf die eingebrachten Strafanträge getroffen habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das hat die Richterin offensichtlich ganz anders gesehen, denn sobald sie von dem Einsatz erfahren hat, ging es sehr rasch. Wenige Monate später wurden alle Angeklagten in allen Punkten freigesprochen, und die Richterin begründete dies vor allem mit den Aussagen von Danielle Durand und ihren Berichten.

Sie haben vorher behauptet, die Berichte der verdeckten Ermittlerin hätten in das Verfahren eh Eingang gefunden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Letztlich haben sie Eingang gefunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War das auf Ihr rechtsstaatliches Engagement zurückzuführen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich weiß nicht mehr, wie es dazu gekommen ist, wahrscheinlich hat es einen Beweisantrag in der Hauptverhandlung gegeben. Wer den gestellt hat, kann ich nicht mehr sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Richtig, weil überhaupt nur die Angeklagten selbst durch ihr Bemühen schließlich herausgefunden haben, dass es die verdeckte Ermittlerin gab. Es war im Juli 2010 der Zeuge Böck, der im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme eingestand, dass es einen Einsatz einer verdeckten Ermittlerin gab.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn aber dieser Bericht mit der Ordnungsnummer 97, den Sie mir vorgelegt haben, offensichtlich Aktenbestandteil war und hier VE erwähnt wird, dann hätten auch die Angeklagten zum damaligen Zeitpunkt schon, am 13.9.2007, oder zumindest ab dem Zeitpunkt, als sie von dem Verfahren gegen sie Kenntnis hatten, entsprechende Beweisanträge stellen können. Das ist aber, soweit ich mich erinnern kann, nicht erfolgt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meines Wissens war dieser Bericht von der Akteneinsicht ausgenommen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, es war zum Zeitpunkt der Untersuchungshaftverhängung - - Ich weiß nicht wann genau, aber der Akt war vollständig einzusehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie haben Sie auf die Anträge der Verteidiger reagiert, die Berichte der verdeckten Ermittlerin Eingang ins Hauptverfahren finden zu lassen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht mehr; das müsste im Hauptverhandlungsprotokoll nachzulesen sein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte noch das Dokument mit der Nummer 5732, Seite 669, vorhalten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da beantragt Verteidiger Dohr „im Sinne der Verteidigung diese Akte bzw. Observationsberichte beizuschaffen zum Beweis, dass kein Tatbestand vorliegt“ – zur verdeckten Ermittlerin.

Sie sagen nur: „Hinsichtlich der Observationsberichte“ – also nicht der Akte der VE – „schließe ich mich an.“ (Auskunftsperson Handler: Offensichtlich, ja!)

Das bedeutet, dass Sie sich gegen ein Beischaffen der Berichte aussprachen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, das steht da nicht. Ich weiß heute nicht mehr, aus welchen Überlegungen diese Prozesserklärung so gefällt wurde, und kann das auch nicht mehr beantworten. Jedenfalls habe ich offensichtlich gesagt: „Hinsichtlich der Observationsberichte schließe ich mich an.“

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann lege ich Dokument 6862 vor, in dem Verteidiger Traxler beantragt, dass der Führer der verdeckten Ermittlerin, Herr Stefan Wappel, einvernommen wird. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Darauf haben Sie gesagt: „im Hinblick auf den Antrag von Mag. Traxler weise ich darauf hin, dass der eindeutig als Erkundungsbeweis formuliert worden und daher unzulässig ist.“

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Noch 15 Sekunden in dieser Runde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, das habe ich offensichtlich so gesagt, ja. Eine Erkundungsbeweisführung ist nach der Strafprozessordnung im Hauptverfahren unzulässig.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben Sie sich aber wiederum gegen die Beischaffung der Berichte starkgemacht, wenn nicht aus dem Wissen heraus, dass damit Ihr Prozess platzen würde, was ja dann schließlich auch der Fall war?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich lese hier nicht heraus, dass ich mich für irgendetwas stark gemacht habe. Das Platzen eines Prozesses war - - (Abg. Krisper: Der Fall!) – Nein, das nennt sich in der Strafprozessordnung Freispruch; und so etwas kommt vor.

Ein Prozess platzt, wenn die Angeklagten wegsterben oder so, dann findet er nicht statt. Ein Freispruch ist aber genauso wie eine Verurteilung ein mögliches Ergebnis einer Hauptverhandlung.

Ja, das, was ich da gesagt habe, habe ich gesagt. Welche Gründe es dafür gegeben hat kann ich heute, acht Jahre später, nicht mehr sagen.

 

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich würde Ihnen gerne einen Antrag auf Überwachung der Telekommunikation betreffend Teilnehmerbeschlüsse vorlegen. Das habe ich in unseren Akten nicht gefunden, das ist ein Dokument aus unserem eigenen Aktenbestand und wurde Ihnen übermittelt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Gezeichnet wurde das von Josef Böck, operativer Soko-Leiter. Ich gehe davon aus, diese Anträge sind immer Ihnen übermittelt worden. Jetzt finden sich auf der letzten Seite, Seite 5, beispielsweise verschiedene Fakten, die dazu führen, dass diese Maßnahme eingesetzt wird. Da steht: Am 8.8.2007 hat Dr. Martin Balluch gemeinsam mit anderen Tierrechtsaktivisten eine Blockade eines Tiertransports organisiert. – Wurde Ihnen mitgeteilt, wie die Soko über diesen Tiertransport erfahren hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: „wird wg. Verd“ – wegen Verdachts – „der Nötigung zNd“ – zum Nachteil des – „Frantisek POKORNY [...] angezeigt werden.“ – Man hat mir das offensichtlich nicht mitgeteilt, aber es dürfte sich um einen Aktenvorgang des LVT Wien handeln – so, wie ich die Zahl hier lese –, und offensichtlich war das eine polizeiliche Wahrnehmung aufgrund einer Anzeige.

Dass sich dieser Antrag nicht im Akt befindet ist meiner Meinung nach nicht richtig, weil auch er hier die Ordnungsnummer 86 hat und das darauf hindeutet, dass dieser Antrag auch Gegenstand des Ermittlungsakts war.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): In unseren Akten haben wir ihn nicht gefunden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Okay, Entschuldigung.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): In Punkt 6 steht beispielsweise: „DDr. Martin BALLUCH war Vortragender beim ‚Animal Liberation Workshop‘ in Luzern [...] und nahm [...] am ‚[...] International Animal Rights Gathering‘ [...] teil.“

Dort hat er diesen ALF-Aktivisten Keith Mann getroffen. Wissen Sie woher die Soko diesen Umstand hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das weiß ich nicht, aber das können vielfältige Gründe sein. Es war auch Frau S. G. (BVT) vom BVT Teil der Soko, die grundsätzlich - - Und ich wusste schon, dass im Bereich dieses militanten Tierrechtsaktivismus eine europaweite Vernetzung gegeben ist. Das heißt, es ist durchaus möglich, dass diese Informationen von anderen ausländischen Polizeieinheiten gekommen sind.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich kann Ihnen sagen, woher diese Informationen stammen. Sie stammen alle aus dem Bericht der verdeckten Ermittlerin. (Auskunftsperson Handler: Okay!) Ich kann Ihnen das gerne vorlegen, wenn Sie mir das nicht glauben. (Auskunftsperson Handler: Nein, ich glaub Ihnen das!)

Eben auch das Treffen in Luzern wurde genauer geschildert, das Treffen mit Keith Mann wurde genauer geschildert, das Treffen in Appelscha, Niederlande, wurde hier geschildert – also all diese Treffen und auch die Blockade des Tiertransports wurden von der verdeckten Ermittlerin ganz genau geschildert. (Auskunftsperson Handler: Okay!)

Wurden Sie darüber informiert, dass Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin Eingang beispielsweise in den Antrag auf Überwachung der Telekommunikation gefunden haben?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Offensichtlich nicht, weil hier nicht darauf Bezug genommen wird, aber ich - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Das heißt, es ist Ihnen auch aus persönlichen Gesprächen mit den Leitern der Soko nicht erinnerlich, dass die Ermittlungsergebnisse der verdeckten Ermittlerin hier Eingang gefunden haben.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also an persönliche Gespräche, die zum Inhalt gehabt hätten, dass die verdeckte Ermittlerin im Ausland Herrn Balluch begleitet, kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Haben Sie jemals diese Berichte der verdeckten Ermittlerin angefordert?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das habe ich schon gesagt: Ich habe Sie nicht angefordert, weil es aus meiner Sicht keine Maßnahme im strafprozessualen Ermittlungsverfahren war und weil ich gar nicht darüber Bescheid wusste, dass es hier schriftliche Berichterstattungen gibt.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wir wissen ja, dass die verdeckte Ermittlerin eingesetzt wurde, wir haben ja gewusst, dass sie auch Ermittlungsmaßnahmen gesetzt hat, wir wissen jetzt auch, dass das Eingang in gewisse Anträge der Soko an Sie gefunden hat.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: In dieser Runde noch 15 Sekunden, Frau Kollegin.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was bedeutet das, wenn Ihnen die Soko-Leitung nicht sagt, dass Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin verwendet wurden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Wenn mir die Soko-Leitung nicht sagt, dass Ergebnisse der verdeckten Ermittlerin verwendet wurden, dann habe ich darüber nicht Bescheid gewusst.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Hätten Sie darüber Bescheid wissen müssen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Noch einmal: Also wenn die Quelle genannt worden wäre, dann hätte ich darüber Bescheid gewusst. Warum die nicht genannt wurde, kann ich nicht beurteilen, das müsste man die Soko fragen.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Die Soko haben wir gefragt und die Soko hat gesagt, sie hat ausführlich berichtet. (Auskunftsperson Handler: Okay, also - -!) Wir haben Frau Bogner gefragt, wir haben Herrn Böck gefragt, sie haben gesagt, sie waren alle zwei Wochen bei Ihnen und haben ausführlichst berichtet.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Dr. Zadić, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, es wurde berichtet, aber nicht über Ergebnisse der verdeckten Ermittlung, also zumindest kann ich mich an (Abg. Zadić: Herr Böck sagt, schon!) derartige Berichte nicht erinnern, mit Ausnahme dessen, was ich schon öfter gesagt habe, nämlich dass es hier eine verdeckte Ermittlerin gibt und dass die hier keine Einblicke gewinnen konnte.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, wir legen Ihnen einen Aktenvermerk vom 1.9.2008 mit der Nummer 6753 vor, das ist Ihr Aktenvermerk. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Auf Seite 261 halten Sie in Ihrem AV unter anderem fest, dass Herr Dr. Pleischl ausgeführt habe, dass „die Verhältnismäßigkeit der U-Haft nicht außer acht gelassen werden“ darf; „dies insbesondere angesichts der beim OGH anhängigen Grundrechtsbeschwerden. Schließlich wisse man ja nicht, ‚wie der Oberste entscheiden wird‘.“

Dr. Pleischl dürfte wohl Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der U-Haft gehabt haben. Haben Sie zu diesem Zeitpunkt die U-Haft der Tieraktivisten noch als verhältnismäßig eingeschätzt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also sowohl ich als auch mein damaliger Leiter haben das als noch verhältnismäßig eingeschätzt, sonst hätten wir ja in der Sekunde einen Enthaftungsantrag stellen müssen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Die weiteren Erläuterungen vom Leitenden Staatsanwalt und Ihnen nahm Dr. Pleischl „mit den Worten: ‚Ich sehe, ihr wollt das also auf die Spitze treiben.‘ zur Kenntnis.“ – Wissen Sie, was Dr. Pleischl damit gemeint hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich heute nicht mehr sagen. Es hat offensichtlich eine Diskrepanz in der Einschätzung der Verhältnismäßigkeit gegeben. „auf die Spitze treiben“ heißt in diesem Zusammenhang, dass hier mit einer Weisung entschieden werden soll, also dass man kein Einvernehmen über die Rechtsansicht erzielen kann, sondern dass die übergeordnete Stelle hier entsprechend eine Weisung erteilen wird. Diese Weisung ist dann, glaube ich, auch einen Tag später erteilt worden. Das waren die Weisungen auf Enthaftung der Untersuchungshäftlinge. (Abg. Amon: Ja!) Es hat aber einfach eine Diskrepanz in einer rechtlichen Beurteilung von Haftvoraussetzungen gegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, wir legen Ihnen ein Dokument mit der Nummer 5729, Seiten 91 bis 94, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es handelt sich um ein Telefonüberwachungsprotokoll.

In einem Telefonat teilt Dr. Balluch seiner Lebensgefährtin am 27.11.2007 am Abend Folgendes mit: „hallo, das Treffen ist zu Ende [...] Madeleine Petrovic hat mir gesagt sie war bei der Staatspolizei [...] und die Staatspolizei hat ihr gesagt, dass sie mein Handy abhören [...]

Und sie hat gesagt, nicht nur mein Handy sondern die VGT-Handys, was auch immer das bedeutet ...“

Haben Sie Kenntnis davon erlangt, dass Frau Abgeordnete Petrovic Infos über die Telefonüberwachung weitergeleitet hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Also ich habe diesen Anlassbericht sicher zur Kenntnis genommen und kann auch nur auf die Inhalte verweisen, die da drinnen stehen. Also diese Inhalte habe ich sicher zur Kenntnis genommen. Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob hier letztlich nicht ein eigenes Verfahren eröffnet wurde, aber das kann ich jetzt nicht mehr hundertprozentig sagen, wobei das eigentlich eine logische Folge wäre.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie dann ein Verfahren gegen sie eingeleitet, wenn Sie davon Kenntnis erlangt haben, dass sie über die Telefonüberwachung Bescheid wusste und die Betroffenen informiert hat?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Davon gehe ich aus, aber ich kann es nicht mehr hundertprozentig sagen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Dr. Balluch sagte auch – ich zitiere –: „Madeleine Petrovic hat mir gesagt sie war bei der Staatspolizei und hat aus anderen Gründen mit ihr geredet und die Staatspolizei hat ihr gesagt, dass sie mein Handy abhören und genau aufpassen wo ich hingehe“. (Auskunftsperson Handler: Mhm!)

Wie ist es denkbar, dass Frau Abgeordnete Petrovic an solche Informationen kommt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, so wie ich das jetzt als Staatsanwalt beurteile, ist das zumindest der Verdacht eines Geheimnisverrats nach § 310 StGB wahrscheinlich durch einen Unbekannten, durch ein unbekanntes Mitglied der Staatspolizei, wahrscheinlich des - - – weiß ich nicht.

Ob dann eine Anzeige gegen Frau Petrovic wegen einer möglichen Bestimmungstäterschaft oder Ähnlichem erfolgt ist, das kann ich nicht mehr beurteilen, das weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Würden Sie das aber als massive Einflussnahme auf die Ermittlungen sehen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, zumindest ist die Weitergabe von Informationen, die Ermittlungsmaßnahmen betreffen, eine Tätigkeit, die einen Einfluss auf Ermittlungsmaßnahmen hat – faktisch!

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Gab es von anderen Abgeordneten oder politisch Tätigen – mit Ausnahme des Anrufs des Herrn Dr. Pilz, den Sie schon erwähnt haben, und jener Mittteilung, die Frau Abgeordnete Dr. Petrovic vorgenommen hat – Einflussnahmen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich muss insofern widersprechen, als ich nicht gesagt habe, dass Herr Dr. Pilz Einfluss genommen hat, sondern dass er in einem Telefonat Inhalte des Verfahrens wissen wollte, ja. Ansonsten habe ich aber keine Wahrnehmungen von konkreten Personen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Na, Sie haben vorher gesagt, Sie haben keine Wahrnehmung über den Inhalt des Gespräches.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, stimmt. Also ich habe gesprochen natürlich mit - - Ich wurde von dem Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt informiert, und der hat mir den Sachverhalt so geschildert, wie ich ihn jetzt wiedergegeben habe.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Jetzt haben Sie aber gesagt, er wollte über den Inhalt des Verfahrens informiert werden.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wie würden Sie das rechtlich beurteilen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, dass das nicht zulässig ist und sich ein Abgeordneter einer parlamentarischen Anfrage bedienen muss.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Was wäre das dann, wenn es nicht zulässig ist?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das könnte - - Ja, ich weiß nicht, ob ich jetzt eine rechtliche Einschätzung treffen muss. (Verfahrensrichter Strauss: Nur ... wenn Sie meinen!)

Es könnte eine Straftat darstellen, ja – ich sage es einmal so ganz allgemein –, aber letztlich weiß ich nicht, ob das zu etwas geführt hat.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Herr Oberstaatsanwalt, ich möchte an das anschließen, was Herr Kollege Amon vorhin bezüglich dieses Disputs gefragt hat. Es geht um diese Auseinandersetzung bezüglich der Untersuchungshaft, bezüglich der – wie Sie gesagt haben – Einschätzung der Verhältnismäßigkeit dieser Untersuchungshaft. Da hat es ja dann in weiterer Folge eine Weisung gegeben. Ist das richtig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist richtig, ja.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Das heißt, am nächsten Tag haben Sie von Herrn Oberstaatsanwalt Pleischl eine Weisung erhalten, dass Sie einen Enthaftungsantrag zu stellen haben. Ist das richtig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Das ist richtig. Insofern möchte ich bitte - - Ich habe, glaube ich, am Anfang meiner Aussage irgendwann einmal gesagt, es gab keine Weisungen im Akt. Das möchte ich korrigieren. In dieser Sache, was die Untersuchungshaften betrifft, gab es eine Weisung der Oberstaatsanwaltschaft Wien auf Enthaftung der Untersuchungshäftlinge, bis auf einen, der zum damaligen Zeitpunkt schon enthaftet war.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Genau. Ich wollte nämlich genau auf diesen Zusammenhang kommen, es hat also doch Weisungen gegeben. (Auskunftsperson Handler: Ja!) Das war mir wichtig festzustellen.

Dann noch einmal zum Thema der Hausdurchsuchungen, wenn Sie erlauben: Jetzt haben wir gehört, dass vom Leiter der Soko Anfang Mai gesagt wurde, dass die Indizienlage dünn sei – ich beschreibe das jetzt einmal so –, dann hat es aber scheinbar doch die Entscheidung zur Hausdurchsuchung gegeben, weil Sie gesagt haben, dass Sie die Beweislage anders beurteilen als die Soko.

Jetzt haben Sie einleitend gesagt, die Soko schlägt Ihnen Maßnahmen vor. Eine Hausdurchsuchung wäre auch eine Ermittlungsmaßnahme. Hat die Soko diese vorgeschlagen oder haben Sie sie in Erwägung gezogen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Ich gehe davon aus, ich kann es nicht mehr hundertprozentig sagen. Aber es müssten sich entsprechende Berichte im Akt befinden, dass entsprechende Durchsuchungen angeregt worden sind, weil ja auch ein Staatsanwalt – Sie müssen sich das so vorstellen – diese direkten Ermittlungsmaßnahmen nicht setzt; er weiß auch nicht Bescheid, wo wer jetzt tatsächlich wohnt und welche Räumlichkeiten idealerweise zu untersuchen wären.

Daher gehe ich davon aus, dass das angeregt wurde. Eine Anregung bedeutet aber nicht, dass der Staatsanwalt das ungeschaut übernimmt, sondern dass er das rechtlich prüft. Das ist passiert und hat letztlich dann zu diesen Durchsuchungsanordnungen und Festnahmeanordnungen geführt, die sämtlich[6] aber auch gerichtlich, bewilligt waren.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Das ist klar, aber es hat, wie Sie sagen, aus Ihrer Wahrnehmung vorher die Empfehlung der Soko gegeben, wenn ich das so sagen darf. Sie haben das geprüft und sind zur Erkenntnis gekommen, dass es eine Differenz in der Aussage der Beweiswürdigung gegeben hat. (Auskunftsperson Handler: Davon - -!)

Jetzt hätte mich nämlich sonst interessiert wenn die Soko nicht die Empfehlung gegeben hat –, was dann der Unterschied zwischen der Meinung der Soko und Ihrer Meinung gewesen wäre. Also für mich schließt sich das.

Dann drängt sich aber für mich die Frage auf: Sechs Tage nach dem 21. Mai, an dem diese Hausdurchsuchungen stattgefunden haben, am 27. Mai – dieser Aktenvermerk liegt Ihnen ja schon vor –, war diese Besprechung, an der auch Herr Dr. Dearing, der damalige Kabinettschef des Justizministers teilgenommen hat, die diesen Vorwurf der möglichen politischen Intervention mit sich trägt. Jetzt glaube ich nicht, dass das eine Diskussion war, die in einem Satz beendet war.

Können Sie uns nochmals Ihre Wahrnehmungen dazu schildern? Das stellt für mich schon eine gewisse Kette dar (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Darf ich mir das nochmals kurz durchlesen?

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Natürlich. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Also was ich sagen kann ist, es war eine Besprechung zum Thema Medienarbeit in diesem Verfahren. Deswegen war auch, glaube ich, der Ressortmediensprecher anwesend. Genau. Das bezieht sich vielleicht - -, da schließt sich insofern der Kreis zu dem Dokument, das mir Abgeordnete Zadić vorgelegt hat. Der Kabinettschef hat sich verwundert darüber gezeigt, dass es keine Berichterstattung gegeben hat, wiewohl es eine Berichterstattung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt aus Anlass dieser optischen und akustischen Überwachung an die Oberstaatsanwaltschaft Wien gegeben hat.

Warum die Oberstaatsanwaltschaft Wien das Ministerium über diese Maßnahme nicht in Kenntnis gesetzt hat, das weiß ich nicht, ja. Es gab damals, soweit ich mich erinnern kann, schon eine ziemliche mediale Aufregung über dieses Verfahren, und ich kann es auch nur mehr so sagen, wie ich das festgehalten habe, dass Herr Dr. Dearing offensichtlich einen Zusammenhang zwischen Durchsuchungen und der bevorstehenden Tiroler Landtagswahl hergestellt hat, was aber für unsere Staatsanwälte neu war und überhaupt keinen Einfluss auf unser Handeln gehabt hat.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Haben Sie das hinterfragt? Politische Intervention ist ja ein schwerwiegender Vorwurf.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Ähm, ich weiß nicht, ob ich dort jetzt mehr gesprochen habe oder mein Vorgesetzter, aber ich - - Also wenn ich da lese: Leitender Staatsanwalt Nussbaumer verweist darauf, „dass der Staatsanwalt kein politisches Amt ausübt“, wurde offensichtlich schon darüber gesprochen und das von uns dort vehement in Abrede gestellt.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Aber mich hätte vielmehr Ihre Wahrnehmung dazu interessiert, ob Sie die Begründung des Herrn Dearing nachvollziehen oder uns darlegen können, warum er zu so einer Annahme kommt.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Das kann ich nicht sagen, wie es dazu kommt. Ich weiß auch nicht, was die bevorstehende Tiroler Landtagswahl im Jahr 2008 war. Es hat, glaube ich, im Jahr 2008 sogar dann auch eine Nationalratswahl gegeben. Ich kann auch nicht sagen, wann das Datum dieser Tiroler Landtagswahl gewesen wäre.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Eine Frage zu den Hausdurchsuchungen: Können Sie uns sagen, was die kriminaltaktischen Überlegungen waren, zu diesem Zeitpunkt bei diesen Personen Hausdurchsuchungen durchzuführen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Das kann ich Ihnen heute nicht mehr beantworten. Es gab eine Anregung von Durchsuchungen bei gewissen Personen. Die kriminaltaktische Überlegung – aber das werden Sie sich auch denken können – war, dass man dort entsprechendes Beweismaterial findet, dass das quasi die Proponenten der angenommenen kriminellen Organisation waren.

Das hat auf Ermittlungsmaßnahmen gefußt, die man im Vorfeld gesetzt hat, wir haben heute schon Telefonüberwachungen und Ähnliches gehabt. Welche genauen kriminaltaktischen Erwägungen dahintergesteckt sind, kann ich heute nicht mehr beantworten. Es hat sie jedenfalls gegeben und es ist diese Durchsuchung daher auch gerichtlich bewilligt worden.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Für mich stellt sich ja die Frage zwischen Empfehlung der Soko - - Die Soko selber sagt, die Beweislage ist dünn, es gibt nicht viel. Wo ist der Konnex zur Hausdurchsuchung?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: 20 Sekunden noch in der Runde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Ich habe das nicht so in Erinnerung, dass die Soko von einer dünnen Beweislage gesprochen hat. Das erste Mal sehe ich das jetzt in diesem Schreiben des Herrn E. Z. (LVT), wo der aber, das habe ich Ihnen vorgelesen, im nächsten Absatz auf die geplanten Haftbefehle und Festnahmeanordnungen verweist. Daher glaube ich, gibt es da offensichtlich ein bisserl eine Diskrepanz in seiner Einschätzung oder eine Diskrepanz in seiner Einschätzung mit jener der operativen Soko-Leitung.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Waren Sie bei den Hausdurchsuchungen dabei?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Ich war bei den Hausdurchsuchungen dabei, nicht bei allen gleichzeitig. Ich war in einem Polizeibus. Also grundsätzlich ist es so, dass ich und sehr viele andere Staatsanwälte das immer so handhaben, dass man bei sensiblen Causen beim Vollzug solcher Maßnahmen immer dabei ist.

Es war hier die Besonderheit, dass Hausdurchsuchungen an zahlreichen Adressen stattgefunden haben, und ich quasi gleichzeitig über alle Durchsuchungen informiert werden wollte. Daher habe ich mich in einem Bus der Polizei befunden, mit ein oder zwei Mobiltelefonen, und habe die entsprechenden Vollzugsmeldungen entgegengenommen.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Ist es richtig, dass Sie bei Dr. Balluchs Hausdurchsuchung vor Ort waren?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Na ja, ich war vor dem Haus in diesem Bus, ich war nicht bei der Hausdurchsuchung dabei. Es wurde aber mit der Polizei vereinbart, damit ich auch Wahrnehmungen über diese Amtshandlung habe, dass man mit einer Videokamera mitfilmt was durchaus keine außergewöhnliche Sache ist – und das entsprechend dokumentiert. Daher konnte ich, soweit ich mich erinnern kann, die Durchsuchung mitverfolgen, aber ich weiß auch nicht mehr, wie genau ich das mitverfolgt habe, weil ich gleichzeitig mehrere Anrufe bekommen habe.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Wer war noch in dem Bus?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Herr Oberst Böck, soweit ich mich erinnern kann. An andere Personen kann ich mich nicht erinnern, aber ich kann nicht ausschließen, dass vielleicht noch jemand anwesend war.

Wir sind dann mit diesem Bus von der Adresse Balluch – nachdem ich Herrn Balluch auch rechtsbelehrt habe und ihn über den Tatverdacht in Kenntnis gesetzt habe – zum Lokal des Vereins gegen Tierfabriken gefahren. Dort habe ich dann ebenfalls der Hausdurchsuchung beigewohnt. Ob ich dort drinnen war, weiß ich nicht, ich kann mir das aber durchaus vorstellen.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Sind Ihnen diese Videos, die Sie angesprochen haben, diese Außenkameraaufnahmen, vorgelegt worden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Die sind nicht vorgelegt worden. Die haben auch keine Relevanz im Ermittlungsverfahren, wurden aber angefertigt, falls jemand irgendwie behauptet, hier auf irgendeine unzulässige Art und Weise behandelt worden zu sein. Ob diese Videos noch existieren, kann ich nicht sagen.

Also es ist ein üblicher Vorgang, es werden auch teilweise in unseren Akten bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Vernehmungen aufgezeichnet. Die befinden sich dann nicht beim Akt, können aber eingesehen werden, wenn tatsächlich irgendwelche Vorwürfe einer unzulässigen Vernehmungsmethode oder so aufgeworfen werden.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Können Sie uns Ihre Wahrnehmung dazu sagen: Herr Dr. Balluch beschreibt im Buch, dass ihm bei dieser Hausdurchsuchung eine Waffe vorgehalten worden ist.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Diese Wahrnehmung habe ich nicht gemacht, aber, wie gesagt, ich muss auch zugeben, dass ich nicht andauernd auf den Bildschirm schauen konnte, weil ich angerufen wurde. Grundsätzlich war es aber ein Einschreiten der Wega.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Wen haben Sie über die Hausdurchsuchung verständigt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Wen ich verständigt habe? Ich glaube, ich habe einen Aktenvermerk über die Hausdurchsuchung angelegt, der dann im Akt Niederschlag gefunden hat.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, ob jemand von der Soko Informationen über diese Hausdurchsuchung weitergegeben hat oder den Zeitpunkt der Hausdurchsuchung?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Abgeordneter.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M: Das weiß ich nicht. Ich wurde nur von den vollziehenden Polizeibeamten angerufen, was ich mich erinnern kann. Also ich hatte keinen Kontakt - - Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob Oberst Böck nicht einen Anruf von Frau Petrovic bekommen hat, aber in ihrer Funktion als Präsidentin des Tierschutzhauses, glaube ich, die einen der Verdächtigen in irgendeiner Art und Weise vertreten hat.

Das kann ich aber nicht mehr hundertprozentig sagen, aber wenn - -, dann wird das wahrscheinlich irgendwo festgehalten gewesen sein.

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Kontakt zu Minister Platter?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Bitte?

Abgeordneter Ing. Maurice Androsch (SPÖ): Kontakt zu Minister Platter?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, hatte ich keinen. Nie.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Herr Mag. Handler, ich möchte noch einmal ganz kurz auf diese Untersuchungshaft zurückkommen. Sie haben das zwar zuerst ausgeführt, ich habe es aber nicht ganz verstanden. Im Zuge der Enthaftung: Gab es dazu eine Weisung vom Oberstaatsanwalt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, also es gab eine Besprechung mit Oberstaatsanwalt Pleischl, was die Fortsetzung der Untersuchungshaft betrifft, wo wir – wir, da meine ich mich und meinen Leiter – unsere Rechtsansicht dargetan haben.

Diese Rechtsansicht hat nicht jener des Herrn Leitenden Oberstaatsanwaltes entsprochen, und wenn man über eine Rechtsfolge kein Einvernehmen erzielen kann, dann sieht das Staatsanwaltschaftsgesetz die Möglichkeit einer Weisung vor. Diese Weisung auf Enthaftung wurde dann einen Tag später der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt schriftlich erteilt, und aufgrund dieser Weisung wurden die Untersuchungshäftlinge auch enthaftet.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben es angesprochen, das war diese Besprechung vom 1.9.2008. Ich möchte dazu auch Ihren Aktenvermerk vorlegen, und zwar ist das die Nummer 5719. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich ersuche besonderes Augenmerk auf das letzte Viertel dieser ersten A4-Seite zu legen. Ich darf für die Leute, die das Dokument nicht vorliegen haben, ganz kurz aus diesem Aktenvermerk zitieren:

„Daraufhin entspinnt sich eine Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft, wobei Nussbaumer auch unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG vom 11.7.2008 [...] und die Strafdrohung [...] für eine Unverhältnismäßigkeit derzeit überhaupt keinen Grund sieht. Dieser Einschätzung schließt sich der Gefertigte“ – also Sie selbst – „über ausdrückliche Nachfrage von Pleischl an. Letzterer“ – sprich Oberstaatsanwalt Pleischl – „nimmt das mit den Worten: ‚Ich sehe, ihr wollt das also auf die Spitze treiben.‘ zur Kenntnis.“

Wie kann man sich diese Besprechung vorstellen, wenn Pleischl meint, Sie und Kollege Nussbaumer wollen das auf die Spitze treiben? Was hat er damit gemeint?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Na ja, so wie ich das verstehe, hat er gemeint, es ist eine einvernehmliche Lösung dieser Rechtsfrage nicht möglich (Abg. Jenewein: Ja!), weil die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt auf die Fortsetzung der Untersuchungshaften beharrt, und das wurde auch entsprechend begründet. Und auf die Spitze treiben heißt, dass er mit einer Weisung da eingreifen muss, was ihm auch so zusteht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Was in diesem Aktenvermerk für mich auch von besonderer Bedeutung ist, ist, dass die Beschwerde von Herrn Balluch gegen den letzten Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft zurückgezogen wurde. Daraufhin erteilt eben Oberstaatsanwalt Pleischl die Weisung auf Enthaftung. Kann es sein, dass man sich mit Herrn Balluch abgesprochen hat, dass er enthaftet wird, wenn er die Beschwerde zurückzieht?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie haben dazu keine Wahrnehmung. Sie schreiben am 2.9. in einem Aktenvermerk, dass Sie von Frau Hnat, der Mutter eines Beschuldigten, angerufen wurden, und diese von Ihnen wissen wollte, ob es stimme, dass heute die Enthaftung stattfinde. Wie kann die das so schnell wissen?

Wenn das am selben Tag erst einmal schriftlich ausgefertigt werden muss und die dann auf einmal schon anrufen und sagen: Stimmt das, dass sie heute enthaftet werden?, da liegt doch schon der Verdacht nahe, dass da im Vorfeld herumtelefoniert wurde.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Von meiner Seite nicht, Sie kennen meine Rechtsansicht aufgrund meines Vermerks. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt war der Meinung, dass die Untersuchungshaft fortzusetzen ist. (Abg. Jenewein: Ja!) Was sich anderswo abgespielt hat, kann ich nicht sagen. Ich habe dazu keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Also Sie haben auch keine Wahrnehmung dazu, dass man sich mit Herrn Balluch beziehungsweise mit den anderen Beschuldigten darauf geeinigt hat, wenn sie die Beschwerden zurückziehen, werden sie enthaftet?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Danke. Keine weiteren Fragen.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Oberstaatsanwalt, ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen, Nummer 9254. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist sozusagen die Bestätigung des Weisungsrates mit der Absicht der Oberstaatsanwaltschaft, eine Weisung zu erteilen, dass die Verfahren gegen Sie, Udo Lett, Schmudermayer, Goldgruber, R. P. (BVT), M. W. (BVT), A. H. (BVT) wegen Falschaussage hier im Untersuchungsausschuss eingestellt werden, und zwar nach § 35c StAG, weil nicht einmal Ermittlungshandlungen gesetzt wurden, weil nicht einmal das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Korneuburg, die Protokolle des Untersuchungsausschusses zu übermitteln, an die Parlamentsdirektion weitergeleitet wurde.

Ist das für Sie nach § 3 StPO und dem Objektivitätsgrundsatz schlüssig? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kenne dieses Geschäftsstück nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie können es durchlesen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich eine Verständigung bekommen habe, dass das Verfahren wegen Falschaussage eingestellt, ah zurückgelegt wurde, dass die Anzeige zurückgelegt wurde. Darüber hinaus kann ich dazu keine Beurteilung abgeben. Das betrifft auch überhaupt mein eigenes Verfahren. Also ich glaube, dazu muss ich auch nicht antworten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine letzte Frage ist, ob Sie im Vorfeld zur Befragung hier Fragen erhalten haben, die Ihnen heute dann auch gestellt wurden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ob ich Fragen erhalten habe?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Ihnen dann auch gestellt wurden?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein. Die von den Abgeordneten gestellt wurden? Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich würde Ihnen gerne ein Dokument mit der Dokumentennummer 6753 vorlegen, Seite 325. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es handelt sich dabei um den Auszug des Berichts der verdeckten Ermittlerin. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Jetzt steht hier am Rand handschriftlich vermerkt: „Ausdehnung ‚zerstört‘“.

Kennen Sie diese Handschrift?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Könnte meine Handschrift sein, also das mag ich jetzt gar nicht ausschließen. Die Klaue kommt mir bekannt vor. Möglicherweise habe ich mir Passagen dieses Berichts der verdeckten Ermittlerin hier entsprechend hervorgehoben.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was meinen Sie mit zerstört?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich Ihnen - - Zerstört - -

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ausdehnung: Ich nehme an, es geht um die Ausdehnung des Strafantrags.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Möglich, ja. Ich kann es Ihnen heute nicht mehr sagen, „zerstört“ habe ich unter Anführungszeichen gesetzt, ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht mehr.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Wissen Sie, wann Sie diesen Bericht bearbeitet oder durchgesehen haben? Ungefähr?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Den habe ich zu dem Zeitpunkt bekommen, als er in die Hauptverhandlung eingebracht wurde.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Jetzt würde ich gerne - -

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das muss irgendwann im Jahr 2010 gewesen sein.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Jetzt würde ich Ihnen noch gerne ein Schreiben von Herrn Pilnacek vorlegen. Das hat die Dokumentennummer 5733, Seite 22. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da schreibt Herr Pilnacek an Sie und sagt: „erlaube ich mir noch ergänzende Fragen zum Bericht der“ – verdeckten Ermittlerin – „VE.“ Das war eben 2011.

„Im Bericht der“ – verdeckten Ermittlerin – „VE findet sich zu einer Plakatüberklebeaktion der handschriftliche Vermerk ‚Anklageausdehnung‘; tatsächlich findet sich auch im Nachragsstrafantrag ein passendes Faktum, wird dadurch nicht die Argumentation erschüttert, wonach der VE-Einsatz weder belastendes noch entlastendes zu Tage gefördert hat?“

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist schon überschritten.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Was sagen Sie dazu? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist eine Anfrage des Herrn Pilnacek, auf die ich sicher geantwortet habe; aber heute weiß ich nicht mehr, was ich darauf geantwortet habe. Ich weiß es nicht, aber das ist eine Einschätzung einer Beweislage durch ihn, die sicher zu einer Diskussion geführt hat.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Das kann ich jetzt nur wiederholen. Ist das jetzt belastend oder entlastend, dass da gar nichts in diesem Bericht drinnen war? Ist das - -

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Frau Kollegin!

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann Ihnen zur Einschätzung meiner Beweislage nichts aussagen.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, wir legen Ihnen das Dokument mit der Nummer 6778 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Im Urteil wird auf Seite 159 festgestellt, dass viele Daten verschlüsselt wurden und dass dazu eigene Schulungen im VGT stattfanden.

Das Gericht stellt dazu fest, ich zitiere: „Für das Gericht ist der am 30.1.2008 veranstaltete Computerworkshop aus der Vorgeschichte nachvollziehbar, zumal Hausdurchsuchungen für möglich gehalten wurden“. Zitatende.

Es wurden ja unzählige Datenträger mitgenommen, ein nicht unbeträchtlicher Teil konnte nicht entschlüsselt werden. Warum hat man eigentlich nicht größere Anstrengungen unternommen, um eine Entschlüsselung vorzunehmen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich bin davon ausgegangen, dass die Polizei jegliche Anstrengung unternimmt, um hier entsprechend zu entschlüsseln. Mir wurde dann aber auch gesagt, dass manche Verschlüsselungen einfach nicht zu entschlüsseln sind, weil das vom System her nicht möglich ist. Das musste ich so akzeptieren, ich bin kein IT-Fachmann.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Hätte man nicht internationale Experten beiziehen müssen, immerhin ging es ja um schwere Vorwürfe?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Mir wurde das so dargestellt, dass bei der Polizei die entsprechenden Experten mit dem entsprechenden Expertenwissen vorhanden sind, und das habe ich so akzeptiert.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Haben Sie bei Einvernahmen der Beschuldigten eigentlich versucht, auf die Passwörter zu kommen?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das hat die Polizei gemacht, aber die Passwörter wurden nicht bekanntgegeben.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Wurde begründet, warum das nicht bekannt gegeben wird?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja, das muss ein Beschuldigter nicht begründen, da er sich selbst nicht belasten muss. Ich weiß nicht, ob es Begründungen gegeben hat, aber ich glaube, dass das nicht begründet wurde.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Hätten Sie sich bei den Ermittlungen mehr Zeit gewünscht?

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Amon, auch Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Was die Auswertung der Computer betrifft, ja.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf einen Bericht von „niederoesterreich.orf.at“ vom 31. August 2012 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Kennen Sie den Herrn auf dem Foto?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer ist das? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das ist ein Kollege der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Name?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kremnitzer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bitte?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Kremnitzer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vorname?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Udo.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der hat mit einer Handbewegung quasi so getan, als ob er auf der Straße oder unten vor dem Gericht Personen abschießt. Sehe ich das richtig?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Man kann das als so eine Geste deuten, ja. Es gab aber, soweit ich mich erinnern kann, dazu auch ein entsprechendes Strafverfahren und ein Disziplinarverfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer stand da unten, auf den/die er da so zielt?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das kann ich nicht beurteilen, ich war da nicht dabei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche Konsequenzen hatte diese Vorgangsweise?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Das habe ich gerade gesagt, es gab ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien, soweit mir das erinnerlich ist, und ein Disziplinarverfahren – ich glaube –, geführt vom Oberlandesgericht Graz.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kennen Sie den Ausgang?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein, ich weiß nur, dass das Strafverfahren eingestellt wurde. Wie das Disziplinarverfahren ausgegangen ist, weiß ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War der in Ihrem Team?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: In meinem Team? In meiner Gruppe meinen Sie? Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hatte der irgendetwas mit dem Verfahren zu tun?

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auch interessant.

Ich darf das Dokument 6892 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Sie haben noch 15 Sekunden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Seite 302, 303. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ich zitiere für das Protokoll: „ER: Ich muss auch festhalten, es sind bei Gericht vor kurzem drei DVDs eingelangt, Kopien von diesen Überwachungen in der Wohnung Mackinger, die angehört werden können. Aber wo eine Anhörungsmöglichkeit geschaffen werden kann, wird rechtlich noch geprüft werden, weil auch sensible Daten drauf sind. Ich sage nur, es wurde auch in der Nacht, so zu sagen hier, abgehört, ja.

Angeklagter 1) DDr. Balluch: Da habe ich noch eine Frage und zwar, ich möchte gerne wissen, ob Sie eben den jetzt zitierten § 134 der Strafprozessordnung Ziffer 5 kennen, der definiert, dass das Ergebnis der von Ihnen gemachten Maßnahmen nicht die Verschriftung, sondern die Bild- oder Tonaufnahmen sind, war Ihnen das bekannt?“

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer (Abg. Krainer: Ich bin gleich fertig!), letzte Frage! Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Antwort: „Ist mir bekannt, ja. Angeklagter 1) DDr. Balluch: Das heißt, laut § 145 müssen die Ergebnisse bei Anklage dem Gericht überbracht werden? Haben Sie das gemacht?“

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer, Ihre Redezeit ist abgelaufen! Bitte um die Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich muss sie erst formulieren, ich komme gleich dazu: „Zu diesen Zeitpunkten und bis jetzt ist das noch nicht passiert.“ (Abg. Jenewein: Das ist keine Privatveranstaltung!)

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Krainer, ich bitte um die Frage. (Abg. Krainer: Ja eh, aber ich muss den Vorhalt machen!) Die Redezeitvereinbarung gilt für alle Abgeordneten gleich, bitte um Formulierung der Frage!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann das formulieren: Der Zeuge Pfandler sagt, nach Gesetz hätte er es machen müssen, es gab aber eine entsprechende Rücksprache mit Ihnen, dem Staatsanwalt, das nicht zu tun. (Abg. Jenewein: Das ist keine Frage!)

Mag. Wolfgang Handler, LL.M.: Ich kann mich an diesen konkreten Fall nicht erinnern. Ich weiß aber, wenn das die optische und akustische Überwachung betrifft, dann hat es ein technisches Problem gegeben und man konnte auf diesen Aufnahmen auch nichts hören, außer entsprechende Geräusche, die nicht zuordenbar waren, soweit ich mich erinnern kann. Aber Näheres kann ich dazu heute nicht mehr sagen.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Kollege Jenewein hat keine Fragen mehr.

Da die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht erschöpft ist, frage ich abschließend den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten möchte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Keine Fragen, nur den üblichen Hinweis, den wir vereinbart haben: Lassen Sie bitte alle Sachen, die Sie bekommen haben, nach Ende der Befragung hier einfach auf dem Tisch liegen. Danke, Herr Oberstaatsanwalt.

Vorsitzende-Stellvertreter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger: Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson Mag. Handler, LL.M. für beendet. Ich bedanke mich für Ihr Erscheinen.

 



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson:“[…] das Wort Tierschützer sollte unter Anführungszeichen stehen, weil es sich um keine offizielle Bezeichnung des Verfahrensgegenstandes handelt.“

[2] Ursprünglicher Text: […] Radlsystem […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: “[…] es müsste „Radelsystem“ statt „Radlsystem“ heißen, weil es sich um ein von Herrn Dr. Radel (TU Wien) erfundenes Aktenverteilungssystem handelt.“

 

[3] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] die Worte „Anführungszeichen“ und „Anführungszeichen Ende“ müssten jeweils entfallen, weil nur zum Zwecke der Protokollierung ausgedrückt werden sollte, dass die dazwischen genannten Worte unter Anführungszeichen gesetzt werden sollen.“

[4] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] eine geschlossene Klammer, deren Bedeutung nicht klar ist.“

[5] Ursprünglicher Text: […] einem Bericht an mich weitervermittelt; […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] „weiterübermittelt“ und nicht „weitervermittelt“ […].“

 

 

[6] Ursprünglicher Text: […] , die sämtlich, aber auch gerichtlich, bewilligt waren.

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] es muss „die sämtliche aber auch gerichtlich bewilligt waren, heißen (ohne Beistrichsetzung).“