236/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz in der 41. Sitzung vom 29. Mai 2019

Der Untersuchungsausschuss über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 45. Sitzung am 2. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, dagegen: S, N, J) gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2019 07 02

 

                                Werner Herbert                                                                    Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende

 


 


 


 

 

 

 

BVT-Untersuchungsausschuss

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

41. Sitzung/medienöffentlich

Mittwoch, 29. Mai 2019

Gesamtdauer der 41. Sitzung

10.01 Uhr – 18.27 Uhr

Lokal 7

 


Befragung der Auskunftsperson Sebastian Kurz

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich komme nun zur Belehrung der Auskunftsperson. Herr Bundeskanzler außer Dienst, ich habe hier einen Zettel mit Ihren Daten. Stimmt das, was Sie hier geschrieben haben? (Auskunftsperson Kurz: Ja!) – Danke schön.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, BVT-Untersuchungsausschuss, als Auskunftsperson zu allen Beweisthemen angehört. Die Beweisthemen sind Datenverwendung, Extremismus, Hausdurchsuchungen, Kooperationen, Schutz der Obersten Organe, Organisation und Auswirkungen.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 1 und 3 StGB wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen. Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Ich weise Sie auf die Ihnen bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch nach Beendigung der Befragung.

Kopien, Notizen und Auszüge dürfen weder von der Auskunftsperson noch von einer allfälligen Vertrauensperson angefertigt werden. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Sie sind dann berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die eine Gesamtdauer von 20 Minuten nicht überschreiten soll. – Danke schön.

Vorsitzende Zweite Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Herr Bundeskanzler außer Dienst Kurz, Sie haben gehört, dass die Möglichkeit besteht, dass Sie eine einleitende Stellungnahme abgeben. Möchten Sie davon Gebrauch machen? (Auskunftsperson Kurz: Ja!) – Dann erteile ich Ihnen das Wort, bitte.

Sebastian Kurz: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Verfahrensrichter und Herr Verfahrensanwalt! Ich möchte eigentlich nur kurz die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen zu bedanken, Frau Präsidentin, dass die Verschiebung möglich war. Es war das Begräbnis von Arnold Schwarze- - – ich bin neben Arnold Schwarzenegger gesessen –, von Niki Lauda, und ich gebe zu, es war mir ein Anliegen, dort persönlich anwesend zu sein. Insofern: Danke ich für die Möglichkeit zur Verschiebung, bitte das nicht als Respektlosigkeit zu werten. Und ja, ich stehe selbstverständlich für Ihre Fragen zur Verfügung.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Dann steigen wir in die Befragung ein, und wie immer führt die Erstbefragung Herr Dr. Strauss durch. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Bundeskanzler außer Dienst, ich stelle auch Ihnen die eine große Frage: Haben Sie Wahrnehmungen zu einem der in der Ladung angeführten Beweisthemen des Untersuchungsausschusses?

Sebastian Kurz: Was meinen Sie damit?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Sie sind geladen zu allen Themen, und ich frage Sie, ob Sie persönliche Wahrnehmungen zu diesen Themen haben, die wir hier zu behandeln haben.

Sebastian Kurz: Zum BVT?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Zu den Themen Datenverwendung, Extremismus, Hausdurchsuchungen, Kooperationen, Schutz der Obersten Organe, Organisation und Auswirkungen – die eben auch in Ihrer Ladung angeführt sind –, ob Sie zu diesen Themen, die wir hier untersuchen, persönliche Wahrnehmungen haben.

Sebastian Kurz: Davon gehe ich aus. Also, es kommt auf die Fragen an, aber ich werde mich bemühen, die zu beantworten.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Also dass Sie mir jetzt konkret eine Wahrnehmung sagen können: Das und das habe ich im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss erlebt, gesehen!, in dieser Allgemeinheit gibt es keine Antwort von Ihnen?

Sebastian Kurz: O ja, natürlich, ich habe die Medienberichterstattung verfolgt, ich habe immer wieder Gespräche zu dem Thema geführt, ich war in Sitzungen im Parlament. Natürlich habe ich Wahrnehmungen zu der ganzen Causa.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Gut, dann sagen Sie mir: Können Sie irgendwie genauer schildern, welche Wahrnehmungen Sie dazu haben? Denn dann könnte ich weitere Fragen stellen.

Sebastian Kurz: Also ich habe mitverfolgt, dass es eine Hausdurchsuchung beim BVT gab, als das medial öffentlich wurde, habe danach Gespräche mit dem zuständigen Minister, aber auch mit dem Justizminister geführt, war in einer Parlamentsdebatte dazu, war aber auch unter anderem im Nationalen Sicherheitsrat zum Beispiel, wo dieses Thema behandelt wurde.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Und was genau können Sie mir da - - (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.) Können Sie mir da Einzelheiten sagen, die Sie in medienöffentlicher Sitzung bekannt geben können, welche Informationen Sie bekommen haben? Es interessiert natürlich nicht so sehr die Information, die sie nach dieser Hausdurchsuchung bekommen haben, sondern die, die Sie allenfalls vor dieser Hausdurchsuchung und dazu bekommen haben, wie es zu dieser Hausdurchsuchung kam.

Sebastian Kurz: Vorher habe ich keine Information erhalten, sondern ich habe über die Hausdurchsuchung erfahren, als mich Mitarbeiter aus meinem Team darauf aufmerksam gemacht haben, dass in den Medien steht, dass es eine Hausdurchsuchung gegeben haben soll. Ich weiß nicht mehr genau, wann das war, ich glaube, es war ein Bericht in der „Kronen Zeitung“, wenn ich mich recht erinnere.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, dann werde ich meine Erstbefragung doch beenden und das Terrain für die einzelnen konkreten Befragungen durch die Damen und Herren Abgeordneten freigeben. – Danke schön.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Strauss.

Dann gehen wir in die erste Fragerunde ein. Die Redevereinbarung und die Redezeiten sind Ihnen wie immer bekannt.

Frau Abgeordnete Dr.in Krisper, Sie sind die Erste.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Kurz, ich lege Ihnen einen Zeitungsartikel vor, „Tiroler Tageszeitung“, 14. März 2018. Sie haben sich da zur Causa BVT geäußert (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt), und zwar steht hier: „Der heute vorgelegte Bericht des Justizministeriums zur Hausdurchsuchung beim BVT zeige, dass alles, ,rechtskonform‘ abgelaufen sei.“ Weiter unten meinen Sie, Sie vertrauen auf die unabhängigen Gerichte. Ihrer Wahrnehmung nach ist alles rechtskonform abgelaufen?

Sebastian Kurz: Meiner Meinung nach müssen das Gerichte entscheiden. Ich habe mitverfolgt, dass die Hausdurchsuchung, glaube ich, von den Gerichten mittlerweile als rechtswidrig entschieden wurde. Insofern: Ich habe mich damals auf den Bericht bezogen, der damals seitens des Justizministers vorgelegen ist, soweit ich mich erinnere.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Hat Ihnen das gereicht? Haben Sie nicht in Betracht gezogen, dass die Justiz vielleicht eigene Interessen hat, ein eigenes Versagen zudecken zu wollen?

Sebastian Kurz: Ich habe großes Vertrauen in unseren Rechtsstaat, und insofern war ich mir sicher, dass, wenn etwas nicht korrekt abgelaufen ist, das auch von der Justiz, von einem möglichen Untersuchungsausschuss oder wer auch immer dafür zuständig ist, aufgeklärt werden würde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie es nicht für wichtig empfunden, auch den ehemaligen Innenminister Kickl oder sogar Direktor Gridling zu einem Gespräch zu holen, um sich ein eigenes Bild zu machen und nicht nur auf die Justiz zu hören und deren Zwischenbericht?

Sebastian Kurz: Ich habe das für wichtig erachtet, darum habe ich den Innenminister auch mit Vorwürfen, die ich über die Medien erfahren habe, konfrontiert, und er hat seine Sicht der Dinge dargelegt. Der Justizminister hat auch seine Sicht der Dinge dargelegt. Der Bericht ist auch öffentlich gemacht worden, den kennen Sie auch, und insofern habe ich unterschiedliche Aussagen und Darstellungen dazu gehört, so wie wahrscheinlich auch alle anderen, die sich mit dieser Frage auseinandergesetzt haben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann waren die zwei Gespräche und was war der genauere Inhalt, bitte?

Sebastian Kurz: Also ich weiß nicht mehr das genaue Datum (Abgeordnete Krisper: Wichtig!), aber zur Chronologie der Ereignisse: Ich glaube, einige Tage ungefähr nach der Hausdurchsuchung, die, glaube ich, an einem Tag stattgefunden hat, wo ich im Ausland war, bin ich durch Mitarbeiter darauf hingewiesen worden, dass es einen Zeitungsartikel dazu gibt; ich glaube, er war in der „Kronen Zeitung“. Ich habe daraufhin am Rande einer Sitzung mit dem Justizminister gesprochen, am Rande einer Sitzung mit dem Innenminister gesprochen.

Dann kann ich mich noch erinnern an einen Nationalen Sicherheitsrat, an dem ich teilgenommen habe, eine Sondersitzung oder eine Sitzung im Parlament, soweit ich weiß, und es war immer wieder auch Thema mit unterschiedlichen Journalistinnen und Journalisten in verschiedenen Hintergrundgesprächen, die teilweise Vermutungen in den Raum gestellt haben. Manche haben sich als richtig herausgestellt und manche als falsch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole – nicht auf die Redezeit – meine Frage: Wann haben die zwei Termine stattgefunden? Was war genauer der Inhalt der Gespräche?

Sebastian Kurz: Noch einmal, ich kann Ihnen leider nicht mehr genau sagen, an welchem Tag die Gespräche stattgefunden haben. Es war wenige Tage, nachdem die Vorwürfe oder nachdem das Thema der Hausdurchsuchung medial wurde, und der Inhalt war, dass mir in einem Gespräch der Innenminister seine Sicht der Dinge dargelegt hat und im Gespräch - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die da war?

Sebastian Kurz: Soweit ich mich erinnern kann, hat er gemeint, dass da ein vollkommen rechtswidriges, äh, rechtskonformes Vorgehen stattgefunden hat (Abg. Krisper: Mhm!) und dass viele der Gerüchte, die in den Medien verbreitet werden, seiner Meinung nach nicht stimmen würden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was hat Herr Kickl gesagt?

Sebastian Kurz: Das hat Herr Kickl gesagt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und Herr Moser, Herr Justizminister Moser?

Sebastian Kurz: Herrn Moser habe ich gebeten, dass er mir einen Bericht macht, und den Inhalt des Berichts kennen Sie, weil der vom Justizminister öffentlich gemacht worden ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie in den Gesprächen keine Veranlassung gesehen, weitere Informationen einzuholen, zum Beispiel ob heikle Informationen mitgenommen wurden, sichergestellt wurden, weil es ja schließlich um die Sicherheit Österreichs geht, wenn eine Hausdurchsuchung im BVT stattfindet?

Sebastian Kurz: Ich bin meiner Verantwortung als Bundeskanzler nachgekommen, aber ich bin weder eine Ermittlungsbehörde noch war ich als Bundeskanzler zuständig für die Justiz, das Innenministerium, die Ermittlungen oder das BVT.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber die Sicherheit des Landes wird Sie interessiert haben?

Sebastian Kurz: Darum habe ich ja auch gebeten, dass die zuständige Stelle einen Bericht dazu macht und den auch öffentlich macht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gab es in der Folge zu der Causa weitere Gespräche mit Herrn Kickl oder Herrn Moser?

Sebastian Kurz: Es gab immer wieder Termine, wie vorhin schon angeführt, Nationaler Sicherheitsrat, Parlamentssitzung, wo die Sicht der Dinge der jeweiligen Betroffenen in ihren Funktionen dargelegt wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann haben Sie erfahren, dass Generalsekretär Goldgruber das Konvolut persönlich zur Staatsanwältin brachte, um dort laut ihrem Tagebuch auch anzugeben, dass er von Kickl den Auftrag habe, im BVT aufzuräumen?

Sebastian Kurz: Um ehrlich zu sein, weiß ich jetzt das Datum nicht mehr, aber ich habe es aus den Medien und der Medienberichterstattung wahrgenommen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie danach Schritte gesetzt?

Sebastian Kurz: Es war immer wieder das Thema am Rande von Sitzungen und immer wieder, wenn es Vorwürfe in den Medien gab, habe ich versucht, den Innenminister damit zu konfrontieren, der immer wieder seine Sicht der Dinge dargelegt hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die da war?

Sebastian Kurz: Er hat meistens den Behauptungen, die in den Medien kolportiert wurden, widersprochen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann haben Sie erfahren, dass die drei ersten Belastungszeugen, die bei der Staatsanwaltschaft aussagten, zuvor im Innenministerium vom Generalsekretär beziehungsweise einem Kabinettsmitarbeiter persönlich angehört wurden?

Sebastian Kurz: Das habe ich in den Medien mitverfolgt beziehungsweise haben mich Mitarbeiter aus meinem Kabinett darauf hingewiesen, dass das in den Medien berichtet wird. Das genaue Datum, da bitte ich um Verständnis, kann ich Ihnen nicht mehr sagen, aber ich glaube, wenn Sie die Zeitungsartikel raussuchen - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das war der 9.7., weil da die Anfragebeantwortung an mich zurückkommt, deren Inhalt diese Information war.

Und Ihr Vertrauen in Kickl war weiterhin gegeben, obwohl er in den vorherigen Gesprächen dieses Faktum nicht berichtet hat?

Sebastian Kurz: Na ja, ich habe Vertrauen in das Funktionieren unserer Demokratie und des Rechtsstaats, und insofern war ich immer überzeugt, dass, wenn etwas nicht in Ordnung gewesen ist, es sicherlich ans Tageslicht kommen würde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, Sie würden bei einem rechtsstaatlich gefährlich vorgehenden Innenminister einfach auf die Justiz bauen und dessen Verhalten nicht hinterfragen?

Sebastian Kurz: Ich hatte keinerlei Beweis, dass er irgendetwas Illegales getan hätte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann haben Sie erfahren, dass eines der Gespräche mit den Belastungszeugen, und zwar jenes, bei welchem auch Kickl zugegen war, in den Räumlichkeiten des FPÖ-Klubs stattgefunden hat?

Sebastian Kurz: Das habe ich gar nicht erfahren, und das weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das wurde hier im November von Herrn Lett ausgesagt. (Auskunftsperson Kurz: Mag sein!) Wann haben Sie erfahren, dass Kickl einen Belastungszeugen, nämlich Frau Dr. R. P. (BVT), persönlich getroffen hat?

Sebastian Kurz: Das entzieht sich auch meiner Kenntnis.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie die Medienberichterstattung nicht verfolgt?

Sebastian Kurz: Dieses Detail anscheinend leider Gottes nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ist das für Sie kein wichtiges Detail in Bezug auf das Vertrauen auf den Herrn Innenminister, der Belastungszeugen im Vorfeld trifft?

Sebastian Kurz: Das ist ein interessantes Detail, aber ich habe es bis jetzt nicht gewusst.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben Sie Kickl bei all diesen Dingen, die nach und nach hervorkamen, weiterhin vertraut?

Sebastian Kurz: Ich habe Ihnen noch einmal dasselbe zu sagen wie schon zuvor: Ich habe die Medienberichterstattung dazu verfolgt, ich habe versucht, mir ein Bild zu machen, und war schnell der Meinung, dass das ein Fall für die Justiz sein wird, die ja auch tätig geworden ist, und auch für einen potenziellen Untersuchungsausschuss.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann erlangten Sie Kenntnis davon, dass im Rahmen der Hausdurchsuchung durch die von Generalsekretär Goldgruber vorgeschlagene Einsatzgruppe unter Leitung eines FPÖ-Gemeinderats auch hochsensibles Material mitgenommen wurde?

Sebastian Kurz: An das kann ich mich erinnern, dass das medial bekannt wurde - - (Abg. Krisper atmet hörbar ein) – Wie bitte? (Abg. Krisper: Ja!) – Bitte, ich wollte Sie nicht unterbrechen. (Abg. Krisper: Nein, ich bitte!) – Ich kann mich erinnern, dass das medial bekannt wurde, habe auch damit den Innenminister konfrontiert, soweit ich mich erinnern kann, und er hat, soweit ich mich erinnern kann, entgegnet, dass das ein normales Vorgehen sei, eine unbefangene Gruppe auszuwählen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage – außerhalb der Redezeit –: Wann erlangten Sie Kenntnis davon, dass die hochsensiblen Daten mitgenommen wurden?

Sebastian Kurz: Aus der medialen Berichterstattung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie sich informiert, was für Daten das waren? Schließlich geht es hier um die Sicherheit im Lande.

Sebastian Kurz: Bei wem hätte ich mich hier informieren sollen Ihrer Meinung nach?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wem Sie vertrauen, wenn es nicht der Innenminister ist, Mag. Gridling zum Beispiel.

Sebastian Kurz: Der die Pflicht hat, mir das zu sagen, als nicht weisungsbefugtem Bundeskanzler?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn es medial schon bekannt ist?

Sebastian Kurz: Also ich glaube nicht, dass der BVT-Chef verpflichtet wäre, den Bundeskanzler zu informieren, welche Daten bei einer Hausdurchsuchung mitgenommen worden sind und welche nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war medial schon bekannt, und es wäre darum gegangen, um für die Sicherheit im Lande zu sorgen, dass Sie wissen, was bei der Hausdurchsuchung mitgenommen wurde, um entsprechend verantwortungsvoll zu reagieren.

Wissen Sie, was mitgenommen wurde? Wissen Sie, was das ist: Neptun-Datenbank, ZQB-Datenbank? Haben Sie sich informiert, was das heißt? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Vorsitzende Doris Bures: Einen Moment.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Auskunftsperson möchte den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand wissen. Bitte führen Sie es noch einmal aus!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ganz klar: Folgen der Hausdurchsuchung; und da geht es um die politische Verantwortung – deswegen ist der Ex-Kanzler da.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, also bitte.

Sebastian Kurz: Gut, wenn es Ihnen um die politische Verantwortung geht: Ich habe weder eine Hausdurchsuchung genehmigt noch angestrebt noch sonst irgendetwas.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe mehrere Momente in der Chronologie aufgezeigt, wo Sie wieder nicht wussten, was da in dieser Causa vonseiten des Innenministeriums an Interventionen getätigt wurde. Innenminister Kickl hat Sie immer im Nichtwissen gehalten, bis das nächste medial bekannt wurde, teilweise durch meine Anfragen, teilweise durch Recherche von Journalisten. Und Sie wollen mir jetzt weismachen, dass das nicht in Ihrer Verantwortung ist, irgendwann einmal diesem Innenminister nicht mehr zu vertrauen, gewisse Konsequenzen zu ziehen oder sich aktiv zu informieren?

Sebastian Kurz: Also bei allem Respekt, Frau Abgeordnete – und ich bin jetzt nicht hier, um den Innenminister zu verteidigen –, aber ich glaube nicht, dass der Innenminister persönlich die Hausdurchsuchung durchgeführt hat, und ich glaube auch nicht, dass er eine Anordnung gegeben hat, was dort mitgenommen wird. Wenn Sie andere Beweise haben, legen Sie das dar (Abg. Krisper: Ich rede nicht - -!), dann würde das die Sache natürlich vollkommen anders darstellen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich rede über die Folgen – Beweisthema im Untersuchungsausschuss: die Folgen – der Hausdurchsuchung, und diese sind, wie wir jetzt schon wissen, dass wir von den Partnerdiensten isoliert sind. Das hat sich abgezeichnet, und Ihre Reaktion darauf war: am Beginn schockiert, aber jetzt beruhigt, im März 2018, und in der Folge auch weitere mediale Aussagen – nachdem dies alles bekannt wurde –, in denen Sie weiterhin behauptet haben, es sei alles in Ordnung. Ich frage mich, wie Sie hier Ihrer Verantwortung nachgekommen sind, für die Sicherheit im Lande zu sorgen, wenn Sie sich nicht aktiv informieren bei Menschen, denen Sie vertrauen (Auskunftsperson Kurz: Indem ich diejenigen - -!), und die Konsequenzen ziehen.

Sebastian Kurz: Indem ich diejenigen gebeten habe, für Aufklärung zu sorgen, die dafür zuständig sind. Wir leben in einem Rechtsstaat und daher ist die Justiz verantwortlich, aufzuklären, ob die Hausdurchsuchung rechtskonform war oder nicht, ob dort etwas zu Recht mitgenommen wurde oder nicht, und, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich vertraue hier auf unseren Rechtsstaat und hoffentlich auch auf die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege eine weitere mediale Aussage von Ihnen vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Vom 22. August 2018, „Die Presse“, in der Sie uns, der Opposition, ausrichten, dass Sie das Gefühl haben, „da“ sei „der Wunsch der Vater des Gedankens“.

Haben Sie diese Aussage, in der Sie bestreiten, dass es einen Vertrauensverlust der Partnerdienste gebe, wider besseres Wissen getätigt, oder haben Sie sich in Nichtwissen durch mangelnde Information geflüchtet?

Sebastian Kurz: Ich habe diese Aussage getätigt, weil sie zum damaligen Zeitpunkt meinem Kenntnisstand entsprochen hat, ich mich nicht an politische Termine erinnern kann, wo mich Vertreter anderer Staaten auf das BVT angesprochen hätten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihnen ist die mediale Berichterstattung bis dahin nicht bekannt, die sich sehr wohl kritisch geäußert hat?

Sebastian Kurz: Die sich teilweise aber auch als falsch herausgestellt hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe aufgrund Ihrer Aussage zwei Tage später eine Presseaussendung getätigt, weil sich aufgrund unserer Akten klar ergeben hat, dass es sehr wohl einen Vertrauensverlust gibt und dass das sehr wohl im Kabinett des Bundesministers Kickl als auch der BVT-Spitze schon bekannt war. Diese Presseaussendung lege ich vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich referenziere darin auf den E-Mail-Verkehr von Udo Lett an Dominik Fasching vom 21. April 2018, der Ihnen jetzt vorgelegt wird und in dem Sie den Satz finden: „Vielleicht ist das auch eine willkommene Gelegenheit, unsere Partnerdienste wieder mit ins Boot zu holen und [...] Kooperationen wieder zu beleben oder überhaupt neue zu entwickeln.“

Das ist aus dem April und das beweist, dass das, was Sie im Sommer letzten Jahres sagten und was der Innenminister damals auch sagte, falsch war. Schon im April wurde ... (Abg. Schwarz: Zur Geschäftsordnung: Die Dokumentennummer bitte!)

Vorsitzende Doris Bures: Ja, aber Sie dürfen nicht das Mikrofon nehmen (Abg. Schwarz: Pardon!), sondern ich gebe Ihnen das Wort zur Geschäftsordnung. Sie (in Richtung Abg. Krisper) formulieren noch Ihre Frage, bitte!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dokument 8136, Seite 91.

Vorsitzende Doris Bures: So, und bevor Sie (in Richtung Auskunftsperson) – Sie können das jetzt auch durchlesen – die Frage beantworten, können Sie, Frau Abgeordnete Schwarz, sich zur Geschäfts - - (Abg. Schwarz: Das war schon, was ich sagen wollte!) – Ach so, gut. – Bitte.

Sebastian Kurz: Ja, also, danke für die Information. Ich kenne dieses E-Mail nicht. Ich kenne auch keinen Udo Lett. Wer ist das?

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben nur noch eine kurze Frage in dieser Runde, und dann in der nächsten wieder.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber diese E-Mail zeigt, dass im BVT, im Innenministerium – Udo Lett als Schreiber der E-Mail – schon klar war, dass hier ein Vertrauensproblem der Partnerdienste besteht, und Sie wurden davon offensichtlich in Unkenntnis gehalten.

Sebastian Kurz: Das mag sein, dass dieser Herr Udo Lett andere Informationen oder mehr Informationen hatte als ich.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie wussten zu der Zeit auch nicht, dass wir von den Arbeitsgruppen des Berner Clubs schon suspendiert sind beziehungsweise uns zurückgezogen haben?

Sebastian Kurz: Ich habe vor einiger Zeit erfahren, dass wir nicht im Berner Club vertreten sind, aber wann das genau war, weiß ich nicht. Das Mail sehe ich zum ersten Mal.

Vorsitzende Doris Bures: Nächste Runde, Frau Abgeordnete!

Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich möchte eigentlich da fortsetzen: Wann haben Sie erfahren, dass das Oberlandesgericht Wien große Teile der Hausdurchsuchung im BVT wegen Unverhältnismäßigkeit als gesetzwidrig aufgehoben hat?

Sebastian Kurz: An das Datum kann ich mich nicht mehr erinnern. Sie werden es wahrscheinlich besser als ich wissen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Kein Problem. Es ist am 22. August öffentlich bekannt geworden. Können wir davon ausgehen, dass es Ihnen da - -

Sie haben also einen Innenminister in Ihrer Regierung, zu dem ein Oberlandesgericht feststellt, dass die Hausdurchsuchung, die er durchführen hat lassen, trotz seiner Beteuerungen Ihnen gegenüber zum Großteil gesetzwidrig und rechtswidrig gewesen ist. Ist Ihnen das zu diesem Zeitpunkt dann bekannt geworden?

Sebastian Kurz: Ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja. Was haben Sie darauf unternommen? – Normalerweise denkt man sich: Na ja, so einen Minister, der solche Sachen macht, kann man nicht in der Regierung lassen.

Was haben Sie als für die Regierung Verantwortlicher getan? Es gibt ja Situationen, wo Sie zum Bundespräsidenten gehen und sagen: Ah, jetzt hätten wir einen Grund, den Innenminister zu entlassen. – Warum haben Sie das damals nicht getan?

Sebastian Kurz: Weil meines Wissens die Hausdurchsuchung nicht vom Innenministerium, sondern vom Justizministerium genehmigt wurde.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist Ihnen bekannt gewesen, dass nicht der Umstand, dass es überhaupt zu Hausdurchsuchungen gekommen ist, zu dieser Entscheidung des OLG geführt hat, sondern genau und präzise, wo die Hausdurchsuchungen durchgeführt worden sind und in welcher Art und Weise sie durchgeführt worden sind? – Es geht sehr wohl um die Verantwortung des Innenministers. Warum haben Sie zu diesem Zeitpunkt den Innenminister nicht aus dem Amt entlassen?

Sebastian Kurz: Weil ich der Meinung bin, dass die Sache noch nicht restlos aufgeklärt ist und hier Vorwürfe im Raum stehen, die erst einmal bewiesen werden müssen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Mhm. Okay. Sie haben gesagt, gleich nach der Hausdurchsuchung haben Sie Gespräche mit dem zuständigen Minister geführt. Ist das richtig? (Auskunftsperson Kurz: Das ist richtig!) – Ich habe es einfach mitgeschrieben.

Wer war der zuständige Minister?

Sebastian Kurz: Ich habe mit dem zuständigen Justizminister gesprochen und ich habe mit dem für das BVT zuständigen Innenminister gesprochen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Okay. Gut. Das ist damit klar.

So, jetzt haben wir – Kollegin Krisper hat ja einiges davon schon gefragt – den Ablauf: Es wird bekannt, Neptun-Datenbank wurde mitgenommen, große Bestürzung bei ausländischen Partnerdiensten. – War Ihnen bekannt, dass diese Umstände zu großer Aufregung bis hin im Deutschen Bundestag, im Kanzleramtsministerium und so weiter geführt haben?

Sebastian Kurz: Ich hatte die Sorge, dass das zu einem Vertrauensverlust bei den Partnern führen könnte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wann hat sich diese Sorge bei Ihnen entwickelt, und warum?

Sebastian Kurz: Aufgrund der medialen Berichterstattung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Und was haben Sie dann als sorgenvoller Kanzler gemacht? Was für konkrete Handlungen haben Sie gesetzt, um diese Sorgen zu reduzieren und ihnen Rechnung zu tragen?

Sebastian Kurz: Das habe ich schon beantwortet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Okay, gut.

Am 5. September 2018 ist hier im Untersuchungsausschuss bekannt geworden, dass das BVT im Rahmen des Berner Clubs von den Arbeitsgruppen suspendiert ist. Wann ist Ihnen das bekannt geworden?

Sebastian Kurz: Ich glaube - - Wann haben Sie gesagt, war das ungefähr?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): 5. September, hier im Untersuchungsausschuss.

Sebastian Kurz: Das müsste ungefähr hinkommen, in der Phase danach, dass mir das bekannt geworden ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Was haben Sie daraufhin getan?

Sebastian Kurz: Ich habe den Justizminister weiter ersucht, hier rasch Aufklärungsarbeit zu leisten und auch darauf gehofft, dass der Untersuchungsausschuss rasche Aufklärung zustande bringt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Haben Sie sich in diesem Zusammenhang Sorgen über die Sicherheit Österreichs gemacht? – Es ist ja keine Kleinigkeit, wenn man dort nicht mehr dabei ist.

Sebastian Kurz: Wenn Sie mich fragen, ob ich mir wünschen würde, dass wir dort wieder dabei sind: Ja!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Was haben Sie dazu beigetragen, dass etwas gegen diesen Vertrauensverlust unternommen wird?

Sebastian Kurz: Ich konnte dazu nichts beitragen, weil es keine Aufgabe des Bundeskanzlers ist, dieses Vertrauen wiederherzustellen, sondern das ist eine Entscheidung von Nachrichtendiensten und keine politische Entscheidung des Bundeskanzlers.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist nicht der Punkt, sondern das Vertrauen oder das Misstrauen - - Wann ist Ihnen bekannt geworden, dass sich das Misstrauen ausländischer Partnerdienste auf die Person des Innenministers und auch auf die Freiheitliche Partei bezogen hat?

Sebastian Kurz: Ich habe das immer wieder in der medialen Berichterstattung wahrgenommen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie kurz unterbrechen, Herr Abgeordneter, weil ich eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung habe. – Herr Abgeordneter Jenewein, bitte.

*****

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde ersuchen, dass der Verfahrensrichter ganz kurz die Fragestellung dahin gehend überprüft, ob sie eine unerlaubte Unterstellung und einen falschen Vorhalt in sich birgt.

Erstens ist meiner Meinung nach der falsche Vorhalt dadurch gegeben, dass hier unterstellt wird, dass Österreich vom Berner Club suspendiert wurde. Ich glaube, wir haben hier in der Vergangenheit schon zur Genüge kompetente Aussagen von Mitarbeitern des BVT gehört, dass es sich hier erstens um einen freiwilligen Rückzug aus den Arbeitsgruppen gehandelt hat.

Das Zweite ist: Die unterstellende Fragestellung, dass ausländische Regierungen dem Innenminister ad personam das Misstrauen aussprechen, ist ebenfalls eine Unterstellung, die meiner Meinung nach weder durch die mediale Berichterstattung noch durch die Aktenkenntnis in irgendeiner Art und Weise dargelegt werden kann.

Darum ersuche ich um eine Überprüfung, ob diese Fragestellung in dieser Art und Weise zulässig ist.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage, ob es dazu noch Wortmeldungen gibt? – Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es gibt natürlich Akten, aus denen genau das hervorgeht, und ich habe auch vor, bei meiner Befragung derartige Akten vorzulegen. Darin geht es genau darum, dass es eben nicht ein technisches Problem ist, auf Ebene der Dienste, sondern ein politisches Problem; und das gibt es nicht nur in den medialen Berichterstattungen, sondern es liegen auch Akten dazu vor.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Frau Abgeordnete Schwarz.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte zu überlegen geben, ob es nicht eine vertrauliche Sitzung brauchen würde, um die Frage über Gespräche, die der damalige Bundeskanzler am Rande von Sitzungen mit anderen Regierungschefs geführt hat, in denen es um die nachrichtendienstlichen Kooperationen gegangen ist, zu klären. Das hat durchaus sicherheitsrelevante Auswirkungen auf Österreich. Ich bitte, das zu beachten.

Vorsitzende Doris Bures: Wir können jederzeit in einen vertraulichen Sitzungsteil übergehen, wie Sie wissen. Ich frage jetzt, ob es noch Wortmeldungen dazu gibt? – Dann erteile ich Dr. Strauss das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Herr Abgeordneter Dr. Pilz, könnten Sie die Frage so formulieren, dass diese Sorgen, die geäußert wurden, was das Suspendieren und diese Vorwürfe betrifft, nicht so manifest sind?

*****

Vorsitzende Doris Bures: Dann darf ich Sie ersuchen, der Bitte des Herrn Verfahrensrichters nachzukommen – es liegt natürlich an Ihnen, wie Sie Ihre Fragen formulieren und das geht jetzt nicht auf die Redezeit – und diese Frage betreffend die Fragestellung rund um den Berner Club an den Herrn Bundeskanzler außer Dienst noch einmal zu formulieren.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich würde nur gern ganz kurz im Rahmen der Geschäftsordnung eine kleine Feststellung - -

Vorsitzende Doris Bures: Zur Geschäftsbehandlung, bitte.

*****

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe nie gesagt: suspendiert wurde, sondern: suspendiert war. – Das ist ein großer Unterschied.

Ich habe in meiner Fragestellung, der Begründung der Fragestellung – ich habe da sehr genau aufgepasst – nie auch nur ein Wort darüber verloren, von wem die Suspendierung ausgegangen ist, sondern nur über das Faktum der Suspendierung referiert.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Mir ist dieser kleine, semantische Unterschied schon aufgefallen. Ich halte es trotzdem für einen falschen Vorhalt, denn laut den Aussagen der dazu fachkundigen Beamten war das BVT niemals vom Berner Club suspendiert, sondern nur von den Arbeitsgruppen, und diese Suspendierung war eine freiwillige Zurücknahme.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Wenn wir dazu jetzt noch länger diskutieren wollen, dann würde ich die Sitzung zu einer Geschäftsordnungsbesprechung unterbrechen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verstehe das schon. Ich glaube, das kann man sehr kurz klären.

Erstens habe ich das mit den Arbeitsgruppen in meiner Fragebegründung gesagt, und zweitens ist uns allen ausreichend bekannt, dass die Alternative zur Selbstsuspendierung das Aufstehen und Rausgehen der anderen Mitglieder des Berner Clubs war. Das haben wir ja ausreichend hier in etlichen Befragungen geklärt. Das war ein Schritt, um dem Rausschmiss zuvorzukommen, aber das ist ja nichts, was den Bundeskanzler außer Dienst persönlich betrifft, denn mit diesen Details hatte er selbst ja nichts zu tun.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Gut, Herr Dr. Pilz, ich würde jetzt, was die weitere Vorgangsweise betrifft, Sie ersuchen, Ihre Frage noch einmal zu formulieren, dann Herrn Dr. Strauss ersuchen, die Bewertung vorzunehmen, ob das weder ein falscher Vorhalt noch die Frage der Vertraulichkeit verletzt ist, und dann den Herrn Bundeskanzler außer Dienst ersuchen, die Frage, wenn sie als zulässig erklärt wird, zu beantworten.

Herr Dr. Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, ich versuche es noch einmal. Wir waren so weit: Ihnen war der Status, aus den Arbeitsgruppen suspendiert, bekannt. Mir geht es, wie Kollegin Krisper, nur darum, draufzukommen, ob Sie irgendwann irgendetwas getan haben, weil Sie sonst an und für sich ein sehr aktiver Kanzler zu Ihrer Amtszeit als Bundeskanzler waren: Jetzt schauen wir, ob da irgendetwas ist.

Vorsitzende Doris Bures: Es geht mir jetzt um die Fragestellung!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja eh, ich versuche gerade, in die Fragestellung reinzukommen.

Daher war meine Frage: Als Ihnen bekannt geworden ist, dass Österreich von den Arbeitsgruppen des Berner Clubs suspendiert ist, haben Sie da irgendetwas unternommen?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Strauss? – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich glaube, so kann man die Frage stehen lassen, Sie haben aber jetzt gesagt: suspendiert ist, also - -

Sebastian Kurz: Das ist ja wurscht, oder? (Zwischenrufe.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde meinen, die Frage ist - -

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Die Frage ist auf die Vergangenheit bezogen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich gehe so weit, aus dem Ist ein War zu machen.

Sebastian Kurz: Mir ist es wurscht, weil es macht aus meiner Sicht eh wenig Unterschied. Ich glaube, Herr Abgeordneter Pilz, ich habe mich bemüht, Ihre Frage schon mehrfach zu beantworten, mehr kann ich nicht hinzufügen, egal, ob jetzt ist oder war.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wir haben auch keinen Hinweis gefunden, dass Sie konkret irgendetwas getan haben. Die deutsche Bundeskanzlerin hat sich eingemischt – die „Frankfurter Allgemeine“ berichtet am 19.1.2018 bereits darüber, nein, Entschuldigung, 2019 (Abg. Jenewein: Jetzt wird’s kompliziert! – weitere Zwischenrufe) –, und meine Frage in dem Zusammenhang ist: Haben Sie die Causa BVT jemals mit der deutschen Bundeskanzlerin besprochen?

Sebastian Kurz: Soweit ich mich erinnern kann, war das nie ein Thema.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, okay.

Dann haben wir am 18. Mai 2019, also vor relativ kurzer Zeit - -

Sebastian Kurz: Darf ich dazu noch etwas hinzufügen? (Abg. Pilz: Ja!) – Ich glaube sogar, um ehrlich zu sein, dass es auch – ich bin mir nicht ganz sicher – gar nicht Wunsch der Deutschen war, das auf eine politische Ebene zu heben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist ein wichtiger Hinweis in einem etwas anderen Zusammenhang. Können Sie sich erinnern, wann das war, weil das nämlich wirklich ein wichtiger Umstand ist?

Sebastian Kurz: Da muss ich Sie enttäuschen: Ich weiß nicht mehr, wann das war, aber diese Wahrnehmung habe ich noch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Anfang Jänner 2019 nämlich haben wir auch Hinweise bekommen, dass in EU-Kreisen ein politischer Entschluss – und zwar von Großbritannien bis Deutschland – gefasst worden ist, das auf die sogenannte politische Ebene zu heben und über die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Innenministerium eine Entscheidung auf politischer Ebene zu treffen. Die Isolation war damals bereits auf der politischen Ebene angelangt.  Kommen wir jetzt aber zum 18. Mai 2019. Die „Welt am Sonntag“ hat am 18. Mai 2019 darüber berichtet, dass sogar der Chef des deutschen Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, in einer Anhörung im parlamentarischen Kontrollgremium des Deutschen Bundestages, über die dann öffentlich berichtet worden ist, erklärt hat, er misstraut dem BVT, wie er es formuliert hat (aus den Unterlagen vorlesend): „Demnach sprach Haldenwang den österreichischen Behörden zum wiederholten Male sein Misstrauen aus.“ – Ist Ihnen das bekannt geworden?

Sebastian Kurz: Ja, das mag sein. Aber, Herr Abgeordneter Pilz, wenn es all das nicht gegeben hätte, dann würden Sie ja nicht jetzt da sitzen, oder?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nein, es geht nicht darum, warum wir da sitzen, sondern darum, was Sie getan haben. Warum wir da sitzen, weiß ich sehr genau. Ich möchte wissen, was Sie getan haben.

Sebastian Kurz: Das habe ich Ihnen schon mehrfach beantwortet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Der deutsche Verfassungsschutzchef sagt relativ kurz vor der ganzen Ibizageschichte: Misstrauen, geht nicht mehr weiter. – Das ist der Gipfel der internationalen Isolierung des BVT. Haben Sie zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass das BVT nun international wirklich in höchstem Maße isoliert ist?

Sebastian Kurz: Ich habe die Medienberichterstattung verfolgt, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Jetzt frage ich mich wirklich: Was muss noch passieren – mit dem Verfassungsschutz, mit der internationalen Isolierung, mit der Zerstörung des Rufs –, damit ein Bundeskanzler der Republik Österreich, der alle möglichen Routen aus Sicherheitsgründen schließen will, der dauernd von Sicherheit spricht, dem Sicherheit das oberste Gebot der österreichischen Politik ist, endlich irgendetwas tut? Haben Sie im Mai irgendetwas getan, um diesen Zustand der zunehmenden Isolierung des BVT zu beenden und dem Innenminister klarzumachen, dass es so nicht weitergeht? Was haben Sie da getan?

Sebastian Kurz: Noch einmal, Herr Abgeordneter Pilz: Es ist ein Untersuchungsausschuss in Österreich eingesetzt worden und die Justiz ist tätig geworden – aus meiner Sicht die zuständigen Stellen. (Abg. Pilz: Ja!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen. (Abg. Pilz: Nur ein letzter Satz!) – Ein Satz.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wissen Sie, Herr Bundeskanzler außer Dienst, das ist das Entscheidende: Das Parlament ist tätig geworden, die Justiz ist tätig geworden, nur einer ist nicht tätig geworden, der Bundeskanzler. Deswegen sitzen Sie auch da. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Unterstellung!)

Vorsitzende Doris Bures: Das war jetzt keine Frage, aber ein letzter Satz.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schwarz. – Bitte.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Ich möchte gleich bei dem anschließen, was Kollege Pilz gesagt hat. Ist es richtig, dass ab April 2019 als Sukkus aus den Vorgängen im BVT die Berichtspflicht der Dienste gegenüber Bundeskanzler und Vizekanzler eingeführt wurde?

Sebastian Kurz: Es gab das Vorhaben im Regierungsprogramm und wir haben uns darauf verständigt, dass wir das bis zum Sommer zügig umsetzen wollen.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Was waren die Hintergründe?

Sebastian Kurz: Hintergründe waren vor allem natürlich die Diskussionen rund um das BVT in Verbindung mit der Frage der Identitären.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Ich möchte ein bisschen zurückgehen. Es war heute schon viel von Vertrauen die Rede. Bei Kollegin Krisper und Kollegen Pilz gibt es viel Diskussion um das Wort Vertrauen. Sie waren ja vor Ihrer Zeit als Bundeskanzler Außenminister und auch Staatssekretär im Innenministerium. Welche Erinnerungen haben Sie an die seinerzeitige Zusammenarbeit: Hatten Sie Zusammenarbeit mit dem BVT? Hatten Sie jemals das Gefühl, dem BVT nicht vertrauen zu können?

Sebastian Kurz: Ich habe, soweit ich weiß, kaum eine Zusammenarbeit mit dem BVT gehabt, weil ich im Innenministerium als Staatssekretär ausschließlich für die Integration zuständig war und als Außenminister nicht für das BVT, sondern für das Außen- und Integrationsministerium. Wenn es Kontakt gab, dann im Rahmen von Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates. Vielleicht waren BVT-Mitarbeiter bei Weihnachtsfeiern im BMI anwesend, wo ich es auch war – das weiß ich nicht. Ab und zu hat man als Außenminister Briefings, bevor man in gefährdete Regionen dieser Welt fährt. Die werden im Normalfall vom HNaA durchgeführt, ich kann aber nicht ausschließen, dass da nicht auch BVT-Mitarbeiter dabei waren.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Als Außenminister ist man ja durchaus sicherheitspolitischer Player innerhalb der Bundesregierung. Können Sie sich an Besprechungen mit sicherheitspolitischem Inhalt bei den Bundeskanzlern Faymann und Kern erinnern?

Sebastian Kurz: Ich kann mich daran nicht erinnern.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Abgesehen von all den Dingen, die heute schon hier zur Sprache gekommen sind: Haben Sie sonst irgendwelche Wahrnehmungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand?

Sebastian Kurz: Ich habe keine nennenswerten - - Ich habe mich bemüht, alle Fragen zu beantworten.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Danke schön für diese Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (in den Unterlagen blätternd): Kennen Sie das Bundesministeriengesetz in der geltenden Fassung?

Sebastian Kurz: Überblicksweise, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf es Ihnen vorsichtshalber vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wir finden da auf Seite 14 im „Teil 2 A. Bundeskanzleramt“ Angelegenheiten und Zuständigkeiten, die Sie haben. Es steht da (aus dem vorgelegten Schriftstück vorlesend): „Auskunftsrecht für den Bundeskanzler und den Vizekanzler beim Heeresnachrichtenamt, beim Abwehramt und beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.“ – Wissen Sie, wann das beschlossen wurde? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Sebastian Kurz: Also der Verfahrensanwalt und ich, wir sind uns nicht ganz einig, ob das Inkrafttreten des Gesetzes jetzt wirklich etwas mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe Sie nicht nach dem Inkrafttreten gefragt, sondern ob Sie wissen, wann das im Nationalrat beschlossen wurde. Sie waren nämlich persönlich anwesend und haben mitgestimmt. Das heißt, Sie haben eine Wahrnehmung.

Sebastian Kurz: Klären Sie mich auf!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Am 20.12.2017.

Vorsitzende Doris Bures: Darf ich ganz kurz? (Die Vorsitzende berät sich mit dem Verfahrensrichter.) – Also es steht in Zusammenhang. Herr Abgeordneter, bitte stellen Sie noch einmal Ihre Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Am 20.12. Es wurde auch durch Ihre Unterschrift am 28.12. im Bundesgesetzblatt 164/2017 kundgemacht. Das heißt, seit diesem Tag haben Sie dieses Auskunftsrecht.

Sebastian Kurz: Okay.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie von diesem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht?

Sebastian Kurz: Es gab immer wieder Auskünfte im Nationalen Sicherheitsrat, und, ich glaube, es gab auch einmal ein Briefing für die Mitglieder der Bundesregierung vom BVT zu sicherheitsrelevanten Aspekten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ein Briefing vom BVT an die Bundesregierung – das ist nicht Auskunftsrecht. Auskunftsrecht ist, dass Sie jederzeit Auskünfte vom Direktor verlangen dürfen und er verpflichtet ist, Ihnen gesetzlich Auskunft zu erteilen. Wie oft haben Sie von diesem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht?

Sebastian Kurz: Ich habe mich auf Auskünfte im Rahmen der Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates beschränkt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie haben seit dieser gesamten Causa BVT nie den Direktor angerufen und ihn gefragt: Wie ist die Situation?

Sebastian Kurz: Ich habe mit den zuständigen Ministern gesprochen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, wenn in den Zeitungen gestanden ist, die Person und die Partei des Herrn Kickl – ich kann diese Zeitungen gerne vorlegen, auch internationale, wo das genauso drinnen steht – sind das Problem, dass wir nicht mehr mit dem österreichischen Geheimdienst kooperieren, dann haben Sie den Herrn Innenminister – der das Problem ist – gefragt, ob das stimmt?

Sebastian Kurz: Und den Justizminister um - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der kann das ja nicht wissen.

Sebastian Kurz: Und den Justizminister um Aufklärung gebeten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber Sie haben niemals den Chef des BVT angerufen und gefragt: Stimmt das, dass wir isoliert sind?

Sebastian Kurz: Es kann sein, dass wir am Rande eines Nationalen Sicherheitsrates dazu ein paar Worte gewechselt haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage. Sie haben ihn niemals aktiv kontaktiert?

Sebastian Kurz: Ich glaube nicht, dass es ein Telefonat gegeben hat, sondern eher Gespräche am Rande von Sitzungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ihnen liegt ein Artikel von, ich glaube der „Presse“, vom 22. August vor – das hat Kollegin Krisper vorgelegt. Das ist der Tag, an dem die Hausdurchsuchung beim BVT für illegal erklärt wurde, und zwar zur Gänze beim BVT.

Sie finden da auf Seite 2 (aus einem Schriftstück vorlesend): „Kanzler Kurz verwies im Pressefoyer nach der ersten Regierungssitzung nach der Sommerpause darauf, dass es sich um einen ehemaligen BND-Chef handle und erklärte, er habe ‚keinerlei Information‘ seitens der deutschen Regierung, dass dies Regierungslinie sei. Auch von BVT-Chef Peter Gridling gebe es keine Informationen über eine etwaige Veränderung in der Zusammenarbeit, erklärte er auf entsprechende Fragen.“ Sie sagen da, dass Sie von BVT-Chef Peter Gridling keine Informationen über eine etwaige Veränderung in der Zusammenarbeit hätten. Woher hatten Sie diese Informationen von ihm?

Sebastian Kurz: Ich weiß jetzt nicht, ob ich aus dem Nationalen Sicherheitsrat hier zitieren darf. (Die Auskunftsperson wendet sich an den Verfahrensanwalt.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber Monate davor?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Informationen aus dem Nationalen Sicherheitsrat sind in der nicht medienöffentlichen Sitzung zu besprechen. Eine Frage aber, wann eine Information gekommen ist, ist natürlich zulässig.

Sebastian Kurz: Also ich versuche, es so zu formulieren, dass ich da jetzt keine Vertrauenspflichten verletze. Ich weiß nicht mehr genau, wann Gridling welche Statements öffentlich und auch in Sitzungen getätigt hat. Das war aber zu diesem Zeitpunkt meine Wahrnehmung, sonst hätte ich das auch medienöffentlich nicht so formuliert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, wenn es eine aktuelle mediale Information gibt, die sagt: Wir haben ein Problem!, und Sie Monate davor gehört haben: Es gibt kein Problem!, dann nehmen Sie diese alte Information, um zu sagen: Es gibt auch heute keines!, und erkundigen sich nicht. Sie gebrauchen nicht Ihr Auskunftsrecht laut Bundesministeriengesetz und rufen ihn kein einziges Mal an, um zu fragen, ob das stimmt?

Sebastian Kurz: Das ist richtig, dass ich ihn nicht angerufen habe, und er hat mich auch nicht angerufen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, das ist keine Berichtspflicht, das ist ein Auskunftsrecht, da müssen Sie aktiv werden.

Sebastian Kurz: Wenn Sie das so sehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das wäre eine Berichtspflicht, dann müsste er aktiv werden. Bei der Auskunftspflicht müssen Sie aktiv werden. Das ist eine Frage der deutschen Sprache.

Sebastian Kurz: Na, ob ich politisch aktiv werden muss oder nicht, ist, glaube ich, eine Entscheidung, die der Politiker zu treffen hat, und keine rechtliche Frage, oder?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das stimmt, und hier ist ein politischer Ausschuss und wir klären keine rechtlichen Fragen, sondern politische Fragen.

Sebastian Kurz: Ich glaube, ich habe Ihnen alles beantwortet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Deswegen sind wir hier genau richtig, ob Sie Ihrer politischen Verantwortung als Bundeskanzler nachgekommen sind oder nicht.

Sie haben von einer Mehrheit hier im Haus die gesetzliche Möglichkeit bekommen, beim BVT jederzeit Auskunft zu verlangen, und Sie sagen hier, dass Sie – trotz dieser größten Krise der internationalen Zusammenarbeit unserer Geheimdienste und speziell des BVT – kein einziges Mal von dieser gesetzlichen Bestimmung Gebrauch gemacht haben, dass Sie jederzeit dort anrufen und fragen können: Sagen Sie einmal, stimmt das?

Es gibt über hundert Medienberichte, dass die Zusammenarbeit mit den ausländischen Diensten immer schlechter funktioniert, und Sie haben kein einziges Mal – wirklich, ich meine das ernst –, kein einziges Mal den Herrn Direktor vom BVT angerufen und gefragt, ob das stimmt?

Sebastian Kurz: Ich meine es auch ernst: Ich hatte Sitzungen, wie zum Beispiel im Nationalen Sicherheitsrat, und am Rande dieser Sitzungen, glaube ich, haben wir immer wieder auch ein paar Worte gewechselt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dort haben Sie ihn befragt?

Sebastian Kurz: Es ist so, wie ich es gerade beantwortet habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dort haben Sie ihn befragt?

Sebastian Kurz: Soweit ich mich erinnern kann, hat er in einem Nationalen Sicherheitsrat einmal - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es geht um das am Rande – was in der Sitzung ist, ist eine andere Frage –; ich rede jetzt von: am Rande.

Sebastian Kurz: Soweit ich mich erinnern kann, war entweder in der Sitzung oder am Rande der Sitzung einmal eine Auskunft von ihm, was die internationale Zusammenarbeit betrifft, und ich glaube, dass er auch im Nationalen Sicherheitsrat erwähnt hat, wie viele Anfragen und wie viel Austausch es mit anderen Geheimdiensten oder Nachrichtendiensten gibt. Aber das können Ihnen wahrscheinlich auch andere Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates bestätigen.

Ich weiß nur nicht, wie sehr ich ins Detail gehen darf, weil das ja eigentlich eine vertrauliche Sitzung ist, der Nationale Sicherheitsrat. (Die Auskunftsperson wendet sich an den Verfahrensrichter. – Abg. Schwarz: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. –Frau Abgeordnete Schwarz, bitte.

*****

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Soweit mir bekannt ist, ist das keine Kompetenz. Es ist, soweit mir auch bekannt ist, grundsätzlich noch nicht im PStG und im Militärbefugnisgesetz geändert worden. In dem Fall ist es keine Durchführungs- - Was sagen Sie dazu Herr Verfahrensrichter?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich habe nicht verstanden, was Sie meinen.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Da geht es ausschließlich um die Kompetenz. Es ist aber diesbezüglich grundsätzlich im PStG und im Militärbefugnisgesetz nicht geändert worden. Deswegen hat er noch nicht die Kompetenz und die rechtliche Möglichkeit, das Recht durchzuführen. (Abg. Krainer: Das ist irrelevant! Absurd! – Auskunftsperson Kurz: Vielleicht kann - -!)

Vorsitzende Doris Bures: Nein, Herr Kurz, bitte nicht, Sie werden noch viele Fragen bekommen, aber das war jetzt keine Frage an Sie. (Auskunftsperson Kurz: Gut!)

Gibt es jetzt noch eine Frage zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung ist es relativ leicht: Es gibt die sogenannte Auskunftspflicht. Das ist, wenn jemand anruft und sagt: Ich brauche diese Information. Die ist gesetzlich bewilligt. Das andere, was die Kollegin meint, ist die sogenannte Berichtspflicht. Die Berichtspflicht muss man natürlich im PStG und im Militärbefugnisgesetz normieren. Bei der Berichtspflicht muss dann der Dienst selbst aktiv informieren. Das ist nicht normiert, das stimmt. Herr Gridling muss den Herrn Bundeskanzler nie anrufen. Wenn aber der Herr Bundeskanzler Herrn Gridling anruft, muss dieser Rede und Antwort stehen und jede Frage beantworten. Das ist rechtlich klar und einwandfrei.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung in dieser Causa zur Geschäftsordnung? – Bitte, Frau Abgeordnete Schwarz.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde Herrn Kollegen Krainer bitten, mir den dementsprechenden Paragraphen zu nennen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das liegt Ihnen vor, weil wir es nämlich allen ausgeteilt haben. Das ist das Bundesministeriengesetz, bei dem im Teil 2 ganz genau drinnen steht, was die Befugnisse des Bundeskanzlers sind. Das wurde normiert.

Ich kann Ihnen gerne auch die entsprechenden Stellen in den Protokollen von Bundesrat und von Nationalrat, was die Beschlussfassung betrifft, vorlegen, ich kann Ihnen auch das „Addendum“-Protokoll vorlegen – wer da war und so weiter; ich habe auch ein Foto von der Abstimmung, wo man sieht, dass der Bundeskanzler bei der 5. Nationalratssitzung am 20.12. genau bei dieser Abstimmung mitgestimmt hat. Wenn Sie das wirklich wollen, kann ich das alles vorlegen. (Abg. Schwarz: Ich bitte darum!)

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann gibt es jetzt die Vorlage eines Protokolls der Nationalratssitzung. (Abg. Krainer: Ich lege das der ÖVP vor!)

Ich frage in der Zwischenzeit Herrn Dr. Strauss, ob er sich dazu äußern möchte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich kann mich zu dieser speziellen Rechtsfrage nicht äußern. Sie werden verstehen, dass ich das nicht aus der Hüfte schießen kann, weil ich jetzt nur ein Blatt Papier aus dem Rechtsinformationssystem habe. Wie das dann genau rechtlich ist, wie zwischen Rechten und Pflichten unterschieden wird, müsste ich studieren, das kann ich nicht so schnell beantworten.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Gut, Herr Abgeordneter Krainer, ich würde vorschlagen, dass wir in der Befragung fortsetzen. Ich erteile Ihnen das Wort. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie erfahren, dass das Problem der österreichischen Isolation der Geh- -

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, Herr Dr. Mikesi, sonst wird es schwierig! Aber wenn Sie sich noch beraten wollen, ist es kein Problem. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie erfahren, dass die Isolation Österreichs im Geheimdienstnetzwerk nicht mehr auf technischer Ebene, also auf Ebene des BVT, gelöst werden kann, sondern nur noch auf politischer Ebene?

Sebastian Kurz: Das habe ich so nie erfahren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin gemeint, dass Sie gehört haben, dass auf Wunsch von anderen Ländern das auf die politische Ebene gehoben worden wäre.

Sebastian Kurz: Nein, ich habe gesagt, nicht auf die politische Ebene gehoben werden soll. (Ruf bei der ÖVP: Zuhören!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Woher haben Sie diese Information?

Sebastian Kurz: Ich kann mich daran erinnern, dass ich das gehört habe. (Abg. Jenewein: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Herr Abgeordneter Jenewein.

*****

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf nur daran erinnern, dass dieser Vorhalt, den Herr Kollege Krainer hier gerade macht, der Herr Abgeordnete Pilz vorweg in einer Wortmeldung gemacht hat. Vielleicht hat er sich da in der Konzentration ein bisschen vergaloppiert. Es war Herr Abgeordneter Pilz, der das behauptet hat, und nicht Herr Ex-Bundeskanzler Kurz.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Bitte, Herr Abgeordneter Pilz.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Nur damit es klar im Protokoll ist: Ich habe in diesem Zusammenhang nur das wiederholt und dann als Frage formuliert, was der Herr Altbundeskanzler uns hier gesagt hat.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt noch eine Wortmeldung? – Nein, dann sind Sie weiter als Fragesteller am Wort, Herr Abgeordneter Krainer.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie das von wem gehört?

Sebastian Kurz: Das weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie den Zeitraum eingrenzen?

Sebastian Kurz: Leider auch nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich meine, von wem haben Sie das gehört: von einem Mitarbeiter oder haben Ihnen das andere Regierungschefs gesagt?

Sebastian Kurz: Ich weiß es nicht mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie selber andere Regierungschefs darauf angesprochen?

Sebastian Kurz: Nein, habe ich nicht gemacht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben zu keinem Zeitpunkt - - Also Sie haben Herrn Gridling nicht darauf angesprochen, ob das stimmt, und Sie haben auch nie ein anderes Land angesprochen, einen anderen Regierungschef, ob es stimmt?

Sebastian Kurz: Im Normalfall sprechen Regierungschefs nicht über Nachrichtendienste oder nachrichtendienstliche Kooperationen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist auch nicht der Normalfall, dass ein Land vollkommen isoliert und nicht mehr Teil, jedenfalls nicht mehr vollwertiger Teil dieses Sicherheitsnetzwerks ist.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt habe ich wieder eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.

*****

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte den Verfahrensrichter, zu prüfen, ob es sich hierbei um einen falschen Vorhalt handelt. Ich habe schon im Vorfeld, bei einer vorherigen Wortmeldung, festgestellt: Die Unterstellung, dass ein Land – in dem Fall Österreich – vollständig isoliert und nicht mehr Teil der internationalen Zusammenarbeit ist, ist meiner Meinung nach ein falscher Vorhalt.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Herr Dr. Strauss, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Soweit ich aus dem Ausschuss weiß, war diese Isolierung nicht vollständig, sondern soweit ich weiß hat sich Österreich aus den Arbeitsgruppen zurückgezogen – wenn ich das so richtig in Erinnerung habe, aber ich kann das auch nur aus der Erinnerung sagen.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung? – Dann sind Sie als Fragesteller wieder am Wort, Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sagt Ihnen „except BVT Vienna“ etwas?

Sebastian Kurz: Wie bitte?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sagt Ihnen „except BVT Vienna“ etwas?

Sebastian Kurz: Was ist das?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sagt Ihnen das etwas?

Sebastian Kurz: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf ein Exzerpt aus einem „Falter“-Artikel vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das war der erste Beweis, dass Partnerdienste Österreich vom Informationsaustausch und von Kooperationen exkludieren – nicht der letzte, aber der erste Beweis, der im Zuge des Untersuchungsausschusses ans Licht der Öffentlichkeit gekommen ist. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Sagt Ihnen das etwas?

Sebastian Kurz: Ich habe es gerade gelesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das haben Sie vorher nicht gewusst, dass es so etwas gibt.

Sebastian Kurz: Ich habe den „Falter“-Artikel zu dem Dokument anscheinend damals nicht gelesen, nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben auch nie gehört, dass Österreich tatsächlich von Informationen und Kooperationen ausgeschlossen ist.

Sebastian Kurz: Ich habe schon vorhin oftmals beantwortet - - (Abgeordneter Jenewein meldet sich zu Wort.) Aber es gibt schon wieder eine andere Wortmeldung.

Vorsitzende Doris Bures (erheitert): Auch die erteile ich. (Auskunftsperson Kurz: Ich wollte Ihnen nicht zuvorkommen!) Wollen Sie - -

Sebastian Kurz: Also ich habe vorher schon oft beantwortet, dass ich die Medienberichterstattung größtenteils verfolgt habe und darum im Großen und Ganzen Kenntnis der Medienberichterstattung hatte.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt habe ich eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Jenewein. – Bitte.

*****

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche neuerlich um Prüfung, ob es sich hierbei um einen falschen Vorhalt handelt.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Herr Dr. Strauss, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, also hier habe ich ein Dokument, da steht: „except BVT Vienna“, und das wurde vorgehalten. Was das bedeutet, ist eine Interpretationsfrage, also glaube ich, dass man diesen Vorhalt durchaus machen kann. – Danke.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es liegt mir natürlich fern, Ihnen in Ihrer Expertise zu widersprechen. Ich halte da nur die Gefahr eines Bestätigungsfehlers durchaus für möglich. Wenn ich einen Zeitungsartikel als Beweis für ein großes Ganzes hernehme, sagt uns zumindest die allgemeine Sozialwissenschaft, dass das sehr selten ein repräsentatives Gesamtes sein kann. Darum ersuche ich Sie nochmals, Ihre Beurteilung zu überdenken.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Eine wiederholte Beurteilung: Herr Dr. Strauss, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ja, ich wollte nur sagen: Wenn der Fragestellende, Herr Abgeordneter Krainer, aus dieser Vorlage seine Schlüsse zieht und sagt, dass ihm das etwas sagt, nämlich, dass eben „BVT Vienna“ ausgeschlossen wurde, so kann ich darin nichts finden. Ob das richtig ist, ist ja jetzt in diesem Zusammenhang nicht zu beurteilen. Das wollte ich sagen, nichts anderes. – Danke.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Herr Abgeordneter Krainer, dann können Sie die Frage jetzt noch einmal wiederholen und anschließend haben Sie in dieser Runde noch eine kurze Frage. Dann verweise ich Sie auf die zweite Runde. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was haben Sie in Kenntnis dessen getan, dass es tatsächlich so ist, dass Österreich Informationen von Partnerdiensten nicht bekommt und von Kooperationen ausgeschlossen ist?

Sebastian Kurz: Ich habe Ihnen schon beantwortet, wovon ich Kenntnis hatte und wovon nicht, und ich glaube, auch die Frage, was ich getan habe, habe ich mehrfach beantwortet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt: nichts. (Abg. Duzdar: Ja, das ist das Resultat! – Ruf: Sie unterstellen das!) – Ich stelle es fest. Er hat nicht von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, die ihm der Nationalrat zur Verfügung gestellt hat und hat einfach zugesehen, wie Österreich zunehmend isoliert wurde und da ein riesen Sicherheitsproblem war, und hat nichts getan, um dieses Sicherheitsproblem zu beseitigen.

Vorsitzende Doris Bures: So, das war jetzt jedenfalls keine Frage, aber eine mögliche Feststellung, oder auch nicht.

Herr Abgeordneter Jenewein, Sie sind der nächste Fragesteller. – Bitte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Kurz! Wir haben vorhin gerade über diese Informationsketten gesprochen: Wann ist wer worüber informiert worden.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu – weil es ja schlussendlich in diesem Untersuchungsausschuss auch darum geht –, dass Sie im Zuge von Ministerratssitzungen über Situationen im Sicherheitsapparat informiert wurden? War das damals Thema, dass im Zuge einer Ministerratssitzung, vielleicht im Vorfeld, im Zuge einer Vorbereitung, über die Fragen: Nachrichtendienst, wie geht es da weiter?, Wie ist der aktuelle Stand?, gesprochen wurde?

Können Sie uns da Ihre Wahrnehmungen berichten?

Sebastian Kurz: Ich glaube, dass ich das schon beantwortet habe. Ja, es hat Gespräche gegeben: sicherlich nicht vor der Hausdurchsuchung, das kann ich ausschließen, aber danach.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Können Sie uns aus Ihrer Sicht als Bundeskanzler – damit wir hier auch Einblick bekommen –, erklären, wie eine Vorbereitung etwa für einen Nationalen Sicherheitsrat, der ja im Nachfeld beziehungsweise im Umfeld dieser Hausdurchsuchung auch stattgefunden hat, ausschaut?

Wie werden Sie informiert? Werden Sie direkt über das BVT informiert? Passiert das über Ihr Kabinett? Wie schauen die Informationsflüsse aus und wer hat diesen Informationsfluss? Oder gab es etwa ein direktes Gespräch auch mit dem BVT-Direktor? Können Sie uns das darlegen, damit wir einmal diese Mythen hier entflechten können?

Sebastian Kurz: Ich glaube, dass man hier nicht zu viel verrät, wenn man sagt, dass im Nationalen Sicherheitsrat der Ablauf grundsätzlich so ist, dass Abgeordnete und auch Minister, und auch der Bundeskanzler, ein Rederecht haben, dann aber auch die jeweiligen Minister die Möglichkeit haben, weiter an Dienststellen zu verweisen, für die sie zuständig sind, wie zum Beispiel an den BVT-Chef, an hohe Militärs oder andere.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie jemals selbst Informationen beziehungsweise hat Ihr Kabinett jemals Informationen direkt aus dem BVT angefordert? Ich weiß es ja nicht, etwa in Vorbereitung einer Auslandsreise oder wenn es in Österreich um aktuelle Krisenfälle – Stichwort Identitäre – gegangen ist: Gab es da einen direkten Informationsaustausch Bundeskanzleramt – BVT?

Sebastian Kurz: Das kann ich so pauschal nicht beantworten, weil ich das schlicht und ergreifend nicht weiß. Da sind sehr viele Menschen, die im Bundeskanzleramt tätig sind.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Da wir ja auch einen längeren Zeitraum untersuchen: Haben Sie noch Wahrnehmungen, wie das zu dem Zeitpunkt war, als Sie Außenminister waren? Hat es da einen Informationsaustausch gegeben oder ist das vom Ablauf her ähnlich wie in Ihrer Tätigkeit als Bundeskanzler, eben auf Kabinettsmitarbeiterebene, gelaufen?

Sebastian Kurz: Also auch da: Das Außenministerium hat über tausend Bedienstete. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann wer hier mit Bediensteten des Innenressorts oder des BVT, des HNaA genau Kontakt hat. Ich weiß, dass für Reisevorbereitungen in gewisse Gegenden vor allem auf das HNaA zurückgegriffen wurde. Ob da auch das BVT miteinbezogen wurde, weiß ich so nicht, ich kann es aber nicht ausschließen; wirklich zuständig dafür ist es eigentlich nicht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, dann habe ich diesen Komplex für mich jetzt einmal fürs Erste abgeschlossen.

Ich möchte Sie gerne zu einem anderen Themenkomplex befragen. Wir hatten das schon einmal im Untersuchungsausschuss und das hat hier relativ breit Platz gegriffen, und zwar darf ich Ihnen das Dokument 9264 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es handelt sich dabei um einen E-Mail-Verkehr im Innenressort, allerdings zum Zeitpunkt vor der letzten Regierungsbildung.

Es ging da konkret darum, dass es einen Auftrag aus dem Kabinett des damaligen Innenministers Sobotka gegeben hat, und da ging es auch darum, dass unter Umständen - - Auf der Seite 2 von 4, ganz unten, schreibt eine Mitarbeiterin:

„Auftragsgemäß darf ich Dir nachstehend die Überlegungen aus dem Bereich II/BVT/1-Recht betreffend ‚Wahlkampfthemen für [...]‘“ – den Herrn Bundesminister – „übermitteln“.

Jetzt geht meine Frage dahin, ob Sie Wahrnehmungen dazu haben, dass Mitarbeiter aus Kabinetten jemals für Wahlkampfvorbereitungen hinzugezogen wurden. Das ist nicht ganz unerheblich, weil es auch – ich kann das dann gerne auch noch vorlegen – Zeitungsartikel gibt, die beschreiben, dass das immer wieder vorkommt, dass eben Kabinettsmitarbeiter herangezogen werden, um Wahlkampfthemenfindungen zu betreiben.

Haben Sie dahin gehend Wahrnehmungen? Können Sie uns da etwas mitteilen?

Sebastian Kurz: Ich kenne diese Vorwürfe aus den Medien. Betreffend das Dokument, das Sie mir gerade gegeben haben: Ich kann ausschließen, dass ich jemals einen Auftrag gegeben habe, dass irgendjemand aus dem BVT irgendetwas für mein Wahlprogramm beisteuern soll.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Aus Ihrem eigenen Kabinett auch? Können Sie das auch ausschließen?

Sebastian Kurz: Meinem Kabinett - -

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ob das jemals bei Ihnen Thema war: Darum geht es mir eigentlich.

Sebastian Kurz: In meinem Kabinett arbeiten hochpolitische Leute, ob die Ideen haben oder mitdenken oder sich ehrenamtlich auch wo engagieren, das kann ich Ihnen nicht zu 100 Prozent beantworten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Alles klar.

Dann möchte ich ein weiteres Thema zumindest einmal anfragen, weil das natürlich auch unrealistisch wäre, das am heutigen Tag nicht zu fragen, und zwar sind wir ja alle noch im Bewusstsein dessen, dass es ein sogenanntes Ibizavideo gegeben hat – Sie wissen, wovon ich spreche.

Meine Frage an Sie: Wann haben Sie das erste Mal davon erfahren, dass es das gibt, und wann haben Sie das erste Mal Ausschnitte dieses Videos gesehen? Können Sie das beantworten?

Sebastian Kurz: Dass es ein Video gibt und sozusagen eine ungefähre Schilderung, was da drin enthalten sein könnte – wenn auch nur eine sehr vage Schilderung –, hat mir der Vizekanzler am Vorabend der Veröffentlichung gesagt. Gesehen habe ich Teile des Videos, als sie um, ich glaube, 18 Uhr am Freitag – wenn ich es richtig im Kopf habe – vor in etwa zehn Tagen oder so etwas online gestellt wurden.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): So, und um einen Konnex zum Untersuchungsgegenstand herzustellen, frage ich, ob Sie Wahrnehmungen dazu haben oder ob Sie von irgendjemandem gehört haben, dass es einen Konnex zwischen der Videoerstellung und Mitarbeitern des BVT geben kann. Haben Sie dazu etwas gehört? Wissen Sie dazu etwas?

Sebastian Kurz: Nein.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Sie wissen nichts.

Sie haben selbst in mehreren Interviews – zuletzt in der „Presse“ – gesagt, dass Sie selbst eine persönliche Vermutung oder eine Vermutung – ich nenne es einmal so – haben.

Können Sie dem Ausschuss mitteilen, worauf sich diese Vermutung begründet?

Sebastian Kurz: Ich muss da mit Verdächtigungen sehr vorsichtig sein, aber ich habe meine Erfahrungen was Dirty Campaigning und gewisse Vorgehensweisen von international engagierbaren Wahlkampfleitern betrifft im Nationalratswahlkampf 2017 gemacht. Insofern habe ich, glaube ich, aus dieser Zeit ein Gefühl, welche Personen grundsätzlich für solche Dinge in Frage kommen und fähig sind, so etwas zu tun.

Dann habe ich die Medienberichterstattung zu gewissen Rechtsanwälten, Rechtsanwaltskanzleien aktiv mitverfolgt, und wenn das alles so stimmt, wie ich das lese und höre, dann ergibt sich da bei mir schon ein relativ klares Bild, aus welcher Ecke das kommen könnte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, ich lasse das einmal bewusst so stehen. Das werden andere, nehme ich an, noch weiter fragen. Ich möchte nur aus der Zeit, in der Sie aktiv Bundeskanzler waren, und dann kommt dieses Video eben hoch - - Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt – unabhängig vom Vizekanzler und dann vielleicht auch vom Innenminister – auch mit dem Justizminister in diese Richtung Kontakt? Gab es da einen Austausch bezüglich Ermittlungen, sowohl was die inhaltliche Aussage auf der einen Seite als auch was die Erstellung des Videos betrifft? Haben Sie da Wahrnehmungen dazu, dass da vonseiten des Justizministeriums Aktivitäten gesetzt wurden?

Sebastian Kurz: Ich verstehe die Frage nicht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Na ja, Sie haben jetzt gerade geschildert: Sie haben das erste Mal am Donnerstag irgendetwas davon gehört, am Freitag ist die Geschichte hochgekommen. Meine Frage geht dahin, ob Sie mit dem Justizminister ab diesem Zeitpunkt Kontakt hatten, dass dieser – ich weiß nicht – gesagt hat: Das ist für uns jetzt nicht relevant!, oder: Schauen wir einmal, was passiert!, oder: Da muss man aktiv werden!

Mich interessiert nur die Zeitachse, wer wann welche Aktivitäten gesetzt hat, darum geht es mir.

Sebastian Kurz: Ach so, Entschuldigung, das ist leicht nachzuvollziehen, weil das ja nicht lange her ist. Ich habe mit dem Justizminister kurze Zeit nach Veröffentlichung des Videos gesprochen und er hat mir versichert, dass sämtliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind, um alles zu überprüfen, was potenziell strafrechtlich relevant ist. Das betrifft Inhalte des Videos genauso wie auch die Frage der Erstellung, falls das strafrechtlich relevant ist.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Haben Sie sonst von Ihrer Seite, was dieses Video betrifft, irgendetwas, von dem Sie der Meinung sind, das wäre für den Untersuchungsausschuss interessant zu wissen, was vielleicht noch nicht Teil der medialen Berichterstattung war, von dem Sie aber der Meinung sind, dass es notwendig wäre, untersucht zu werden?

Sebastian Kurz: Also, um ehrlich zu sein: eher offene Fragen als Antworten.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dann habe ich in dieser Runde keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Dann kommen wir zur zweiten Fragerunde. Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Kurz, ich bin nicht nur konsterniert darüber, dass Sie weiterhin immer wieder Herrn Kickl Ihr Vertrauen geschenkt haben, obwohl sich immer wieder herausgestellt hat, dass er Ihnen in Ihren Gesprächen Informationen aktiv verheimlicht hat, ich bin auch darüber sehr negativ erstaunt, dass Sie anscheinend zu keinem Zeitpunkt aktiv – nicht nur abseits von Terminen, sondern aktiv – Gespräche mit Kickl oder Gridling eingemahnt haben, um sich wirklich aktiv im Sinne der Sicherheit in diesem Land zu informieren, weil Sie dann vieles früher als über die mediale Berichterstattung erfahren hätten; und das schlägt für mich dem Fass den Boden aus, dass Sie es anscheinend nicht einmal für nötig erachtet haben, die Zeitung zu lesen, um sich zu informieren, was diese ganze BVT-Causa in der Folge für die Sicherheit im Land heißt.

Sie haben schon gesagt, Sie haben nicht einmal durch die Berichterstattung mitbekommen, dass Kickl R. P. (BVT) persönlich getroffen hat, Sie haben nicht gewusst, dass das Treffen im FPÖ-Klub war – darüber wurde auch medial breit berichtet. Sie haben vorher Kollegen Krainer zugestanden, dass Sie nicht die Berichterstattung über die „except BVT“-E-Mail kannten und daher nicht wissen, was das für dieses Land heißt.

Sie haben nicht gewusst, dass am 5. September hier im Untersuchungsausschuss ein Dokument – schon vor Monaten im BVT geschrieben – vorgelegt wurde, dass eine Suspendierung des BVT im Raum steht. Sie haben sich irgendwann jetzt einmal erinnert, dass irgendetwas mit Neptun und ZQB, sensibelsten Daten, ein Thema war, dass das bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurde. Das heißt, Sie haben es nicht einmal für müßig erachtet, die Zeitung genau zu lesen. Da geht es um die Sicherheit in diesem Land und was für Konsequenzen die Hausdurchsuchung für dieses hatte. Das schockiert mich als Bürgerin massiv – ganz ehrlich.

Ich möchte Sie jetzt entsprechend weiterfragen: Haben Sie Zeitung gelesen?

„Presse“, 18.6.2018: „BVT-Chef: Zusammenarbeit mit Geheimdiensten ‚schwieriger geworden‘ [...] ortet BVT-Leiter Gridling bei ausländischen Geheimdiensten ‚eine gewisse Irritation‘ [...] ‚Ohne Zweifel‘ sei die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten ‚eine schwierigere‘ geworden [...] Im Ausland bestehe ‚eine gewisse Irritation‘, die man durch vertrauensbildende Maßnahmen wieder herrstellen werde.“ – Ist Ihnen das bekannt?

Sebastian Kurz: Ja, ist mir bekannt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie können Sie dann, bitte, am 22. August sagen, die Opposition hätte da irgendwelche Gedanken, der Wunsch sei da Vater des Gedankens, was unsere Sicht der Dinge betrifft, dass es ein Problem mit den Partnerdiensten gibt?

Sebastian Kurz: Lesen Sie die Zitate: „[...] ‚eine gewisse Irritation‘, die man durch vertrauensbildende Maßnahmen wieder herrstellen werde.“

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, nächste Berichterstattung: Über den Ausschuss wurde berichtet – ich lege Dokument 6918 vom 4. September, Seite 40, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da wurde von Kollegen Leichtfried ein Beamter des BVT befragt: „Haben Sie nicht den Eindruck, dass der Schaden ohnehin schon da ist [...]“. –  „Ja, [...] sowieso [...]. Ich habe auch Kontakt mit anderen Kollegen“, und vielen, die sagen, „dass es so bis zu ihrer Pensionierung bleiben kann, denn der Informationsaustausch ist zurückgegangen. Er erfolgt schon noch, aber die Kollegen haben mir eben gesagt: Es ist ungefähr so, wie wenn man sagt, dass wir heute schönes Wetter haben.“ Relevante Informationen wie früher bekommen wir „nicht mehr so viele“.

Haben Sie diese Berichterstattung verfolgt? – Das wurde breit medial berichtet.

Sebastian Kurz: Ich glaube, ich habe vorhin schon beantwortet, dass ich im Großen und Ganzen die mediale Berichterstattung mitverfolgt habe.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie kommen Sie dann zu Ihrer Aussage im „Sommergespräch“, 10. September 2018?

Vorsitzende Doris Bures: Vielleicht geben wir ein wenig Zeit, um sich die Unterlagen auch anzusehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie sagen da, die Zusammenarbeit mit anderen Staaten würde uneingeschränkt stattfinden, keine Veränderung in der Zusammenarbeit. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Sebastian Kurz: Sie können ja auch selber lesen, ich sage da im Interview, es gibt rund 900 Mal pro Monat einen Austausch mit anderen Staaten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe Ihnen gerade vorhin das Gegenargument aus dem Ausschuss berichtet.

Sebastian Kurz: Das entspricht genau denselben Zahlen vom Vorjahr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das habe ich vorhin gerade extra mit Ihnen thematisiert, dass das ein Austausch ist, aber nicht mehr über relevante Informationen.

Sebastian Kurz: Ja, okay, vielleicht haben Sie recht. Ich habe das zitiert, was ich vom BVT-Chef gehört habe, in einer vertraulichen Sitzung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der öffentlich schon längst anderes geäußert hat. Wann war dieses Gespräch mit Herrn Mag. Gridling?

Sebastian Kurz: Das hat er in einer - - im Nationalen Sicherheitsrat, soweit ich weiß, ausgeführt. Der Vertrauensanwalt ist - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das war im Juni. Nehmen Sie derart alte Informationen her, um über die Sicherheitslage in diesem Land im Septembergespräch dem ORF zu berichten, uns alle über die Sicherheitslage im Land zu informieren?

Sebastian Kurz: Schauen Sie, ich glaube, der BVT-Chef ist der, der am besten dazu Auskunft geben kann.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber das war im Juni.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich muss Sie für weitere Fragen auf die nächste Runde verweisen. (Abg. Krainer: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsbehandlung: – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur anmelden, dass wir gerne im Anschluss an die Befragung auch in eine geheime Sitzung gehen würden. (Abg. Pilz: Ich nicht!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde vorschlagen, dass wir diese zweite Fragerunde jetzt fortsetzen und am Ende dieser zweiten Fragerunde eine Fraktionsvorsitzendenbesprechung machen und die weitere Vorgangsweise klären. – Geht das so? Sind Sie damit einverstanden? (Abg. Krainer: Ja!) – Dann werde ich so vorgehen.

*****

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wir kommen jetzt zur Vorgeschichte des Ibizavideos: Ich lege Ihnen das Dokument 7351 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Können Sie uns sagen, welche Funktion Axel Melchior im Jänner 2015 hatte?

Sebastian Kurz: Axel Melchior ist Bundesgeschäftsführer der Volkspartei, er war immer mein Mitarbeiter, im Jänner 2015 war ich, glaube ich, Außenminister – oder?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Richtig.

Sebastian Kurz: Dann war er, glaube ich, zu dieser Zeit mein stellvertretender Kabinettschef.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Richtig, gut. Am 5.5.2015 schickt B. P. (BVT), Chef des nachrichtendienstlichen Referats im BVT, an Axel Melchior folgendes SMS: „Lieber Alex! Hast Du wieder mal Zeit? Es gibt neue Filme! Lg B. P. (BVT)“.

Hat er Ihnen damals über neue Filme berichtet, Ihr stellvertretender Kabinettschef?

Sebastian Kurz: Nein.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich lege Ihnen ein anderes Dokument vor: Dokument 9017. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da sind wir nicht im Mai 2015, sondern am 23. Jänner 2015. Das ist ein Kalendereintrag von B. P. (BVT), „Betreff: VIDEO AXEL“, und das ist in einem Akt, in einem Anlassbericht in Zusammenhang mit B. P. (BVT), Axel Melchior und so weiter. Das ist – da frage ich Sie jetzt gar nicht extra dazu – ein weiterer Hinweis auf einschlägige Videotätigkeiten.

Ist Ihnen bekannt, dass der Anwalt Dr. Ramin Mirfakhrai im Jahr 2015 verschiedenen Personen in Wien sogenannte Strache-Videos angeboten hat?

Sebastian Kurz: Ich habe in den letzten Tagen Gerüchte dazu gehört.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja. „Die Presse“ schreibt zum Beispiel: „Wer steckt hinter dem Ibiza-Video? Erste Spuren führen zu einer Münchner Detektei und einem Wiener Advokaten, der schon 2015 verfängliches Material über die FPÖ feilgeboten haben soll“, und „Österreich“ schreibt am 26. Mai dieses Jahres: „Mirfakhrai ging schon mehrmals mit angeblich belastendem Videomaterial gegen Strache hausieren. 2015 bot er solches ÖVP- und SPÖ-nahen Politik-Beratern an – um angeblich 1 Mio. Euro.“

Hat Ihnen Ihr damaliger stellvertretender Kabinettschef, der mit Herrn B. P. (BVT) in Austausch stand, genau in diesem Zeitraum über Filme, über neue Filme, über irgendwelche Filme berichtet? (Auskunftsperson Kurz: Nein!) Haben Sie da - - Können Sie zu 100 Prozent ausschließen, dass Sie damals Informationen über angebotene Strache-Videos erhielten?

Sebastian Kurz: Ich Informationen?

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nur Informationen. (Auskunftsperson Kurz: Nein!) Können Sie das vollkommen ausschließen?

Sebastian Kurz: Mir hat niemand ein Video angeboten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Es geht nicht darum, ob es Ihnen angeboten worden ist, sondern ich habe Sie gefragt, ob Sie irgendwelche Informationen hatten, dass in dieser Zeit Strache-Videos angeboten worden sind?

Sebastian Kurz: Wie gesagt, ich habe in den letzten Tagen die Gerüchte gehört und ich glaube, „Die Presse“ hat darüber berichtet.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich wiederhole ein drittes Mal meine Frage: Können Sie ausschließen, dass Sie damals zeitnah, 2015, über Strache-Videos, die angeboten wurden, informiert wurden?

Sebastian Kurz: Ja, ich wusste nichts von irgendwelchen Videos.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Können Sie ausschließen, dass Sie damals irgendwelche Informationen darüber erhalten haben? Ich möchte da möglichst präzise sein.

Sebastian Kurz: Ich kann mich an keinerlei Information über irgendwelche Videos erinnern.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja. Hat Ihnen Ihr damaliger stellvertretender Kabinettschef irgendetwas über irgendwelche Filme gesagt?

Sebastian Kurz: Nein, ich kann Ihnen gern sagen, was er mir gesagt hat.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, bitte.

Sebastian Kurz: Ich war bei einer Veranstaltung, wo, glaube ich, dieser Herr. B. P. (BVT) anwesend war, und einen Termin bei mir wollte. Axel Melchior war meine Terminbegleitung – so wie das eben üblich ist als Minister –, und hat mir, glaube ich, soweit ich weiß, den Termin abgenommen, indem er mit dem Herrn  B. P. (BVT) einen Termin gemacht hat, damit ich mir das erspare.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, und hat er Ihnen dann über diesen Termin berichtet?

Sebastian Kurz: Meine Kabinettsmitarbeiter haben mir im Regelfall immer nur berichtet, wenn irgendetwas Relevantes bei Terminen war, und nicht bei allen möglichen Terminen, die sie einfach so erledigt haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wäre ein Strache-Video etwas Relevantes gewesen?

Sebastian Kurz: Davon gehe ich aus, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich auch.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie noch eine kurze Frage haben, und dann muss ich Sie auf die nächste Runde verweisen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich komme genau mit einer kurzen Frage aus: Ist Ihnen bekannt, dass - - Na, ich bringe es Ihnen einfach zur Kenntnis: Dr. B. P. (BVT) ist zu diesem Sachverhalt befragt worden, hat das Treffen bestätigt und hat auch bestätigt, dass das Treffen selbstverständlich einen dienstlichen Charakter gehabt habe. Es gibt dann noch, ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, so Hinweise auf cineastische Vorlieben und so weiter.

Vorsitzende Doris Bures: Das würde auch die Redezeit strapazieren. Danke vielmals. – Frau Abgeordnete Schwarz, bitte.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Wir halten Ihnen Dokument 9390, die Seite 49, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Hier hat Axel Melchior vor der WKStA diesbezüglich ausgesagt, beide seien Cineasten, also Filmliebhaber.

Hätte Sie Ihr stellvertretender Kabinettschef über private Filme informieren müssen?

Sebastian Kurz (erheitert): Nein, das hätte er nicht – und, um ganz ehrlich zu sein: Kabinettsmitarbeiter nehmen einem als Minister oder als Bundeskanzler so viele Termine ab, wenn einem die über jeden Termin etwas erzählen würden, wäre der Tag vorbei.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Danke schön. – Ich möchte noch einmal auf das Bundesministeriengesetz zurückkommen. Ist es korrekt, dass dieses Bundesministeriengesetz lediglich die Zuständigkeiten, aber nicht die Kompetenzen regelt?

Sebastian Kurz: Das ist richtig. Die Kompetenz der Berichtspflicht war im Regierungsprogramm vorgesehen, das wäre geplant gewesen in den Monaten bis zum Sommer auch umzusetzen. Dazu sind wir aber aufgrund des Regierungsendes nicht mehr gekommen.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Das heißt, die Bundesregierung war dabei, erst jetzt die Möglichkeiten der Auskunft und der Berichte im Polizeilichen Staatsschutzgesetz und im Militärbefugnisgesetz zu ändern.

Sebastian Kurz: Ich wollte das, es ist auch im Regierungsprogramm ausverhandelt gewesen. Daher haben wir Druck auf den Koalitionspartner gemacht, dass das auch umgesetzt wird – und in dieser Umsetzungsverhandlung waren wir gerade, als die Regierung geplatzt ist, daher ist das noch nicht beschlossen. Verhandlungen dazu haben aber bereits stattgefunden.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Das heißt aber, Sie hatten zum jetzigen Zeitpunkt oder zum damaligen Zeitpunkt nur die Möglichkeit, sich an den Bundesminister für Inneres zu wenden? (Abg. Krainer: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Eine Sekunde. Ich würde die Antwort abwarten und dann machen wir die Geschäftsordnungsrunde.

Sebastian Kurz: Das müssen Juristen interpretieren.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann Herr Abgeordneter Krainer zur Geschäftsbehandlung.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das war ein falscher Vorhalt. Hier werden wieder Auskunftsrecht und Berichtspflicht vermengt, das sind zwei verschiedene Sachen. Die Berichtspflicht ist selbstverständlich nicht umgesetzt, aber die Auskunftspflicht wurde mit der Stimme von Herrn Kurz am 20. Dezember 2017 im Nationalrat bei der 5. Sitzung beschlossen, vom Bundesrat am 22., und, ich glaube, am 28. Dezember mit der Unterschrift des Bundeskanzlers Kurz kundgemacht, und ist seitdem rechtswirksam.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Frau Abgeordnete Schwarz.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich halte fest, dass das nicht richtig ist. (Abg. Krainer: Was war jetzt falsch?) Noch einmal, das Bundesministeriengesetz regelt die Zuständigkeiten, aber nicht die Kompetenzen. Die Kompetenzen müssen in den Materiengesetzen geändert werden. Das ist nicht erfolgt. – Das ist so, Herr Kollege Krainer. Wenn nicht, würde ich Sie bitten, den zuständigen Klubsekretär Ihrer Fraktion zu kontaktieren und sich das erklären zu lassen. (Abg. Krainer: Das habe ich schon vor Wochen getan!)

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Wollen Sie, Herr Dr. Strauss?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nein, ich mische mich da nicht ein. – Danke.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Dann sind Sie, Frau Abgeordnete Schwarz, als Fragestellerin am Wort.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Ich möchte noch auf einen Punkt zurückkommen: Ist Ihnen bekannt, dass Herr N. B. (BVT), den Kollegin Krisper zitiert hat, Systemadministrator im BVT ist und grundsätzlich mit dem Austausch von Partnerdiensten nichts zu tun hatte?

Sebastian Kurz: Wer ist Herr N. B. (BVT)?

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr N. B. (BVT) ist der, den Kollegin Krisper zitiert hat – das Protokoll, das Ihnen vorgelegt wurde.

Sebastian Kurz: N. B. (BVT) oder B.?

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): N. B. (BVT).

Sebastian Kurz: Ich weiß nicht, wer das ist.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Danke. – Damit ist meine Frage auch schon beantwortet.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Können Sie ausschließen, dass Sie während der laufenden Hausdurchsuchung von der Hausdurchsuchung informiert wurden?

Sebastian Kurz: Kann ich ausschließen.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Dann möchte ich Ihnen nämlich die mündliche Anfragenbeantwortung des Innenministers vom 19. März 2018 vorlegen, wonach der Innenminister bei der Beantwortung der Frage 35 sagt: „Ich habe Kanzler und Vizekanzler am Rande des Ministerrats am 28. Februar informiert.“ (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch? Was sagen Sie dazu?

Sebastian Kurz: Also soweit ich das weiß, war ich am 28. Februar nicht im Ministerrat, sondern im Ausland auf einer Dienstreise, aber das müsste sich leicht nachvollziehen lassen. Dass der Innenminister mit mir Gespräche dazu geführt hat und mich auch informiert hat, das habe ich bereits ausgesagt. An welchem Tag das genau war, das weiß ich nicht. Am 28. Februar war ich im Ausland, da muss er wahrscheinlich den Vizekanzler gemeint haben.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ja, es ist offenbar bekannt, dass Innenminister Kickl da falsche Aussagen tätigt oder Fragen falsch beantwortet. – Gut.

Eine weitere Frage hinsichtlich des Bundesgeschäftsführers der ÖVP, Axel Melchior: Da hätte mich interessiert, ob Sie wussten oder ob er Ihnen berichtet hat, dass er sich mehrfach mit einem hochrangigen Beamten des Verfassungsschutzes getroffen hat, nämlich zu dem Thema Causa Lansky.

Sebastian Kurz: Meinen Sie Herrn B. P. (BVT) oder wen anderen?

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich meine Herrn B. P. (BVT), ja. (Auskunftsperson Kurz: Ja!) – B. P. (BVT) heißt er, nicht P..

Sebastian Kurz: B. P. (BVT), okay. Also ich habe es vorher schon geschildert, insofern kann ich Ihnen nur noch einmal die Schilderung so ausführen wie vorhin. Es gab eine Veranstaltung, soweit ich weiß, glaube ich, war die in Niederösterreich oder im Burgenland. Herr B. P. (BVT) war dort anwesend, weil er, glaube ich, irgendwann einmal in der Volkspartei aktiv war, und wollte einen Termin bei mir. Den wollte ich mir aus zeitlichen Gründen ersparen, und der Kabinettsmitarbeiter, der mich begleitet hat, Axel Melchior, hat dann diesen Termin, soweit ich weiß, übernommen.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Es gab allerdings drei Termine mit Herrn B. P. (BVT), und nachdem Sie heute selbst gesagt haben, dass Herr Melchior Ihnen doch politisch sehr nahe steht, frage ich Sie jetzt nochmals: Können Sie ausschließen, dass Sie davon wussten, oder können Sie auch ausschließen, dass Sie ihn selbst beauftragt haben, sich mit Herrn B. P. (BVT) zu treffen?

Sebastian Kurz: Ich habe natürlich - - Also ich war ja natürlich dabei. Entschuldigung, ich habe - - Wie oft soll ich es Ihnen denn noch sagen? Es war - -

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Sie haben meine Fragen nicht beantwortet. (Auskunftsperson Kurz: Was heißt, ich habe - -?) Ich wollte wissen, ob Sie davon unterrichtet waren oder Ihnen berichtet wurde, dass sich Herr Melchior mit Herrn B. P. (BVT) getroffen hat.

Sebastian Kurz: So, jetzt wundere ich mich bald.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich versuche es jetzt nochmals und ich versuche es ein bisschen anders.

Sebastian Kurz: Okay.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Gut, Sie haben gesagt, Sie wussten von einem Treffen. Das kann ich jetzt nachvollziehen, es geht aber um die Frage, ob Sie auch vom Inhalt dieser Treffen wussten?

Sebastian Kurz: Nein.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Gut, daher können Sie das ausschließen, dass der Gegenstand der Gespräche zwischen Herrn Melchior und Herrn B. P. (BVT) die Causa Lansky war?

Sebastian Kurz: Ich weiß nicht, was die beiden besprochen haben, insofern kann ich gar nichts ausschließen und auch gar nichts bestätigen. Ich war bei dem Termin nicht dabei.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Gut. Das heißt, Herr Melchior hat Ihnen nie davon berichtet und auch nicht im Nachhinein erzählt, was die Diskussion war oder was der Inhalt des Gesprächs war?

Sebastian Kurz: Meine Kabinettsmitarbeiter haben unzählige Termine für mich übernommen. Er hat mir damals nicht berichtet, was er genau mit demjenigen besprochen hat. Ich bin dem auch nicht nachgegangen.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Ich möchte Ihnen ein Dokument mit der Nummer 9268 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Es geht um ein E-Mail, nämlich von Frau Kardeis an Herrn Gridling. In diesem E-Mail wird davon berichtet, dass ein Auftrag des Ministerkabinetts an sie ergangen sei, nämlich vom Verfassungsschutz fünf Punkte für das Wahlprogramm der ÖVP zu erarbeiten oder an die ÖVP zu liefern. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Daher möchte ich Sie dazu befragen, Herr Kurz, ob Sie - -

Vorsitzende Doris Bures: Vielleicht geben wir ihm einmal die Möglichkeit, dass Herr Kurz das E-Mail auch liest.

Sebastian Kurz: Geht schon, ich brauche es nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Bitte?

Sebastian Kurz: Von mir aus geht es.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann die Frage zu dem Mail:

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Haben Sie diesbezüglich Wahrnehmungen?

Sebastian Kurz: Ich glaube, das Thema ist vorher schon behandelt worden.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Können Sie ausschließen, dass Sie mit dem vormaligen Innenminister Herrn Sobotka jemals darüber geredet haben, oder jemand den Auftrag erteilt haben, nämlich dass der Verfassungsschutz Inputs für das Wahlprogramm der ÖVP liefern soll?

Sebastian Kurz: Kann ich ausschließen.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Eine weitere Frage bezieht sich auf Herrn B. P. (BVT), von dem wir ja schon geredet haben, der ja bekannterweise den Wählerevidenzaccount der ÖVP benutzt hat und dadurch Zugriff auf Tausende, Zehntausende Daten über Zehntausende Personen hatte. Meine Frage an Sie ist, ob Sie jemals den Auftrag gegeben haben, dann, wie Sie davon Kenntnis erlangt haben, dem nachzugehen oder das aufzuklären.

Sebastian Kurz: Ja, ich habe das hinterfragt, als das medial öffentlich wurde.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage in der Runde noch.

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Was heißt das genau, dass Sie das hinterfragt haben? Was haben Sie für Schritte und konkrete Maßnahmen gesetzt?

Sebastian Kurz: Ich habe den Generalsekretär gebeten, herauszufinden, was da los ist. 

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Und was war die Antwort? (Rufe bei der ÖVP: Nächste Runde!)

Vorsitzende Doris Bures: Die Frage ist jetzt noch zulässig.

Sebastian Kurz: Ich glaube, er hat mir gesagt, dass er sich das so nicht erklären kann.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich möchte noch einmal ganz kurz, weil es zuerst Thema war, auf diesen Komplex der Hausdurchsuchungen zurückkommen. Vorredner von mir sind ja schon darauf eingegangen, dass es da eben Datensicherstellungen gegeben hat. Meine Frage an Sie ist, ob Sie Wahrnehmungen haben, dass zum Beispiel der Justizminister jemals der Meinung war – vielleicht hat er mit Ihnen darüber gesprochen –, dass die beschlagnahmten Daten bei der WKStA nicht sicher sind oder nicht sicher verwahrt werden. Wissen Sie darüber irgendetwas?

Sebastian Kurz: Darüber weiß ich nichts.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Gut, ich auch nicht. Ich wollte es nur wissen, weil das ja eine nicht unrelevante Frage ist, wenn man sagt, da gibt es irgendwo ein Datenleck, und da kommen irgendwo Daten her, man weiß nicht woher. Sie haben dazu also keine Wahrnehmungen.

Ein weiterer Punkt war – Sie haben das zuerst im Zuge einer Befragung gesagt –, dass verschiedene Medienberichte sich in weiterer Folge als falsch herausgestellt haben. Haben Sie eigentlich Wahrnehmungen dazu, dass Medienberichte, gerade auch über den Untersuchungsausschuss, zum Schaden des BVT gewesen sein könnten?

Sebastian Kurz: Das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass es immer wieder Gerüchte gab, die in Journalistenkreisen und in der Wiener Politikbubble diskutiert wurden, dass die Hausdurchsuchung ohne richterliche Genehmigung erfolgt wäre oder dass dort die Tür eingetreten worden wäre oder die Sturmhauben aufgehabt hätten oder die Hausdurchsuchung mit gezogener Waffe stattgefunden hätte, und soweit ich weiß, haben sich viele dieser Gerüchte als falsch herausgestellt.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Dann habe ich noch eine andere Frage an Sie, und zwar: Wir haben zuerst schon von Abgeordnetem Pilz ein paar Fragen zu diesem Ibizakomplex gehört. Ich habe Sie auch schon dazu gefragt. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Wie stehen Sie eigentlich persönlich zu Herrn Steiner und zu Herrn Daniel Kapp?

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Frau Abgeordnete Schwarz, bitte.

*****

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte den Verfahrensrichter bitten, herauszufinden, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat.

Vorsitzende Doris Bures: Ich frage, bevor der Herr Verfahrensrichter antwortet, ob es sonst noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung gibt. – Herr Dr. Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT) (zur Geschäftsbehandlung): Es hat in der letzten Zeit immer wieder zumindest mediale Hinweise auf einen möglichen nachrichtendienstlichen Hintergrund und einen BVT-Hintergrund dieser sogenannten Ibizaaffäre gegeben, die wir überprüfen müssen. Darum geht es offensichtlich, und mangels Befragungsergebnissen können wir ja jetzt noch nichts dazu sagen. Ich nehme an, dass Kollege Jenewein deshalb fragt.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung? – Herr Dr. Strauss, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich möchte wissen: Woran stoßen Sie sich? An den Namen? Können Sie dann die ... Sie werden ja einen Grund haben, warum Sie diese Namen mit dem Untersuchungsgegenstand in Verbindung bringen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Entschuldigung! Wenn ich Ihnen jetzt das Mikrofon abgedreht habe, war ich etwas zu schnell.

Na ja, natürlich ist diese Ibizacausa zurzeit Causa prima der Republik und der medialen Berichterstattung. Der Hintergrund ist natürlich auch, dahin gehend Nachschau zu halten, ob es da eventuelle personelle Kontakte gegeben hat, die im Endeffekt auch zu den Urhebern führen könnten. Was natürlich durchaus ein berechtigter Einwand ist, ist, dass wir dazu derzeit keine Akten haben.

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Ich kann daher die Namen auch nicht zuordnen, und ich weiß auch nicht, wie diese Namen zum Untersuchungsgegenstand stehen. Daher kann ich dazu jetzt nichts sagen, wenn Sie mir da nichts Näheres ausführen, aber an sich ist eine Frage nach bestimmten Namen im Ausschuss durchaus zulässig. Wenn Sie sagen, dass die etwas damit zu tun haben, dann können Sie fragen, nur, ich kann es derzeit nicht überprüfen.

Vorsitzende Doris Bures: Vielleicht können Sie, Herr Abgeordneter, noch einmal den Zusammenhang darstellen und dann die Frage wiederholen.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der Zusammenhang wird sich dann eventuell ergeben, wenn der Ausschuss Aktenlieferungen hat. Derzeit ist es etwas schwierig, da einen Zusammenhang zu konstruieren. Ich möchte die Fragestellung in dieser Form einmal zurücknehmen, weil es wirklich – ich sage einmal so – schwer stringent aufgrund des Beweisthemas derzeit argumentierbar ist.

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Vorsitzende Doris Bures: Dann sind Sie aber als Fragesteller weiter am Wort. – Bitte.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Vielleicht kommen wir in einer der nächsten Befragungen noch zu diesem Thema.

Ich möchte vielleicht abschließend, was diese gesamte Ibizageschichte betrifft, fragen: Können Sie von Ihrer Wahrnehmung, von Ihrer Warte aus ausschließen, dass es unter Umständen direkte personelle Kontakte aus Ihrem Wahlkampfteam zu jener Personengruppe, die Sie selbst zuerst sehr vorsichtig umschrieben haben, die Sie selbst verdächtigen, dass sie hinter den Erstellern dieses Videos steht, gibt? Können Sie das ausschließen, dass es da Kontakte vom ÖVP-Wahlkampfteam in eine bestimmte Richtung gibt?

Sebastian Kurz (erheitert): Eine sehr breit formulierte Frage. (Abg. Jenewein: Ganz genau!) Also die Verschwörungstheorie, die Sie da gerade spinnen wollen, die ist absurd. Wer aus meinem Team wen genau kennt oder schon einmal in seinem Leben getroffen hat, das weiß ich nicht.

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Ich habe keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Gut, dann werde ich, wie vorhin angekündigt, die Sitzung jetzt unterbrechen. Ich bitte die Fraktionsvorsitzenden zu mir, um die weitere Vorgangsweise zu klären.

Die Sitzung ist für ein paar Minuten unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 17.26 Uhr unterbrochen und um 17.32 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

17.32

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich habe vernommen, dass es eine Einigung gibt, dass wir die dritte Fragerunde in medienöffentlicher Sitzung, 1 Minute pro Fragesteller beziehungsweise Fragestellerin, jetzt noch durchführen und nachher in einen geheimen Sitzungsteil übergehen, weil Dokumente der Stufe 3 vorgelegt werden sollen. Da sind 2 Minuten vereinbart. Ist das so? – Gut, dann werde ich so vorgehen.

Wir kommen zur dritten Fragerunde. Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Kurz! Um auf Ihre ausweichenden Aussagen vom Beginn zu referenzieren: Die Justiz hat alles gemacht, die Hausdurchsuchung im BVT wurde für rechtswidrig erklärt, alle Suspendierungen wurden als rechtswidrig abgeurteilt. Das Parlament hat alles gemacht, wir haben Anfragen gestellt, wo wir konnten, um aufzuklären. Der Untersuchungsausschuss hat Superaufklärungsarbeit geleistet, über die Sie sich aber anscheinend, wie heute herauskam, nicht einmal übers Zeitunglesen informiert haben.

Meine Wahrnehmung aus der Befragung ist, dass Sie sich bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir jetzt sind, dass wir von den Partnerdiensten isoliert sind – ein massives Sicherheitsrisiko für unser Land –, aktiv in Unkenntnis über die Gefährdungslage gehalten haben. Das Einzige, was Sie anscheinend aktiv gemacht haben, ist, die Öffentlichkeit in den wenigen Pressestatements und Aussagen, die Sie öffentlich zu dieser Causa und zu den Folgen dieser Causa getätigt haben, falsch zu informieren – das letzte Mal in der Sondersitzung am 16. Mai. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Bitte erklären Sie, wie Sie sich nach öffentlichen Medienberichterstattungen wie am 29. März in der „Bild“: „Keine Geheim-Infos für Ösi-Minister“, am 1. April im „Spiegel“: „Österreichs Geheimdienst sieht sich international isoliert“, entsprechender Berichterstattung in „New York Times“ und „Washington Post“ zu dieser Antwort auf unsere Frage in der Sondersitzung durchgerungen haben: „Liegen Ihnen Informationen vor, dass Österreich vom Informationsaustausch, der zwischen Geheim- und Nachrichtendiensten Europas geschieht, zumindest teilweise ausgeschlossen ist?“

Wie konnten Sie auf diese Frage nicht einfach antworten: Ja!, um die Bürger ehrlich zu informieren, und wieso haben Sie stattdessen eine massiv ausweichende Antwort gegeben?

Sebastian Kurz: Ich verstehe die Frage nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben Sie diese Frage nicht einfach wahrheitsgemäß mit Ja beantwortet, sondern massiv ausweichend geantwortet?

Sebastian Kurz: Ich habe immer versucht, nach bestem Wissen und Gewissen zu antworten, und habe gleichzeitig versucht, die Öffentlichkeit nicht zu verunsichern.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wieder zu den Videos: Es ist nachweislich nicht um einen Termin von Herrn B. P. (BVT) bei Ihnen gegangen, sondern um regelmäßige Treffen Melchior  B. P. (BVT); Treffen 25.8.2014 zwischen den beiden – Café Hofburg, Treffen 23.1.2015 zum Zweck Video – Café Griensteidl, Treffen 27.10.2015 – Café Hofburg, und dann noch SMS, Telefonate und so weiter.

Warum hat es 2014, 2015 regelmäßige Kontakte zwischen Ihrem stellvertretenden Kabinettschef und dem Referatsleiter Nachrichtendienst im BVT gegeben?

Sebastian Kurz: Er ist, glaube ich, ohnehin vorgeladen. Dann können Sie ihn selbst fragen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das war nicht meine Frage. Nach den Ladungslisten frage ich keinen Altkanzler, sondern ich frage Sie, warum es diese Treffen gegeben hat.

Sebastian Kurz: Meine Wahrnehmung habe ich Ihnen bereits geschildert.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist irgendjemand bereit, den Herrn Altkanzler darauf hinzuweisen, dass ich eine Frage gestellt habe und eine Antwort erwarte? (Abg. Prinz: Antwort ist eh gegeben worden!) Warum hat es diese Treffen, die regelmäßigen, zwischen Ihrem stellvertretenden Kabinettschef und dem Leiter des Referats Nachrichtendienst im BVT gegeben? (Abg. Prinz: Er kann nur antworten, was er weiß!)

Sebastian Kurz: Ich habe Ihnen schon gesagt, wie das erste Treffen zustande gekommen ist, und ich gehe davon aus, dass es der Wunsch dieses Herrn B. P. (BVT) war.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Haben diese Treffen hinter Ihrem Rücken stattgefunden, oder sind Sie über diese Treffen informiert worden?

Sebastian Kurz: Weder noch.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Nein, wirklich, Herr Altkanzler! Ich halte überhaupt nichts davon - - (Auskunftsperson Kurz: Herr Kurz reicht für Sie, Herr Pilz!) Nein, Herr Altkanzler.

Herr Altkanzler! Ich halte überhaupt nichts davon, wenn Sie im Untersuchungsausschuss jetzt die Antwortroute schließen. Ich möchte von Ihnen auf klare Fragen klare Antworten haben, und Sie haben bis jetzt meine Frage nicht beantwortet.

Da gibt es einen Betreff Filme, da sagt Herr B. P. (BVT) aus dem BVT - -

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie wissen, wir haben in der dritten Fragerunde 1 Minute Zeit. Das heißt, Sie können die Frage gerne noch einmal wiederholen, Sie können nur nicht die ganze Geschichte nach 41 Sitzungen Untersuchungsausschuss noch einmal wiederholen, das geht sich nicht aus. Sie können also die Frage noch einmal formulieren.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich bin ganz Ihrer Meinung, Frau Präsidentin, ich bin ganz Ihrer Meinung.

Jetzt im Wissen, dass es da um neue Filme geht, also auch alte Filme existieren müssen, es einen Termin mit Betreff „VIDEO“ gibt, es offensichtlich mehrere Treffen gibt, es regelmäßige telefonische Kontakte gibt: Können Sie uns sagen, was der Zweck dieser regelmäßigen Treffen unter dem Titel alte Filme, neue Filme, „VIDEO“ zwischen B. P. (BVT) und Melchior war?

Sebastian Kurz: Dazu habe ich keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Danke.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Ich möchte noch einmal auf die Aussage von Herrn Melchior vor der WKStA Bezug nehmen, in der es durchaus darum gegangen ist, das mit cineastischen Vorlieben der beiden Personen, die genannt wurden, zu erklären. Ist es üblich im Kabinett, dass Ihre Mitarbeiter Ihnen jeweils am nächsten Tag vorlegen, welche Termine sie am Vorabend oder Vortag wahrgenommen haben?

Sebastian Kurz: Nein, natürlich nicht.

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Danke schön.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Kurz! Ich würde gerne wissen, nachdem „New York Times“, „Washington Post“, „FAZ“, „Die Welt“, „Süddeutsche“, „Handelsblatt“, „NZZ“, „Guardian“, „Telegraph“, „Le Monde“, you name it, alle Zeitungen der Welt über eingeschränkte Zusammenarbeit der westlichen Geheimdienste mit dem österreichischen Geheimdienst berichten: Was haben Sie getan, um sich zu informieren: a) Wie groß ist der Schaden?, und b) Wie kann ich diesen Schaden beheben?

Sebastian Kurz: Mein Eindruck war, dass das nicht durch politische Einflussnahme besser wird, sondern schlicht und ergreifend durch ein Arbeitenlassen des BVT unter der Leitung von Herrn Gridling, der mein Vertrauen genießt, und zum Zweiten durch volle Aufklärung durch die Justiz und auch durch den Untersuchungsausschuss. Das hielt ich damals für das Beste, und ich glaube, dass das auch heute die richtige Einschätzung dazu ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie sind Sie zu diesem Eindruck gekommen?

Sebastian Kurz: Durch Aussagen von Herrn Gridling und durch mein Gefühl, dass eine Vermischung von Politik und nachrichtendienstlicher Tätigkeit niemandem guttut.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann haben Sie das letzte Mal Aussagen von Herrn Gridling gehört?

Sebastian Kurz: In unterschiedlichen Sitzungen, als ich noch Bundeskanzler war. (Abg. Duzdar: Das war vor einer Woche!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, ich kann die Frage nur wiederholen. Meine Frage war: Nicht wo, sondern wann haben Sie das letzte Mal von Herrn Gridling Äußerungen gehört, wann?

Sebastian Kurz: In verschiedenen Sitzungen des Nationalen Sicherheitsrates; wann, weiß ich nicht genau.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Letztes Jahr?

Sebastian Kurz: Ich habe es gerade geantwortet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War das heuer? Haben Sie heuer noch irgendetwas mit Herrn Gridling gesprochen, oder irgendetwas von ihm gehört?

Sebastian Kurz: Ich habe ihn meiner Wahrnehmung nach auch heuer noch in Sitzungen gesehen, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): In welchen Sitzungen und wann waren die?

Sebastian Kurz: Nationaler Sicherheitsrat, Datum weiß ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Monat?

Sebastian Kurz: Weiß ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Quartal?

Sebastian Kurz: Schauen Sie im Kalender nach!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe keinen Kalender vom NSR.

Sebastian Kurz: Können Sie sicherlich anfordern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie wissen nicht, ob das heuer war? Sie glauben, heuer schon, aber Sie wissen es nicht?

Sebastian Kurz: So ist es.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und in diesen Sitzungen hat er ausdrücklich gesagt: Lassen Sie mich arbeiten, das soll ja nicht auf die politische Ebene!?

Sebastian Kurz: Nein, so habe ich das nicht formuliert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie konnten Sie dann diesen Eindruck bekommen, heuer?

Sebastian Kurz: Mein Eindruck ist, dass es nicht die Aufgabe von Regierungschefs ist, auf das Innenministerium Einfluss zu nehmen, dass es nicht die Aufgabe des Regierungschefs ist, dem Chef des BVTs zu sagen, wie er seinen Job zu machen hat.

Mein Eindruck ist (Abg. Duzdar: Er kann Sie zumindest informieren!), dass sich Herr Gridling seinen Möglichkeiten nach bemüht hat, den Kontakt mit den ausländischen Geheimdiensten auf einem guten Niveau zu halten oder sogar noch auszubauen. Ich glaube, dass er sich sehr bemüht hat und nach wie vor bemüht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, ein Innenminister, unter dessen Verantwortung Österreich von den Geheimdiensten isoliert ist, ist kein Problem, aber ein ehemaliger Generalsekretär, wo es irgendwelche Vorwürfe einer möglichen Parteienfinanzierung gibt, der jetzt Innenminister ist, der ist ein Problem?

Sebastian Kurz (in Richtung Verfahrensrichter): Ist das Teil des Untersuchungsausschusses?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Strauss bittet, noch einmal den Untersuchungsgegenstand herzustellen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wenn die Auskunftsperson diese Frage nicht beantworten will, nehme ich das gerne als Antwort hin. (Zwischenruf bei der ÖVP – Abg. Krainer: Ich überlasse das der Auskunftsperson!)

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Entschuldigen Sie, ich habe die Frage nicht verstanden, wo sie hin soll.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, bitte formulieren Sie noch einmal die Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ein Innenminister, unter dessen Tätigkeit Österreich isoliert wird, und der damit eine Gefahr nicht nur für die Reputation der Republik, sondern für die innere und nationale Sicherheit ist – Zitat Leiterin des BVT, Zitatende –, ist kein Problem, aber jemand, der früher einmal Generalsekretär war, wo es Vorwürfe der Parteienfinanzierung gibt, der aber heute Innenminister ist, der ist ein Problem?

Herr Kurz muss das nicht beantworten, wenn er nicht will.

Sebastian Kurz: Ich kann das gerne beantworten. Schauen Sie, ich glaube, wenn es einen Vertrauensverlust gab, dann gab es den meiner Einschätzung nach – aber Herr Gridling wird Ihnen das besser beantworten können und Experten im nachrichtendienstlichen Bereich auch, ich bin kein Experte in diesem Bereich – vor allem wegen der Hausdurchsuchung. Das ist mein Eindruck.

Insofern glaube ich, ja, nachdem diese Hausdurchsuchung stattgefunden hat, ist das Einzige, was man tun kann, Aufklärung im Sinne der Justiz, im Sinne des Untersuchungsausschusses, und den Nachrichtendienst arbeiten lassen, um Vertrauen, falls es verloren gegangen ist, wieder aufzubauen. Das ist meine Wahrnehmung und - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Steht in direktem Widerspruch zu den Aussagen, die wir hier gehört haben. (Abg. Schwarz: Redezeit!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Das war jetzt nur eine Ergänzung, keine Fragestellung.

Mir liegt seitens der freiheitlichen Fraktion für diese Runde keine Wortmeldung mehr vor.

Herr Dr. Strauss, möchten Sie in der medienöffentlichen Runde noch eine ergänzende Frage stellen?

Verfahrensrichter Dr. Eduard Strauss: Nein, danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Gut, wenn das nicht der Fall ist, dann liegen mir jetzt nur mehr Fragen vor, die in geheimer Sitzung zu behandeln sind.

Das bedeutet, dass ich jetzt alle Personen, die nicht berechtigt sind, den Beratungen in Stufe 3 zu folgen, ersuche, das Ausschusslokal zu verlassen.

Ich verabschiede mich natürlich in diesem Zusammenhang auch bei den Vertreterinnen und Vertretern der Medien. Ich ersuche diese auch, das Ausschusslokal zu verlassen.

Ich bitte die Parlamentsdirektion, die Übertragung einzustellen und auch zu überprüfen, ob sich im Ausschusslokal nur mehr Teilnahmeberechtigte befinden. (Die Auskunftsperson wendet sich an den Verfahrensrichter.)  Herr Dr. Strauss, darf ich das nur kurz ausführen, bevor wir irgendwie in Unruhe geraten?

Ich bitte also noch einmal, alle Personen zu überprüfen, ob sie teilnahmeberechtigt sind.

Jetzt ist ganz wichtig: Die technischen Geräte – technische Geräte sind Handys – sind nicht auf Flugmodus zu stellen, sondern entweder draußen abzugeben oder abzudrehen; das Ganze gilt auch für Laptops, also Nichtinbetriebnahme.

Da Unterlagen noch im abhörsicheren Raum kopiert werden und wir die Kollegin im abhörsicheren Raum auch nicht erreichen können, gehen wir nach Auskunft der Parlamentsdirektion davon aus, dass wir noch circa 15 bis 20 Minuten Zeit brauchen, um all diese Vorbereitungen für die geheime Sitzung vorzunehmen.

Das heißt, ich unterbreche die Sitzung jetzt einmal bis 18 Uhr und dann schauen wir, ob wir in geheimer Sitzung fortfahren können.

*****

 

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird von 17.46 Uhr bis 18.05 Uhr unterbrochen.  Fortsetzung: 18.05 Uhr bis 18.06 Uhr vertraulich; siehe gesonderte Auszugsweise Darstellung, vertraulicher Teil. Fortsetzung: 18.07 Uhr bis 18.23 Uhr geheim; siehe Protokoll der geheimen Befragung unter Verwendung von Informationen der Klassifizierungsstufe 3.)