251/KOMM XXVI. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017 (1/US XXVI.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Karl Gruber in der 27. Sitzung vom 28. Mai 2019

Der Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017 hat in seiner 29. Sitzung am 7. Juni 2019 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Karl Gruber zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2019 06 07

 

 

                           Mag. Michael Hammer                                                            Johann Rädler

                                     Schriftführer                                                               Vorsitzender-Stellvertreter

 

                                        

 





 

 

Untersuchungsausschuss

zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2017

 

 

Stenographisches Protokoll

 

27. Sitzung/medienöffentlich

Dienstag, 28. Mai 2019

Gesamtdauer der 27. Sitzung

10 Uhr – 16.40 Uhr

Lokal 7


Befragung der Auskunftsperson Generalmajor Mag. Karl Gruber

Vorsitzender Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf dem Herrn Verfahrensrichter zur Belehrung der Auskunftsperson und zur Erstbefragung das Wort erteilen. – Bitte sehr, Herr Dr. Rohrer.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Herr Mag. Gruber, ich darf Sie auch im eigenen Namen begrüßen. Mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin der Verfahrensrichter. Auftrags des Herrn Vorsitzenden habe ich Sie über Ihre Rechte und Pflichten zu belehren.

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss über das Kampfflugzeugsystem Eurofighter Typhoon als Auskunftsperson zum Thema I – unzulässige Zahlungsflüsse –, zum Thema II – Informationslage bei Vertragsabschluss – und zum Thema III – Erfüllung von Vorlage- und Informationspflichten – angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie ausdrücklich auf diese schriftliche Belehrung hin und betone insbesondere, dass Sie verpflichtet sind, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Weiters weise ich Sie auf die Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Alle im Untersuchungsausschuss vorgelegten Unterlagen dürfen von der Auskunftsperson nach Beendigung der Befragung nicht an sich genommen werden, sondern haben auf dem Platz zu verbleiben.

Herr Mag. Gruber, Sie sind, wenn Sie das wollen, berechtigt, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, deren Gesamtdauer 20 Minuten nicht überschreiten sollte. Wollen Sie das tun? (Auskunftsperson Gruber: Ja, bitte!) – Bitte sehr.

Mag. Karl Gruber: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir nicht nur eine staatsbürgerliche Pflicht, sondern eine große Ehre, dass ich hier auch sechs Monate nach meinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst zur Aufklärung aller Sachverhalte rund um Kauf, Einführung und Betriebsaufnahme des Eurofighter beitragen kann. Ich mache das wirklich gerne und darf mich einleitend kurz vorstellen.

Ich bin 1974 in das österreichische Bundesheer eingetreten und wurde nach der Militärakademie zum Hubschrauberpiloten ausgebildet. Meine erste militärische Funktion fand ich also in einer Aufklärungshubschrauberstaffel, und wir flogen damals regelmäßig unsere Patrouillen am Eisernen Vorhang, was für uns damals eine durchaus spannende Aufgabe war.

Nach Abschluss der Generalstabsausbildung wechselte ich vom aktiven Flugbetrieb zur passiven Luftraumüberwachung, sozusagen vom blauen Himmel auf die weißen Berggipfel und tief unter die Erde. Ich hatte nämlich die große Ehre, der erste Leiter der neuen unterirdischen Luftraumüberwachungszentrale in St. Johann im Pongau zu sein. In dieser Funktion erlebte ich die Endphase des Kalten Krieges, den Umbruch. In der damaligen Funktion war es auch meine Aufgabe, den taktischen Einsatz der passiven und der aktiven Luftraumüberwachung in der Jugoslawienkrise und während der ganzen nachfolgenden internationalen Operationen in diesem Raum zu leiten.

Als Chef des Stabes der österreichischen Luftraumüberwachung konnte ich einen wertvollen Beitrag zur Fähigkeit der österreichischen Luftstreitkräfte zur internationalen Zusammenarbeit leisten. Ich durfte zum Beispiel die erste Übung leiten, die zwischen einem ehemaligen Warschauer-Pakt-Staat und einem westlichen Staat stattgefunden hat.

Im Jahr 1999 wurde ich Kommandant der österreichischen Luftraumüberwachung. In dieser Funktion erlebte ich dann 9/11 und die aufkommende Terrorbedrohung und begann damals, Verfahren zu entwickeln, wie wir Großveranstaltungen, auch grenznahe Großveranstaltungen, gegen Terrorangriffe aus der Luft schützen können – Verfahren, die heute immer noch mit Erfolg angewendet werden.

Für mich stand in all diesen Funktionen immer der wirksame und sichere Einsatzbetrieb im Vordergrund, und ich habe mich immer in der Verantwortung für die vielen Frauen und Männer, die bei uns arbeiten und fliegen, gesehen.

In jeder dieser Funktionen ist mir aber auch bewusst geworden, welche Rolle eine funktionierende aktive Luftraumüberwachung für einen neutralen Staat wie Österreich spielt, ob das damals im Kalten Krieg war, ob das die Wahrung unserer Souveränität während des Balkankonflikts war oder ob das wie heute der Schutz von Großveranstaltungen ist. Wir wissen nicht, was vielleicht in einigen Jahren auf uns zukommt, denn wie schnell sich die Lage ändern kann, das, glaube ich, erleben wir alle gerade.

Das waren also damals meine Hauptaufgaben. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der passiven Luftraumüberwachung mit dem Projekt Eurofighter noch nichts zu tun. Während der ganzen Phase der Ausschreibung, des Kaufs, des Vertragsabschlusses war ich also damit noch nicht befasst. Erst Ende 2006, Anfang 2007 wurde ich Mitglied der Projektgruppe, die die Einführung und die Aufnahme des Flugbetriebs mit dem Eurofighter sicherstellen sollte. Vor allem ging es darum, möglichst rasch die aktive Luftraumüberwachung mit dem Eurofighter aufzunehmen, damit wir die aus der Schweiz geliehenen F-5 so rasch wie möglich zurückgeben konnten.

Wir gingen damals in der Projektgruppe davon aus, dass wir das im ursprünglichen Kaufvertrag fixierte Flugzeug bekommen werden, und stellten unsere Planungen für Ausbildung, Betriebsaufnahme auf dieses Flugzeug ab. Die Projektgruppe, der ich damals angehörte, war zu keinem Zeitpunkt in die Vergleichsverhandlungen durch den damaligen Minister eingebunden, und wir waren, wie Sie wahrscheinlich alle, vom Endergebnis dann sehr überrascht. Es stellte sich für uns daher die Frage: Was werden wir da eigentlich bekommen?

Ob ein Abfangjäger ein gutes oder ein weniger gutes Flugzeug ist, meine Damen und Herren, ist eine Frage des Betrachtungswinkels. Für einen Piloten ist ein Flugzeug dann gut, wenn es leicht und sicher zu fliegen ist, wenn er die Aufgaben, die ihm gestellt werden, damit auch erfüllen kann und wenn er die Chance hat, eine kritische Situation zu überleben. So gesehen ist der Eurofighter an sich ein sehr gutes Flugzeug, nur leider nicht in der Version, die wir dann letztendlich bekommen haben.

Der zweite Betrachtungswinkel ist der des Technikers. Ein Flugzeug, das für den Piloten gut ist, kann für den Techniker ein problematisches Flugzeug sein. Für den Techniker ist ein Flugzeug dann gut, wenn er die erforderliche Flugstundenproduktion mit einem überschaubaren Aufwand gewährleisten kann, wenn er bei Reparaturen und Modifikationen leicht Lösungen findet und wenn er bei der Fehlereingrenzung auf eine gute Zusammenarbeit mit Partnerluftwaffen und mit dem Hersteller zurückgreifen kann. So gesehen ist der Eurofighter ein gutes Flugzeug, und unsere Technik hat ihn sehr schnell in den Griff bekommen und betreibt ihn auch sehr gut.

Allerdings kann ein Flugzeug, das für den Piloten und für den Techniker gut ist, für den Logistiker ein Albtraum sein. Für den Logistiker ist ein Flugzeug dann gut, wenn er die Ersatzteile, die er braucht, rasch bekommt, wenn er nach einigen Jahren obsolet gewordene Komponenten ersetzen kann und wenn die Betriebskosten nicht aus dem Ruder laufen. So gesehen war der Eurofighter bisher ein sehr herausforderndes Flugzeug. Die Betriebskosten sind sehr stark gestiegen, und es war uns aus Budgetgründen, aufgrund der ständig knappen Budgets des Bundesheeres oft nicht möglich, rechtzeitig Ersatzteile zu bestellen, sodass wir mit diesen Problemen zu kämpfen hatten.

Wir haben auch das Problem der Tranche 1, deren Zukunft noch ungewiss ist, wo wir noch nicht wirklich wissen, wohin der Weg führt und was das noch kosten wird – zumindest war das bis zu meinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Dezember der Fall. Aber, und das möchte ich betonen, der Eurofighter ist grundsätzlich das sicherste Flugzeug, das wir je betrieben haben.

Im Jahr 2015 wurde ich dann der durch Generalmajor Hamberger geleiteten Taskforce als Experte beigezogen und hatte dort für Auskünfte in betrieblicher Hinsicht zur Verfügung zu stehen.

Letztendlich erhielt ich im Frühjahr 2016 von Bundesminister Doskozil den Auftrag, eine Sonderkommission zusammenzustellen und Vorschläge für eine künftige effektive und effiziente Luftraumüberwachung auszuarbeiten. Ich hatte bei der Gestaltung dieses Auftrages freie Hand, ich konnte vorschlagen, wie ich mir diese Kommission vorstelle, ich konnte vorschlagen, welche Experten ich dort haben will, und die von mir vorgeschlagene Arbeitsweise wurde voll akzeptiert.

Wie es auch bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich ist, haben wir mit einer Begriffsdefinition begonnen, haben uns die Frage gestellt, was effektiv heißt, was effizient heißt, damit wir nicht in eine völlig falsche Richtung arbeiten, und auch die diesbezüglich von uns vorgeschlagenen Arbeitsleitlinien wurden sowohl durch den Generalstab als auch durch den damaligen Bundesminister voll akzeptiert.

Auf dieser Basis war es uns trotz der sehr knappen Zeit möglich, zu einem verwertbaren Arbeitsergebnis zu kommen. Mir war es wichtig, ein Arbeitsergebnis zu erzielen, bei dem ich erstens einmal selber zu jeder Zeile stehen kann und zu dem die Kommission eine breite Zustimmung finden kann. Ich wollte auf jeden Fall ein Papier abliefern, das von der Argumentation her jeder Überprüfung durch jeden Experten im In- und Ausland standhält. Ich glaube, das ist uns auch gelungen.

Ich habe diese schwierige Aufgabe aber auch gerne übernommen, war es doch eine hervorragende Gelegenheit, Bevölkerung, Politik und Medien zu erklären, was aktive Luftraumüberwachung bedeutet, warum wir das brauchen und was die entsprechenden Konsequenzen sind.

Das größte Problem, das sich uns bei der Arbeit an diesem Bericht gestellt hat, war, dass wir keine aktiven Ausschreibungen durchführen konnten – das war ja rechtlich und zeitlich nicht möglich –, und ohne eine konkrete Ausschreibung bekommen Sie natürlich von keinem möglichen Lieferanten, von keiner Firma punktgenaue Zahlen. Wir waren daher gezwungen, mit einer gewissen Bandbreite und realistischen Schätzungen zu arbeiten, weil klar ist, dass Lieferfirmen auf eine unverbindliche Anfrage hin keinen konkreten Preis nennen werden. Selbst diese Bandbreiten, mit denen wir gearbeitet haben, haben es jedoch ermöglicht, sowohl einen Überblick über die zu erwartenden Kosten im Bereich möglicher Nachbeschaffungen oder Nachrüstungen am bestehenden Flugzeug und vor allem im Hinblick auf die Betriebskosten zu bekommen und diese abzuschätzen, als auch die zu Beginn circa 16 Varianten, die wir untersucht haben, auf zwei Varianten für eine politische Entscheidungsfindung zu reduzieren.

Unabhängig davon haben wir Vorschläge gemacht, wie in jeder Variante die Betriebsaufwendungen reduziert werden können – zum Beispiel durch die Einführung moderner Simulatoren und durch die verstärkte Nutzung dieser Simulatoren.

Die Ergebnisse und Empfehlungen dieser Kommission wurden im Rahmen einer international besuchten Pressekonferenz vorgestellt. Dieser Bericht wurde damals verteilt, er wurde ins Internet gestellt, es war also für jeden nachvollziehbar, was wir bearbeitet haben und wie das Ergebnis ausschaut. Ich gehe davon aus, dass Sie diesen Bericht kennen. Es erübrigt sich also, heute diesen Bericht noch einmal vorzulesen, aber selbstverständlich bin ich hier, um Details zu beantworten.

Als Staatsbürger und pensionierter Beamter der Republik habe ich größtes Interesse daran, dass alle Vorgänge aufgeklärt werden. Es ist auch mein Steuergeld, das eingesetzt wurde und das in Zukunft eingesetzt werden wird.

Ich habe aber trotzdem noch eine wichtige Botschaft: Wir brauchen eine rasche Entscheidungsfindung, sonst stellen wir meine ehemalige Truppe vor unlösbare Aufgaben. Die Saab 105 ist jetzt ein halbes Jahrhundert alt, hat uns gut gedient, aber irgendwann einmal ist der Zeitpunkt gekommen, wo es unverantwortlich wird, junge Männer und Frauen dort hineinzusetzen. Sie wissen alle, dass eine Neueinführung unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und technischen Notwendigkeiten Jahre dauert, und wenn wir Fähigkeiten komplett verloren haben, würde es mindestens zehn Jahre dauern, diese Fähigkeiten wieder aufzubauen.

Eines muss immer im Mittelpunkt stehen, nämlich die Sicherheit unseres Luftraumes und die Möglichkeit zur Wahrung der Neutralität, aber für mich war es immer wichtig, auch auf die Sicherheit der jungen Männer und Frauen zu schauen, die wir da hinauf in den Himmel schicken. Ich glaube, dass das nicht nur mein Anliegen ist, sondern das Anliegen von uns allen, die wir hier sitzen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und stehe für Ihre Fragen gerne zur Verfügung.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke, Herr Mag Gruber. Im Namen des Herrn Präsidenten darf ich mit der Erstbefragung beginnen.

Sie haben uns ja schon sehr viel gesagt. Ich darf auf Ihre Worte zurückkommen, der Eurofighter ist ein gutes Flugzeug für den Piloten, aber nicht in der Version, die wir haben. Warum, und was ist an dieser Version nicht gut?

Mag. Karl Gruber: Diesen Punkt haben wir auch im Bericht sehr konkret bearbeitet.

Bei einem Kampfflugzeug dieser Generation sind vier Dinge entscheidend:

Das eine sind die Flugleistungen. Das zweite sind die Bewaffnungsmöglichkeiten dieses Flugzeuges. Das dritte sind die Selbstschutzmöglichkeiten: Kann sich ein Pilot in diesem Flugzeug gegen einen gegnerischen Angriff verteidigen? Erkennt er den überhaupt?

Und das vierte ist die sogenannte Situational Awareness: Hat der Pilot in diesem Flugzeug einen entsprechenden Überblick über das, was sich rund um ihn herum abspielt?

Wenn wir diese vier Dinge betrachten – und das haben wir im Bericht ausführlich getan –, erfüllt der Eurofighter der Tranche 1 in der abgespeckten Version, die wir bekommen haben, nur eine dieser vier Voraussetzungen ganz, und zwar die Flugleistungen; da fliegt er gleich wie alle anderen Eurofighter auch. Was die Bewaffnung betrifft, sind wir bereits eingeschränkt. Was die Situational Awareness betrifft: Wir haben zwar ein gutes Radar, aber es fehlen jegliche Sensoren für eine sichere Annäherung an ein Flugziel bei Nacht. Das könnte ein mögliches Gefährdungselement darstellen. Was aber die größte Schwachstelle unseres Eurofighters ist, ist das völlige Fehlen eines Selbstschutz- und Warnsystems.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Darf ich jetzt gleich mit der Frage anschließen: Worauf ist das zurückzuführen? War das schon im Kaufvertrag so in dieser abgespeckten Version? Oder ist das erst die Folge des 2007 abgeschlossenen Vergleichs?

Mag. Karl Gruber: Die Masse dieser fehlenden Elemente ist ein Ergebnis des Vergleichs. Nicht alle: Einige waren im Kaufvertrag bereits vorgesehen, aber die wesentlichen Schwachstellen sind ein Ergebnis des Vergleichs.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Da kommt im Zusammenhang mit dem Vergleich noch eine zweite Frage. Da wird immer argumentiert: Hätten wir Tranche 1 bekommen – möglicherweise dann auf Tranche 2 upgedatet – und originäre Tranche-2-Flugzeuge, wären die also sozusagen parallel betrieben worden, wären zwei Logistikschienen erforderlich gewesen, und damit auch Mehrkosten verursacht worden. – Ist das richtig?

Mag. Karl Gruber: Also ich denke, dass der parallele Betrieb nicht das Problem gewesen wäre, weil die ursprüngliche Absicht war, diese Tranche-1-Maschinen möglichst rasch auf den Standard der Tranche 2 nachzuziehen, damit man zum Beispiel einheitliche Ersatzteile verwenden kann. Das, glaube ich, wäre nicht der große Kostentreiber gewesen.

Das Problem ist nur, dass wir jetzt die Tranche 1 haben und nicht wissen, was uns das noch kosten wird, um die auf diesen notwendigen Standard für die Zukunft zu bringen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich frage, weil das – so, wie wir es hier gehört haben – eines der wesentlichen Argumente für den Vergleichsabschluss war, dass diese beiden Logistikschienen zu teuer und wahrscheinlich auch zu umständlich gewesen wären.

Mag. Karl Gruber: Über die näheren Hintergründe des Vergleiches kann ich nichts sagen. Darüber wurden wir nie informiert und da kenne ich auch keinerlei Hintergründe.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie sind jetzt unser Mann, der uns die Kosten dieses Flugzeuges nennen kann.

Ich darf Ihnen das Dokument 50426, und zwar die Seiten 3 bis 13, vorhalten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist eine Aufstellung von EADS, die aus dem Jahr 2002 – Mai 2002 – stammt, in der unter anderem zu den Betriebskosten und zu den immer wieder gefragten und nachgesuchten Life-Cycle-Kosten Stellung genommen wurde. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Wenn Sie da einmal auf die Seite 5 unten schauen – ich habe da so einen gelben Strich gemacht –, dann sind dort bei Eurofighter die Kosten der Flugstunde mit 9 039, im Vergleich etwa zum Gripen, das sind 5 245, ausgewiesen.

Können Sie mit diesen Zahlen etwas anfangen? Entsprechen die den aktuellen Werten?

Mag. Karl Gruber: Also erstens: Ich kenne dieses Papier natürlich nicht. Ich sehe das hier heute zum ersten Mal, weil ich in meinen verschiedenen Funktionen nicht mit diesen technisch-logistischen Aufgabenstellungen betraut war.

Bei Betriebskostenaufschlüsselungen stellt sich immer die große Frage, was da hineingerechnet ist. Das kann ich hier jetzt sofort an diesem Papier nicht nachvollziehen. Wenn wir üblicherweise von Betriebskosten für Militärluftfahrzeuge reden, dann inkludiert das grundsätzliche Vertragskosten, inkludiert das Kosten für Ersatzteile, für die Reparatur von Umlaufteilen, Treibstoffkosten, Schmiermittel, Material – was man rundherum braucht.

Ohne zu wissen, was hier in diese Zahlen hineingerechnet ist, kann ich diese Zahlen nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, dass, egal - - aus meiner generellen Erfahrung alle diese Zahlen weit von den üblichen Zahlen, mit denen wir arbeiten, abweichen. Das wird aber daran liegen, dass die hier alle nicht mithereingerechnet sind; aber ich kann das so - -

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Mit welchen Zahlen arbeiten Sie?

Mag. Karl Gruber: Wir sind bei der Erstellung des Berichtes für die Sonderkommission von einer Zahl von rund, ja, 100 Millionen Euro im Jahr als Gesamtaufwand für den Betrieb des Eurofighters, der Saab 105 und für den Zukauf von Ausbildung im Ausland ausgegangen, und das verteilt sich. (Verfahrensrichter Rohrer: Und beim Euro- -?) Die Kosten des Eurofighter haben damals im Jahr in Summe etwa 80 Millionen ausgemacht.

Ich habe diese Zahlen natürlich nicht mehr im Detail im Kopf, das ist schon einige Jahre her, und ich verfüge dazu über keine Detailunterlagen mehr.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wenn Sie da auf die Seite 13 schauen, da gibt es „BETRIEBSKOSTEN/JAHR [...] EUROFIGHTER JAGDFLUGZEUG [...] 54,60“ Millionen. (Auskunftsperson Gruber: Mhm!) Das ist Seite 13. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Karl Gruber: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Das wurde also von EADS vorgelegt.

Mag. Karl Gruber: Ja, ich kann diese Zahl nicht bewerten, weil ich nicht weiß, was da, außer Kosten aus Sicht der Firma, inkludiert ist. Das ist so nicht - -

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Aber Sie sagen, es sind derzeit rund 80 Millionen im Jahr?

Mag. Karl Gruber: Das war vor zwei Jahren der Rechenwert, mit dem wir in der Kommission gearbeitet haben. Ich bin jetzt schon einige Monate weg. Ich kann natürlich nicht mehr aktuell beurteilen, was der Eurofighter derzeit, aktuell, kostet.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Der ehemalige Herr Minister Klug, war hier bei uns. Er hat sehr über die budgetäre Belastung durch den Eurofighter geklagt und hat uns gesagt, eine Flugstunde würde 60 000 Euro kosten. Ist das nachvollziehbar?

Mag. Karl Gruber: Ja, natürlich ist das nachvollziehbar. Ob das der aktuelle, derzeitige Stand im Betriebsjahr 2019 ist, kann ich natürlich nicht mehr beurteilen (Verfahrensrichter Rohrer: Nein, aber in der Klug-Zeit, sozusagen!), aber, soweit ich mich erinnern kann, waren das in der Amtszeit von Herrn Bundesminister Klug in etwa die Flugstundenkosten des Eurofighter – ja.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: In welchem Verhältnis standen denn dann diese Kosten, die Betriebskosten des Eurofighter, zum Gesamtbudget des Heeres, zu den üblichen oder laufenden Betriebskosten insgesamt? Ist das ein großer Teil, oder - -

Mag. Karl Gruber: Na, insgesamt sind die Aufwendungen für die Luftstreitkräfte nicht so ein großer Teil, wie das manchmal dargestellt wird (Verfahrensrichter Rohrer: Mhm!), aber dennoch haben wir die Erfahrung gemacht, man hat uns damals, soweit - - Das kann ich aber derzeit auch nur aus damals allgemeinen Medienaussagen beurteilen, weil ich noch nicht in der Beschaffungskommission tätig war.

Wir hatten damals den Eindruck, wenn man uns ein teures Flugzeug kauft, dann wird man uns auch das entsprechende Budget dafür und auch das Geld für die Betriebskosten geben. Das ist dann leider in weiterer Folge nicht passiert. Das Bundesheer hat aufgrund allgemeiner Einsparungen ein immer knapperes Budget bekommen. Das hat sich auf alle Teile des Bundesheeres dramatisch ausgewirkt und hat sich natürlich auch auf die Luftstreitkräfte ausgewirkt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Sie haben meine nächste Frage schon vorweggenommen. Anlässlich des Kaufvertrages war offenbar für den damaligen Minister Scheibner ein Argument, dass der damalige Finanzminister gesagt hat, er nimmt da ein Sonderbudget für die Betriebskosten in die Hand. Wie lange hat denn diese Zusage gegolten? Wissen Sie das in etwa?

Mag. Karl Gruber: Nein, das weiß ich nicht. Auch diese Zusage kannte ich zum damaligen Zeitpunkt nur aus Medien, weil ich damals nicht auf dieser Arbeitsebene tätig war. Ich kann also da nichts anderes sagen, als das, was man damals in der Zeitung gelesen hat. Jedenfalls ist es mit den jährlichen Budgetaufwendungen, die man den Luftstreitkräften für den Betrieb aller Flotten geben konnte, für uns generell sehr schwierig geworden, alle unsere Flotten zu betreiben, und der Eurofighter ist natürlich die teuerste unserer Flotten.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Die Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Umrüstung des Eurofighter auf den Standard Tranche 2 in etwa 650 Millionen Euro kosten würde. Ist das zutreffend?

Mag. Karl Gruber: Ich habe die detaillierten Unterlagen dazu nicht mehr zur Hand. Ich kann mich natürlich jetzt nicht an jede einzelne Zahl erinnern, aber das kann ein Betrag in dieser Größenordnung gewesen sein. Auf das muss ich aber immer hinweisen: Alle Zahlen, mit denen wir gearbeitet haben, waren eben Schätzungen, weil man ohne konkrete Vertragsverhandlungen, ohne konkrete Ausschreibung auch keine wirklich konkreten Zahlen bekommt.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Wer hätte denn aber diese Kosten tragen müssen? Im ursprünglichen Vertrag ist ja gestanden, dass die Eurofighter GmbH die Umrüstung oder das Update auf Tranche 2 aus Eigenem trägt. Wie schaut das jetzt aus?

Mag. Karl Gruber: Ja, ich kenne bis heute den Inhalt des Vergleiches nicht, was da im Vergleich vereinbart wurde. Ich habe das nie gesehen. Ich weiß es nicht, was da mit der Firma vereinbart wurde. Soweit ich den ursprünglichen Vertrag kenne, hätte der vorgesehen, dass die Firma hier etwas zu tragen hat, aber - -

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ob das noch aufrecht ist, wissen Sie nicht?

Mag. Karl Gruber: Das weiß ich nicht. Wie gesagt, der Vergleich, der Text dieses Vergleiches war mir nie zugänglich. 

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Dann komme ich zu meiner letzten Frage, das ist immer dieselbe, und zwar: Haben Sie Kenntnis davon, dass im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Ankauf und/oder den Gegengeschäften Geld oder Zuwendungen an Entscheidungsträger geflossen sind, also an Beamte oder Politiker oder auch an Parteien oder diesen nahestehende Vereine?

Mag. Karl Gruber: Nein, von so etwas, von solchen Vorgängen habe ich keine Kenntnis. Hier kenne ich nur die Dinge, die regelmäßig in den Medien auftauchen, aber ich persönlich habe dazu keine Beobachtungen.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Ich danke Ihnen vielmals.

Danke, Herr Präsident.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Mit der Befragungsrunde der Abgeordneten beginnt Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Generalmajor, vielen Dank für Ihr Kommen. Das waren schon sehr interessante Ausführungen, muss ich sagen. Wenn ich das jetzt also richtig verstanden habe, kann man feststellen, dass der Vergleich des damaligen Bundesministers Darabos uns wahrscheinlich mehrere Hundert Millionen Euro gekostet hat, wahrscheinlich über 400 Millionen Euro. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass dieses Update 650 Millionen Euro kostet, das sozusagen die Tauglichkeit der Flieger auf den Stand der Technik bringen sollte, wir von 18 auf 15 reduziert haben, gebrauchte haben et cetera et cetera, ist das also schon eine wirklich hohe Summe, die da im Prinzip zum Schaden der Republik entstanden ist?

Mag. Karl Gruber: Die Frage an mich ist? Soll ich das bestätigen oder was - -

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Haben Sie dazu eine Meinung?

Mag. Karl Gruber: Ja. Wir wissen, dass für die Erhaltung der Lufttüchtigkeit des Eurofighters der Tranche 1 Investitionen getätigt werden müssen, wobei man da - - es manchmal schwierig ist, zu unterscheiden, selbst wenn wir die Tranche 2 bekommen hätten. Gewisse Systeme über die Lebensdauer von 30 oder vielleicht 40 Jahren in einem Flugzeug müssen nach einigen Jahren ausgetauscht werden, das ist bei der Tranche 2 genauso der Fall wie bei der Tranche 1. Bei der Tranche 1 wird es sich dabei aber um mehr Systeme handeln, und es ist für mich durchaus vorstellbar, dass das Kosten in dieser Größe verursacht, aber wie konkret man das derzeit aufgrund von Verhandlungen mit der Firma eingrenzen kann, kann ich aktuell nicht mehr beurteilen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ist es aus Ihrer Sicht aber richtig, wenn man sagt: Hätte es diesen Vergleich in der Art und Weise so nicht gegeben, hätten wir im Moment zumindest kein großes Thema, wie wir in dieser Causa weitergehen – was also jetzt das Update oder sonstige Dinge für die Luftraumüberwachung mit Eurofighter betrifft –, hätten wir eigentlich im Moment keine aktuelle Notwendigkeit?

Mag. Karl Gruber: Wir hätten, wenn es den Vergleich nicht gegeben hätte, zweifellos jetzt das wirksamere Flugzeug. (Abg. Ottenschläger: Ja!) Der Eurofighter der Tranche 2 wäre aber auch kein billiges Flugzeug. Die Betriebskosten wären trotzdem relativ hoch.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sie haben vorhin gemeint, Sie haben ja sehr eindrucksvoll gesagt, dass das Flugzeug gut ist und zur Sicherheit Österreichs beiträgt, wahrscheinlich zumindest genauso gut, wenn nicht besser als viele andere. – Habe ich das richtig verstanden?

Mag. Karl Gruber: Es gäbe verschiedene Systeme, mit denen wir unseren Auftrag erfüllen könnten. Was wir aber in der Kommission einfach gegenübergestellt haben: Was soll heute ein Flugzeug können, egal ob das jetzt ein französisches, ein amerikanisches Flugzeug ist, und was kann unser aktuelles Produkt? Und unser aktuelles Produkt hat Defizite, aber das ist eine spezielle österreichische Version, das kann man nicht auf den allgemein verwendeten Eurofighter übertragen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Alles klar. Der Herr Verfahrensrichter hat vorhin auch die Frage nach den Kosten einer Flugstunde an Sie gestellt, und da steht jetzt eben ein Betrag – wenn ich mir das richtig notiert habe – von 60 000 Euro pro Flugstunde im Raum. Sie haben gesagt, das kann man nur schätzen. Auf welcher Basis wird das geschätzt? Welche Kostenfaktoren fließen dann in so eine Schätzung ein? Der Kaufpreis plus die Betriebskosten? Wie wird das ungefähr eingeschätzt?

Mag. Karl Gruber: Wenn ich von Schätzungen gesprochen habe, dann waren das die möglichen Aufwendungen für Alternativmodelle und die möglichen Kosten für künftige Modifikationen und Anpassungen der Tranche 1. Was wir natürlich auf den Euro genau wissen, sind die Betriebskosten von jetzt zurück in die Vergangenheit. (Abg. Ottenschläger: Ja!) Hier ist nur die Frage - - Das war das Problem an dem Papier, das mir hier vorgelegt wurde: Aus diesem Papier geht nicht hervor, ob hier zum Beispiel Treibstoffkosten und so weiter in diese Zahlen miteingerechnet sind.

Wir wissen aus unserem Betrieb natürlich ganz genau, was uns jedes System in den letzten Jahren gekostet hat. Die Vorherschau, was uns ein System in der Zukunft kosten wird, ist etwas schwieriger, weil Modifikationen auf uns zukommen können. Bei der Tranche 1 sind es etwas mehr, als wenn wir die Tranche 2 hätten, und diese zukünftigen Modifikationskosten sind noch nicht leicht abschätzbar.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Aber noch einmal die Frage: Reden wir bei so einer Schätzung wirklich ausschließlich von Betriebskosten oder reden wir auch davon, dass ein Kaufpreis in die Flugstunde eines Flugzeugs sozusagen hochgerechnet oder eingerechnet wird?

Mag. Karl Gruber: Dann reden wir von Lebenszykluskosten (Abg. Ottenschläger: Ja!), und meiner Meinung nach wäre es sehr wichtig, bei allen künftigen Beschaffungsprojekten des Bundesheeres die Lebenszykluskosten prinzipiell anzuschauen. Früher war es vielleicht einmal so, dass bis zum Ende der Lebensdauer eines Systems der Kaufpreis immer noch der größere Anteil des Gesamtaufwandes war. Heute, bei modernen Kampfflugzeugsystemen, muss man davon ausgehen, dass auf einen Lebenszyklus von mindestens 30 Jahren die Beschaffungskosten vielleicht ein Drittel ausmachen und die Betriebskosten zwei Drittel.

Das heißt, je günstiger Sie ein System betreiben können, umso niedriger werden die Gesamtlebenszykluskosten. Das spielt natürlich jetzt in der unmittelbaren Beschaffungsfrage keine Rolle, da hat man halt - - Das ist das Problem, dass die staatliche Beschaffung zu sehr von einem Jahresbudget ausgeht und zu wenig die Gesamtkosten auf Lebensdauer mit hineinnimmt.

Ja, es mag sein, dass ein Flugzeug in der Beschaffung vielleicht sogar um ein paar Millionen teurer ist, aber wenn man den Gesamtlebenszyklus anschaut und dieses Flugzeug wesentlich geringere Betriebskosten hat, dann sind die Lebenszykluskosten günstiger. Das würde aber bedeuten, dass vielleicht ein Finanzminister Geld in die Hand nehmen muss, damit es dem Finanzminister in zehn Jahren besser geht.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ja, das ist dann immer eine politisch heikle Frage, das ist schon klar.

Nur noch eine Frage – weil es wirklich interessant ist, glaube ich, auch weil wir versuchen, aus dem Untersuchungsausschuss Schlüsse und Lehren zu ziehen, wie wir das in Zukunft besser machen können, und da helfen Sie uns, glaube ich, sehr –: Sind in diesen Kosten, diesen Betriebskosten oder auch Lebenszykluskosten, beispielsweise auch die Piloten, die Mannschaft, die das Ganze warten muss, miteingerechnet? Also ist das dann wirklich aliquot mit drinnen?

Mag. Karl Gruber: In unserer Flugstundenkostenrechnung sind Personal- und Infrastrukturkosten nicht berücksichtigt, weil die aufgrund unserer Budgetstrukturen aus anderen Budgettöpfen bezahlt werden. Wir haben aber den Versuch gemacht, auch diese Kosten zu ermitteln, und haben festgestellt, dass die im Vergleich zu den anderen Betriebskosten sehr geringfügig sind. Das klingt jetzt vielleicht im ersten Moment etwas überraschend, weil man sagt, Personalkosten sind sehr hoch, aber im Bereich dieser Systeme spielte das nicht diesen großen Anteil, und vor allem, egal welches System wir betreiben würden: Jetzt sage ich einmal, Sie brauchen 300 Techniker, um das System A zu betreiben, Sie brauchen aber gleich viele, um B, C oder D - - (Abg. Ottenschläger: Okay, also das spielt - -!) Das heißt, die unterschiedlichen Systeme haben nicht so viel Auswirkungen, sie brauchen eine Halle, sie brauchen eine Landepiste. Die Infrastruktur- und Personalkosten sind immer annähernd gleich. Der große Unterschied ergibt sich aus Treibstoffbedarf, Ersatzteilkosten und vertraglichen Kosten, die halt bei einigen Systemen deutlich günstiger sind als bei anderen Systemen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Danke.

Ich darf jetzt zur Soko Aktive Luftraumüberwachung kommen. Es wurden ja verschiedene Varianten der zukünftigen aktiven Luftraumüberwachung mit Abfangjägern diskutiert und berechnet. Wir haben jetzt eigentlich eh schon relativ viel über diese Berechnungen gehört, aber vielleicht einmal die Frage: Welche dieser zusätzlich zur Anschaffung neuer Abfangjäger anfallenden Nebenkosten sind in den Berechnungen der Soko enthalten?

Mag. Karl Gruber: Wir sind – das darf ich noch einmal wiederholen – natürlich von Schätzungen und Bandbreiten ausgegangen, aber wir haben in den Vergleichsberechnungen gegenübergestellt: Was würde uns der Weiterbetrieb des Eurofighter vermutlich kosten, was würde es kosten, um die Fähigkeiten nachzurüsten, die wir durch den Vergleich nicht bekommen haben, und was würde die Beschaffung alternativer Systeme – egal ob das jetzt Leasing, Kauf, Miete oder was ist – kosten plus die dabei erwarteten Betriebsaufwendungen? Und das haben wir – sozusagen Lebenszyklus mit Lebenszyklus – gegenübergestellt.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ist Ihnen in Zusammenhang mit der Soko auch ein Angebot der Royal Air Force bekannt geworden beziehungsweise wenn ja, was hatte das konkret zum Inhalt?

Mag. Karl Gruber: Jawohl, es gab - - Angebot muss man immer unter Anführungszeichen setzen, da es ohne konkrete Ausschreibung natürlich kein Angebot gibt, sondern eine unverbindliche Auskunft sozusagen, was man liefern könnte. Und hier haben wir auf Basis eines Papiers von der Royal Air Force beziehungsweise vom britischen Verteidigungsministerium unter Einbindung von British Aerospace – das kann man dort nicht trennen, weil die Engländer die Masse ihrer Materialerhaltung an British Aerospace outgesourct haben - -

Hier gab es also eine Variante für den Weiterbetrieb des Eurofighter Tranche 1 und einer möglichen Teilnahme an einer Modifikation, an einem Programm durch die Royal Air Force, aber das war junktimiert mit einem Kauf des Trainers Hawk. Also die Engländer haben sehr klar deutlich gemacht: Das Angebot Eurofighter Weiterbetrieb und Teilnahme am englischen Modifikationsprogramm gibt es nur im Doppelpack mit dem Kauf des Hawk-Trainers, und in dieser Form haben wir das in die Modelle miteinberechnet.

Das heißt, dieses britische Angebot entsprach einer unserer verglichenen Varianten und wurde berücksichtigt. Ich weiß, dass es nach Ende der Kommission irgendwo Medienberichte gegeben hat, dass dieses britische Angebot nicht berücksichtigt worden sei, aber ich kann Ihnen versichern, das ist Gegenstand gewesen. Wir haben es nur grundsätzlich, aber auch auf Wunsch der Gesprächspartner vermieden, in diesem Bericht konkret zu sagen: Der Gripen hätte das gekostet, die F-16 das, die Hawk das und die 345 das. – Das wollten die Gesprächspartner aus Wahrung von Geschäftsgeheimnissen natürlich nicht. Daher steht hier nicht im Bericht, dass auch das British-Aerospace-Angebot mit dabei war, aber es war mit dabei. (Abg. Ottenschläger: Und aus Italien hat es auch entsprechende - -?) – Natürlich! (Abg. Ottenschläger: Bitte?)

Ja. Wir haben - - Es gab ja verschiedene Flugzeugmodelle, die infrage kommen, und ich muss auch darauf hinweisen: Wir haben ja nicht nur den Eurofighter und Alternativen zum Eurofighter betrachtet, sondern auch den Trainer und mögliche Alternativen im Bereich der Trainer, und haben immer das Gesamtpaket ausgerechnet, denn Sie können eine Investition tätigen, die Auswirkungen auf die Aufwendungen für ein anderes System hat.

Wenn Sie zum Beispiel einen sehr billigen Trainer kaufen, werden Sie höhere Betriebsaufwendungen für die Ausbildung auf dem Kampfflugzeug haben. Wenn Sie einen hochwertigen, etwas teureren Trainer kaufen, wird die Umschulung auf das Kampfflugzeug billiger. Das heißt, das waren kommunizierende Gefäße, und wir mussten immer die Gesamtpakete vergleichen, und in einem dieser - - der letztendlich verglichenen sechs Varianten waren britische, italienische, tschechische informelle Auskünfte mitberücksichtigt.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich darf Ihnen nun ein Dokument vorlegen, die Nummer 35671, das ist ein Auszug einer PowerPoint-Präsentation vom Mai 2017, in der der Stand der Bearbeitungen der Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung dargelegt wird. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da heißt es unter anderem, da geht es um die „Bewertung jedes Moduls in Hinblick auf die voraussichtlich erwartbaren Betriebskosten, Investkosten und Ausbildungskosten im Ausland von jetzt bis 2040“ – wir haben das zum Teil ja schon besprochen.

Was mich jetzt noch interessieren würde: Der Auftrag der Soko war somit, zu berechnen, wie hoch der Aufwand bis 2040 sein wird. Stimmt das?

Mag. Karl Gruber: Ich kenne das Papier, das war meine Präsentation. Das war im April in der ersten Phase der Bearbeitung, wo wir natürlich einen Großteil der Informationen, die wir dann aufgrund dieser Planungsgrundlage eingeholt haben, noch nicht hatten, und da war die erste Idee, die Betriebskosten nur bis einen - - haben wir gesagt - - Was haben wir da geschrieben? – 2040.

Wir haben aber dann im Zuge der Bearbeitungen festgestellt, wenn Sie ein Alternativsystem haben oder andere Varianten für Trainingsflugzeuge haben, bei denen die Betriebskosten eine entscheidende Rolle spielen, dann ist es eigentlich betriebswirtschaftlich angebracht, den gesamten Lebenszyklus zu vergleichen. Es hat sich dann herausgestellt, dass sich, egal ob wir eine Berechnung bis 2040 oder 2050 anstellen, die Bandbreiten gleichmäßig verschoben haben. Die Kommission wäre mit der einen oder anderen Betrachtungsweise trotzdem zu den gleichen Empfehlungen gekommen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Darf ich das so verstehen: Das heißt, Ihre ursprüngliche Arbeitsthese war eben, das auf 20 Jahre zu rechnen? (Auskunftsperson Gruber: Ja!) Haben Sie das dann selbstständig erweitert (Auskunftsperson Gruber: Ja!) oder hat es da eine Weisung gegeben?

Mag. Karl Gruber: Nein, es hat keine Weisung gegeben. Ich habe das vorgeschlagen und ich musste das vorschlagen, weil es ja eine Abweichung von der ersten Präsentation war. Wir haben einige andere Dinge auch im Rahmen sozusagen der Bearbeitung gelernt und erkannt, und die Dinge sind im Wesentlichen auf Vorschläge von mir hin passiert. Ich habe eigentlich in der ganzen Kommissionsarbeit nie irgendeine Weisung bekommen, die mich in eine bestimmte Richtung gedrängt hätte.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich darf Ihnen zu dem Thema ein Dokument, einen Artikel der Tageszeitung „Die Presse“ vom 9. Februar 2018, vorlegen; ich ersuche, diesen möglichst niedrig zu klassifizieren. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da steht auf der zweiten Seite: „Der Ressortchef habe angeordnet, dass die Berechnungen dahin gehend geändert werden, dass die Lebensdauer der Eurofighter bis 2049 verlängert wird.“

Wie sehen Sie den Inhalt dieser Pressemeldung? Sie haben ja jetzt gerade gesagt, es hat da keinerlei Anordnungen gegeben.

Mag. Karl Gruber: Nein, also ich weiß nicht, woher der Journalist oder die Journalistin das hat. Ich war bei den Besprechungen dabei, und die Dinge, die Berechnungen, die wir angestellt haben, sind im Wesentlichen auf meinen Vorschlägen beruhend abgewickelt worden. Also ich habe keine Weisung bekommen, das unbedingt auf 30 Jahre hin auszudehnen, sondern es war mein Vorschlag, das zu machen, weil wir gesehen haben, dass die Betriebsaufwendungen einen wichtigeren Teil ausmachen, als wir ursprünglich vermutet haben.

Ich wollte nicht einen Bericht vorlegen, wo man mir irgendwann, vielleicht in 20 Jahren, so ich dann noch lebe, sagen wird: Du hast uns etwas Falsches vorgerechnet, du hast etwas verborgen!

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Hat es zu dem Thema auch interne Diskussionen gegeben?

Mag. Karl Gruber: Es hat zu fast allen Punkten des Berichtes interne Diskussionen gegeben. Dazu ist eine Kommission da, in der man viele Experten mit einlädt, um möglichst viele Meinungen und möglichst viel Erfahrungswissen in die Kommissionsarbeit einfließen lassen zu können, und letztendlich sind alle Kommissionsmitglieder zum Ergebnis des Berichtes gestanden.

Es gab, glaube ich, eine Anmerkung, dass jemand aus betriebswirtschaftlichen Gründen gemeint hat, man hätte die letzten Jahre des Eurofighter-Betriebes so oder so berechnen können. Darüber, was da betriebswirtschaftlich der richtige Ansatz ist, kann man trefflich diskutieren.

Wir haben auf jeden Fall festgestellt – und das hat mich dann beruhigt –, egal ob wir das auf 20 oder 30 Jahre in die Zukunft berechnen, die Kommission wäre zu den gleichen Empfehlungen gekommen; nur wenn man es realistisch auf 30 Jahre berechnet, dann tragen natürlich die Betriebskosten eine andere Rolle.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich habe das vorhin hoffentlich auch richtig verstanden: die Betriebskosten - - Sie haben vorhin, glaube ich, gesagt, es ist neutralisiert oder es ist eigentlich nur eine Parallelverschiebung, egal ob ich es auf 20 oder 30 Jahre rechne?

Mag. Karl Gruber: Wenn Sie es auf 30 Jahre rechnen, dann wird - - Wenn Sie es auf 20 Jahre rechnen, ist der Anteil des Kaufpreises im Lebenszyklus natürlich höher (Abg. Ottenschläger: Ist klar!), als wenn Sie es auf die realistischen 30 Jahre rechnen, und das ist eigentlich der wahre Wert, weil wenn man vorhat, ein System 30 Jahre zu betreiben - - In Wirklichkeit sind es dann meistens noch viel mehr, aber es ist schwer, in die Zukunft zu blicken. Wir wissen, wir fliegen die Saab 105 jetzt bald 50 Jahre, ja, was eh zunehmend zum Problem wird, und natürlich wird dann auf diesen Lebenszyklus der Beschaffungsanteil immer kleiner. Das ist so.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das ist klar.

Der Eurofighter, den Sie dann noch einmal hochgerechnet haben, war ja dann aber schon ein paar Jahre in Betrieb. (Auskunftsperson Gruber: Ja, der war in Betrieb, aber ...!) Und was für uns schon auch wichtig ist, zu verstehen und zu wissen – wie gesagt eben auch für die Zukunft –: Desto länger ich so einen Zeitraum hochrechne, desto ungenauer wird es ja (Auskunftsperson Gruber: Ja!), denn ich weiß ja nicht, welche Ersatzteile ich möglicherweise noch brauche, Reparaturen und, und, und. Das heißt, da wird ja irgendwann das Eis ziemlich dünn, oder?

Mag. Karl Gruber: Ja. Das war mir klar. Ich habe das damals auch entsprechend präsentiert und gesagt, wenn wir - - Selbst 20 Jahre voraus sind mit einer gewissen Spekulation verbunden, weil Sie nicht wissen können, ob vielleicht in zehn Jahren Systeme eingebaut werden, von denen wir derzeit überhaupt noch nichts wissen – Navigationssysteme, die Sie brauchen, um den zivilen Luftraum befliegen zu können oder derartige Dinge. Also auf zehn Jahre voraus ist es relativ realistisch, auf 20 Jahre voraus wird es etwas spekulativ, auf 30 Jahre voraus wird es noch ein bisschen spekulativer. Aber wenn ich mir ein Auto kaufe, bei dem ich davon ausgehe, dass ich es 15 Jahre benützen werde, dann werde ich mir voraussichtlich auch für 15 Jahre die Betriebskosten ausrechnen, und das könnte dann dazu führen, dass ich mich für ein anderes Auto entscheide, ja.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Letzte Frage dazu: Sagt man bei diesen Betriebskosten dann einfach, okay, wir haben eine vermutete Gesamtsumme, dividieren sie dann durch und haben das pro Jahr, oder sagt man, es wird wahrscheinlich einen gewissen Verlauf geben und nach hinten hinaus wird es immer teurer?

Mag. Karl Gruber: Wir haben für alle verglichenen Systeme - - sind wir von einer gewissen Inflationsrate ausgegangen, ich kann mich jetzt nicht mehr im Detail erinnern, welchen Prozentsatz, aber das war ein Erfahrungswert unserer Betriebswirte, die gesagt haben, man muss pro Jahr mit der und der prozentuellen Kostensteigerung rechnen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Nein, Entschuldigung, das meine ich nicht, das ist klar. Ich meine sozusagen rein vom technischen - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist fast um!

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich bin gleich fertig! Ich meine rein vom technischen Zustand, der ja wahrscheinlich durch die Abnutzung schlechter wird, wodurch sich möglicherweise höhere Betriebskosten nach hinten hinaus ergeben – alleine aus diesem Argument heraus, oder?

Mag. Karl Gruber: Ja, aber damit ist eigentlich bei jedem System zu rechnen, und die Alternative wäre gewesen, zu sagen, wir gehen davon aus, wir stellen den Eurofighter definitiv nach 30 Jahren ein und müssen dann etwas Neues kaufen, dann hätten wir die Beschaffungskosten für etwas Neues und die dann entstehenden Betriebskosten mit hineinnehmen müssen. – Nur, wer kann vorhersagen, was wir in 30 Jahren oder in 20 Jahren kaufen werden? Das wäre noch spekulativer gewesen. Und wie gesagt, nachdem wir die Saab 105 50 Jahre betreiben: Also meine Prognose wird sein, wir werden vielleicht, wenn der Eurofighter bleibt, ihn auch 40 Jahre fliegen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Mhm. Danke.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Generalmajor Gruber, danke, dass Sie uns als Auskunftsperson zur Verfügung stehen. Sie haben hier schon sehr interessante Ausführungen getätigt und man sieht, dass es beim österreichischen Bundesheer hervorragende Techniker gibt, denn die Saab 105 zeigt schon auf, dass sehr viel Kreativität und auch Hartnäckigkeit notwendig sind, damit man dieses Flugzeug so lange betreiben kann.

Herr Generalmajor, Sie sind ja hier als Experte zum Thema Eurofighter geladen. Sie sind im März 2017 mittels Ministerweisung von Minister Doskozil für die Leitung der Soko Aktive Luftraumüberwachung eingesetzt worden, unmittelbar nach der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.

Ihre Funktion haben Sie schon gesagt. Was waren genau der Auftrag und die Rahmenbedingungen für die Erfüllung Ihrer Aufgaben? Was haben Sie da bekommen?

Mag. Karl Gruber: In Bezug auf diesen Bericht?

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Genau so ist es.

Mag. Karl Gruber: Ja. Der Auftrag war eigentlich ein Vierzeiler oder Fünfzeiler. Wenn ich es militärisch formuliere: Generalmajor Gruber bildet eine Sonderkommission und legt Varianten für die künftige effektive und effiziente Luftraumüberwachung vor. – Fertig. Der Rest der Gestaltung, wie wir das angehen, war eigentlich mir und der durch mich geleiteten Kommission überlassen. Wir haben regelmäßig, damit wir nicht zum Schluss mit irgendetwas Überraschendem vorbeikommen, wo wir die totale Themenverfehlung haben, natürlich immer wieder Zwischenberichte gelegt, und ich hatte nie den Eindruck, dass man mir da - - mich nicht so arbeiten lässt, wie ich mir das vorgestellt habe.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sie haben auch erklärt, Sie haben freie Hand gehabt. Sind auch ausreichend Ressourcen zur Verfügung gestanden, damit Sie Ihre Aufgaben erfüllen können?

Mag. Karl Gruber: Also die personellen Ressourcen, die waren hervorragend, ich habe mir die Experten aus den verschieden Fachbereichen des Verteidigungsministeriums gewünscht, die sind mir beigestellt worden, das wurde alles so akzeptiert, wie ich das verlangt habe. Ich glaube, dass der damaligen politischen Führung klar war, dass man mir mit diesem Auftrag mit einem Zeitraum von fünf Monaten ein ziemliches Arbeitspaket übertragen hat, und dass allen daran gelegen war, mich zu unterstützen. Und ich muss sagen, ich habe auch aus allen Sektionen des Verteidigungsministeriums heraus bestmögliche Unterstützung erhalten. Also jeder hat erkannt, wie schwierig es sein wird, in dieser Zeit einen Bericht abzuliefern, und wir sind von allen sehr gut unterstützt worden.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich möchte Ihnen jetzt einen Bericht mit der Nummer 48809 vorlegen. Das sind mehrere Seiten, gehen wir zuerst auf 152 und 153, das ist der Bericht der Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung, die letzten beiden Seiten sind das. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Karl Gruber: Ja. Die Empfehlungen, ja?

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Genau so ist es.

Sie haben da im Rahmen der Soko-Tätigkeit auch schonungslos den aktuellen Zustand der österreichischen Luftraumüberwachung aufgezeigt, die Waffensysteme Saab 105 und Eurofighter erhoben und evaluiert. Dieser Schlussbericht zeigt hier mehrere Empfehlungen. Können Sie zu diesen Empfehlungen, die da aufgelistet sind, einmal kurz erläutern, um was es sich dabei handelt?

Mag. Karl Gruber: Ja, gerne. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Der erste Satz dieses Papiers ist ja nur die Einleitung, der mit der Randziffer 110. Die erste Empfehlung war „die hundertprozentige Abdeckung der aktiven Luftraumüberwachung durch überschallschnelle Abfangjäger“. Da darf ich kurz noch einmal auf die Begriffe der Effektivität und der Effizienz zurückkommen.

Der Auftrag an mich hat beinhaltet: Legt Varianten für eine effektive und effiziente Luftraumüberwachung vor! Unbeschadet dessen, dass diese beiden Begriffe eh sehr gerne verwechselt werden – wir haben natürlich ein klares Bild gehabt, nur mussten wir das absichern: Was heißt Effektivität? Und das wurde ja auch klargestellt, so wie ich die Frage gestellt habe; das heißt, weil ich gesagt habe, Effektivität bedeutet für mich: An wie vielen Tagen sind wir in der Lage, den Luftraumüberwachungsdienst mit einem überschallschnellen, wirklich voll leistungsfähigen Flugzeug abzuwickeln, und an wie vielen Tagen können wir das nur mit einem etwas lahmeren Trainingsflugzeug tun, und an wie vielen Stunden im Jahr können wir das überhaupt nicht tun? Da war für mich das Ziel der Kommissionsarbeit, in der Effektivität mindestens gleich gut zu bleiben, wie wir es jetzt sind, wenn möglich besser zu werden, glaubwürdiger zu werden.

Das hat bedeutet: Am glaubwürdigsten ist man, wenn man 100 Prozent an 365 Tagen im Jahr mit einem überschallschnellen, leistungsfähigen Flugzeug Dienst machen kann und nicht nur zu 50 oder 60 Prozent. Und wir haben auch angeschaut, was das kostet, und haben festgestellt, dass das nicht unbedingt der große Kostenfaktor ist, wenn man das Gesamtpaket mit Ausbildung mitberücksichtigt.

Dann war die Frage der Effektivität: Sind wir in der Lage, uns bei Nacht an ein Ziel sicher anzunähern, oder ist das für den Piloten gefährlich? Sind wir in der Lage, in einer kritischen Situation dem Piloten, der Pilotin eine hohe Überlebenschance zu geben, oder riskieren wir, dass eine österreichische Pilotin oder ein Pilot durch eine Rakete abgeschossen wird und nicht einmal die Chance hatte, das zu erkennen und sich dagegen zu wehren? – Das waren die Punkte, die wir unter Effektivitätssteigerung gesehen haben, und da war, aufgrund der Berechnungen, die wir dann eben angestellt haben, eben ein Vorschlag, dass wir zu 100 Prozent mit dem überschallschnellen Hauptmuster Einsatzbereitschaft machen. Wir haben das auch im Bericht entsprechend begründet.

Der zweite Punkt war „die Herstellung der uneingeschränkten Einsatzfähigkeit [...] bei Tag und Nacht“. Es sieht manchmal so aus, als könnte der Eurofighter bei Nacht nicht fliegen. – Selbstverständlich können wir bei Nacht fliegen, wir können auch bei Nacht auf 4 Kilometer Entfernung ein Flugzeug abschießen, nur ist das in der Luftpolizei nicht unbedingt der angebrachte Vorgang, denn die Polizei schießt auch nicht auf 100 Meter auf ein Auto, wenn sie es kontrollieren will.

Es geht darum, hinzufliegen, sich anzunähern, zu beobachten, ein Kennzeichen abzulesen, zu sehen, ob dieser Luftraumverletzter bewaffnet ist oder nicht. – Und dafür fehlt uns derzeit die Ausrüstung. Wir haben als Effektivitätssteigerung vorgeschlagen, dass man diese Ausrüstung auch beschafft.

Dann: „die Herstellung der Reaktionsfähigkeit der Abfangjäger auf das unbefugte Eindringen nicht kooperativer Kampfflugzeuge“, so wie wir das 1991 erlebt haben. Das bedeutet, dass wir auch die entsprechende Waffe zur Verfügung haben und das Warnsystem, dass wir eine Bedrohung durch dieses eindringende Flugzeug erkennen können.

Daher sind wir dann, nach all den Berechnungen, zu dem Schluss gekommen, dass das am besten mit einer Flotte von Kampfflugzeugen erreichbar wäre. Die Effizienzüberlegungen haben die Punkte betroffen, die wir vorher diskutiert haben: Was heißt das wirklich auf Lebenszykluskosten? Was kostet uns ein System in der Zukunft und wie könnten wir hier künftig am besten, am budgetschonendsten wegkommen?

Das sind die Punkte, die da drinnen gesteckt sind. Dann haben wir vorgeschlagen, mittelfristig den Jettrainer nicht zu ersetzen, sondern die Flugstunden auf dem Hauptsystem zu steigern und mit der Ausbildung mittelfristig ins Ausland zu gehen, längerfristig aber, wenn irgendwann einmal das Propeller-Schulflugzeug PC-7 zu ersetzen ist, zu überlegen, ob man hier einen kostengünstigen Trainer beschaffen kann, mit dem man sowohl die Pilotengrundausbildung, als auch die Jetausbildung mit einem Flugzeug abdeckt – mit einer Flotte; das heißt nicht ein Flugzeug, das werden zehn, zwölf oder 14 Maschinen sein.

Dann haben wir empfohlen, moderne Simulationssysteme zu beschaffen und mehr Flugstunden für Piloten auf Simulatoren zu ermöglichen. Eine Simulatorstunde kostet einen Bruchteil einer Realflugstunde, nur mit dem derzeit vorhandenen Simulator können wir nur einen Teilbereich der Aufgabe trainieren. Aber das wäre sehr wirtschaftlich gewesen, diesen Simulator zu modernisieren und zu erweitern und dann viele Realflugstunden auf den Simulator zu verlagern oder unter Nutzung der Simulatorkapazitäten die Anzahl der Einsatzpiloten zu steigern, denn wir haben derzeit aufgrund der Kosten einfach zu wenig Piloten.

Das waren die wesentlichen Punkte. Was wir aber auch als Empfehlung ausgesprochen haben: den Eurofighter Tranche 1, so wie er jetzt dasteht, mit den jetzigen Ausrüstungsgegenständen, nicht langfristig weiter zu betreiben, denn der kostet genauso viel wie ein vollwertig ausgerüsteter Eurofighter, bringt aber derzeit nicht das volle Leistungspaket.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich habe zu diesen Empfehlungen eine ergänzende Frage. Hier ist angeführt: 15 Einsitzer, drei Doppelsitzer an zwei Standorten. (Auskunftsperson Gruber: Ja!) Es war ursprünglich die Angebotseinholung 24 plus 6. Es ist ja dann von Minister Platter auf 18 reduziert worden, und zwei Standorte sind weggekommen, genauso sind auch diese Doppelsitzer weggekommen. Also die damalige Entscheidung des Ministers Platter ist mit dieser Empfehlung kritisiert worden. Kann ich das so richtig entnehmen?

Mag. Karl Gruber: Wenn Sie das so sehen, ja, aber man muss davon ausgehen, als die damalige Empfehlung, die Grundlage für die damalige Beschaffung des Eurofighter gemacht wurde – das war in etwa die Welt der Technologie aus dem Jahr 2000, in der man sich damals bewegen konnte. Man konnte damals noch nicht wissen - - Es haben einige Visionäre darüber nachgedacht, aber es war nichts in der Qualität heutiger Trainingsflugzeuge und heutiger Simulatoren auf dem Markt verfügbar, die es ermöglichen, ein ganz anderes Ausbildungskonzept zu fahren und die Betriebskosten dann ganz anders einzustufen.

Ich mache daher den Kameraden, die irgendwann einmal im Jahr 2000 ein Pflichtenheft geschrieben haben, keinerlei Vorwurf. Die konnten das nur auf Basis der damaligen Anforderungen und der damaligen technischen Möglichkeiten und Marktangebote machen.

Wir haben gegenübergestellt: Was kostet uns eine Trainerflotte hochwertiger Hochleistungstrainer und was kosten uns drei zusätzliche gebrauchte Eurofighter oder in einer Alternativflotte 15 Einsitzer plus drei Doppelsitzer, und da hat sich, für manche überraschend, herausgestellt, dass drei Doppelsitzer am Vollwertkampfflugzeug günstiger zu betreiben sind als zehn bis zwölf Trainer. Da sind wir unter dem Aspekt der Effizienz auf diesen Vorschlag gekommen. Eine Effektivitätssteigerung wäre es auch, weil ein Doppelsitzer, egal ob Eurofighter oder Alternativprodukt, ist ein vollwertiges Einsatzflugzeug und wir hätten wieder die 18 Stück gehabt, die man eigentlich ursprünglich haben wollte.

Zu den Standorten: Man hat früher mit dem - - Wir hatten einmal traditionell vier Jetstandorte, dann sind es irgendwann einmal drei geworden, Linz, Graz, Zeltweg, ja, dann ist man zurückgegangen auf Zeltweg und Linz, und jetzt betreiben wir den Eurofighter in Zeltweg und den Trainer in Linz. Die gesamte künftige Flotte ausschließlich auf einen Standort zu stellen ist zwar vom täglichen Betrieb her praktisch, aber stellen Sie sich die Situation vor, Sie haben eine Extremwetterlage südlich des Alpenhauptkamms, Sie haben eine harte Landung, eine Sperre der Piste, es muss die Piste in Zeltweg saniert werden – dann stehen Sie mit der Luftraumüberwachung.

Wenn Sie einen zweiten Flugplatz zur Verfügung haben, von dem aus Sie Betrieb machen können, dann sind Sie einfach flexibler – in Einzelsituationen sowieso, da würden wir ohnehin einen Teil der Flotte irgendwo anders hin verlegen, um nicht an einem Standort alleine sozusagen handlungsunfähig zu werden.

Betrachten Sie das vielleicht unter der aktuellen Bedrohung durch Drohnen. Wir haben alle gehört, dass ein englischer Flugplatz tagelang gesperrt war, weil dort Drohnen herumfliegen. Das Gleiche kann einem militärischen Einsatzflugplatz passieren. Wenn Sie zwei Flugplätze haben, sind Sie einfach flexibler. Das andere Problem ist noch die Lärmverteilung, aber ich glaube, das ist nicht unbedingt das Thema dieser Kommission.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Welches Zeitfenster hat die Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung hier definiert, um die zukünftige Luftraumüberwachung auch dementsprechend aufstellen zu können? Bis wann müsste die Entscheidung der Regierung getroffen werden für die zukünftige ...?

Mag. Karl Gruber: Für diese Frage waren natürlich mehrere Faktoren maßgebend. Die eine Frage war: Wie lange hält unser Trainer? Hier müssen wir realistischerweise davon ausgehen, dass 2020 das Ende auf uns zukommt. Jetzt mag sein, dass im Jahr 2021 noch vier Stück Saab 105 fliegen, damit unsere Fluglehrer ihre Befähigung erhalten können, bevor sie auf ein neues Schulflugzeug umgeschult werden, aber es wird keinen Einsatzbetrieb mehr geben und es wird sozusagen keine Schulklasse auf der Saab 105 mehr geben. Also es war notwendig, eine Lösung zu finden, wo wir um 2020, 2021 herum entweder etwas Neues zur Verfügung oder einen Ausbildungsvertrag mit einer anderen Luftwaffe haben, sodass wir die kontinuierliche Ausbildung unserer Piloten sicherstellen können.

Was das Hauptsystem betrifft war uns klar, wenn sich die Politik entscheiden würde, eine komplett neue alternative Flotte zu beschaffen, und sie das mit einem klassischen Ausschreibungsvorgang tut, dann kann es gut und gerne sieben, acht, neun Jahre dauern, bis wir das neue Flugzeug zur Verfügung haben. Wenn man das mit einer Government-to-Government-Leasing- oder anderen Variante macht, könnte das schneller gehen. Es war also eine realistische Einschätzung – der Bericht ist aus dem Jahr 2017 –, wenn man die schnellstmöglichen Modelle wählt, dass es um das Jahr 2021 herum zu einem Systemwechsel kommen kann.

Alternativ könnte es auch länger dauern, aber es war mir ganz wichtig, dem damaligen Bundesminister zu sagen, von heute auf nächstes Jahr geht gar nichts, ja. Also bis 2021 brauchen wir mindestens. Wir würden uns natürlich leichter tun, wenn der Trainer noch nicht so alt wäre, aber die Saab 105 ist einmal so alt. Sie war ein hervorragendes Flugzeug, ist es immer noch, aber es wird immer schwieriger, Ersatzteile zu bekommen, und irgendwann einmal ist der Betrieb zu Ende. Wir hoffen alle, dass das nicht in der Form eines Absturzes ist, der Menschenleben kostet, wo man dann feststellen muss, man muss diese Flotte von jetzt ab aus Sicherheitsgründen sperren, man darf sie nicht mehr betreiben.

Da hoffen wir alle, dass das nicht die Ursache ist, sondern dass es irgendwann einmal die Erkenntnis ist, es gibt nur mehr um Oldtimerpreise Ersatzteile oder es gibt sie einfach nicht mehr zu kaufen – wie wir es bei anderen Flotten ja auch erleben, wo irgendwann einmal die Hersteller sagen: Es tut uns leid, diese Rotorblätter fertigen wir nicht mehr, denn ihr seid die Letzten, die das fliegen, und es ist für keine Firma mehr wirtschaftlich, das herzustellen – außer ihr wollt Millionen Euro für ein Rotorblatt zahlen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich komme zur Seite 133, Ziffer 48. Da ist von der Sonderkommission angeführt worden (Auskunftsperson Gruber: Ja, ich schaue gerade! – 48, ja!): Stellt von der „Versorgbarkeit dieser Baureihe ein schwer kalkulierbares budgetäres Risiko dar“.

Vielleicht können Sie das noch einmal ausführen?

Mag. Karl Gruber: Der Hintergrund für diese Aussage liegt in unserem Betrachtungs- und Bearbeitungszeitraum im ersten Halbjahr 2017. Hier könnte sich in der Zwischenzeit vielleicht etwas geändert haben. Wie gesagt, über die letzten sechs Monate habe ich keine Kenntnis mehr.

Wir mussten das damals so beurteilen, dass wir gesagt haben: Schauen wir einmal, wer betreibt denn außer uns die Tranche 1? – Die Zahlen, welche Luftwaffen das tun und welche Stückzahlen da eingesetzt werden, sind im Bericht aufgeführt. Wir wussten aus Gesprächen, die ich mit den einzelnen Luftwaffenchefs geführt habe, dass alle Luftwaffen darüber nachdenken, wie sie das Tranche-1-Problem lösen. Da gab es verschiedene Lösungsansätze: entweder eine Komplettmodifizierung auf Tranche 2 – soweit das technisch möglich ist –, eine immer wieder schrittweise Teilmodifizierung. Es gab die Idee von Luftwaffen, diese gebraucht an andere Luftwaffen zu verkaufen. Zwei Betreiberluftwaffen haben darüber nachgedacht, aber, soweit ich informiert bin, bis dato keinen Käufer gefunden.

In Deutschland kenne ich den aktuellen Stand der Dinge nicht mehr. Damals, als wir das bearbeitet haben, gab es eine Empfehlung einer Kommission in Deutschland an die deutsche Regierung oder an das deutsche Parlament, den Eurofighter Tranche 1 nicht mehr weiterzubetreiben. Ich weiß nicht, was die deutsche Luftwaffe jetzt weiter vorhat: Wird sie ihn betreiben? Wird sie diese Maschinen an die Industrie zurückgeben? Wird die Industrie diese Maschinen verwerten? – Wir wussten das zum damaligen Zeitpunkt nicht, und ich glaube, dass es auch heute noch nicht so klar ist. Aber wie gesagt, seit sechs Monaten bin ich hier von der aktuellen Information abgeschnitten.

Wenn man für ein Flugzeug verantwortlich ist und da in einem gewissen Maß davon abhängig ist, dass man Betreiberpartner hat, mit denen man sich austauschen kann, vielleicht sogar Ersatzteile tauschen kann, was immer, dann muss man sich natürlich anschauen, was die anderen tun. Und ich konnte zu diesem Zeitpunkt nur sagen, es ist völlig unklar, was die anderen mit der Tranche 1 tun werden. Es war auch nicht korrekt und konkret abschätzbar: Was würde die Modifikation unserer Tranche-1-Maschinen auf Tranche 2 – wie gesagt, soweit das möglich ist – kosten? Daher war die Formulierung, dass dieses Flugzeug aufgrund seiner Versorgbarkeit und seiner Zukunft zum Zeitpunkt dieser Bewertung ein gewissen Risiko darstellte – und auf dieses Risiko mussten wir natürlich hinweisen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Laut unseren Informationen ist von Tranche 1 auf 2 hier nicht möglich, sondern nur maximal eine Adaptierung auf Tranche 1A oder so etwas, denn bautechnisch wäre das, glaube ich, nicht möglich. So ist uns das Ganze zumindest in der letzten Befragung mitgeteilt worden.

Ich möchte aber auf diese Lebenszykluskosten zurückkommen, die auf Seite 148 angeführt worden sind, die Varianten 3 und 6. Welche weiteren Schritte und Maßnahmen wurden da von Minister Doskozil aufgrund der Vorlage der Soko-Ergebnisse eingeleitet und umgesetzt?

Mag. Karl Gruber: Darf ich Ihre Frage – zur Sicherstellung, ob ich sie richtig verstanden habe – noch einmal wiederholen: welche Maßnahmen der Herr Bundesminister nach Vorlage und internationaler Vorstellung dieses Berichtes dann getroffen hat?

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ja. Und die Varianten 3 und 6 bitte kurz erklären.

Mag. Karl Gruber: Ich habe damals nach dieser Pressekonferenz und nach der Veröffentlichung dieses Berichtes – es wird zwei bis drei Wochen danach gewesen sein, das genaue Datum habe ich jetzt nicht in Erinnerung – den Auftrag erhalten, erste Gespräche mit zwei Regierungen zu führen und zu prüfen, ob die Beschaffung einer Alternativvariante auf Basis eines Government-to-Government-Geschäftes möglich ist und konkret gemacht werden kann – dass es im Prinzip möglich ist, wussten wir, sonst hätten wir es nicht als Variante aufnehmen können, aber ob jetzt tatsächlich eine Regierung bereit ist, da als Government-to-Government etwas anzubieten, das war zu erfragen –, und es war zweitens der Auftrag, wenn möglich die Bandbreite der erwartbaren Kosten noch etwas einzugrenzen.

Da war die Erwartungshaltung, dass, wenn man jetzt eine konkretere Anfrage macht, als wir sie in den ersten Bearbeitungsmonaten des Berichtes gemacht haben, auch die Firmen etwas konkreter mit ihrem Angebot werden. Wir haben darauf hingearbeitet – das war dann nicht mehr Aufgabe der Sonderkommission, sondern meine Aufgabe als Air Chief mit meinen Mitarbeitern –, bis zum Jahresende das Ergebnis dieser Erstgespräche – und jetzt kann man es konkret sagen: die wurden mit der US-Regierung und mit der schwedischen Regierung geführt – dem Herrn Bundesminister vorzutragen, in Erfüllung meines Auftrages. Zu diesem Vortrag ist es nicht mehr gekommen, weil es zu einem Regierungswechsel gekommen ist.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Wissen Sie, was Bundesminister Kunasek seit seinem Amtsantritt mit dem Ergebnis der Soko Luftraumüberwachung gemacht hat?

Mag. Karl Gruber: Das weiß ich nicht. Ich war zwar Mitglied der neu eingesetzten Evaluierungskommission, aber ich war nie bei einer Präsentation dabei, egal wo die stattgefunden hätte. Das hat der neu eingeteilte Kommissionsleiter gemacht. Es ist mir nicht bekannt, zumindest bis zu meinem Pensionsantritt im November nicht bekannt geworden, wie es weitergeht; und seit November bin ich natürlich im Ruhestand auf die Informationen angewiesen, die ich in der Zeitung lesen kann.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sie haben ja da in Ihrem Bericht auch ganz klar festgehalten, dass wir ein gewisses Zeitfenster haben – mit Ihrer Fachexpertise, die uns sehr wichtig ist –, und das wollen wir natürlich festhalten, weil gerade diese Entscheidung, wie es mit der Luftraumüberwachung weitergeht, hintangehalten worden ist. Es ist derzeit noch immer nicht politisch bewertet worden. Wir haben hier noch keine Informationen erhalten, was sehr schade ist, weil alle Parteien da eingebunden werden sollten. Wie sehen Sie das: Ist es ein Versäumnis dieser Bundesregierung jetzt, dass noch keine Entscheidung getroffen ist? Könnte es da – ich sage einmal unter Anführungszeichen – ein „Fehler“ sein, dass diese weitere Entscheidung, wie es mit der Luftraumüberwachung weitergeht, noch nicht getroffen worden ist? Bundeskanzler Kurz, aber auch Vizekanzler Strache haben sich ja diese Entscheidung vorbehalten. Gibt es da ein Zeitfenster – was für uns sehr wichtig ist –, damit die aktive Luftraumüberwachung noch gesichert werden kann?

Mag. Karl Gruber: Es steht uns Beamten beim Primat der Politik nicht zu, der Politik vorzuschreiben, was und wie sie und wann sie Entscheidungen zu treffen hat. Das sind politische Entscheidungen. Die Politik wird sich bei dem, was sie tut, etwas denken. Das, was unsere Aufgabe ist, ist einfach darauf hinzuweisen: Bei der Saab 105 tickt die Uhr. Es kann passieren, dass wir 2020 ohne Schulflugzeug, ohne Jettrainer dastehen. Man würde uns als Beamten sonst den Vorwurf machen: Das hättet ihr uns einmal sagen können! – Ja, wir sagen das, aber mir steht es nicht zu, von der Politik da Entscheidungen, Vorgaben oder irgendetwas einzufordern.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Das heißt, es wäre schon wichtig gewesen, da die Entscheidung zu treffen, um die Luftraumüberwachung auch ab 2021 zu sichern, weil auch eine gewisse Vorlaufzeit notwendig ist.

Ich möchte noch Folgendes ansprechen: Haben Sie eine Erklärung, warum der Bericht der Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung öffentlich nicht mehr eingesehen werden kann? Sie haben ja zuerst gesagt, er ist jetzt runtergenommen worden. Warum ist er heruntergenommen worden?

Mag. Karl Gruber (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Dieser Bericht? (Abg. Plessl: Ja!) Das ist mir nicht bekannt. Ich wusste zum Zeitpunkt der Pressekonferenz, dass er ins Internet gestellt wurde. Das war für mich natürlich eine wichtige Information, denn damit unterlag quasi das, was da drinnen steht, keinerlei Geheimhaltung mehr, denn das konnte jetzt jeder auf der ganzen Welt lesen. Ob der aber noch im Internet ist – oder falls er nicht mehr drinnen ist, warum –, das kann ich nicht beurteilen, das weiß ich nicht.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich gebe Ihnen jetzt noch ein Dokument von der Homepage des Bundesheers – es ist also keine Klassifizierung notwendig, wenn es von der Homepage des Bundesheers ist. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Wir haben hier einen Absatz angestrichen, und zwar: „Seit dem Bericht der SOKO ,Aktive Luftraumüberwachung‘, der im Juli 2017 dem vormaligen Bundesminister Hans Peter Doskozil vorgelegt wurde, sind acht Monate vergangen. Heute liegen uns für die anstehenden Entscheidungen weitere Informationen vor, die eine Neubewertung erfordern.“

Haben Sie eine Erklärung – es geht natürlich um Ihre Wahrnehmungen und Bewertungen als Fachexperte –, welche Neubewertung hier möglich gewesen sein könnte?

Mag. Karl Gruber: Von wann war das? Ich sehe das hier im Dokument jetzt nicht. Darf ich bitte noch einmal - -

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): 15. Februar 2018, steht hier oben (Auskunftsperson Gruber: Ja!), und da ist bezugnehmend auf die aktive Luftraumüberwachung gesagt worden, dass diesbezüglich weitere Informationen vorliegen, die eine Neubewertung erforderlich machen. Worum kann es sich da handeln, dass das notwendig gewesen ist?

Mag. Karl Gruber: Ich kenne die Hintergründe nicht, warum – wird da der ehemalige Bundesminister zitiert, oder? – er das wirklich gesagt hat, aber es lagen tatsächlich seit dem Abschluss der Arbeit an diesem Bericht bis zu diesem Zeitpunkt in Teilbereichen neue Informationen vor. Das waren zum einen die Informationen, die ich noch in Gesprächen mit der schwedischen und der amerikanischen Regierung erhalten habe, und es gab auch seitens der zuständigen Sektion im Verteidigungsministerium weiterführende Gespräche mit Airbus im Hinblick auf Maßnahmen, Betriebskosten, Modifikationen des Eurofighter. Die Gesprächsinhalte mit Schweden und Amerika kenne ich natürlich. Die Gesprächsinhalte des Verteidigungsministeriums mit Airbus kenne ich nicht, weil ich dort nicht mehr eingebunden war; das weiß ich nicht.

Ich kann es aber nachvollziehen, dass der aktuelle Bundesminister damals gesagt hat: Ja, jetzt gibt es neue Zahlen, jetzt schauen wir uns noch einmal an, ob das, was in diesem Bericht berechnet wurde, stimmt, ob man dieses Ergebnis verifizieren oder falsifizieren kann. – Der neue Bericht ist ja noch nicht veröffentlicht. Ich war aber in der neuen Kommission auch Mitglied und hatte kein Problem damit, dass das noch einmal berechnet wird und kontrolliert wird.

Ich persönlich kann jetzt zum Thema des Inhaltes des neuen Berichts nichts sagen, weil das ja auch nicht Gegenstand ist. Ich kann nur sagen, dass ich beruhigt war vom Ergebnis des neuen Berichtes, denn es hätte auch herauskommen können, dass wir uns komplett sozusagen verirrt haben, aber das war nicht der Fall. Auf Näheres möchte ich nicht eingehen, denn es ist Sache der jetzigen Führung, wann und in welcher Form der neue Bericht veröffentlicht wird.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ja, ist eh sehr gut, wenn Sie auch in diese Richtung - -, denn wir haben auch die Befürchtung gehabt, und es liegen uns derzeit noch immer keine Informationen vor, die vorgelegt hätten werden sollen, zumindest die Grundlage für diese Evaluierungskommission.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 15 Sekunden noch!

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Dann machen wir es in der nächsten Runde.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Gut. Ich darf Sie inzwischen informieren: Es sind zur Stunde zwölf Datenträger der Stufe 0 aus dem Bundesministerium für Justiz eingelangt. Die Einspielungen sind im Gange. Unser Schreiben ist aber bereits abgefertigt und auf dem Postweg – es hilft nichts.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Danke schön.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte sehr. Man kann sich also weiter vorbereiten, und ich darf als Nächsten Abgeordneten Schandor um seine Fragen bitten.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Grüß Gott, Herr Generalmajor! Ich möchte für das Protokoll vorwegschicken, dass wir beide uns kennen. Generalmajor Gruber war einer meiner Vorgesetzten zwischen 2007 und 2010.

Herr Generalmajor, die Aufgabe der Sonderkommission war ja gemäß Ministerweisung vom 2. März 2017, bis 30. Juni desselben Jahres dem Generalstab Optionen zur effektiven und effizienten Luftraumüberwachung vorzulegen. Wie standen Sie als Leiter der Kommission oder im Rahmen Ihrer Tätigkeit in Kontakt mit Herrn Bundesminister Doskozil beziehungsweise mit seinem Kabinett?

Mag. Karl Gruber: Also alle Gespräche, die mit der Ebene Kabinett beziehungsweise Bundesminister Doskozil stattgefunden haben, waren regelmäßige Besprechungen, bei denen eine sehr große Zahl von Teilnehmern dabei war. Ich könnte jetzt die Teilnehmerprotokolle der einzelnen Besprechungen nicht aus dem Gedächtnis wiedergeben, aber nach meiner Erinnerung war immer mindestens der Leiter der Revision dabei, war der Generalstabschef dabei und waren Vertreter verschiedener Bereiche der Zentralstelle mit dabei. Es hat ja in der ganzen Zeit zwischen mir und Bundesminister Doskozil kein einziges Vieraugengespräch zu der Thematik gegeben. Es waren immer offizielle Sitzungen, Besprechungen, die protokolliert sind, von denen die Unterlagen vorliegen, wo also nachvollziehbar ist und die in der Regel so abgelaufen sind, dass ich Vorschläge, Teilarbeitsergebnisse der Kommission präsentiert habe und der Herr Bundesminister das zur Kenntnis genommen hat.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Wurden bei diesen Gesprächen auch politische Überlegungen in die militärischen Bewertungsmethoden eingebracht?

Mag. Karl Gruber: Also aus meiner Sicht, wenn ich jetzt den Begriff kurz definieren darf: Innenpolitische Überlegungen sind in meiner Anwesenheit dort nie diskutiert worden. Außenpolitische, sicherheitspolitische – da gab es kurz einmal die Erwägung, in die Kommissionsarbeit auch Experten des Bereiches Militärpolitik, Sicherheitspolitik aufzunehmen und die einzelnen Varianten im Hinblick darauf zu überprüfen: Was könnte denn diese Variante für die Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten oder Partnerstaaten, die davon irgendwie beeinflusst werden könnten, bedeuten?

Das war meiner Beurteilung nach innerhalb der fünf Monate unrealistisch, denn dieser Teil hätte erst zu arbeiten beginnen können, wenn die Vorschläge da waren, und das wäre sich in dieser Zeit überhaupt nicht mehr ausgegangen. Ich war aber insofern auch froh darüber, weil wir das nach reinen Effektivitäts- und betriebswirtschaftlichen Überlegungen abwickeln konnten, ohne jetzt irgendeinen Einfluss zu haben: Ja, aber wenn wir das machen, sind die Deutschen auf uns böse!, oder irgend so etwas. Das durfte in dieser Phase keine Rolle spielen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Haben Sie als Leiter der Sonderkommission jemals Weisungen bekommen, welchen eher politische als militärische Motive zugrunde lagen?

Mag. Karl Gruber: Diesen Eindruck hatte ich nie, dass man mir hier Weisungen gibt, die rein partei- oder innenpolitisch oder irgendwie motiviert sind. Ich hatte den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit Herrn Bundesminister Doskozil eine äußerst sachliche war und dass er unsere Sachargumente sehr gut verstanden hat.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Ich darf Ihnen ein Dokument vorlegen, das hat die Nummer 52643. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Auf Seite 7 ganz oben geht es um einen Amtsvortrag von Herrn Oberst des Generalstabes, oder damals noch Oberstleutnant des Generalstabes, Mag. Reinhard Kraft – das war der zugeteilte Generalstabsoffizier in der Sonderkommission –, und hier wird festgehalten, dass eben im Rahmen der fünften Klausur der Kommission das „Kostenschätzungsmodell den Vorgaben HBM angepasst“ wurde.

Um welche Vorgaben des damaligen Bundesministers geht es da eigentlich, oder was ist damit gemeint?

Mag. Karl Gruber: Ich versuche mich zu erinnern, was da gemeint sein könnte, aber meiner Meinung nach könnte es dabei nur um die Frage gegangen sein: Berechnen wir die Betriebskosten bis 2040 oder bis 2050?, wo ich dann bei einer Besprechung mit dem Herrn Bundesminister den Vorschlag gemacht habe: Also eigentlich wäre es betriebswirtschaftlich realistischer, das für die vollen 30 Jahre zu berechnen, mit allen Unschärfen, die dabei auftreten, weil man es schwer vorhersagen kann!, und ich habe damals vom Herrn Bundesminister praktisch die Genehmigung gehabt, das auch auf 30 Jahre zu berechnen.

Aber das war keine Weisung, wo man mich in eine bestimmte Richtung gedrängt hat. Ich hätte mit so einer Weisung dann ein Problem gehabt, wenn es das Ergebnis gravierend verändert hätte. Aber es hat für mich nie irgendeine Vorgabe gegeben, die auf das Endergebnis und auch auf die Empfehlungen Einfluss hatte, weil die Darstellung, die Bandbreiten, die wir da aufgelistet haben, mit 20- und 30-jähriger Berechnung, sich ein bisschen verschoben haben, aber im Wesentlichen doch gezeigt haben, dass es zwei vorschlagbare Lösungen gibt – entweder den Eurofighter modifizieren und weiter betreiben oder auf eine Alternativflotte umsteigen –, und wir damit sehr, sehr viele andere Varianten ausschließen konnten. Es hat für mich daher der Unterschied der Berechnung auf 20 oder 30 Jahre keine Auswirkung auf die Empfehlungen gehabt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Ist es für Sie erklärbar, warum der Bundesminister so wenige Tage bevor der Bericht fertiggestellt werden musste, interveniert hat? (Auskunftsperson Gruber: Bitte?) – Wie erklären Sie sich, dass die Intervention des Herrn Bundesministers so wenige Tage vor Berichtslegung erfolgte?

Mag. Karl Gruber: Ja, das ist für mich leicht erklärbar, weil wir natürlich mit der Arbeit an dem Bericht in den fünf Monaten ein bisschen unter Zeitdruck geraten sind. Und vor allem hat der Zeitdruck sich jetzt nicht daraus ergeben, dass die Kommissionsmitglieder nicht ihre Arbeiten termingerecht erledigt haben, sondern wir auf Informationen angewiesen waren, die wir von anderen Regierungen bekommen, die wir von Firmen bekommen, und die waren ein bisschen säumig.

Viele haben die Termine brav eingehalten und einiges, zum Beispiel das heute bereits erwähnte Angebot der Royal Air Force, ist trotz mehrfacher Urgenz sehr knapp vor dem Abgabetermin geliefert worden. Wir wollten das aber auf jeden Fall mit einarbeiten, alles andere wäre ja nicht korrekt gewesen. Und daher ist das in den letzten Tagen vor Fertigstellung des Berichtes – ja, wie sagt man – ein midnight project geworden. Da ist noch sehr viel in den letzten Tagen passiert, aber nicht, weil eine Einflussnahme von außen war, sondern weil ich schauen musste, dass ich diesen 30. Juni, diesen Termin - -, der war politisch vorgegeben. Das war meine einzige politische Vorgabe: Am 30. Juni soll dieser Bericht vorliegen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Jetzt hat man im Zuge der Tätigkeiten oder Ihrer Tätigkeiten in der Sonderkommission – Sie haben das ja schon ausgeführt – auch das Gespräch mit den anderen Betreibernationen gesucht. Das ist auch im Bericht so festgehalten, auch dass sämtliche Betreibernationen ein Betriebsende der Tranche 1 zwischen 2035 und 2040 erwarten oder sehen.

Diese Einschätzungen sind auch durchaus plausibel, weil das Luftfahrzeug eben in diesem Zeitraum seine 30-jährige Betriebsdauer erreicht hat und wir ja auch im Pflichtenheft und in der Ausschreibung von den Anbotslegern eine 30-jährige Ersatzteilgarantie verlangt haben; auch wir gehen also von einer durchschnittlich 30-jährigen Systemnutzungsdauer aus.

Wie erklären Sie sich, dass die Sonderkommission zuerst bei allen anderen Betreibernationen den Weiterbetrieb der Eurofighter bis voraussichtlich 2040 feststellte und dann eben den Zeitraum für die eigene Berechnung von 2040 auf 2049 hinausgestreckt hat?

Mag. Karl Gruber: Erstens war das nicht vollkommen klar, weil mir keine der anderen Betreibernationen sagen konnte, wie lang sie dieses Flugzeug wirklich wird betreiben können. Und dann ist die Position eines Landes, das über ausreichend Tranche 2 verfügt und auch über andere Flotten verfügt und da einen Wechsel der Flotten vornimmt, eine andere, als wenn die Tranche-1-Eurofighter-Flotte die einzige Flotte eines Landes ist.

Und wie wir wissen - - Sagen wir mal so, wenn wir sagen, 2040 wären die 30 Jahre planmäßig abgelaufen, wir machen 2035 die Politik darauf aufmerksam, dann wird niemand davon ausgehen, dass wir 2041 das neue Flugzeug dastehen haben, sondern eher 2050. So haben wir das in der Vergangenheit immer erlebt.

Wir betreiben auch noch die Saab 105, da hat man wahrscheinlich 1960 auch geglaubt, dass die 30 Jahre fliegen wird, und jetzt sind es bald 50. Also ich bin da von einer realistischen Erwartungshaltung ausgegangen. Ob das technisch gehen wird? – Man hätte vielleicht 1960 auch nicht geglaubt, dass Saab 105 und SK 60, wie die in Schweden heißt, im Jahr 2020 noch fliegen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Bedeutet die Abänderung des Zeitraums jetzt eine Veränderung im Hinblick auf eine Schlechterstellung des Eurofighter der Tranche 1 gegenüber den anderen Alternativen?

Mag. Karl Gruber: Nein, überhaupt nicht, wenn man sich die Zahlen dann konkret anschaut. Das wäre jetzt vielleicht für das Eurofighter-Projekt sogar noch nachteiliger gewesen, wenn wir gesagt hätten, für die letzten 30 Jahre, wo die anderen Flotten in Betrieb sind, gehen wir jetzt davon aus, dass wir uns was Neues kaufen, und wir dann realistischerweise diese Neukaufkosten, die das Budget belasten, noch mit hineinrechnen müssen. Also es hat im Endeffekt - - Ich habe mit dem Unterschied 20 oder 30 Jahre überhaupt kein Bauchweh gehabt, weil meine Empfehlungen so und so gleich ausgeschaut hätten.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Wenn man jetzt davon ausgeht, je länger ein System betrieben wird, desto höher sind auch die Kosten, Betriebskosten - - Ich möchte vielleicht für Kollegen Ottenschläger noch ergänzen, dass es beim Militär keine Vollkostenrechnung gibt, daher ist das auch ein bisschen schwierig mit den Flugstunden. Wenn ich aber davon ausgehe, dass wir bis 2049 oder 2050 fliegen, dann sind unsere Luftfahrzeuge 42 Jahre, 43 Jahre alt beziehungsweise noch älter, weil die ersten sechs ja neuwertig gebraucht von der deutschen Luftwaffe gekauft wurden. (Auskunftsperson Gruber: Mhm, ja!) Wurde diesem Umstand Rechnung getragen, dass sich mit zunehmendem Alter auch der Wartungsaufwand, die Betriebskosten erhöhen?

Mag. Karl Gruber: Ja.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Ist das linear erfolgt? Welche Grundlagen hat man da verwendet?

Mag. Karl Gruber: Wir haben für alle Systeme eine jährliche Betriebskostensteigerung mit hineingerechnet; und je länger Sie das System betreiben, wird es natürlich zum Schluss hin wieder ein bisschen teurer. Aber wenn man zehn Jahre vorher was Neues kauft, dann muss man die 2 Milliarden oder in Zukunft dann 3 oder 3,5 Milliarden für die Neubeschaffung auch beim Budget berücksichtigen. Also im Grunde genommen ist es für die gesamtstaatliche Verwaltung besser, ein Flugzeug länger zu fliegen als in kürzeren Abständen ständig ein neues zu kaufen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): War diese Vorgehensweise innerhalb der Mitglieder der Sonderkommission einstimmig oder hat es da auch unterschiedliche Zugänge gegeben?

Mag. Karl Gruber: Es hat - - Grundsätzlich hat die gesamte Sonderkommission dem Bericht zugestimmt. Es gab einzelne Anmerkungen. Wir haben die Mitglieder ja auch dazu aufgefordert, Anmerkungen zu machen, wenn sie mit einzelnen Punkten irgendein Problem haben. Und was mir erinnerlich ist, gab es die einzige Anmerkung, dass ein für die Betriebswirtschaft zuständiger Kamerad eine - - Für die letzten Betriebsjahre des Eurofighter meinte man, eine andere Berechnung anwenden zu können. Aber da kann man diskutieren, ob seine oder die Variante der Mehrheit der Kommission die richtige war. Auch das hätte, auch wenn wir es nach seiner Variante berechnet hätten, keinen großen Unterschied - -, also hätte keine andere Empfehlung bewirkt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Das bedeutet, wir reden jetzt über das Berechnungsmodell. (Auskunftsperson Gruber: Ja!) – Also die Art des Berechnungsmodells wäre eine andere gewesen? (Auskunftsperson Gruber: Ja!)

Etwas verwunderlich ist natürlich das Ergebnis. Wenn man den Bericht so liest, dann lässt der natürlich vieles offen, gerade was die Empfehlung der Sonderkommission betrifft. Also sowohl ein Weiterbetrieb der Eurofighter-Flotte inklusive Nachrüstung als auch eine Neuanschaffung von einer alternativen Flotte, um eben den Auftrag zu erfüllen, werden genannt. Hat es eine Vorgabe gegeben, ich will nicht sagen, das Ergebnis vorwegzunehmen, aber da möglichst einen Handlungsspielraum zu lassen?

Mag. Karl Gruber: Der Herr Bundesminister hat damals in einer der ersten Sitzungen betont, dass er diesen Auftrag ergebnisoffen versteht. Er wird sich mit dem auseinandersetzen, was die Kommission vorschlägt. Und ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersagen, was ich vorschlagen werde, weil wir da systematisch daran gearbeitet haben. Und wir haben dann zum Schluss zwei Varianten empfohlen, wissend, dass es eine Variante auf längere Betriebsdauer gibt, wo es vielleicht in Zukunft etwas kostengünstiger wird, das System zu betreiben als mit dem Eurofighter, aber auf der anderen Seite auch die Tatsache berücksichtigend, dass der Eurofighter schon da ist und nicht mehr gekauft werden muss. Daher haben wir so sozusagen nichts ausgeschlossen.

Und die Entscheidung, ob man ein bestehendes System weiterbetreibt und sich damit die ganzen politischen Probleme einer Neubeschaffung sozusagen vom Leibe hält, oder ob man viel Geld in die Hand nimmt, damit man einmal zehn Jahre plus günstiger fährt, das ist eine Entscheidung, die nicht der Beamte treffen kann, das ist selbstverständlich eine Entscheidung, die die Politik treffen muss, die für den Einsatz des staatlichen Budgets verantwortlich ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Ich darf Ihnen dazu ein weiteres Dokument vorlegen, es hat die Nummer 56435. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Herr Generalmajor, auf Seite 39, ganz unten, finden Sie ein Zitat von Bundesminister Doskozil: „Der Eurofighter ist Geschichte“. – Wissen Sie, warum Doskozil Anfang Juli 2017 das Ende der Eurofighter trotz dieses offenen Ergebnisses erklärt hat? Sie haben ja eben bestätigt, die Ergebnisse der Sonderkommission waren ja keineswegs derart deutlich (Auskunftsperson Gruber: Ja!), dass so eine Aussage gerechtfertigt gewesen wäre.

Mag. Karl Gruber: Ich bin nicht in der Lage, zu beurteilen, warum Herr Bundesminister Doskozil dann zu dieser Aussage gekommen ist. Es steht mir auch nicht zu, die Aussage eines Ministers zu kommentieren. Wir haben zwei mögliche Handlungsvarianten vorgeschlagen, und dass sich die politische Führung eine davon aussuchen wird, damit war zu rechnen; entweder die eine oder die andere. Wie schnell das kommen wird, darüber haben wir uns keine Gedanken gemacht, wir haben unseren Bericht abgeliefert und gesagt, jetzt warten wir, was weiter passieren wird.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 2 Sekunden noch.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Danke schön.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Auch meinerseits einen schönen guten Tag! Ich darf vielleicht gleich bei einem Punkt beginnen, den Sie schon in vielen Bereichen erwähnt haben, nämlich die zweite Kommission, diese Evaluierungskommission.

Sie haben gesagt, Sie können nicht sagen, was inhaltlich enthalten ist, weil das nicht Teil des Untersuchungsausschusses ist. Da haben Sie vollkommen recht, ich erlaube mir aber eine Frage, deren Antwort Sie natürlich nicht geben müssen: Haben Sie vielleicht eine Erklärung, warum der Bericht der Öffentlichkeit vorenthalten worden ist? Sie haben ja gesagt, es gab keine gravierenden Änderungen. Gab es aber vielleicht in der Zeit der zweiten Kommission Erkenntnisse, die das Verfahren zu Airbus beeinflussen würden, unsere Verhandlungsposition beeinflussen würden oder die Luftraumüberwachung in irgendeiner Form gefährden würden?

Mag. Karl Gruber: Das kann ich nicht beantworten. Ich habe in der zweiten Kommission als stellvertretender Leiter mitgewirkt, ich hatte kein Problem damit, dass das Ergebnis meiner Kommission noch einmal verifiziert und falsifiziert wird. Da bin ich ein nüchterner wissenschaftlicher Arbeiter, das ist not und erhärtet sogar die Aussagekraft, wenn das überprüft ist.

Es hat auch die zweite Kommission gut gearbeitet. Wie gesagt, über den Inhalt bin ich nicht befugt, etwas zu sagen, das ist noch nicht veröffentlicht. Ich kann nur soweit sagen, mir hat das keine Bauchschmerzen bereitet, was als Ergebnis der zweiten Kommission herauskommt. Die Zahlen werden etwas präziser sein und die zweite Kommission hat den thematischen Umfang erweitert. In meiner Kommission war ja nur die Anregung, irgendwann in der Zukunft, wenn das System PC-7 zu ersetzen ist, zu überlegen, ob man einen leichten Jettrainer beschafft, mit dem man mehr Phasen der Ausbildung abdecken kann und damit auch die Betriebskosten auf dem Hauptsystem reduzieren kann oder die Ausbildungskosten im Ausland reduzieren kann.

Die zweite Kommission hat das in ihre Berechnungen mit aufgenommen. Also mich hat es gefreut, dass eine Anregung von mir gleich wieder aufgegriffen wurde und mit eingerechnet wurde. Aber wie gesagt, die Ergebnisse muss der Leiter der zweiten Kommission oder eine neue Regierung oder wer immer dann präsentieren. (Abg. Bernhard: Vielen Dank!) Gründe, warum man das bisher nicht getan hat, kenne ich aber keine.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Gut, jetzt, wo die Regierungsmitglieder, die das zurückgehalten haben, nicht mehr im Amt sind, könnte sich das ja auch verändern. Ich frage mich nur, wer es veröffentlichen soll, aber das ist eine andere Frage.

Ich möchte in meiner Fragestellung zur Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung zurückgehen. Da schon vieles gefragt wurde, möchte ich mich auf das konzentrieren, was noch nicht gefragt worden ist. Da gab es eine Irritation, weil ein externer Berater, nämlich Herr Jakob Baumann, ein offensichtliches Naheverhältnis zu Saab hatte.

Ich lege Ihnen das Dokument Nummer 48809, Seiten 91 und 92, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist der Verhaltenskodex für einzustellende Mitarbeiter. Wenn man sich anschaut, was unter Punkt 1 – „Gespräche mit ‚Lobbyisten‘ sind untersagt“ – und auf der Rückseite, auf Seite 92, steht – „Ein möglicher Einsatz externer Sachverständiger zur begleitenden Unterstützung wird durch den Leiter der [...]“ Sonderkommission für Luftraumüberwachung „geprüft und ein allfälliger Vorschlag an den Generalstab und Revision vorgelegt“ –, ist meine Frage: Wie hat sich das damals zugetragen? Haben Sie das sozusagen am Radar gehabt, dass es dieses Naheverhältnis gegeben hat? War das unproblematisch? Gab es da eine Freigabe?

Mag. Karl Gruber: Grundsätzlich habe ich aus dem Bereich der Revision die Empfehlung erhalten, externe Experten zuzuziehen. Wir haben in der Kommission kurz darüber diskutiert und sind zum Schluss gekommen: Ja, das könnte durchaus Vorteile haben, weil wenn wir jemanden finden können, der in diesem Bereich Erfahrungen hat, andere Kampfflugzeuge eingeführt hat oder diese Einführung unterstützt oder irgendwie geplant und bearbeitet hat, dann könnten dort Informationen vorliegen, die uns helfen, die uns vorgelegten Zahlen der Firmen etwas besser einzuschätzen. Und es war die Erwartungshaltung und der Auftrag an diese Experten, uns darauf aufmerksam zu machen, dass wir uns vielleicht irgendwo mit einer Berechnung verrennen oder Aspekte nicht berücksichtigt haben.

Jetzt hat sich das Thema gestellt, wie man schnell einen Experten für so etwas findet. Die Zahl der Experten, die so etwas können, ist natürlich grundsätzlich einmal begrenzt. Auch der Vorschlag, solche Experten zu finden, ist an mich ergangen. Wie bin ich vorgegangen? Ich habe gesagt, aus sprachlichen Gründen wäre es von Vorteil, wenn die Experten, die die Kommission begleiten und beraten, Deutsch sprechen und wir nicht die Kommissionssitzungen auf Englisch machen müssen; also hat sich das einmal im Wesentlichen auf Deutschland, die Schweiz und Österreich eingegrenzt.

Das Zweite war, wir wollten vermeiden, dass ein Land miteingebunden ist, das Hersteller eines der betroffenen Systeme ist. Daher haben wir gesagt, Deutschland ist vielleicht nicht so gut, weil da ja jemand im Sinne von Airbus, wo Deutschland ja eine wesentliche Rolle spielt, handeln könnte. Es hat sich daher angeboten, einmal in der Schweiz nachzufragen, ob es dort Experten geben könnte, die uns unterstützen.

Schweiz betreibt keinen Eurofighter, Schweiz stellt keine Kampfflugzeuge her, Schweiz betreibt amerikanische Flugzeuge und die können deutsch. Ich habe den Schweizer Luftwaffenchef gefragt, an wen ich mich wenden könnte, und er hat mir ein paar Namen genannt, wo er gesagt hat, das sind Leute, die bei uns in der Vergangenheit an Beschaffungsprojekten teilgenommen haben, und diese Leute hätten die Expertise. Ich habe daher Kontakt aufgenommen, zufällig habe ich einen davon persönlich gekannt –aus dem Jahr irgendwann, 1997, weil wir gemeinsam bei einer Übung waren –, der aber mittlerweile nicht mehr bei der Luftwaffe ist, sondern bei einer zivilen Firma arbeitet.

Ich habe dann ein Erstgespräch geführt und meine Aufgabe war es, zu beurteilen, ob diese Experten die fachliche Expertise haben – das konnte ich grundsätzlich einmal bejahen. Also jemand, der in der Schweiz ein Beschaffungsprojekt – das war damals konkret die F-18 – geleitet hat, weiß, worum es dabei geht, und der andere, der damals in etwa die Aufgabe gehabt hat, die ich bei der Einführung der Eurofighter hatte, nämlich den Betrieb zum Gehen zu bringen, weiß auch, worum es geht.

Ich habe diese Namen daher vorgeschlagen, aber ich wollte und konnte das nicht entscheiden, ob wir die wirklich nehmen. Ich konnte nur beurteilen, ob sie fachlich geeignet sind und quasi als Nichtherstellerland unverdächtig. In weiterer Folge war es Aufgabe einerseits des Abwehramtes, festzustellen: Haben diese Leute die erforderliche military security?, und dann war durch die Revision und die kaufmännische Abteilung, die den Vertrag errichtet haben, festzustellen: Was ist die Bonität? Ich habe auf diese Daten keinen Zugriff, weil ich in kein Firmenbuch hineinschauen kann. Das war Aufgabe dieser Stellen.Und das wurde durchgeführt; offenbar hatte niemand ein Problem dabei. Ich habe den Vertrag mit diesen Experten nicht unterschrieben, es waren andere in der Auswahl eingebunden, die das dann letztendlich fixiert haben. Ich habe in der Zeit, in der sie mit uns gearbeitet haben, nicht festgestellt, dass Herr Baumann irgendwo auch einmal eine Beratungstätigkeit für Saab ausgeübt hat. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich Bedenken gehabt, ob das eine g’scheite Optik ist, ja; habe ich aber nicht und ich konnte es auch nicht überprüfen. Und die Stellen, die das eher überprüfen können, hatten kein Problem.

Es ist nachher, interessanterweise erst einige Tage nach Veröffentlichung des Berichtes, auf einmal die Information gekommen: Ja, da war jetzt jemand dabei, der hätte das in eine bestimmte Richtung beeinflussen können. – Ich kann nur sagen, dass uns diese beiden Experten in keine Richtung irgendwie gedrängt haben, uns wertvolle Hinweise gegeben haben: Habt ihr euch das überlegt, habt ihr euch das überlegt?, Modifikationskosten generell für alle Systeme berechnen wir in der Schweiz so und so. Und da habe ich gesagt: Ja, das ist eigentlich g’scheiter, als wir das tun!; habe ich gerne mitberücksichtigt.

Die haben also das eingebracht, was von ihnen zu erwarten war, und haben sich niemals für irgendeine bestimmte Type stark gemacht.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Also zusammengefasst: bei Vertragsabschluss und während der Arbeit keine Kenntnis über diesen Link, aber auch nicht den Eindruck einer Einflussnahme?

Mag. Karl Gruber: Ja. Hätte ich das aber am Anfang gewusst, hätte ich mit größter Wahrscheinlichkeit jemanden anderen vorgeschlagen – mit dem Problem: Es ist kaum möglich, jemanden zu finden, der die Fachexpertise für so etwas hat und noch nie irgendwo in einem konkreten Projekt für irgendwen irgendwo gearbeitet hat. Also die Zahl dieser Experten ist nicht sehr groß.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich gehe noch zu einem anderen Themenbereich, zu einer zweiten Frage, die ich mir stelle und die Sie als Militär sozusagen vielleicht auch klar beantworten können. Ich lege Ihnen das Dokument Nummer 66233 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da ging es im Untersuchungsausschuss um die Befragung des ehemaligen Verteidigungsministers Norbert Darabos. Der beschreibt - - Also es ging um die Abbestellung der beiden Systeme, in dem Fall FLIR-System, also Flying Infrarot-System, und DASS-System. Gerade bei Zweiterem ging es ja um die Verteidigungsfähigkeit des Flugzeuges im Angriffsfall. Er sagte damals:

„Die Begründung war damals: Ein Eurofighter nimmt es mit vier MiG auf. Ich habe gesagt: Wenn einmal vier MiG gegen einen Eurofighter am Himmel sind, dann haben wir ein Problem, aber eines anderer Art als das.“ (Auskunftsperson Gruber: Mhm!)

So, das ist so für mich das Sinnbild. Also der Verteidigungsminister sagt, wenn wir angegriffen werden, dann sollten wir eh besser am Boden bleiben, weil sonst wird es mit oder ohne Abwehrsystem gefährlich.

Jetzt gab es aber die verschiedenen Kommissionen und Berichte, wo man sich immer wieder gefragt hat: Was braucht die Luftraumüberwachung in Österreich? Es gab verschiedene Bundesminister in dieser Zeit (Auskunftsperson Gruber: Mhm!), und das Erstaunliche für mich als jemanden, der sich davor nicht mit dem Thema beschäftigt hat, ist: Jede Kommission kommt unter jedem Bundesminister zu einem anderen Ergebnis. Also während der eine Systeme abbestellt, sagt der andere, die sind zwingend erforderlich, und der Dritte möchte wiederum beides evaluieren; und da wissen wir nicht, was drinnen steht.

Ist es denn nicht so, dass es eine evidenzbasierte Grundfeststellung gibt, was Österreich braucht und was nicht, unabhängig von einer politischen Betrachtungsweise?

Mag. Karl Gruber: Ja, also ich glaube, Sie können jeden Experten fragen, was ein modernes Kampfflugzeug an Ausrüstung braucht. Nicht umsonst betreibt die ganze Welt das mit diesen Ausrüstungsgegenständen, nur komischerweise gerade wir haben ein paar Teile abbestellt.

Ich möchte einmal im Nachhinein sagen: Also ich kenne diesen ganzen Vorgang dieser Verhandlungen, die zum Vergleich geführt haben, nicht. Ich weiß nicht einmal, welche Experten aus unserem Bereich damals dort mitgearbeitet haben. Es war jedenfalls keiner von denen, die ich als Experten dafür einstufe, sonst würde ich es von denen wissen, dass sie dort mitgearbeitet haben.

Die Konsequenzen sind eindeutig. Ich kann das nur so sagen. Es geht da um zwei wesentliche Dinge; das Dritte ist nicht erwähnt. Das Forward Looking Infrared System - - Da gibt es mehrere technische Möglichkeiten, wie man das lösen kann, mit Nachtsichtbrillen, die der Pilot aufhat, oder mit einem Kamerapot oder einer eingebauten Infrarotkamera im Flugzeug. Das hat zwei große Vorteile. Sie können sich bei Nacht einem unbekannten Ziel so weit annähern, dass Sie beurteilen können: Was ist das für eine Flugzeugtype? Ist der bewaffnet oder nicht? Verstößt er damit gegen eine Neutralitätsauflage für das Überfliegen unseres Luftraumes zum Beispiel? Oder Sie können vielleicht sogar das Kennzeichen  dieses Flugzeuges ablesen. – Was für die Luftraumüberwachung, für die Luftpolizei ganz wesentliche Voraussetzungen sind, um einen diplomatischen Protest abzuschicken, der dann von der Gegenseite auch ernst genommen wird. Denn so kann uns jeder sagen: Bei einem Nachtüberflug habt ihr das gar nicht sehen können, also euren Protest nehmen wir gar nicht ernst. – Das ist die eine Sache, die außenpolitische.

Das Zweite ist: Sie erinnern sich an Beispiele, wo die US Air Force im Rahmen der Jugoslawienkrise, der internationalen Operationen dort eine Überfluggenehmigung für Österreich für einen Tanker allein gestellt hat, und wir mussten dann feststellen, dass dieser Tanker von vier Kampfflugzeugen begleitet wurde. Offenbar haben die Amerikaner die Qualität unserer Radarsysteme unterschätzt, aber wir haben am Radarbild bereits Hinweise darauf gehabt: Das ist mehr als ein Flugzeug. Aber das Radarbild genügt nicht als diplomatischer Protest. Wir sind hingeflogen und haben das Foto als Beweis gehabt, und das war dann für die amerikanische Seite wohl etwas unangenehmer.

Aber da war Tag. Das Gleiche bei Nacht? – Dieses Risiko würde ich nicht eingehen, einen Abfangjäger an unbeleuchtete Flugzeuge heranzuführen, wenn wir nicht wissen, ob dort eines in der Luft ist oder fünf. Mit dem Forward Looking Infrared sieht er die anderen auch in der Nacht und kann seinen Auftrag erfüllen und kann ihn sicher erfüllen.

Das Zweite ist: Wenn es um den Konferenzschutz geht, kann sich jemand relativ tief im Gelände annähern und bei finsterer Nacht - - Der verfügt vielleicht über ein Nachtsichtgerät und der Abfangjäger nicht. Also für den Abfangjäger wird es dann - - Er kann aus großer Höhe sehen, dass da jemand fliegt, und er könnte ihn abschießen. Aber das ist nicht der Vorgang in der Luftpolizei. Man wird zuerst einmal versuchen, den zu stellen, zu identifizieren, festzustellen, was der tut. Das ist ohne Forward Looking Infrared einfach nicht erfüllbar, und ich kann mir nicht erklären, warum jemals eine Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass wir so etwas nicht brauchen.

Das Zweite ist das Defensive Aids Sub System. Ich kann diese Aussage: „Ein Eurofighter nimmt es mit vier MiG auf.“ - - Ja, wenn er voll ausgerüstet ist, wenn er ein Defensive Aids Sub System hat, wenn er sich gegen die Rakete einer MiG wehren kann. So - - Unser Eurofighter würde im Ernstfall von einer der ältesten MiGs überhaupt abgeschossen, weil er nicht einmal ein Warnsystem hat, auf dem er erkennen kann, dass ihn der im Radar aufs Visier genommen hat.

Und diese Situation - - Wer von uns kann ausschließen, dass das in den nächsten zehn Jahren nicht passieren wird? Ich habe in der Kommissionsarbeit immer als das Worst-Case-Szenario eine Eskalation in der Ukraine gebracht, die Flucht ukrainischer Militärluftfahrzeuge in den nächsten sicheren neutralen Luftraum. – Das ist keine irreale Vorstellung; das ist im Golfkrieg passiert, wo der Irak seine gesamte Air Force in den Iran evakuiert hat und das ist passiert, weil Luftfahrzeuge der jugoslawischen Volksarmee mit kroatischen Piloten in unseren Luftraum geflüchtet sind und verfolgt wurden. Die Situation, dass ukrainische Maschinen den nächsten neutralen Luftraum ansteuern – das sind wir – und dass sie dabei verfolgt werden: Also ich kann nicht sagen, das wird in den nächsten zehn Jahren definitiv nicht passieren. Aber ich hätte heute Bauchweh, einen österreichischen Eurofighter-Piloten in dieser Situation hinzuschicken, denn das andere Flugzeug, das den Ukrainer dort verfolgt, kann ihn auf 60 Kilometer abschießen.

Wenn wir ein Defensive Aids Sub System haben und über eine entsprechende eigene Lenkwaffe verfügen, dann wird das Risiko für einen anderen, der da in unseren Luftraum vordringt, gewaltig hoch werden.

Also das sind alles Dinge, wo ich sage, das ist im Air Policing, in der Luftraumüberwachung selbstverständlich, dass wir diese Dinge brauchen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Da schließt sich meine Frage an. Also ich lese es eben so, dass der damalige Verteidigungsminister gesagt hat, im Falle einer Eskalation – in Ihrem Worst-Case-Szenario – ist es ohnehin besser, wenn Österreich am Boden bleibt.

Jetzt stelle ich mir das nur so - - Einmal abgesehen von der eigentlichen Logik der Luftraumhoheit: Als Sie das zur Kenntnis genommen haben – da waren Sie ja noch aktiv im Dienst und haben ja auch die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen gesehen –, gab es da keine Form von Protest? Also wir reden ja jetzt - - Über den Vergleich haben wir ja schon geredet, aber gab es da nicht irgendwie - -

Mag. Karl Gruber: Pardon (das ihm vorgelegte Schriftstück in die Höhe haltend), diese Aussage höre ich heute zum ersten Mal, dass er das so formuliert hat. Ich bin jetzt nicht mehr befugt im Ruhestand, ich kann jetzt einen Leserbrief schreiben, ja. Also auf so eine Aussage hin hätte ich mich als aktiver Air Chief bei der nächstmöglichen Pressekonferenz sehr wohl zu Wort gemeldet und gesagt - -

 Natürlich, eines muss klar sein: Österreich betreibt ein Luftraumüberwachungssystem für Luftpolizeiaufgaben, Österreich betreibt keine Luftverteidigung. Das haben wir nie gehabt, im Gegensatz zu Finnland, Schweden, Schweiz. Wir hatten nie die ausreichende Zahl an Flugzeugen, die gehärteten Einsatzflugplätze, die entsprechende Ausrüstung und auch keine weitreichenden Fliegerabwehrlenkwaffen, nichts.

Es war immer nur unsere Aufgabe, aktive Luftpolizei zu machen, aber diese aktive Luftpolizei, wie ich am vorigen Beispiel beschrieben habe - -: Ein amerikanischer Bomber wird von vier Kampfflugzeugen begleitet, und man versucht, uns da im Überflug auszutricksen – ja, wer garantiert, dass sich dann nicht eines dieser vier Kampfflugzeuge aggressiv gegenüber einem österreichischen Flugzeug verhält, vielleicht nur, weil der Pilot die Nerven verliert? Da ist es ein Riesenunterschied, mit welchem Ausrüstungszustand wir unsere Piloten dort hinschicken oder nicht, und das ist nicht Krieg, das ist nicht Luftverteidigung, das kann einem passieren.

In der Jugoslawienkrise sind auch nicht 40 MiGs auf einmal über uns hergefallen, sondern zwei, drei Maschinen haben den Luftraum verletzt und haben dann aus dem österreichischen Luftraum auf Bodenziele in Slowenien geschossen, was wir als Neutraler eigentlich hätten verhindern sollen.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Vielen Dank. Keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich kann es ja relativ kurz machen. Ich habe nur wenige Fragen. Erstens: Ab wann war eigentlich für die Experten und Expertinnen im Ministerium erkennbar, dass man das System Eurofighter in der bestehenden Konfiguration nicht wirklich betreiben kann?

Mag. Karl Gruber: Also ich möchte das so beantworten: In der bestehenden Konfiguration können wir ihn natürlich betreiben, aber unter gewissen Einschränkungen, eben bei Nacht und in gewissen Krisensituationen. Wir haben auch vorher den Draken betrieben, und wir haben die 105 lange als einziges Flugzeug betrieben und sind damit auch diese großen Risiken eingegangen. Nur war bei uns die große Erwartungshaltung: Jetzt kriegen wir endlich ein Flugzeug, mit dem wir alles können, was wir sollen, und mit dem wir das Risiko für die Piloten verringern können.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Na, und seit wann war klar, dass das wieder nichts wird?

Mag. Karl Gruber: Mit dem gemäß ursprünglichem Kaufvertrag vorgesehenen Flugzeug hätten wir das alles erfüllen können. Nach dem Vergleich wussten wir, dass Probleme auf uns zukommen, vom Flugbetrieblichen her. Vom Logistischen her dauert das ein bisserl länger, bis man ein System im Griff hat und dann sagen kann, geht es damit gut oder nicht. Es hat einige Jahre gedauert, bis man festgestellt hat, ja, die Betriebskosten sind leider nicht so günstig, wie man es am Anfang gewünscht hat.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Damit im Zusammenhang: Ich habe immer versucht, mir das vorzustellen: In der Nacht geht nichts, bei bestimmten Wettersituationen ist es auch ein bisserl schwierig. (Auskunftsperson Gruber: Ja, mhm!) Aufgrund der Diensteinteilung in Zeltweg ist zu bestimmten Stunden auch nichts anzufangen.

Mag. Karl Gruber: Das ist richtig, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sagen Sie, warum ist der Eurofighter eigentlich nicht nach den Prinzipien der militärischen Luftraumüberwachung, sondern nach den Prinzipien des Beamtendienstrechts geführt worden, also nur zu den Amtsstunden und nur bei passendem Wetter?

Mag. Karl Gruber: Dass wir keinen Rund-um-die-Uhr-Betrieb machen, liegt nicht am System, denn andere Länder mit Flugzeugen, die nicht besser als der Eurofighter ausgerüstet sind, weil sie irgendwelche alten Flugzeuge haben, machen 24 Stunden Dienst. Für uns ist der Grund, warum wir nicht 24 Stunden, rund um die Uhr, Dienst machen, ein Problem der Personalkosten, schlicht und einfach.

Wir haben nicht ausreichend Personal. Wir haben die Piloten, aber du brauchst für einen entsprechenden 24-Stunden-Dienst auch die entsprechende Anzahl an Technikern, die laufend da ist, und Air Traffic Controller am Kontrollturm, Feuerwehrleute, Flugbetriebsdienste. Dieses Personal könnte aufgebaut werden, aber das Budget dafür hatten wir nie.

Man kann jetzt sofort, indem man uns entsprechendes Personalbudget zur Verfügung stellt - - Es würde einige Jahre dauern. In der Schweiz zum Beispiel ist der Übergang von Bürozeiten auf Rund-um-die-Uhr-Luftraumüberwachung ein Prozess, der dort seit vier Jahren im Gange ist und nächstes Jahr greifen wird.

Das wäre für uns wahrscheinlich nicht anders, weil man dieses Fachpersonal nicht so schnell kriegt. Wenn man wollte und das entsprechende Personalbudget zur Verfügung stellt, dann könnten wir in drei, vier, maximal fünf Jahren rund um die Uhr Dienst machen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, aber jetzt ist ja ein wichtiger Punkt: Welche Verteidigungsminister haben gewusst, dass man eigentlich nur eine aktive Luftraumüberwachung während der Beamtendienststunden hat?

Mag. Karl Gruber: Meiner Meinung nach muss das jeder Verteidigungsminister Österreichs seit den Sechzigerjahren gewusst haben, weil wir mit der aktiven Luftraumüberwachung während der Tschechenkrise im August 1968 begonnen haben und seit diesem Zeitpunkt nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Dienst gemacht haben, mit Ausnahmen: In Krisensituationen wie dem Irakkrieg, dem Jugoslawienkrieg, auch beim Schutz von Konferenzen halten wir rund um die Uhr die Einsatzbereitschaft aufrecht, aber aufgrund der Personalstärken – man kann dieses Fachpersonal ja nicht unbegrenzt so belasten – ist das immer auf wenige Wochen beschränkt. Also wir haben das im Anlassfall natürlich getan, aber wir wissen, dass wir das derzeit nicht 365 Tage durchhalten.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sagen Sie: Müssen wir davon ausgehen, dass zum Beispiel der Russe weiß, dass wir außerhalb der Dienststunden keine aktive Luftraumüberwachung haben?

Mag. Karl Gruber: Also ich nehme an, da das bei uns oft genug in den Medien diskutiert wurde, wird das wohl auch der russische Verteidigungsattaché gelesen haben, aber was er nicht weiß, ist, ob wir nicht aus einem bestimmten Anlass gerade in dieser Nacht trotzdem präsent sind.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, ja. Das schafft natürlich in Russland große Unsicherheit (Auskunftsperson Gruber: Glaube ich nicht, aber - -), dass er das nicht weiß. Das ist einmal das eine.

Sagen Sie: Nennen Sie mir den Namen eines Verteidigungsministers, der versucht hat, ernsthaft eine 24-Stunden-Luftraumüberwachung zu installieren!

Mag. Karl Gruber: Ich weiß nicht, ob das ein Minister in der früheren Zeit getan hat, als ich noch jünger war und auf dieser Ebene die Minister nicht einmal persönlich kennengelernt habe. Ich weiß aber aus der Kommissionsarbeit, dass Bundesminister Doskozil eine Durchführung der Luftraumüberwachung über 24 Stunden als Fernziel aufgegriffen hat. (Abg. Pilz: Ja!)

Ich habe ihm bei den ersten Zwischenberichten gesagt – in Hinblick darauf, was ich als Effektivität ansehe –: Ich sehe es als mangelnde Effektivität, wenn wir das nicht können!, und der Herr Bundesminister hat gesagt: Ja, dann müssen wir in diese Richtung arbeiten. Wie lange braucht ihr? (Abg. Pilz: Ja!)

Ihm habe ich dann genau die Antwort gegeben und gesagt: Das ist eine Personalfrage. Das geht für zwei, drei Wochen sofort, aber für das gesamte Jahr wird das einige Jahre dauern.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Und was war unter Platter, Darabos und Klug? – Eher nicht, gell?

Mag. Karl Gruber: Bei Darabos kann ich es nicht beurteilen. Da war ich noch zu klein in der Hierarchie, um mit ihm direkt da zu arbeiten.

Bei Bundesminister Klug kann ich mich erinnern, es hat damals aufgrund der budgetären Einschränkungen die Diskussion gegeben: Reduzierung der Flugstunden des Eurofighter und damit Reduzierung des Personals und damit Reduzierung der Zeit, wo wir verfügbar sein können. Auf dieses Problem haben wir aufmerksam gemacht. Da wären wir auf noch weniger zurückgefallen, als wir jetzt haben. Das ist aber dann nicht passiert, weil wir uns entsprechend zu Wort gemeldet haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Also das Ziel von Darabos war eher eine Entscheidung zwischen einer Vormittagsluftraumüberwachung und einer Nachmittagsluftraumüberwachung?

Mag. Karl Gruber: Das kann ich heute so nicht mehr sagen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, okay.

Etwas anderes zur Einsatzbereitschaft: Ist es richtig, dass man davon ausgeht, dass in Zeltweg immer ein Minimum von drei Flugzeugen einsatzbereit sein musste, zwei startklar und eines als Ersatz? Ist das richtig?

Mag. Karl Gruber: Also das hängt davon ab, ob Zeltweg an diesem Tag die Einsatzbereitschaft stellt oder nicht. (Abg. Pilz: Ich weiß: 14 Tage Hörsching,14 Tage Zeltweg!) Es könnte mittlerweile, glaube ich - - Ich weiß nicht, wie es heuer ist, weil ich seit Dezember nicht mehr im aktiven Dienst bin, aber in meiner letzten aktiven Phase als verantwortlicher Kommandant haben wir schon auf über 60 Prozent Eurofighter-Tage verschoben - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Aber ich wollte nur das wissen: mit drei Flugzeugen Minimum?

Mag. Karl Gruber: Ja, wenn in Zeltweg ein normaler Ausbildungsbetrieb ist, dann ist die Vorgabe, dass fünf bis sechs Maschinen für den Übungsbetrieb zur Verfügung stehen, und wenn ein sogenannter QRA-, ein Quick-Reaction-Alert-Tag mit der bewaffneten Einsatzbereitschaft ist, dann sind drei Maschinen für die Alarmstarts (Abg. Pilz: Die Alphastarts, ja!) bewaffnet und die anderen drei Maschinen im Übungsbetrieb. An einem normalen Routinetag in Zeltweg sind also sechs Maschinen im Flugbetrieb, und die Hälfte davon könnte bewaffnet sein oder nicht, je nachdem was der Auftrag ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Wie oft hat es diesen Klarstand in Zeltweg nicht gegeben?

Mag. Karl Gruber: Ich habe die Statistiken der vergangenen Jahre jetzt natürlich nicht im Kopf. Es wird einzelne Tage gegeben haben, wo wir ein technisches Problem hatten, aber dieser Klarstand von sechs Maschinen Flight Line ist eigentlich in der letzten Phase des Betriebs sehr gut haltbar gewesen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist es richtig, dass es in den letzten fünf Jahren auch Tage gegeben hat, an denen es einen Klarstand von nur zwei Flugzeugen gegeben hat?

Mag. Karl Gruber: Das konnte mal an einem Tag passiert sein, dass - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ist es richtig, dass es auch Tage gegeben hat, an denen es nur ein Flugzeug im Klarstand gegeben hat? Ist es richtig, dass es Tage gegeben hat, an denen der Klarstand null war? (Auskunftsperson Gruber: Das Gefühl - -!) Ich lasse mir nämlich immer die Protokolle aus Zeltweg schicken.

Mag. Karl Gruber: Das könnte durchaus einmal gewesen sein. Ein Klarstand null ist erklärbar, wenn zum Beispiel auf einem Eurofighter in Spanien ein Unfall passiert ist und sofort alle Betreiber informiert werden, die Maschinen am Boden zu lassen, nicht mehr zu fliegen, bis die Ursache dieses Unfalls geklärt ist.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Okay, dann frage ich präziser – Entschuldigung! (Auskunftsperson Gruber: Ja!) –: Ist es richtig, dass es auch aufgrund von technischen und/oder Ersatzteilproblemen in Zeltweg Klarstände null gegeben hat?

Mag. Karl Gruber: Das könnte der Fall gewesen sein, aber das waren aus meiner Erinnerung nicht sehr viele Tage.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, aber schauen Sie, das ist ein entscheidender Punkt! Wir haben da um sündteures Geld Eurofighter gekauft, und Sie sind der Erste, weil das die Minister immer abgestritten haben, der öffentlich sagt: Ja, wir hatten aus Eigenem Situationen mit einen Klarstand null. Ich habe mir die Meldungen immer kommen lassen, weil die Piloten in Zeltweg zum Teil verzweifelt waren. Stimmt das?

Mag. Karl Gruber: Ja, es hat Tage mit schlechtem Klarstand gegeben, jawohl.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, und sagen Sie: Was haben dort die Piloten gemacht? Die stehen dort, haben möglicherweise Alphastarts und kein einziges einsetzbares Flugzeug. Was haben Sie da getan?

Mag. Karl Gruber: Wenn das der Fall war, dann hat an dem Tag Hörsching übernommen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, aber das muss man sich einmal vorstellen: Die uralte Saab 105 übernimmt, weil aufgrund technischer Probleme vor Ort kein einziger Eurofighter startklar war. Ja, wie sind Sie mit diesem Problem eines offensichtlich nicht einsatzfähigen Fluggeräts für Alphastarts umgegangen? Sie haben ja oft am Abend nicht gewusst, ob in der Früh ein einziger Eurofighter einsetzbar ist. Ist das richtig?

Mag. Karl Gruber: Das konnte passieren, war Gott sei Dank nicht oft der Fall. Wenn wir die Gesamtjahresflugstunden anschauen, damit die - - Mein Problem wäre gewesen, wenn ich über ein gesamtes Jahr hinweg nur mehr 500, 600 Flugstunden zur Verfügung gehabt hätte, denn das hätte bedeutet, dass man damit vielleicht sieben oder acht Piloten nähren kann. Damit wäre das System nicht mehr erhaltbar gewesen.

Wir haben aber die Flugstundenproduktion gehabt, damit wir in der Größenordnung von 14, 15, maximal 16 Piloten betrieben haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, gut, wir sind aber an einem anderen Punkt.

Hat es Situationen gegeben, in denen Alphastarts notwendig gewesen wären, aber nicht vorgenommen werden konnten, weil kein einsatzfähiges Flugzeug da war?

Mag. Karl Gruber: Ich kann mich an so eine Situation nicht erinnern, denn wenn wir gewusst haben, dass es an einem Tag in Zeltweg ein Problem gibt, dann hätte zumindest eine Saab 105 starten können.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, eh!

Ist die schneller oder langsamer als ein durchschnittliches Verkehrsflugzeug?

Mag. Karl Gruber: Die ist nicht schnell genug. Das wissen wir und das ist auch in diesem Bericht ...

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das heißt, wenn ein ganz normales Verkehrsflugzeug mit einem Anmeldungsfehler in unseren Luftraum eindringt, steigt die Saab 105 auf und ist leider zu langsam. Ist das richtig?

Mag. Karl Gruber: Das kann die Situation sein, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Dann stellen wir uns einmal vor, da kommt ein richtiges Militärflugzeug: Was wäre denn dann gewesen?

Mag. Karl Gruber: Ja, wir haben in der Jugoslawienkrise fallweise sogar geschafft, mit der 105 F-16 abzufangen, aber - -

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ja, aber nur weil die fünfmal im Kreis geflogen sind.

Mag. Karl Gruber: Ja, und das ist ein Problem. Auf das haben wir im Bericht hingewiesen, dass die Effektivität der österreichischen Luftraumüberwachung, vor allem an den Tagen, wo die Saab 105 Dienst macht, nicht gegeben ist und dass auch an Tagen, wo der Eurofighter Dienst macht, aufgrund der mangelnden Ausrüstung nicht die voll mögliche Effektivität gegeben ist. Das steht hier im Bericht. (Abg. Pilz: Jetzt frage ich Sie - -!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, lassen Sie die Auskunftsperson bitte ausreden!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Mit Vergnügen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist gut.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Bitte.

Mag. Karl Gruber: Das ist hier im Bericht erwähnt; und dass sich das bessern muss, das war unsere Forderung – immer!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Sagen Sie: Welche Verteidigungsminister haben gewusst, dass es auch Klarstände von null in den Einsatzwochen des Eurofighters gegeben hat? Welche Verteidigungsminister haben das gewusst?

Mag. Karl Gruber: Meiner Meinung nach müsste das jeder Verteidigungsminister in der Vergangenheit gewusst haben.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Hat das Darabos gewusst?

Mag. Karl Gruber: Der muss das wohl gewusst haben, ja.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Hat das Klug gewusst?

Mag. Karl Gruber: Ja, sicher.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Ich weiß persönlich, dass der einzige, den das gestört hat, Minister Doskozil war, denn der hat sich über solche Sachen wirklich aufgeregt und der hat versucht, das zu verändern, eben auch mit Ihrer Hilfe, über Ihren Bericht und über die Versuche, eine Alternative zu finden.

Ich halte das wirklich für außergewöhnlich: Da sitzen Minister, die nichts anderes zu tun haben, als komische Vergleiche zu schließen, zum Teil auf Parteibriefpapier, wobei sich dann jeder an den Kopf greift und sagt: Um Gottes willen, was ist da passiert? Die wissen aber, dass der Klarstand teilweise null ist, dass kein einziger von diesen Fliegern abheben kann, haben die Chance, den Vertrag aufzukündigen, und schließen stattdessen seltsame Vergleiche über einen Flieger, von dem sie wissen: Klarstand null, ist am Boden und ein paar - -

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Beim Vergleich haben wir ihn aber noch nicht gehabt.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Das ist ein richtiger Hinweis, dem wir nachgehen sollten. (Allgemeine Heiterkeit.)

Na, ich rede dann von der späteren Zeit. Es waren ja zum Teil auch die Folgen des Darabos-Vergleiches, unter dem das Verteidigungsministerium, die Luftwaffe sehr gelitten hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist gleich um.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Letzter Punkt, sagen Sie: Ist es im Übergang von der Ministerschaft Doskozil zu Kunasek zu Veränderungen im Umgang mit dem Problem Eurofighter gekommen? Doskozil hat ja eine klare Linie verfolgt. Hat Verteidigungsminister Kunasek diese klare Linie weiterverfolgt?

Mag. Karl Gruber: Soweit ich das beurteilen kann, gab es weiterhin die gleichen Regelungen für den Betrieb, keine Veränderungen.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Er wollte ja eine Alternative.

Mag. Karl Gruber: Wir haben da keinen Unterschied gemerkt.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist abgelaufen. Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Wie sehen Sie das, was Kollege Pilz jetzt auch dahin gehend, wie viele Flieger sozusagen tauglich oder nicht tauglich waren, gefragt hat: In welchem Ausmaß ist dieser berühmte Vergleich des damaligen Ministers Darabos ausschlaggebend gewesen, dass sich sozusagen die Tauglichkeit der Flieger und damit die Einsatzzeiten noch weiter verschlechtert haben, beziehungsweise wie ist das im Vergleich von vor zu nach dem Vergleich?

Mag. Karl Gruber: Ja, in Bezug auf den Klarstand der Flugzeuge kann ich das leider nicht beurteilen, denn dazu wäre es notwendig, dass wir einen zweiten Flugplatz haben, wo die Tranche 2 steht, so wie in Deutschland, wo wir sagen können, die Tranche-2-Maschinen haben einen höheren Bereitschaftsgrad als die Tranche-1-Maschinen. Diesen Vergleich haben wir nicht. Daher kann ich das so nicht bewerten.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ist es aber zutreffend, dass den Steuerzahlern dadurch nicht nur ein massiver wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, sondern dass dieser Flieger eigentlich, wenn ich Sie richtig verstanden habe, so wie er jetzt auch durch den Vergleich da ist, in gefährlichen Situationen auch für den Piloten gefährlicher ist?

Mag. Karl Gruber: Ja, das haben wir im Bericht, glaube ich, auch sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass uns die fehlende Ausrüstung in der Auftragserfüllung einschränkt, dass wir also weniger Situationen haben, auf die wir entsprechend reagieren können und dass wir unsere Pilotinnen und Piloten mit einem höheren Risiko hinaufschicken. Das ist im Bericht zum Ausdruck gebracht, dass der Eurofighter in seinem jetzigen Ausrüstungszustand leider nicht das kann, was dieses System eigentlich könnte.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das ist schon bemerkenswert.

Ich darf zum Abschluss noch kurz zum Thema Ausphasung kommen: Auf welcher Grundlage hat der damalige Bundesminister Doskozil für die Ausphasung der Eurofighter entschieden?

Mag. Karl Gruber: Das weiß ich nicht. Ich habe ihm zwei Varianten vorgeschlagen, und er hat sich eine davon ausgesucht. Warum er die ausgesucht hat, weiß ich nicht, das muss man ihn fragen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): War die Entscheidung zur Ausphasung aus Ihrer Sicht eine aus betriebs- und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvolle?

Mag. Karl Gruber: Der Bericht bringt zum Ausdruck, dass der Übergang auf ein Alternativsystem langfristig die Möglichkeit der Kostenreduzierung beinhaltet. Der Umstieg wäre also langfristig gedacht volkswirtschaftlich schon interessant, sonst hätten wir das Modell ja nicht vorgeschlagen.

Das aber zu entscheiden, dass man ein relativ junges System abstellt und Budget in die Hand nimmt, um ein neues zu kaufen: das ist eine rein politische - - Da können wir Vorschläge machen, aber das ist eine Sache der Politik, die das Budget verantworten muss, ob sie das tut oder nicht.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich darf Sie nunmehr auf eine Weisung von General Commenda vom 6. Oktober 2017 ansprechen und lege diese mit der Dokumentennummer 52653, Ordnungsnummer 4, vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Unter Punkt 3 werden die Ziele der weitergeführten Soko in vier Phasen dargelegt. (Auskunftsperson Gruber: Mhm!) Ziel der Phase eins war, ich zitiere:

„Die Entscheidungsgrundlagen für die Aufnahme des Vorhabens ‚Einführung einer Alternativflotte‘ durch die politische Ebene und für die langfristige Budgetplanung (inkl. Systemerhaltungs- und Ausphasungskosten [...] sind verfügbar.“

Das heißt, es wurde erst im Oktober das Ziel gesetzt, dass Entscheidungsgrundlagen für die Ausphasung und Neubeschaffung, inklusive Budgetplanung, zur Verfügung stehen müssen.

Mag. Karl Gruber: Ich kenne dieses Papier, ja. Das war - - Aufgrund dieses Papiers habe ich erste Gespräche mit Regierungen geführt, um zusätzliche Entscheidungsgrundlagen zu gewinnen. Das war für mich der Auftrag, mit Schweden und Amerika zu reden.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ja, aber was ja für uns interessant ist: Das ist im Oktober (Auskunftsperson Gruber: Ja!), und im Juli, also davor, entschied sich der damalige Minister Doskozil für die Ausphasung. Da ist jetzt schon der Ablauf interessant: Warum hat er das dann eigentlich schon vorher gesagt? Auf welcher Grundlage passiert dann das?

Mag. Karl Gruber: Soweit ich mich erinnern kann, hat es vor dieser Weisung des Generalstabschefs eine Ministerweisung gegeben.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Mit welchem Inhalt?

Mag. Karl Gruber: Die Ministerweisung, die den Generalstab - - Ich kann mich jetzt ...

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Aber Sie verstehen - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte ausreden zu lassen!

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Nein, nein, es geht nur darum, zu präzisieren. (Auskunftsperson Gruber: Ja!) Sie verstehen, worauf wir hinaus wollen: Es wurde ja immer gesagt, es gibt eine fundierte, sachliche Entscheidungsgrundlage, und hier stellt es sich aber für uns – laut unseren Informationen – so dar, dass man eigentlich erst im Oktober – nach dieser Entscheidung – diese Grundlagen entsprechend erarbeitet hat.

Mag. Karl Gruber: Es war so: Herr Bundesminister Doskozil hat bei der Pressekonferenz seine Entscheidung – Ausstieg aus dem Eurofighter und Einführung eines alternativen Lösungsmodells – bekannt gegeben. Ja, dazu war es aber notwendig, jetzt – es gab ja mehr als ein alternatives Lösungsmodell – Entscheidungsgrundlagen zu finden: Welches alternative Lösungsmodell?

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ja, aber da geht es ja jetzt einmal um den konkreten Ausstieg, den er verkündet hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist um.

Mag. Karl Gruber: Ja, für mich war der Hintergrund der, dass der Minister wissen wollte: Wenn ich jetzt aus dem Eurofighter aussteige, welches konkrete Alternativmodell mit welchen Kosten habe ich auf dem Tisch? – So habe ich das verstanden.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Jetzt wissen wir schon, dass das Grundübel 2002 und 2003 bei den ganzen Verträgen war, sodass wir heute noch immer mit der ganzen Thematik beschäftigt sind. Wir haben ja damals, 2002, von 24 plus 6 auf 18 reduziert.

Ich lege Ihnen den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes vor, in dem einige Musskriterien und Forderungen angeführt sind, die 2002, 2003 abbestellt worden sind. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Zur Erläuterung: Die Punkte sind angestrichen, damit Sie wissen, was damals angeführt wurde. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Karl Gruber: Ja.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Meine Frage bezieht sich auf Folgendes: Wir haben da Mussforderungen: elektrooptische Zielerfassungseinrichtungen – von acht auf sechs reduziert –, Selbstschutzsysteme  gegen Bedrohungen aus der Luft – Reduktion auf sechs Stück. Es gab einen vollständigen Verzicht auf eine IT-Erfassung der auf das Kampfflugzeug abgefeuerten Lenkwaffen – wurde 2003 komplett gestrichen –, einen vollständigen Verzicht auf eine Bedrohungsbibliothek und deren notwendigem Erstellungsequipment, einen vollständigen Verzicht auf Träger für Aufklärungseinrichtungen – auch eine Mussforderung –, einen Rückschritt auf einen Betriebsstandort, einen vollständigen Verzicht auf Zusatztanks.

Jetzt haben wir schon massive Eingriffe in die damals durchgeführte Ausschreibung. – Meine Frage dazu an Sie als Fachexperten: Hätte mit so gravierenden Veränderungen bei der Ausstattung des Eurofighters eine Neuausschreibung durchgeführt werden müssen?

Mag. Karl Gruber: Also ich muss erstens dazu sagen: Wie ich in meinem Einleitungsstatement dargestellt habe, war ich in dieser Phase mit der Ausschreibung und der Vertragsabwicklung Eurofighter noch nicht befasst. Damals war ich Kommandant der passiven Luftraumüberwachung und war in diesen Vorgang nicht eingebunden.

Natürlich haben wir irgendwann einmal erfahren, dass der Vertrag jetzt vorsieht, dass nicht alle der geplanten Maschinen jeden Ausrüstungsgegenstand haben. Der Grund dafür war – soweit wir es damals nachvollziehen konnten –, dass einfach der Finanzminister irgendwo einen Strich gezogen hat und gesagt hat: Mehr Geld ist nicht verfügbar!

Mit diesen Einschränkungen hätte man leben können, weil wir wissen: Ich habe ja nicht mehr als vier oder sechs Maschinen gleichzeitig im Einsatz, und die hätte man entsprechend ausrüsten können. Für die Maschinen, die gerade in der Werft stehen, wäre die Ausrüstung nicht unbedingt abgegangen.

Wir hätten es also gehabt, und vor allem hätten wir unsere Piloten darauf ausbilden können. Das Problem ist ja jetzt auch – selbst wenn uns das morgen wer schenkt und wir das übermorgen einbauen –: Wir brauchen ja lange Zeit, bis die Piloten mit diesem System überhaupt arbeiten können, und die Voraussetzungen wären gegeben gewesen.

Ob diese Veränderungen im Vertrag eine Neuausschreibung erforderlich gemacht hätten: Da bitte ich einen Experten für Beschaffungsrecht zu fragen, das kann ich nicht beurteilen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Das heißt, Sie würden den vollständigen Verzicht auf eine IT-Erfassung der auf Kampfflugzeuge abgefeuerten Lenkwaffen und so weiter, den vollständigen Verzicht auf die Bedrohungsbibliothek, als nicht gravierend einstufen? Sie haben gerade vorher etwas anderes erklärt: dass das notwendig ist (Auskunftsperson Gruber: Ja!), damit man die Erkennung durchführen kann.

Mag. Karl Gruber: Da sind Dinge - - Soweit ich diese Dinge kenne - - Da ist zum Beispiel der Verzicht auf Zusatztanks: In der Zwischenzeit haben wir die. Es war klar – und das hat man uns damals auch gesagt –: Das eine oder andere, was wir für dieses Flugzeug brauchen, bringen wir im Erstkaufvertrag nicht unter, weil irgendwo der Finanzminister das Geld gedeckelt hat, aber wir werden in der Lage sein, in den nächsten Jahren die eine Komponente, die andere Komponente zuzukaufen und einzurüsten.

Voraussetzung war, dass das Flugzeug überhaupt dafür verkabelt und ausgerüstet ist. Also diese Dinge hätte man wahrscheinlich in den nächsten Jahren lösen können, so wie man das mit dem Zusatztank gelöst hat, aber ob das eine Neuausschreibung notwendig gemacht hätte – dafür bin ich nicht der Experte.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ja, jetzt haben wir ein Flugzeug für die Luftraumüberwachung, das überqualifiziert ist, weil einige Punkte ja gar nicht notwendig gewesen sind, wie Sie jetzt richtig gesagt haben.

Warum hat man damals nicht auch eine Mindestanforderung für den verfassungsmäßigen Auftrag definiert, warum hat man dann ein überqualifiziertes Flugzeug angefordert?

Mag. Karl Gruber: Das kann ich nicht beurteilen, weil ich in die Erstellung des Konzeptes und des Pflichtenheftes für den Eurofighter damals nicht eingebunden war. Was die Überlegungen der damaligen Akteure waren, darüber fehlen mir leider die Informationen. Ich kann mir nur eines denken: Es hat noch einige Jahre davor einen ursprünglichen Plan gegeben, dass man 30 Stück Eurofighter kauft, davon sechs Doppelsitzer, und dass Österreich, so wie andere neutrale Staaten in Europa auch, mit diesen Flugzeugen auch an internationalen Operationen teilnehmen wird.

Das hat natürlich auch gewisse Ausrüstungsteile, zum Beispiel eine Luftbetankungsfähigkeit, erfordert; aber davon hat ja schon eine Regierung zuvor dann Abstand genommen und das schon einmal auf 24 Stück für die nationale Luftraumüberwachung reduziert. Da sind dann einige Forderungen schon weggefallen. Ob da vielleicht das eine oder andere noch mitgerutscht ist – ich habe damals nicht auf dieser Ebene gearbeitet –, das kann ich leider nicht beurteilen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Haben Sie eine Erklärung, warum diese Life-Cycle-Kosten damals in diesem Umfang nicht eingerechnet worden sind oder nicht berücksichtigt worden sind? Denn dann hätte man ja den Eurofighter gar nicht genommen, weil der wesentlich teurer in der Erhaltung ist.

Mag. Karl Gruber: Ich kann, wie gesagt, nur sagen: Ich war nicht Mitglied der damaligen Arbeitsgruppen, die die Ausschreibung bearbeitet haben, auch nicht Mitglied der Bewertungskommission; ich kann das daher nicht beurteilen. Warum man gewisse Kosten nicht berücksichtigt hat, das weiß ich nicht – ich war nicht dabei; erst später.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Die Betriebskosten waren ja bekannt. Da haben Sie ja hier auch schon einige Zahlen genannt. Warum wurden diese da jetzt nicht berücksichtigt?

Mag. Karl Gruber: Ich glaube, dass es sehr wohl eine Arbeitsgruppe gegeben hat, die über die Betriebskosten gesprochen hat und die Vergleiche gemacht hat, aber ich war nicht dabei. Ich kann es nicht sagen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Würden Sie bei einer zukünftigen Ausschreibung die Betriebskosten und die Life-Cycle-Kosten bei einem eventuellen Ankauf auch entsprechend berücksichtigen?

Mag. Karl Gruber: Unbedingt! Das Bundesheer sollte bei jeder künftigen Investition die sich daraus ergebenden Infrastruktur-, und Betriebskosten mit berechnen. Da haben wir vielleicht in der Vergangenheit Fehler gemacht, ja, aber das muss unbedingt sein. Auf jeden Fall!

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Das heißt, die damalige Entscheidung ist fahrlässig gewesen, weil sie diese Sachen nicht berücksichtigt hat?

Mag. Karl Gruber: Das kann ich nicht sagen. Es hat damals Regelungen für die Beschaffung gegeben. Man wird die damaligen Beschaffungsregeln wohl eingehalten haben, aber ich kann das nicht näher bewerten.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich komme noch zu einer Frage betreffend In-Service-Support-Verträge. (Auskunftsperson Gruber: Mhm!) Sind Ihnen diese Verträge bekannt?

Mag. Karl Gruber: Ich weiß, dass es In-Service-Support-Verträge gibt. Was die im Detail alles beinhalten, welche Einzelleistungen, wie sich die aufschlüsseln, müsste man einen Experten der Luftzeugabteilung fragen, die diese Verträge pflegen und zu Einzelpunkten Auskünfte erteilen können.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ich lege Ihnen Dokument 60565 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein In-Service-Support-Vertrag – ah, nein, eine Übersicht über die Verträge. (Auskunftsperson Gruber: Mhm! – Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Haben Sie es jetzt angesehen? (Auskunftsperson Gruber: Ja!)

Die Frage dazu an Sie als ehemaligen Air Chief: Welche Maßnahmen der Veränderung hat das Bundesministerium für Landesverteidigung im Bereich der In-Service-Support-Verträge rückwirkend seit 2007 gesetzt?

Mag. Karl Gruber: Auch diese Frage müsste man einem Vertreter der Luftzeugabteilung stellen, die diese Verträge gepflegt und bearbeitet haben. Ich kann mich an diese Folien erinnern. Die habe ich irgendwann einmal bei einer Präsentation des Projektleiters Eurofighter an den Generalstabchef, glaube ich, gesehen, weiß aber nicht genau, ob das exakt diese waren, weil diese Vertragslandschaft, glaube ich, laufend in Bewegung und Veränderung war, aber derartige Themen waren dort zur Präsentation. Das ist ein sehr komplexes Vertragswerk, bei dem man wirklich die Experten dazu befragen muss, was es bedeutet, wie es zusammenwirkt, wann sich welcher Teilvertrag wo in welcher Form geändert hat. Das lag nicht in meinem Zuständigkeitsbereich, denn das ist auf Ebene der Zentralstelle und nicht im Kommando Luftstreitkräfte passiert. Also im Detail bin ich dafür der falsche Befragungspartner.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): War Ihnen bekannt, dass es dann Kosteneinsparungen bei den In-Service-Support-Verträgen, bei den laufenden Abwicklungen gegeben hat, bei den ...

Mag. Karl Gruber: Ich weiß natürlich aus der laufenden Diskussion auch im Zuge der Sonderkommissionsarbeit, dass die Luftzeugabteilung ständig bemüht war, hier irgendwelche Kosteneinsparungen zu finden. Soweit ich das verstanden habe, ging es immer darum, wenn einer der Verträge ausgelaufen ist, bei der Neuverhandlung von Verträgen eine für Österreich sozusagen günstigere Variante herauszuholen, aber auf dieser Ebene war ich nicht zuständig. In derartige Gespräche mit der Firma war ich nicht eingebunden, da müsste man einen anderen Gesprächspartner fragen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben nur mehr 7 Sekunden.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Ja, eine Frage noch: War Ihnen bekannt, dass bei den ersten Verträgen Provisionszahlungen an Mittelsmänner geleistet worden sind, wie zum Beispiel bei Alfred Plattner? Der hat sogar auch Provisionszahlungen für diese Verträge bekommen.

Mag. Karl Gruber: Nein. Aus diesem Zeitraum weiß ich genau die Dinge, die irgendwann einmal in Medien und Zeitungen veröffentlicht worden sind. Ich habe dazu keine irgendwie anderen Beobachtungen.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Zum Schluss, abschließend noch: Der Kaufvertrag - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, in der nächsten Runde, bitte.

Die nächste Frage stellt Abgeordneter Schandor. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Herr Generalmajor, es ist schon angesprochen worden, und zwar eine Weisung des damaligen Generalstabschefs Othmar Commenda vom 6.10.2017. Ich würde Ihnen dazu gerne ein Dokument mit der Nummer 52653 vorlegen, Seite 19. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Auskunftsperson Gruber: Mhm!)

Da geht es um die Zielsetzung der Fortführung der Sonderkommission. Ich darf aus diesem Dokument zitieren: „Die weiterführende Arbeit der“ SdKaktLRÜ“ – Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung – „ist als Gesamtziel für die Einführung einer alternativen Abfangjägerflotte und die Ausphasung der Systeme EFT“ – Eurofighter Typhoon – „und SAAB 105 auszurichten.“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Wie beurteilen Sie diese Weisung des Generalstabschefs so kurz vor der Wahl, also am 6.10.2017?

Mag. Karl Gruber: Ja. Also eine politische Bewertung kann ich dazu nicht abgeben. Da hätte ich höchstens irgendeine persönliche Meinung dazu, die ist da nicht gefragt, aber für mich - - Wir hatten nach Präsentation dieses Berichtes (ein Exemplar des Berichts mit dem Titel „Bericht der Sonderkommission Aktive Luftraumüberwachung“ in die Höhe haltend) einmal eine erste Entscheidung des damaligen Bundesministers für Landesverteidigung, dass er aus dem Eurofighter aussteigen und in Richtung Alternative gehen will. Diese wurde irgendwann einmal ein paar Wochen später in einer Ministerweisung verschriftlicht. Dann gab es eine Generalstabsweisung, und das war vom Zeitpunkt her das normale Abarbeiten des Vorganges, glaube ich. Es war meiner Meinung nach völlig unbeeinflusst davon, ob da jetzt eine Wahl stattfindet oder nicht oder ob es um einen neuen Minister geht oder nicht, sondern das war der Zeitpunkt, wahrscheinlich der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem man das geben konnte. Ich brauchte ja irgendeine Grundlage. Ich kann ja nicht mit der US-Regierung und der schwedischen Regierung und Trainerlieferanten reden, ohne eine Grundlage zu haben, dass ich das tue, denn da würde ich ja meine Befugnisse überschreiten. Ich könnte nicht einmal eine Auslandsdienstreise beantragen. Das war die Grundlage, dass wir Gespräche führen, und ohne die hätten wir nicht arbeiten können.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Das passt ganz gut zur zweiten Frage, wenn Sie nämlich beim selben Dokument ganz oben auf die Seite 20 schauen. Ich darf wieder daraus zitieren: „Die Entscheidungsgrundlagen für die Aufnahme des Vorhabens ‚Einführung einer Alterantivflotte‘ durch die politische Ebene und für die langfristige Budgetplanung (inkl. Systemerhaltungs- und Ausphasungskosten der EFT-„ – Eurofighter Typhoon – „und SAAB 105-Flotte) sind verfügbar.“

Jetzt klingt das für mich so, als ob der ehemalige Generalstabschef der zukünftigen Bundesregierung die letztendlich zu treffende Entscheidung zur Gänze selbst abgenommen hätte. (Auskunftsperson Gruber: Ja!) Wissen Sie, warum sich der Generalstabschef hier auf eine Neubeschaffung festlegt?

Mag. Karl Gruber: Ich darf zu den Formulierungen etwas sagen, und das fällt mir leicht. Die beruhen auf einem Papier, das ich vorgeschlagen habe, und da haben wir einfach Phasenziele definiert. Es ist einfach meine Arbeitsmethode gewesen, Phasen zu bilden und Ziele nach allgemeinen Grundsätzen des Projektmanagements zu formulieren, und das Ziel der Phase 1 war: Entscheidungsgrundlagen sind verfügbar. Das heißt nicht, dass die zu diesem Zeitpunkt schon verfügbar waren, sondern dieses Ziel hätte ich mit der Phase 1 zu erreichen gehabt – ganz normal, Betriebswirtschaftslehre, Projektmanagement. Das ist der Hintergrund dieser Formulierung. Natürlich waren die noch nicht verfügbar, sonst hätte ich ja nichts mehr arbeiten müssen. Damit haben wir den Zustand beschrieben, der nach Abschluss dieser Phase erreicht werden soll. Jetzt kann ich es nicht mehr brauchen, aber ich habe daraus gelernt, dass ich so etwas in einem amtlichen Dokument nicht mehr so formulieren würde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Dann hätte ich noch eine Frage, und zwar zur Erklärung der Standorte: Nach meinem Wissensstand war ursprünglich eine Main Operating Base in Zeltweg vorgesehen, und eine Forward Operating Base temporär, für einen bestimmten Zeitraum an einem Ort X. (Auskunftsperson Gruber: Mhm!)

Warum tauchen jetzt da im Bericht auf einmal zwei Standorte auf, also alternate Hörsching (Auskunftsperson Gruber: Mhm!), was ja zu einem erheblichen Mehrkostenaufwand führt, denn die Flotte hat sich ja von der Stückzahl her nicht verändert, aber gerade die bodengestützte technische Infrastruktur macht ein Vermögen aus. Was hat sich da gegenüber der ursprünglichen Planung geändert?

Mag. Karl Gruber: Ich versuche, mich jetzt zu erinnern, wann, in welcher Phase diese Diskussion über ein oder zwei Standorte war. Auf jeden Fall haben wir von der betrieblichen Seite uns massiv dafür eingesetzt, dass wir zwei Standorte haben. Uns war klar, dass das in gewissen Bereichen mehr kostet.

Es ist ein Unterschied, ob man zwei Hauptstandorte hat oder ob man zwei Standorte hat, von denen einer eine Forward Operation Base ist, der mit einer gewissen Einschränkung ausgerüstet ist, aber nicht für alle Flieger. Ich glaube, die anderen Damen und Herren wissen es nicht, wir zwei wissen genau, wovon wir da reden.

Also für uns war das, was ich am Anfang schon erwähnt habe - - In jeder Situation, egal, ob wir den Schutz einer Konferenz vorhaben oder auf eine internationale Krise reagieren müssen, versuchen wir immer sofort einen Teil der Kampfflugzeuge auf einem zweiten Standort in Betrieb zu nehmen. Je besser dort die Voraussetzungen sind, umso besser.

Es kommt auch dazu: Je mehr die Bevölkerung dort Fluglärm gewöhnt ist, umso praktischer für uns, denn das tagtägliche Problem, dass wir uns mit dem Fluglärm und den Beschwerden herumschlagen müssen, das haben wir. Es ist leichter, wenn auf einem Flugplatz regelmäßig Jetbetrieb ist, als wenn man irgendwann nach sechs Monaten wieder dorthin kommt.

Uns hat das operativ einfach mehr Handlungsspielraum gegeben, denn ein Flugplatz ist in einer kritischen Situation kein Flugplatz. Das kann sehr schnell gehen. Wenn du dann sagst: Jetzt habe ich aber noch vier andere Maschinen auf einem anderen Flugplatz startbereit, dann kann man reagieren.

Auf die Themen Wetterlage, Abfanggeometrie, auf diese Details will ich hier nicht eingehen. Für uns wäre die endgültige Rückstufung des österreichischen Einsatzflugbetriebes auf einen einzigen Flugplatz zwar betriebswirtschaftlich verständlich, aber vom Operativen und vom Betrieblichen her eine Unterschreitung einer roten Linie nach unten gewesen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Ja, danke für diese Runde einmal. (Auskunftsperson Gruber: Ja!) Danke.

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich bedanke mich ganz herzlich fürs Kommen, und ich habe keine weiteren Fragen.

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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Pilz? – Keine Fragen.

Herr Abgeordneter Ottenschläger? – Bitte.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich habe zum Schluss noch eine Frage. Sie haben ja vorhin bestätigt, Sie kennen oder kannten Herrn Baumann, und einem Medienbericht zufolge (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt) hat Saab 14 Flugzeuge der auslaufenden Tranche C/D produziert, die nicht verkauft werden konnten. Dabei handelt es sich eben um zehn Einsitzer und vier Doppelsitzer. Das ist das Paket, das sowohl die Tschechische Republik als auch Ungarn einsetzen. Da gibt es eben auch einen Zeitungsartikel, den haben wir Ihnen vorgelegt. (Auskunftsperson Gruber: Mhm!) Was haben Sie da für eine Wahrnehmung dazu? Ist uns als Republik Österreich das angeboten worden?

Mag. Karl Gruber: Das sind vermutlich - - Ich weiß jetzt nicht genau, von wann genau der Artikel und so was ist, aber ich vermute einmal, das sind genau die Flugzeuge, über die ich mit der schwedischen Regierung Gespräche geführt habe. Aufgrund des Auftrages, Alternativen zu suchen, war in der Phase der Sonderkommission einmal ein Erstgespräch notwendig: Gibt’s das überhaupt? Wenn die schwedische Regierung und die US-Regierung uns zu dem Zeitpunkt, also im Frühjahr 2017, erklärt hätten: Von uns bekommt ihr keine Angebote, wir haben keine Flugzeuge für euch!, oder: Wir wollen euch keine verkaufen!, dann hätte ich eine Alternativflotte ja in der Berechnung überhaupt nicht in Betracht ziehen können.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Das heißt, Sie sind aktiv auf die zugegangen? (Auskunftsperson Gruber: Jawohl!) Und die haben gesagt: Ja, wir können euch das anbieten.

Mag. Karl Gruber: Ja. Das war notwendig. Wir haben auch bei anderen Regierungen angefragt, und es gab in Summe nur drei Regierungen, die uns etwas angeboten haben. Das eine waren die Amerikaner über Government-to-Government, die anderen waren die Schweden und das Dritte war ein Angebot aus Israel. Die israelische Luftwaffe hat uns angeboten, gebrauchte F-16 zu übernehmen.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Hat der damalige Bundesminister Doskozil da irgendwelche Präferenzen erkennen lassen?

Mag. Karl Gruber: Nein, überhaupt nicht. Aufgrund der vorhin diskutierten Weisung musste ich mit der US-Regierung, mit Schweden und auch mit Israel, ja, detaillierte Gespräche führen, um dann nähere Entscheidungsgrundlagen zu haben, in welche Richtung man gehen kann, in der Hoffnung, dann konkretere Zahlen als bei der etwas groben Rückantwort, die die Firmen und die Länder natürlich im Frühjahr gegeben haben, zu bekommen. Wir sind nur mit diesem Prozess nicht fertig geworden, weil dann der Regierungswechsel war, dieser Auftrag storniert wurde und das nicht mehr weiter fertig bearbeitet wurde.

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Danke. Also letzte Frage: Hat es jetzt umgekehrt von Saab beziehungsweise eben von Herrn Baumann eine Art Lobbying in die Richtung gegeben?

Mag. Karl Gruber: Nein. Dazu muss ich sagen: Die Tätigkeit von Herrn Baumann war mit Ende dieser Kommission, mit diesem Bericht zu Ende. Seither haben wir mit Herrn Baumann überhaupt nichts mehr zu tun gehabt. Das, wovon wir hier reden, ist dann im Herbst passiert, und es gab bewusst – das war eine Vorgabe – kein Gespräch mit den Herstellerfirmen, also mit McDonnell Douglas und mit Saab, sondern nur Gespräche mit der US-Regierung und mit der schwedischen Regierung. Das war natürlich verbunden mit Gesprächen mit der jeweiligen Luftwaffe, weil es unpraktikabel ist, von einem Land auf dem Regierungsweg ein Flugzeug zu leasen oder zu kaufen, wenn man nicht mit derjenigen Luftwaffe redet, zum Beispiel: Könnt ihr unsere Piloten ausbilden? Dann habe ich 14 Flieger dastehen und die schwedische Luftwaffe sagt mir: Tut mir leid, aber ich habe keine Ausbildungsplätze für dich, denn wir verdoppeln gerade die Anzahl der Piloten der schwedischen Luftwaffe. Diese Dinge hatte ich als Air Chief sowohl mit den Regierungen als auch mit der Luftwaffe zu klären, aber ich hatte die dezidierte Vorgabe, nicht mit den Firmen zu reden, was ich für vernünftig gehalten habe.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Herr Generalmajor, die Teilung auf zwei Kaufverträge betreffend Systemkosten Eurofighter: Welche Beweggründe? Nur Finanzministerium? Oder war eine Aufteilung der Budgetkosten nur intern notwendig gewesen oder ein Auftrag vom Finanzministerium?

Mag. Karl Gruber: Ich habe die Frage jetzt nicht richtig verstanden.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Betreffend Teilung der Kaufverträge auf zwei Kaufverträge (Auskunftsperson Gruber: Ja!), die Bezahlung der Systemkosten für Eurofighter: Warum ist das durchgeführt worden?

Mag. Karl Gruber: Ich kann das nicht beurteilen, weil ich damals bei diesen Vorgaben nicht eingebunden war, aber ich könnte mir vorstellen, dass man das gemacht hat, weil man sagt, man bringt in einem Jahr mit dem zur Verfügung stehenden Budget nur einen bestimmten Inhalt rüber und muss in einem anderen Budgetjahr, in dem wieder Geld zur Verfügung steht, die restlichen Komponenten kaufen, und das könnte dann bedingen, dass man dazu zwei unterschiedliche Verträge braucht. Ob das aber im konkreten Fall so war, kann ich nicht sagen, weil ich dort nicht eingebunden war.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Hans Peter Doskozil hat angekündigt, dass im Verteidigungsressort eine neue Dokumentationsstelle eingerichtet werden soll. Jeder Kontakt mit einem Anbieter oder Lobbyisten muss innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden. Wurde diese Stelle Ihres Wissens eingerichtet?

Mag. Karl Gruber: Ich weiß es nicht. Ich muss jetzt sagen: Da kann ich mich jetzt nicht konkret daran erinnern, wo diese Stelle war. Wir haben sie nie gebraucht, denn ich habe als Grundlage für die Arbeit der Kommission in Abstimmung mit der politischen Führung – die haben das gewusst – ausgegeben: Die Kommission spricht mit niemandem, der der Personengruppe Lobbyist zuzuordnen ist. Die Kommission spricht nur dort mit Firmen, wo wir die Firma für Preisauskünfte brauchen, und grundsätzlich, wann immer möglich, ist mit Regierungen zu sprechen. Bei Gesprächen mit Firmen, Regierungen, ganz egal wem, war es verboten, Vieraugengespräche zu führen. Es mussten immer Zeugen dabei sein, es musste alles protokolliert werden. Soweit ich das nachvollziehen kann, haben sich alle Kommissionsmitglieder als brave Beamte wirklich gut daran gehalten. Offenbar hat sich das im Kreis der Lobbyisten herumgesprochen. Also ich muss sagen: Seit mehreren Jahren hat nie wieder ein Lobbyist versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen, und ich war auch froh darüber, ja.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Kennen Sie einen gewissen Josef Eltantawi? (Auskunftsperson Gruber: Bitte?) Josef Eltantawi.

Mag. Karl Gruber: Ist mir nicht bekannt, nein.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Wissen Sie auch nicht, ob der Gespräche geführt hat, und ob der vielleicht irgendwo ein Lobbyist ist? Das wissen Sie auch nicht?

Mag. Karl Gruber: Nein, der Name ist mir nicht bekannt.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Und zum Schluss noch eines: Kennen Sie die ursprüngliche Zusage des Bundesministeriums für Finanzen, dass alle zusätzlichen finanziellen Belastungen, die über die Betriebskosten des Draken hinausgehen, ab 2007 vom Finanzministerium berücksichtigt und auch bezahlt werden?

Mag. Karl Gruber: Ich kann mich erinnern – ich kenne die Dinge natürlich nicht schriftlich, weil ich damals nicht auf der Ebene tätig war, aber ich kann mich erinnern –, dass in irgendwelchen Besprechungen in Wien gesagt wurde: Jawohl, der Eurofighter wird natürlich viel kosten und die Betriebskosten werden steigen, aber wir haben die Zusage des Finanzministeriums, dass das beim künftigen Wehrbudget berücksichtigt wird! Ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob das in irgendeinem Dokument wo drinnen steht, aber ich kann mich erinnern, das in irgendeiner Besprechung einmal gehört zu haben.

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Danke fürs Kommen.

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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schandor? – Keine Fragen.

Herr Abgeordneter Bernhard? – Keine Fragen.

Herr Abgeordneter Pilz? – Keine Fragen.

Hat der Verfahrensrichter noch eine Frage?

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Eine ganz kurze Frage: Sie haben vorhin gesagt, Betriebskosten errechnen sich aus: Treibstoff, Ersatzteile, vertragliche Kosten. Kommen dann diese 60 000 Euro pro Stunde raus oder steckt da noch etwas anderes drin?

Mag. Karl Gruber: Ich würde sagen, aus den letzten Jahren der Erfahrung, da kommen mindestens diese 60 000 Euro heraus. Der Trend war, dass diese Kosten in den letzten Jahren, wo ich noch Einblick in das Budget hatte, gestiegen sind, weil schon laufend einzelne Modifikationen – Tranche-1-Problematik – dazugekommen sind (Verfahrensrichter Rohrer: Aber das sind die Komponenten, die drinstecken?), aber mindestens 60 000 sind das immer gewesen, ja; und da steckt eben drin: Treibstoff, Ersatzteile, Industriesupportverträge und so weiter.

Verfahrensrichter Dr. Ronald Rohrer: Danke schön.

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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, darf ich mich recht herzlich bei Ihnen, Herr Generalmajor Mag. Gruber, für die sehr umfassenden Ausführungen bedanken.

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