Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Mit dieser Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) sollen wesentliche Schritte zur Verhinderung der Beeinträchtigung von Rettungsmaßnahmen durch Schaulustige gesetzt werden.

Ereignet sich ein Unglücksfall, sei es ein Verkehrsunfall oder ein sonstiger Vorfall, der eine erste allgemeine Hilfeleistung oder eine sonstige Hilfeleistung durch die Polizei oder andere Hilfskräfte begründet, so kommt es immer wieder zu Zusammenkünften unbeteiligter Personen, die sich nicht an den erforderlichen Hilfsmaßnahmen beteiligen, sondern ihre Schaulust befriedigen wollen. Bei Unglücksfällen zählt allerdings jede Sekunde, sodass ein rasches und ungehindertes Vorgehen der Hilfskräfte unbedingt erforderlich ist. Nicht selten behindern oder erschweren Schaulustige die dringend erforderlichen Einsätze von Hilfsmannschaften oder verletzten die Privatsphäre der von dem Vorfall betroffenen Menschen. Die derzeit geltenden Rechtsgrundlagen bieten jedoch keine ausreichende Möglichkeit, um störende Schaulustige effektiv und längerfristig vom Vorfallsort wegweisen zu können. Aus diesem Grund sollen besondere Befugnisse zur Sicherstellung der Raschheit und Effektivität von Einsätzen und des Freihaltens des Einsatzraumes von unbeteiligten Personen sowie zum Schutz der Privatsphäre vom Vorfall betroffener Personen und intervenierender Einsatzkräfte geschaffen werden.

2. Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“) des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930.

Besonderer Teil

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Zu Z 1 (§ 38 Abs. 1a):

Ereignet sich ein Unglücksfall, ein Verkehrsunfall oder ein sonstiger Vorfall, der eine erste allgemeine Hilfeleistung oder eine sonstige Hilfeleistung durch die Polizei oder andere Hilfskräfte begründet, so kommt es immer wieder zu Zusammenkünften unbeteiligter Personen, die sich nicht an den erforderlichen Hilfsmaßnahmen beteiligen, sondern vielmehr ihre Schaulust zu befriedigen suchen. Bei Unglücksfällen zählt jedoch oft jede Sekunde, sodass ein rasches und ungehindertes Vorgehen der Hilfskräfte, etwa Polizei, Feuerwehr oder Rettung, unbedingt erforderlich ist. Nicht selten bewirken Schaulustige die Behinderung oder Erschwerung der dringend erforderlichen Einsätze von Hilfsmannschaften oder aber auch eine Verletzung der Privatsphäre der von dem Vorfall betroffenen Menschen.

Bislang war es bei solchen Vorfällen nur möglich, Unbeteiligte dann wegzuweisen, wenn sie durch ihre Anwesenheit am Vorfallsort oder in dessen unmittelbarer Umgebung die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht (§ 19 SPG) oder die nach einem gefährlichen Angriff gebotene Klärung der maßgeblichen Umstände behindern. Gemäß § 19 Abs. 4 zweiter Halbsatz SPG endet die Aufgabe der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht der Sicherheitsbehörden jedoch mit dem effektiven Einschreiten der zuständigen Behörde, Rettung oder Feuerwehr. Ab diesem Zeitpunkt stehen somit die an diese Aufgabe anknüpfenden Befugnisse – insbesondere auch § 38 Abs. 1a idgF – nicht mehr zur Verfügung. Aus diesem Grund haben einige Landesgesetzgeber Befugnisse zur Wegweisung durch Einsatzkräfte geschaffen. Wer den reibungslosen Einsatz von Hilfsmannschaften hindert, indem er etwa die Zufahrt von Einsatzfahrzeugen zum Vorfallsort versperrt, beeinträchtigt aber nicht nur die Einsatzkräfte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Er stört darüber hinaus auch die öffentliche Ordnung, indem er durch das Behindern von Rettungsmaßnahmen einen Zustand bewirkt, der den geordneten Verhältnissen an einem Vorfallsort widerspricht. Durch das störende Verhalten wird insbesondere die Wiederherstellung der geordneten Verhältnisse erschwert.

Aus diesem Grund soll Abs. 1a künftig solcherart erweitert werden, dass unbeteiligte Personen weggewiesen werden können, wenn sie durch ihr Verhalten oder ihre Anwesenheit am Ort einer ersten allgemeinen oder sonstigen Hilfeleistung oder in dessen unmittelbarer Umgebung die öffentliche Ordnung stören. Die öffentliche Ordnung ist dann gestört, wenn die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder eine sonstige Hilfeleistung im Zusammenhang mit einem Unglücksfall behindert wird oder die Privatsphäre jener Menschen unzumutbar beeinträchtigen, die von dem Vorfall betroffen sind. Hierdurch soll eine § 38 Abs. 1 ergänzende Verhaltensweise als Störung der öffentlichen Ordnung definiert werden. Anders als von Abs. 1 gefordert, bedarf es zur Erfüllung des Abs. 1a aber keiner besonderen Eignung zur Erregung berechtigten Ärgernisses; im Zusammenhang mit Vorfällen, die eine erste allgemeine oder sonstige Hilfeleistung erfordern, soll ein besonderer Maßstab angelegt werden. Es soll außerdem nicht mehr darauf ankommen, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht eingeschritten sind – dies kann jedoch ein Anwendungsfall sein. Auch während des Einschreitens der zuständigen Behörde, Feuerwehr oder Rettung soll eine Wegweisung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach den Bestimmungen des SPG möglich sein, wenn der Betroffene ein ordnungsstörendes Verhalten setzt oder durch seine Anwesenheit die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung behindert. Die bloße Anwesenheit der Unbeteiligten am Ort des Ereignisses oder in dessen unmittelbarer Umgebung – etwa als Schaulustige – reicht dann aus, wenn durch sie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung behindert wird. Erfasst sollen auch Personen sein, welche die Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre jener Menschen, die von dem Vorfall betroffen sind – etwa Unfallopfer –, durch ihr Verhalten oder ihre Anwesenheit unzumutbar beeinträchtigen.

Die Wegweisung steht unabhängig von einer Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1a (neu) zur Verfügung. Sie stellt zum einen ein gelinderes Mittel im Verhältnis zu einer Festnahme beieinem Einschreiten wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1a (neu) dar; zum anderen kommt sie aber auch dort zum Tragen, wo keine Verwaltungsübertretung vorliegt, etwa bei unmündigen Minderjährigen als Störern oder wenn durch die Verwaltungsübertretung zugleich auch eine gerichtlich strafbare Handlung verwirklicht wurde und aufgrund der Subsidiaritätsklausel nach § 85 keine Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1a vorliegt. Die Wegweisung kann gemäß § 50 auch zwangsweise durchgesetzt werden.

Auf die Möglichkeit, Unbeteiligte wegzuweisen, die nach einem gefährlichen Angriff die gebotene Klärung der maßgeblichen Umstände behindern, soll verzichtet werden. Hierbei ergibt sich stets die Problematik, dass die Sicherheitsbehörden zwar nach § 22 Abs. 3 zu ebendieser Klärung angehalten sind, soweit dies zur Vorbeugung weiterer strafbarer Angriffe notwendig ist. Sobald jedoch ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten nur noch die Regelungen der Strafprozessordnung. Ab diesem Moment war auch die Befugnis des § 38 Abs. 1a idgF nicht mehr anwendbar. Da den Sicherheitsbehörden aber eine dem § 22 Abs. 3 vergleichbare Aufgabe auch nach der StPO zukommt und § 93 Abs. 3 StPO das Absperren eines Tatorts im Rahmen der Ermittlungstätigkeiten vorsieht – wovon auch die Wegweisung Nichtberechtigter umfasst ist –, erscheint diese Möglichkeit obsolet und soll damit entfallen. § 93 Abs. 3 StPO ist anwendbar, unabhängig davon, ob der Täter bekannt oder unbekannt ist.

Auch um die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 81 Abs. 1a SPG in der vorgeschlagenen Fassung sicherzustellen, bedarf es einer klaren Differenzierung zwischen Maßnahmen auf Grundlage des SPG und solchen auf Grundlage der StPO. Bedarf es im Rahmen von Aufklärungshandlungen nach einem gefährlichen Angriff bestimmter Maßnahmen zur Sicherstellung der behördlichen Tätigkeit, erfolgen solche nach den Bestimmungen der StPO.

Zu Z 2 (§ 81 Abs. 1a):

In § 38 Abs. 1a wird die Befugnis zur Wegweisung Unbeteiligter geändert und vom Erfordernis der aufrechten Aufgabe der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht gelöst. Korrespondierend soll eine Verwaltungsübertretung geschaffen werden, wenn eine Person durch ihr Verhalten oder ihre Anwesenheit am Ort einer ersten allgemeinen oder sonstigen Hilfeleistung oder in dessen unmittelbarer Umgebung die öffentliche Ordnung stört. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht behindert oder die Privatsphäre jener Menschen unzumutbar beeinträchtigt. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit ist vorgesehen, dass eine Verwaltungsstrafe erst dann vorliegt, wenn die Person trotz einer vorangeganenen Abmahnung weiterhin durch ihr Verhalten oder ihre bloße Anwesenheit die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder eine sonstige Hilfeleistung behindert.

Zu Z 3 (§ 94 Abs. 45):

Es handelt sich um die Inkrafttretensbestimmung.