Erläuterungen zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes)

Allgemeiner Teil

Der vorliegende Entwurf dient der Anpassung des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes an den Urteilsspruch des EuGH in der Rechtssache C-529/15 betreffend ein österreichisches Vorabentscheidungsersuchen aufgrund der Umweltbeschwerde eines Fischereiberechtigten betreffend eine Wasserkraftanlage.
Der EuGH hat mit Urteil vom 1. Juni 2017 darüber entschieden, wie Art. 2 Nr. 1 Buchst. b, Art. 12 und 13 sowie Art. 17 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden in der durch die Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 geänderten Fassung auszulegen sind.

Darüber hinaus hat dazu die Europäische Kommission vor dem selben Hintergrund im Oktober 2017 die Republik Österreich im Verfahren Nr. 2017/2118 aufgefordert, die Rechtsvorschriften betreffend Umwelthaftung mit der Umwelthaftungsrichtlinie in Einklang zu bringen.

Mit dem vorliegenden Entwurf der Novelle des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes werden daher die Definition des Gewässerschadens und das Instrument der Umweltbeschwerde entsprechend richtlinienkonform angepasst.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers ergibt sich aus der Zuständigkeit zur Erlassung der jeweiligen Materiengesetze gemäß den einschlägigen Kompetenztatbeständen des Art. 10 Abs. 1 B-VG, insbesondere Z 6, 8, 9, 10.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 4 Z 1 lit. a):

Anpassung an Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden in der durch die Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 geänderten Fassung, und damit Umsetzung von Spruchteil 3 des Urteils des EuGH vom 1. Juni 2017, C-529/17, der ausspricht, dass die Richtlinie 2004/35/EG in der durch die Richtlinie 2009/31 geänderten Fassung, insbesondere ihr Art. 2 Nr. 1 Buchst. b, dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, nach der ein Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen oder mengenmäßigen Zustand oder das ökologische Potenzial der betreffenden Gewässer hat, allein deshalb generell und ohne Weiteres vom Begriff des „Umweltschadens“ ausgenommen ist, weil er durch eine Bewilligung in Anwendung des nationalen Rechts gedeckt ist.

Vom Begriff des Gewässerschadens sind daher richtlinienkonform lediglich die nachteiligen Auswirkungen auszunehmen, die in Anwendung des § 104a WRG 1959 (vgl. Art. 4 Abs. 7 der Richtlinie 2000/60/EG – Wasserrahmen-RL) bewilligt wurden.

In diesem Zusammenhang darf auf die Erläuterungen im Initiativantrag zum Bundes-Umwelthaftungsgesetz aus dem Jahr 2009 (464/A) hingewiesen werden, im Rahmen derer die erheblichen nachteiligen Auswirkungen behandelt wurden. Demnach können Anhaltspunkte für die Handhabung des Rechtsbegriffs der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen“ aus den in den Anhängen I und II der Richtlinie festgelegten Sanierungsregeln gewonnen werden. Danach sind Schädigungen, die sich nachweislich auf die menschliche Gesundheit auswirken, jedenfalls als erhebliche Schädigung einzustufen. Dagegen müssen nachteilige Auswirkungen, die geringer sind als die natürliche Fluktuation oder die eine Selbstregeneration erwarten lassen, nicht als erheblich eingestuft werden. Es wird daher im Einzelfall zu beurteilen sein, inwieweit nachteilige Auswirkungen von solcher Intensität, Dauer und Ausdehnung sind, dass nach fachlicher Voraussicht (Prognoseentscheidung) in überschaubaren Zeiträumen (mehrere Wochen, einige Monate) eine Selbstregeneration des Gewässers in qualitativer oder quantitativer Hinsicht zu gewärtigen ist; andernfalls ist die nachteilige Auswirkung als erheblich einzustufen und unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Zu Z 2 (§ 11 Abs. 1 und 2):

Anpassung an Art. 12 der Umwelthaftungsrichtlinie und damit Umsetzung von Spruchteil 4 des Urteils des EuGH vom 1. Juni 2017, C-529/17, der ausspricht, dass die Art. 12 und 13 der Richtlinie 2004/35/EG in der durch die Richtlinie 2009/31 geänderten Fassung dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die es Fischereiberechtigten verwehrt, ein Prüfungsverfahren in Bezug auf einen Umweltschaden im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. b dieser Richtlinie durchführen zu lassen.

Das Instrument der Umweltbeschwerde in § 11 B-UHG ist daher hinsichtlich der in Abs. 2 Z 2 genannten Rechte in Bezug auf Gewässer richtlinienkonform hinsichtlich der Rechte des Fischereiberechtigten zu ergänzen.

Weiters ist auf die Rz. 44 ff. des genannten Urteils zu verweisen, das ausspricht, dass Art. 12 der Richtlinie 2004/35/EG die Gruppen natürlicher und juristischer Personen bestimmt, die Bemerkungen zu Umweltschäden unterbreiten können und es sich bei diesen drei Gruppen um Personen handelt, die von einem Umweltschaden betroffen oder wahrscheinlich betroffen sind oder ein ausreichendes Interesse an einem umweltbezogenen Entscheidungsverfahren bezüglich des Schadens haben oder eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert.

Der EuGH führt weiter aus, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge festgestellt hat, in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/35/EG seinem Wortlaut nach drei Gruppen natürlicher bzw. juristischer Personen alternativ aufgelistet sind, die jeweils eigenständig beschwerdeberechtigt sind. Die Vorschrift legt drei Gruppen von Personen fest, die die in den Art. 12 und 13 dieser Richtlinie angesprochenen Verfahren einleiten können. Weiters ist es im Einklang mit den Art. 12 und 13 der Richtlinie 2004/35/EG zu deren vollständigen und richtigen Umsetzung erforderlich, dass diese drei Personengruppen Bemerkungen zu Umweltschäden unterbreiten können, das Recht haben, die zuständige Behörde aufzufordern, gemäß dieser Richtlinie tätig zu werden, und ferner, dass sie von einem Gericht oder einer anderen zuständigen öffentlichen Stelle ein Prüfungsverfahren durchführen lassen können.

Der EuGH hält in Rz. 48 des Urteils fest, dass der Wortlaut von Art. 12 der Richtlinie 2004/35/EG erkennen lässt, dass Fischereiberechtigte den drei in deren Art. 12 Abs. 1 festgelegten Gruppen angehören können. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht jedoch hervor, dass sie nach nationalem Recht in Bezug auf einen Umweltschaden gemäß Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie kein Prüfungsverfahren im Sinne von Art. 13 der Richtlinie durchführen lassen können. Indem die nationale Regelung somit sämtliche Fischereiberechtigten vom Recht auf Überprüfung ausschließt, nimmt sie dieses Recht einer sehr großen Zahl von Einzelpersonen, die einer der drei in Art. 12 der Richtlinie 2004/35 festgelegten Gruppen angehören können.

Schließlich kommt der EuGH in Rz. 49 des Urteils zum Schluss, dass eine Auslegung des nationalen Rechts, nach der es im Fall eines Umweltschadens, der sich in einer erhöhten Sterblichkeit der Fische niederschlägt, sämtlichen Fischereiberechtigten verwehrt wäre, ein Prüfungsverfahren durchführen zu lassen, obwohl sie von diesem Schaden unmittelbar betroffen sind, den Anwendungsbereich der Art. 12 und 13 der Richtlinie 2004/35/EG missachtet und ist daher mit dieser unvereinbar ist.

Diese Argumentation greift auch die Europäische Kommission im Mahnschreiben zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2017/2118 auf und bemängelt die Nichtumsetzung des Zugangs zum Prüfungsverfahren für jede der drei Personengruppen.

§ 11 Abs. 1 ist daher dahingehend anzupassen, dass Art. 12 der Richtlinie 2004/35/EG, der die Gruppen natürlicher und juristischer Personen bestimmt, die Bemerkungen zu Umweltschäden unterbreiten können, richtlinienkonform umgesetzt wird. Der Übersichtlichkeit halber werden diese drei Gruppen von Personen in drei Ziffern unterteilt (Rechtsverletzung, Betroffenheit und ausreichendes Interesse).

Bei der Bestimmung des ausreichenden Interesses wird an den Parteibegriff des § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 angeknüpft und soll damit sichergestellt werden, dass die darin genannten Personen entsprechende Aufforderungen zum Tätigwerden an die zuständigen Behörden übermitteln können.

Betroffenheit liegt selbstverständlich dann vor, wenn Personen in der Nutzung der natürlichen Ressourcen (Gewässer oder Boden) oder in der Nutzung der Funktionen dieser betroffenen Ressourcen erheblich eingeschränkt werden können.

Zu Z 3 (§ 18):

In Anlehnung an die Vorgaben der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) ist die Erreichung eines guten Gewässerzustands in allen Gewässern innerhalb vorgegebener Fristen erforderlich. Das hat zur Folge, dass Gewässer, die im Zeitpunkt 2007 noch nicht den Zielzustand erreicht hatten, gemäß Art. 4 WRRL allenfalls schrittweise durch Maßnahmenprogramme an diesen Zielzustand heranzuführen sind.

Erläuterungen zu Artikel 2 (Änderung des Umweltinformationsgesetzes)

Allgemeiner Teil

Am 27. April 2016 wurde die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L119/1 vom 4.5.2016, beschlossen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist am 25. Mai 2016 in Kraft getreten, kommt ab 25. Mai 2018 zur Anwendung und hebt mit 25. Mai 2018 die Richtlinie 95/46/EG auf. Aus diesen Gründen sind umfassende Änderungen im innerstaatlichen Datenschutzrecht erforderlich, die durch die Erlassung eines neuen Datenschutzgesetzes – DSG vorgenommen werden.

Durch die unmittelbare Anwendbarkeit der DSGVO bzw. des geänderten DSG wird das Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 nicht mehr anwendbar sein, weshalb Verweise auf das DSG 2000 anzupassen sind.

Weiters wird die datenschutzrechtliche Terminologie in Art. 4 DSGVO festgelegt und hat sich diese teilweise geändert, sodass auch in diesem Fall Anpassungsbedarf bei der Verwendung von datenschutzrechtlichen Begriffen besteht. 

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers ergibt sich aus der Zuständigkeit zur Erlassung der jeweiligen Materiengesetze gemäß den einschlägigen Kompetenztatbeständen des Art. 10 Abs. 1 B-VG, insbesondere Z 6, 8, 9, 10.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 6 Abs. 2 Z 3):

Die Verweisung auf das DSG 2000 wird dahingehend angepasst, als nunmehr auf die DSGVO und das DSG verwiesen wird.

Zu Z 2 (§ 9a Abs. 1 zweiter Satz):

Im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Terminologie der DSGVO ist das Wort „Dienstleister“ durch „Auftragsverarbeiter“ zu ersetzen.