Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Erste juristische und rechtspolitische Überlegungen zu Patientenverfügungen kamen in Österreich gegen Ende der 1980er bzw. zu Beginn der 1990er Jahre auf (siehe dazu Decker, Der Abbruch intensivmedizinischer Maßnahmen in den Ländern Österreich und Deutschland 129). Eine erste positivrechtliche Verankerung erfolgte sodann im Rahmen des Krankenanstaltenrechts durch die mit der KAG-Novelle BGBl. Nr. 801/1993 neu geschaffene Z 7 in § 10 Abs. 1 KAG (nunmehr KAKuG) und der darin enthaltenen Pflicht von Spitalsträgern, im Rahmen der Krankengeschichte Verfügungen zu dokumentieren, durch die ein Patient im Fall des Verlusts seiner Handlungsfähigkeit das Unterbleiben bestimmter Behandlungsmethoden wünscht (siehe die RV 1080 BlgNR 18. GP; weiters Aigner, Die Patientenverfügung de lege lata und de lege ferenda, in Barta/Kalschmid [Hrsg], Die Patientenverfügung – Zwischen Selbstbestimmung und Paternalismus). Die erforderliche klare Regelung war mit dieser krankenanstaltenrechtlichen Bestimmung freilich noch nicht geschaffen (siehe Kneihs, Grundrechte und Sterbehilfe 451 ff; weiters: Bernat, Behandlungsabbruch und [mutmaßlicher] Patientenwille, RdM 1995, 51 [60]).

Die endgültige Verankerung erfolgte schließlich mit dem mit 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Patientenverfügungs-Gesetz (PatVG), BGBl. I Nr. 55/2006. Zugleich wurde auch das Krankenanstaltenrecht mit dem Gesundheitsrechtsänderungsgesetz (GRÄG 2006), BGBl. I Nr. 122/2006, der neuen Rechtslage angepasst (siehe Kletečka-Pulker, Grundzüge und Zielsetzungen des Patientenverfügungs-Gesetzes, in Körtner/Kopetzki/Kletečka-Pulker [Hrsg], Das österreichische Patientenverfügungsgesetz – Ethische und rechtliche Aspekte).

In der Folge war das Patientenverfügungs-Gesetz Gegenstand intensiver, vom Gesundheitsressort beim Institut für Ethik und Recht in der Medizin der Medizinuniversität Wien (IERM) in Auftrag gegebener Begleitforschung. Die im Dezember 2014 veröffentlichte, im August 2014 fertiggestellte Studie über „Rechtliche Rahmenbedingungen und Erfahrungen bei der Umsetzung von Patientenverfügungen“, die an eine Erhebung aus dem Jahr 2009 anschloss („Studie über die rechtlichen, ethischen und faktischen Erfahrungen nach In-Kraft-Treten des Patientenverfügungs-Gesetzes [PatVG]“), zeigte eine steigende Zahl von Menschen, die über die Möglichkeit einer Patientenverfügung Bescheid wissen, jedoch eine weiter auf niedrigem Niveau stagnierende Zahl von Menschen, die diese Möglichkeit nutzen (laut Umfrage hatten bloß 4,1 Prozent der in Österreich lebenden Bevölkerung eine Patientenverfügung errichtet). Dabei zeigte die Studie als Grund nicht nur die Scheu vor der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod auf, als weitere Ursachen wurden auch die mit der Errichtung verbundenen Kosten sowie mangelnde Information genannt (zu den Schlussfolgerungen der Studie siehe die Seiten 122 ff).

Zeitgleich mit der Fertigstellung der Studie des IERM im Sommer 2014 begannen die öffentlichen Beratungen der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“. Einen Schwerpunkt der Arbeit dieser Enquete-Kommission bildete die Auseinandersetzung zum Themenkomplex „Patientenverfügung“. Die Beratungen der Sitzung vom 23. Jänner 2015 waren der Evaluierung des Patientenverfügungs-Gesetzes und allfälligen Maßnahmen zur Verbesserung gewidmet. Aus den diesbezüglichen Empfehlungen seien die Forderung nach Vereinfachungen der Errichtung, Maßnahmen zur Kostenerleichterung und Etablierung eines zentralen Registers zur jederzeit möglichen Feststellung, ob ein Patient eine Patientenverfügung errichtet hat, erwähnt (siehe insgesamt den Bericht der Enquete-Kommission unter AB 491 BlgNR 25. GP).

Die vorliegende Novelle zum Patientenverfügungs-Gesetz beinhaltet nun entsprechend den Studienergebnissen und dem Bericht der Enquete-Kommission einerseits Verbesserungen in den Rahmenbedingungen zur Errichtung einer Patientenverfügung, andererseits Bestimmungen hinsichtlich der zentralen Abfragemöglichkeit. Insbesondere sollen dabei Vorschläge zu Vereinfachungs- und Attraktivierungsmaßnahmen sowie bezüglich einer Fristverlängerung von verbindlichen Patientenverfügungen erwähnt sein. Die von der Enquete-Kommission geforderte Erweiterung der Instanzen, vor denen eine Verbindliche Patientenverfügung errichtet werden kann, ist auch dadurch gewährleistet, als dass es einschlägigen Verbänden wie etwa Behinderteneinrichtungen, Seniorenverbänden, etc. freisteht, für ihre Mitglieder Rechtsanwälte bzw. Notare (auch aus ihren Reihen) bereitzustellen.

Im Zuge der Diskussion im Rahmen der Enquete-Kommission wurde auch der Vorschlag eingebracht, die ärztliche Aufklärung im Rahmen der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung als Kassenleistung zu definieren. Da man davon ausgehen kann, dass die Aufklärung im Prinzip Teil der ärztlichen Behandlung ist, hätte dies eine doppelte Abgeltung zur Folge, unabhängig davon, ob die Leistung ein zweites Mal der Sozialversicherungsanstalt oder dem Patient verrechnet wird.

Zum Verlangen nach einer zentralen Abfragemöglichkeit wählt der vorliegende Entwurf dem Gesundheitstelematikgesetz 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, insbesondere dessen § 27 Abs. 5 Z 1 folgend, den Weg der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Die einschlägigen Bestimmungen wurden in enger Zusammenarbeit nicht nur mit Experten der ELGA-GmbH erstellt, sondern auch mit solchen aus dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz sowie aus der Notariats- und der Rechtsanwaltskammer. Dies deshalb, da im Wege der ELGA-Technik auch der Zugang zu jenen Patientenverfügungen geschaffen werden soll, die in den Registern einer dieser beiden Kammern vorhanden sind. Ein weiterer Grund der engen Kooperation bei der Ausarbeitung liegt darin, dass nach § 27 Abs. 5 Z 2 GTelG 2012 künftig durch ELGA auch die Auffindbarkeit von Vorsorgevollmachten technisch erleichtert und sichergestellt sein soll.

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kategorie Gesundheitsdaten findet ihre Rechtfertigung in Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO, ist es doch erklärter Wille der die Patientenverfügung erstellenden Person, dass die Patientenverfügung im Bedarfsfall auch zugänglich ist. Es liegt daher eine ausdrückliche Einwilligung im Sinne der genannten Stelle der DSGVO vor.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 2 und 3 – „Anwendungsbereich“):

Es erfolgt eine Präzisierung der Bestimmung, die der Kritik der Enquete-Kommission am Begriffspaar verbindlich/beachtlich Rechnung trägt (vgl. Punkt 31 der Empfehlungen der Enquete-Kommission, AB 491 BlgNR 25. GP 9).

Um Ärzten einen größtmöglichen Spielraum zu lassen, ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben, wird der Terminus „zu Grunde zu legen“ in Abs. 2 zur Ermittlung des Patientenwillens gewählt. Aufgrund des in diesem Entwurf vorgeschlagenen § 14a Abs. 5 besteht bei der Behandlung und Betreuung von ELGA-Teilnehmern eine Nachforschungspflicht nur insoweit, als in ELGA sowie in das Register bzw. die Dokumentation gemäß § 14 Einschau gehalten wird und „vorliegende“ Patientenverfügungen bei der Ermittlung des Patientenwillen herangezogen werden.

Ausländische Patientenverfügungen werden gemäß Abs. 3 nach Maßgabe der österreichischen Rechtslage als Willensäußerung bei der Beurteilung medizinischer Behandlungen von Relevanz sein. In diesem Bundesgesetz ist keine Verpflichtung enthalten, Patientenverfügungen, die nicht in deutscher Sprache verfasst sind, zu übersetzen. Sie sind allenfalls Behandlungsentscheidungen zu Grunde zu legen, sofern sich daraus ein Patientenwille erschließen lässt (als Beispiel ist hier z.B. eine DNR-Order zu nennen).

Zu Z 2 (§ 2 – „Begriffe“):

Durch die vorgeschlagene Änderung soll ein neuer Abs. 3 eingefügt werden, der den in § 7 Abs. 3 des vorliegenden Entwurfs verwendeten Begriff „Register“ klar von den ELGA-Datenspeichern bzw. den ELGA-Verweisregistern abgrenzen soll. Die elektronische Einrichtung des Registers ist keine Voraussetzung, auch die nicht-elektronische Einrichtung eines Registers erfüllt den Registerbegriff nach dieser Bestimmung („ungeachtet seiner technischen Umsetzung“).

Zu Z 3 (§ 6 – „Errichtung“):

Es erfolgt in Abs. 1 eine Umformulierung hin zu einer erleichterten Lesbarkeit der Stellen/Personenkreise, vor denen eine verbindliche Patientenverfügung errichtet werden kann.

In Abs. 2 wird die Pflicht festgelegt, dafür Sorge zu tragen, dass Patientenverfügungen von den in Abs. 1 genannten Personen in ELGA zugänglich gemacht werden, sofern der Patient dem nicht widerspricht. Die genaue technische Umsetzung wird in einer Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gemäß § 14d spezifiziert. Die Verordnungsermächtigung hat den Zweck, kurzfristige Anpassungen an die Praxis der Abläufe und eine Aktualisierungen zu ermöglichen, wie sie bei technischen Angelegenheiten voraussichtlich notwendig sein werden (vgl. § 28 GTelG 2012). Die Umsetzung kann entweder durch die Einrichtung eines eigenen Datenspeichers (§ 2 Z 7 GTelG 2012) für die Patientenverfügungen erfolgen, auf die durch Verweise in ELGA zugegriffen werden kann (§ 20 Abs. 1 GTelG 2012), oder durch zentrale Speicherung der Patientenverfügungen in ELGA (§ 20 Abs. 4 Z 1). Die Bestimmung sieht ausdrücklich vor, dass die ELGA-Ombudsstelle in diesen technischen Prozess der Zurverfügungstellung in ELGA eingebunden werden kann. Der Widerspruch gegen die Speicherung ist, in Anlehnung an § 16 Abs. 2 Z 2 GTelG 2012, an keine besondere Form gebunden. Die in Abs. 1 genannten Personen sollten allerdings über die Folgen des Widerspruches in ELGA hinsichtlich der Bedeutung für Patientenverfügungen aufklären. Eine Dokumentation im Rahmen der eigenen Aktenverwaltung erscheint sinnvoll.

Unter Anschrift iSd Bestimmung ist nicht die Privatanschrift der in Abs. 1 genannten Personen, sondern deren berufliche Anschrift, zu verstehen.

Sonstige Inhalte iSd § 11 sind kein Teil der Patientenverfügung, daher wird bei Gestaltung von Formularen, darauf zu achten sein, dass dies als ein eigener Abschnitt erkennbar ist, der nicht in ELGA aufscheint.

Zu Z 4 (§ 7 – „Erneuerung“):

In Abs. 1 erfolgt eine Verlängerung der Verbindlichkeit einer Patientenverfügung ab Errichtung von fünf auf acht Jahre (vgl. Punkt 31 der Empfehlungen der Enquete-Kommission, AB 491 d BlgNR 25. GP 9). Für die Verlängerung ist eine ärztliche Aufklärung notwendig, jedoch nicht zwingend eine juristische Beratung. Eine solche ist jedoch gemäß Abs. 2 erforderlich, wenn die Erneuerung bei einem Rechtsanwalt oder Notar durchgeführt wird. Erfolgt die Erneuerung nicht unter Einbindung eines Rechtsanwalts oder Notars, so bietet sich für die Zurverfügungstellung der Patientenverfügung in ELGA der Weg über die ELGA-Ombudsstelle an (siehe § 14a). Das PatVG schließt mit Abs. 2 nicht aus, dass die Erneuerung bei einer Patientenanwaltschaft stattfindet.

Zu Abs. 3 ist festzuhalten, dass die Begriffe „Erneuerung“, „Änderung“ und „Ergänzung“ im ELGA-technischen Sinne immer als Änderung zu verstehen sind.

Aufgrund der Übergangsbestimmung des § 18a gilt die vorgeschlagene Erneuerungsfrist von 8 Jahren auch für bereits bestehende Patientenverfügungen.

Abs. 4 legt fest, dass jene Stelle bzw. Institution, die eine Patientenverfügung in einem Register erfasst hat, auch ihr zur Kenntnis gebrachte Erneuerungen oder nachträgliche Änderungen bzw. Ergänzungen einer Patientenverfügung in diesem Register zu vermerken und in ELGA (analog zur Vorgehensweise in § 6 Abs. 2) zugänglich zu machen hat. § 6 Abs. 2 iVm § 14d gibt die Möglichkeit vor, dass die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz entsprechend dem technischen Fortschritt neue Standards hinsichtlich der Aufnahme von Patientenverfügungen in ELGA festlegen (zB über Schnittstellen).

Zu Z 5 (§ 8 Voraussetzungen):

§ 8 trägt der Forderung der Enquete-Kommission Rechnung, das missverständliche Begriffspaar verbindlich/beachtlich zu ändern (vgl. Punkt 31 der Empfehlungen der Enquete-Kommission, AB 491 d BlgNR 25. GP 9).

Wird im Rahmen eines Vorsorgedialogs, wie beispielsweise dem VSD Vorsorgedialog von Hospiz Österreich, eine sonstige Patientenverfügung errichtet, kann davon ausgegangen werden, dass die Kriterien zur Berücksichtigung (vgl. § 9) im Hinblick auf die umfassende Dokumentation als erfüllt zu betrachten sind.

Zu Z 6 (§ 9 – „Berücksichtigung“):

Es erfolgt eine Konkretisierung, dass eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 erfüllt, zu berücksichtigen ist und nennt dabei demonstrativ Kriterien für die Ermittlung des Patientenwillens.

Zu Z 7 (§ 14 – „Dokumentation“):

Abs. 3 gibt iVm § 14a dem Patienten, der ELGA-Teilnehmer ist, das Recht, seine (sowohl verbindliche als auch nichtverbindliche) Patientenverfügung an die ELGA-Ombudsstelle zu übermittlen, damit sie von dieser in ELGA hochgeladen wird. Der Patient kann die Patientenverfügung entweder direkt abgeben, oder diese postalisch übermitteln. Die genauen Abläufe und Anforderungen werden in den §§ 14a ff. beschrieben.

Zu Z 8 (§ 14a – „Verarbeitung in ELGA“):

Abs. 1 legt die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Verarbeitung von Patientenverfügungen in ELGA fest. Die Vorausetzungen gemäß Z 1 müssen erfüllt sein, damit eine Verarbeitung von Patientenverfügungen in ELGA zulässig ist.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Z 1 stellen eine lex specialis zu den bestehenden Bestimmungen des 4. Abschnittes des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 dar. Demnach muss der Patient ELGA-Teilnehmer im Sinne des 4. Abschnittes des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 (GTelG 2012) sein (lit. a), da andernfalls eine Verwendung von ELGA für Zwecke der Speicherung oder Erhebung von Patientenverfügungen für die betreffende Person undenkbar ist. Außerdem darf kein genereller Widerspruch gemäß § 15 Abs. 2 GTelG 2012, der sich auf alle Arten von Gesundheitsdaten bezieht, vorliegen (lit. b). Bei einem generellen Opt-Out im Sinne einer Nicht-Teilnahme an ELGA ist hinsichtlich des betreffenden ELGA-Teilnehmers auch eine Verarbeitung von Patientenverfügungen in ELGA nicht zulässig. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Patient, der ein generelles Opt-Out im Sinne einer Nicht-Teilnahme an ELGA erklärt hat und auf sein Recht auf Aufnahme gemäß Abs. 3 besteht, zuvor das generelle Opt-Out gemäß § 15 Abs. 4 GTelG 2012 – unter Einhaltung der Formerfordernisse – zu widerrufen hat. Hernach steht es ihm frei, hinsichtlich einzelner Anwendungen hinauszuoptieren. So ist es beispielsweise möglich, hinsichtlich der e-Befunde und e-Medikation (partiell) aus ELGA zu optieren, ohne der Verarbeitung von Patientenverfügungen in ELGA im Sinne der lit. b zu widersprechen. Ein Widerspruch hinsichtlich Patientenverfügungen ist hingegen nicht vorgesehen.

Schließlich sind aus Gründen der Patientensicherheit auch die Anforderungen an die Identifikation der ELGA-Teilnehmer und der ELGA-Ombudsstelle sowie die Zulässigkeit der Verarbeitung von ELGA-Gesundheitsdaten gemäß § 14 Abs. 1 GTelG 2012 – eingeschränkt um das in § 14c Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes ausgeschlossene Ein- und Ausblenden sowie Löschen von Patientenverfügungen in ELGA – sowie die Altersgrenze von 14 Jahren gemäß § 14 Abs. 2a GTelG 2012 anzuwenden (lit. c). Dass nicht auf § 14 Abs. 2 GTelG 2012 verwiesen wird, liegt darin begründet, dass sich die Zulässigkeit der Verarbeitung von Patientenverfügungen nicht nach § 14 Abs. 2 GTelG 2012, sondern den Bestimmungen des Patientenverfügungsrechts richten soll. Insbesondere soll die in § 14 Abs. 2 Z 2 lit. b GTelG 2012 vorgesehene Vertretung nur im Rahmen des Patientenverfügungsrechts, d.h. insbesondere eingeschränkt auf die in den Abs. 3 und 4 genannten Personen und Einrichtungen, zulässig sein.

Nur wenn die Voraussetzungen gemäß Z 2 erfüllt sind, d.h. die technische Verfügbarkeit gegeben ist (lit. a) und die Verordnung gemäß § 14d Z 3 auch eine Verarbeitungspflicht im relevanten Zeitpunkt vorsieht (lit. b), ist eine Verarbeitung von Patientenverfügungen in ELGA verpflichtend. Die Verarbeitungspflicht teilt sich in eine Pflicht zur Speicherung bzw. zur Aufnahme von Verweisen („Zurverfügungstellung“) in ELGA und eine Erhebungspflicht.

Verpflichtet, Patientenverfügungen in ELGA zur Verfügung zu stellen, sind

–             aufgrund des Abs. 3 die ELGA-Ombudsstelle gemäß § 17 GTelG 2012 sowie

–             aufgrund des Abs. 4 die in § 6 Abs. 1 genannten Personen.

Verpflichtet, Patientenverfügungen zu erheben, sind aufgrund des Abs. 5 die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter (ELGA-GDA), unter Berücksichtigung des § 13 Abs. 7 GTelG 2012.

Abs. 2 verbietet die Verarbeitung von in ELGA zur Verfügung gestellten Patientenverfügungen zu Archivzwecken, zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken oder zu statistischen Zwecken (vgl. § 2d Forschungsorganistaionsgesetz – FOG iVm Art. 89 DSGVO). Damit sind Patientenverfügungen nicht nur allgemein als ELGA-Gesundheitsdaten (§ 2 Z 9 lit. c GTelG 2012) nach § 14 GTelG 2012 geschützt, sondern auch im Speziellen nach diesem Gesetz. Da Patientenverfügungsregister der Rechtsanwälte und Notare gemäß §2d Abs. 2 Z 3 FOG von der Pflicht, Daten bereitzustellen, ausgenommen sind, werden mit dieser Bestimmung konsequenterweise auch Patientenverfügungen, die in ELGA zur Verfügung gestellt werden, davon ausgenommen.

Abs. 3 führt ein Recht der ELGA-Teilnehmer auf Aufnahme von Patientenverfügungen – im Wege der ELGA-Ombudsstelle, d.h. insbesondere ihren allfällig eingerichteten dezentralen Standorten – in ELGA ein. Damit wird ein dem § 16 Abs. 2 Z 1 GTelG 2012 entsprechendes Recht geschaffen, da sich dieses bloß auf e-Befunde (§ 2 Z 9 lit. a GTelG 2012) und Medikationsdaten (§ 2 Z 9 lit. b GTelG 2012) bezieht.

Die Formulierung „Speicherung […] sowie […] Aufnahme von Verweisen“ entspricht beispielsweise der in § 13 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 Z 1 GTelG 2012 gewählten Formulierung. Damit wird klargestellt, dass die Patientenverfügungen entweder in ELGA-Datenspeichern gemäß § 20 Abs. 1 GTelG 2012 oder gemäß § 20 Abs. 4 Z 1 zentral in ELGA zu speichern sind und insbesondere keine Anbindung externer Register zulässig ist. Die Übermittlung der Patientenverfügungen durch Patienten an die in Z 2 genannte ELGA-Ombudsstelle, unterliegt in den meisten Fällen nicht den Datensicherheitsbestimmungen des 2. Abschnittes des Gesundheitstelematikgesetzes 2012, weil Patienten nicht als Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 2 Z 2 GTelG 2012 angesehen werden können. Dies wäre allerdings Voraussetzung für die Anwendbarkeit des 2. Abschnittes des GTelG 2012. Somit sind die allgemeineren datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere Art. 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), anzuwenden.

Mit Abs. 4 wird die Systematik der bestehenden ELGA-Regelungen fortgesetzt. Die in § 6 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes genannten Personen haben – sofern kein Opt-Out besteht (siehe Voraussetzung gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b des vorliegenden Entwurfes) – Patientenverfügungen in ELGA zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht besteht bereits aufgrund des § 6 Abs. 2 des vorliegenden Entwurfes, was durch die Formulierung „entsprechend § 6 Abs. 2“ angezeigt werden soll. Die in § 6 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes genannten Personen haben sich zur Speicherung in ELGA der noch durch Verordnung zu spezifizierenden Prozesse zu bedienen (siehe dazu die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2).

Der Verweis auf „die in § 6 Abs. 1 genannten Personen“ stellt klar, dass eine Vertretung eingeschänkt, aber doch möglich ist. Andere Personen, als die in § 6 Abs. 1 genannten, wie zum Beispiel Angehörige, dürfen die Aufnahme von Patientenverfügungen nicht verlangen.

In Abs. 5 wird die Erhebungspflicht von ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern näher determiniert. Die Verarbeitung der Formulierung „jeweils aktuelle Version“ stellt klar, dass nur die jeweils aktuelle in ELGA oder der gemäß § 14 Abs. 1 geführten Dokumentation gespeicherte Patientenverfügung erhoben, d.h. eingesehen werden muss. ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter sind somit nicht zur „interpretatorischen Zusammenschau“ von verschiedenen Versionen von in ELGA oder der gemäß § 14 Abs. 1 geführten Dokumentation zur Verfügung gestellten Patientenverfügungen verpflichtet. Dies gilt ungeachtet dessen, ob es sich um eine verbindliche oder eine andere Patientenverfügung handelt. Zur Feststellung der – im Hinblick auf das Errichtungs- und nicht das Speicherdatum – „aktuelle[n] Version der Patientenverfügung“ ist es gemäß § 14b Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes auch erforderlich, dass bei der Aufnahme von Patientenverfügungen in ELGA jedenfalls das Errichtungsdatum angegeben wird. Aufgrund der Verwendung des Wortes „ausschließlich“ wird zudem klargestellt, dass eine Erhebung nur aus ELGA und der in § 14 Abs. 1 geführten Dokumentation, aber sonst keiner anderen Stelle erfolgen muss. ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter handeln somit sorgfältig, wenn sie versuchen, Patientenverfügungen in ELGA oder der gemäß § 14 Abs. 1 geführten Dokumentation zu erheben. Mit der vorgeschlagenen Bestimmung sollen die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter in ihrer täglichen Arbeit entlastet werden. Über die Abfrage aus ELGA oder der gemäß § 14 Abs. 1 geführten Dokumentation hinaus besteht keine Nachforschungspflicht. Trotzdem bekanntgewordene Patientenverfügungen sind nach den Bestimmungen des Patientenverfügungsrechts nach ihrem jeweiligen Inhalt gegebenenfalls den Entscheidungen zugrundezulegen. Es wird festgelegt, dass sich Ärzte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten vor einer medizinischen Behandlung eines Patienten, welcher zum Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungs- bzw. äußerungsfähig ist, über das Vorliegen einer Patientenverfügung in ELGA zu vergewissern haben (vgl. Punkt 37 der Empfehlungen der Enquete-Kommission). Der Verweis in Z 1 auf die „Rechte gemäß § 13 Abs. 2 und § 21 Abs. 2 GTelG 2012“ erfolgt, um an die Systematik des Gesundheitstelematikgesetzes 2012 anzuknüpfen. Auch nach diesen Bestimmungen haben die ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter gemäß Abs. 2 Z 1 umfassende Zugriffsrechte, die in den zitierten § 13 Abs. 2 und § 21 Abs. 2 GTelG 2012 näher ausgeführt sind. Die Z 2 soll klarstellen, dass die Erhebungspflicht aus ELGA zusätzlich zur bestehenden Erhebungspflicht gemäß § 14 tritt.

Um entsprechend den Erläuterungen zu Abs. 5 eine „interpretatorische Zusammenschau“ auch tatsächlich ausschließen zu können, dürfen aktualisierte Versionen von Patientenverfügungen nicht bloß die Aktualisierungen, sondern müssen die aktualisierte Gesamtfassung der jeweiligen Patientenverfügung umfassen. So ist sicherzustellen, dass es immer eine konsolidierte, aktuelle Version der Patientenverfügung gibt und im Anlassfall eben keine „interpretatorische Zusammenschau“ zu erfolgen hat. Eine allfällige ärztliche Aufklärung hat sich auch auf diese aktualisierte Gesamtfassung und nicht bloß die Aktualisierungen zu beziehen. Die Frist gemäß § 7 Abs. 1 in der Fassung des vorliegenden Entwurfes beginnt mit der Speicherung der aktualisierten Gesamtfassung von Neuem zu laufen.

Zu Z 8 (§ 14b – „Speicherung in ELGA“):

Aus den bereits oben zu § 14a Abs. 5 angeführten Gründen ist bei der Aufnahme von Patientenverfügungen die Speicherung des Errichtungsdatums eine notwendige Voraussetzung. Dies wird durch den vorliegenden Abs. 1 ausdrücklich klargestellt.

Patientenverfügungen werden mit Fortschritt der Zeit immer relevanter. Die in § 20 Abs. 3 GTelG 2012 vorgesehene Begrenzung der Speicherdauer auf zehn Jahre für ELGA-Gesundheitsdaten läuft somit dem eigentlichen Zweck von Patientenverfügungen zuwider und soll deshalb für in ELGA zur Verfügung gestellte Patientenverfügungen nicht anwendbar sein (Abs. 2). Stattdessen sollen – in Anlehnung an die Regelung des § 18 Abs. 9 GTelG 2012 – in ELGA zur Verfügung gestellte Patientenverfügungen zehn Jahre nach dem Sterbedatum des ELGA-Teilnehmers automatisch gelöscht werden.

Die Bekanntgabe im Sinne des Abs. 3 erfolgt rechtzeitig, wenn die Löschung der Patientenverfügung nicht später als die Löschung aus dem Patientenindex erfolgt. D.h. sobald die Zehnjahresfrist des § 18 Abs. 9 GTelG 2012 zu laufen beginnt, hat auch die Meldung an die Auftragsverarbeiter (Art. 4 Z 8 DSGVO), die Datenspeicher und Verweisregister betreiben, („ELGA-Bereiche“) zu erfolgen.

§ 20 Abs. 5 GTelG 2012 definiert die Datenarten der in ELGA aufzunehmenden Verweise. Unter Umständen stehen für Patientenverfügungen nicht alle dieser Datenarten zur Verfügung. Es soll daher durch Abs. 4 eine technische Klarstellung erfolgen, dass

–      anders als bei Verweisen auf sonstige ELGA-Gesundheitsdaten keine lokalen Patientenkennungen erforderlich sind, sondern nur das bereichsspezifische Personenkennzeichen „GH“ erforderlich ist (Z 1), weil es im Gegensatz zu e-Befunden für Patientenverfügungen sehr wahrscheinlich sein wird, dass es keine lokalen Patientenkennungen gibt, sowie

–             die Zurverfügungstellung von Patientenverfügungen beispielsweise durch Anwälte gemäß § 14a Abs. 4 iVm § 6 Abs. 1 erfolgen kann (Z 2). Somit ist die Formulierung in § 20 Abs. 5 Z 2 lit. a GTelG 2012, wonach elektronische Verweise „die eindeutige Kennung des ELGA-Gesundheitsdiensteanbieters, der für die Aufnahme der ELGA-Gesundheitsdaten verantwortlich ist“ zu enthalten haben, mitunter nicht erfüllbar. Es soll daher klargestellt werden, dass in elektronischen Verweisen auf Patientenverfügungen anstelle des verantwortlichen ELGA-Gesundheitsdiensteanbieters der Verantwortliche (im datenschutzrechtlichen Sinn) aufzunehmen ist. Unter eindeutiger Kennung iSd Bestimmung sind insbesondere „Object Identifiers“ (OIDs) zu verstehen.

Zu Z 8 (§ 14c – „Grundsätze der Datenverarbeitung“):

Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 GTelG 2012 könnte die Zurverfügungstellung von Patientenverfügungen für ELGA als unzulässig angesehen werden, weil „die Verarbeitung von durch ELGA verfügbar gemachten ELGA-Gesundheitsdaten [… all jenen] verboten“ ist, „die nach diesem Bundesgesetz [Anmerkung: dem Gesundheitstelematikgesetz 2012] nicht ausdrücklich dazu berechtigt sind, sowie für alle Zwecke, die in diesem Bundesgesetz [Anmerkung: dem Gesundheitstelematikgesetz 2012] nicht ausdrücklich als zulässig bestimmt sind“. Durch die vorgeschlagene Bestimmung des Abs. 1 soll im Sinne der Rechtssicherheit insbesondere klarstellt werden, dass die Aufnahme von Patientenverfügungen durch die ELGA-Ombudsstelle gemäß § 14a Abs. 3 bzw. Abs. 4 des vorliegenden Entwurfes jedenfalls den Anforderungen des § 14 GTelG 2012 entspricht.

Mit Abs. 2 werden die ELGA-Teilnehmerrechte des Ein- und Ausblendens und der Löschung (bei weiterhin aufrechter ELGA-Teilnahme) sowie der Verkürzung bzw. Verlängerung des Zugriffszeitraums für Patientenverfügungen ausgeschlossen. Diese Abweichungen von den generellen ELGA-Bestimmungen des Gesundsheitstelematikgesetzes 2012 liegen in der Eigenart von Patientenverfügungen begründet, die – im Gegensatz zu anderen ELGA-Gesundheitsdaten – bereits nach ihrem ureigensten Zweck möglichst vielen ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern zugänglich sein sollen und es keiner Befristung des Zugriffszeitraumes bedarf.

Gemäß § 22 Abs. 2 Z 5 GTelG 2012 ist der Name der natürlichen Person, die die ELGA-Gesundheitsdaten tatsächlich verarbeitet hat, zu protokollieren. Bei der Aufnahme von Patientenverfügungen im Wege der ELGA-Ombudsstelle könnte sich nun die Frage stellen, ob der Name des Mitarbeiters der ELGA-Ombudsstelle oder der natürlichen Person gemäß § 6 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfs, anzugeben ist. Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit wird durch den vorgeschlagenen Abs. 3 der Protokollierung der natürlichen Person, die die Aufnahme tatsächlich verlangt hat, also beispielsweise der natürlichen Person gemäß § 6 Abs. 1, der Vorzug gegeben.

Zu Z 8 (§ 14d – „Technische Spezifikation und Umsetzung“):

In Anlehnung an § 28 Abs. 2 Z 1 GTelG 2012 sollen die Struktur, das Format sowie die Standards gemäß § 27 Abs. 7, 8 und 9 GTelG 2012, d.h. in der Praxis vor allem die CDA-Implementierungsleitfäden, für Patientenverfügungen in ELGA mittels Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz festgelegt werden.

Eine ausdrückliche Regelung (Z 1) war an dieser Stelle erforderlich, weil sich § 28 Abs. 2 Z 1 GTelG 2012 nur auf ELGA-Gesundheitsdaten gemäß § 2 Z 9 lit. a und b, d.h. e-Befunde und Medikationsdaten, nicht aber auf die restlichen ELGA-Gesundheitsdaten, wie etwa Patientenverfügungen gemäß § 2 Z 9 lit. c GTelG 2012 bezieht.

Einer näheren Ausgestaltung durch Verordnung (Z 2) bedarf auch die Zurverfügungstellung von Patientenverfügungen durch die in § 6 Abs. 1 genannten Personen. Hierbei sind die Details der technischen Umsetzung in einer Verordnung zu spezifizieren (siehe dazu die Erläuterungen zu § 6 Abs. 2).

Die dem § 28 Abs. 2 Z 4 GTelG 2012 nachgebildete Verordnungsermächtigung (Z 3) zur Festsetzung der Zeitpunkte für die Speicher- sowie Erhebungspflicht gemäß § 14a des vorliegenden Entwurfes trägt dem Umstand Rechnung, dass die Ausstattung von ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern mit ELGA-kompatibler EDV unterschiedlich weit fortgeschritten ist. Dem ist durch ein zeitversetztes Wirksamwerden Rechnung zu tragen. Überdies wird damit in ökonomisch gebotener Weise die Grundlage geschaffen, im Zusammenhang mit künftigen weiteren ELGA-Anwendungen Synergieeffekte optimal zu nutzen.

Zu Z 9 (§ 18 – „In-Kraft-Treten“):

Die in Abs. 2 angeführten Bestimmungen treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Zu Z 10 (§ 18a – „Übergangsbestimmung“):

Mit dieser Bestimmung wird festgelegt, dass bei bereits vor In-Kraft-Treten der PatVG-Novelle 2018 bestehenden verbindlichen Patientenverfügungen sich die Frist bis zur Erneuerung von fünf auf acht Jahre verlängert. Damit wird eine einheitliche Handhabung von verbindlichen Patientenverfügungen, die vor und nach der gegenständlichen PatVG-Novelle errichtet wurden, sichergestellt.