Erläuterungen

Der Ministerrat hat am 23. Mai 2018 unter dem Titel „Sozialversicherungsorganisation der Zukunft“ beschlossen, dass die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in eine eigenständige berufsständische Versorgungseinrichtung übergeführt wird.

Aus dem Wortlaut des Ministerratsvortrages ergibt sich eine größtmögliche Kontinuität der systemprägenden Elemente der Notarversicherung. Überführung bedeutet, dass anstelle des Sozialversicherungsträgers, der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates, eine andere institutionelle Grundlage geschaffen werden soll.

Im Unterschied zu Versorgungseinrichtungen, die für andere freie Berufe bestehen, soll die berufsständische Versorgungseinrichtung der Notare und Notarinnen eigene Rechtspersönlichkeit haben, also bei größtmöglicher Kontinuität eigenständig bleiben. Diesem Gedanken trägt die Bezeichnung „Anstalt“ im Sinne einer Körperschaft öffentlichen Rechts, deren Substrat auch Immobilien umfasst, Rechnung.

Zudem soll mit der Überführung der Versicherungsanstalt in eine Versorgungsanstalt der vom Ministerratsvortrag im Unterschied zur Sozialversicherung gewünschte Charakter einer berufsständischen Versorgungseinrichtung hervorgehoben werden. Das Organisationsziel der Versorgungsanstalt ist ein Rechtsanspruch auf eine planbare Absicherung für abstrakte Bedarfssituationen, wie es in der traditionellen Sozialrechtssystematik für Versorgungssysteme typisch ist.

Dieses Organisationsziel lässt sich nur dann erreichen, wenn die Rechtsansprüche und die Kalkulation nach versicherungsmathematischen Grundsätzen gestaltet werden.

Daher sollten wie bisher im NVG auch im Notarversorgungsgesetz versicherungsmathematische Grundsätze insofern berücksichtigt werden, als die Versorgungsanstalt zu verpflichten ist, versicherungsmathematische Prognoserechnungen zu erstellen und diese den Beschlüssen der Hauptversammlung etwa über den Beitragssatz (§ 10 Abs. 3 des Notarversorgungsgesetzes) zu Grunde zu legen sind. Auch die liquide Rücklage und die Sonderrücklage sind auf Basis der Prognoserechnungen zu kalkulieren (§§ 91 und 92 des Notarversorgungsgesetzes).

Die Überführung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates soll mit 1. Jänner 2020 wirksam werden. Die Amtsdauer der am 31. Dezember 2018 im Amt befindlichen Mitglieder der Verwaltungskörper der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates und der Rechnungsprüfer/innen währt bis 31. Dezember 2019. Die Verwaltungskörper sind ermächtigt, bis zu diesem Zeitpunkt die für die Wirksamkeit der Überführung mit 1. Jänner 2020 notwendigen Maßnahmen zu setzen. Dazu gehören insbesondere die Erlassung einer Satzung und einer Geschäftsordnung der Versorgungsanstalt sowie die Verhandlung und der Abschluss der für die Erfüllung der an die Versorgungsanstalt übertragenen Aufgaben notwendigen Verträge mit dem Dachverband (etwa betreffend die weitere Nutzung des „Corporate Network der Sozialversicherung“).

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozialversicherungswesen“). Auch ohne grundlegende organisatorische oder rechtliche Anbindung an die Sozialversicherung erfüllt die Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates in Finanzautonomie und - wie bereits die Versicherungsanstalt - ohne Zuschüsse aus dem Bundesbudget unter staatlicher Aufsicht (durch die Aufsichtsbehörde und unter der Kontrolle des Rechnungshofes) die ihr vom Bund übertragenen Aufgaben der Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Selbstverwaltung durch den Berufsstand der Notare und Notarinnen und der Notariatskandidaten und -kandidatinnen als homogene, berufsgruppenbezogene Risikogemeinschaft. Die Standesangehörigen (Notarinnen/Notare und Notariatskandidatinnen/Notariatskandidaten) sind (weiterhin) von der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Selbständigen ausgenommen (siehe § 4 Abs. 3 GSVG), weshalb die Versorgung nach dem Notarversorgungsgesetz für diese Berufsgruppe als in sich homogene Risikogemeinschaft eine gesetzliche Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ersetzt und als „Sozialversicherung“ im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG anzusehen ist. Im Rahmen des von der Weltbank entwickelten „Drei-Säulen-Modells” (siehe „Averting the old age crisis: policies to protect the old and promote growth“, World Bank, 1994) bildet die Versorgung nach dem Notarversorgungsgesetz wie schon die Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach dem NVG für Notare/Notarinnen und Notariatskandidaten/Notariatskandidatinnen die erste Säule.