Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte:

Das Regierungsprogramm 2017 – 2022 sieht in seinem Kapitel „Moderner Verfassungsstaat“ eine „Deregulierung und Rechtsbereinigung“ vor, die die „Evaluierung von Rechtsnormen einschließlich Staatsverträgen auf ihre Notwendigkeit (inklusive Prüfung der Übererfüllung von EU-Recht)“ beinhaltet. Der durch den Österreich-Konvent begonnene Prozess der Rechtsbereinigung und Deregulierung soll damit fortgesetzt werden (vgl. S. 21). Die Bundesregierung hat dementsprechend in der Sitzung des Ministerrates am 5. Jänner 2018 die „Definition eines umfassenden Reformprozesses“ beschlossen, „in deren Rahmen die Übererfüllung von EU-Recht im Bereich des Bundes erhoben, evaluiert und adaptiert wird“.

Ziel dieses Reformprozesses ist es, belastende Übererfüllungen von Unionsrechtakten im Bundesrecht zu identifizieren und zu beseitigen. An national bestehenden höheren Schutzstandards, die über die Mindest­standards des Unionsrechts hinausgehen, insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Arbeitnehmer­Innenschutz, sollen dadurch aber nichts geändert werden.

Im Rahmen der Deregulierungsoffensive der Bundesregierung soll nun die im Entwurf vorliegende erste „Anti-Gold Plating“-Sammelnovelle erlassen werden. Dieses erste „Anti-Gold-Plating-Paket“ stellt auch einen ersten Schritt im Prozess zur Ausarbeitung einer Better-Regulation-Strategie der Bundesregierung dar.

Unter dem Begriff „Gold Plating“ wird im Allgemeinen eine Rechtsetzungspraxis verstanden, bei der die nationale Gesetzgebung die Umsetzung eines Unionsrechtsaktes zum Anlass nimmt, zusätzliche Anforderungen, Verpflichtungen oder Standards für die Rechtsunterworfenen vorzusehen, die über die unionsrechtlich vorgesehenen Anforderungen hinausgehen. Ausgehend von diesem Begriffsverständnis wurden im Rahmen des Reformprojektes gewisse Faktoren näher bestimmt, die auf Gold Plating hindeuten:

–      Die Erlassung des nationalen Rechtsaktes muss in einem kausalen und/oder zeitlichen Zusammenhang mit dem Unionsrechtsakt stehen. Dementsprechend wurden zusätzliche Anforderungen, die bereits vor Erlassung des Unionsrechtsaktes im nationalen Recht bestanden, nicht erfasst.

–      Der betreffende Unionsrechtsakt muss den Mitgliedstaaten einen gewissen Umsetzungsspielraum überlassen. Das ist in der Regel bei Richtlinien und Verordnungen mit Öffnungsklauseln der Fall.

–      Inhaltlich ist eine Übererfüllung anhand der im Unionsrechtsakt vorgegebenen Zielsetzung zu beurteilen. Eine Abweichung der unionsrechtlichen Vorgaben im Sinne der vorgegebenen Zielsetzung ist als Übererfüllung, eine Abweichung entgegen der vorgegebenen Zielsetzung als (unionsrechtswidrige) Schlechterfüllung zu beurteilen. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Richtlinie kann zwar grundsätzlich Gold Plating darstellen. Erfolgt die Erweiterung auf rein innerstaatliche Sachverhalte aber ausschließlich zur Vermeidung von Inländerdiskriminierung, fällt sie nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts und ist daher nicht als Gold Plating zu beurteilen.

In Anlehnung an das zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGBl. I Nr. 61/2018, wurde im Rahmen dieses Projektes ein formeller Verständnisansatz des Begriffes „Gold Plating“ gewählt, um den Fokus des Projektes zunächst auf eine Bestandsaufnahme des aktuellen Rechtsbestandes und der Umsetzungspraxis in Österreich zu legen, auf deren Grundlage die Zurücknahme konkreter Fälle von Gold Plating erfolgt.

Die Bundesministerien waren daher grundsätzlich aufgefordert, in ihren Meldungen jede Übererfüllung von Unionsrecht in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich anzuführen – unabhängig davon, ob sie als belastend angesehen wird oder nicht – und gleichzeitig, soweit möglich, die Gründe für die Übererfüllung bzw. deren Vorteile anzugeben. Dadurch konnten jene Übererfüllungen, die ohne sachliche Begründung erlassen worden waren oder bei denen die Ressorts selbst die Aufhebung bzw. Abänderung indizierten, schnell identifiziert werden.

Die in den vorliegenden Entwurf einer Sammelnovelle einbezogenen Rechtsvorschriften wurden in einem mehrstufigen Verfahren unter Einbeziehung aller beteiligten Verkehrskreise von den fachlich zuständigen Ressorts identifiziert, wobei stets ein Höchstmaß an Sorgfalt angewendet wurde.

In einem ersten Schritt wurden Mitte Jänner zeitgleich mit den Vorbereitungen für ein Zweites Rechtsbereinigungsgesetz des Bundes alle Bundesministerien ersucht, die in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich aus Anlass von Unionsrechtsakten ergangenen Rechtsvorschriften zu sichten und Fälle der Übererfüllung von Unionsrecht an das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz – Verfassungsdienst rückzumelden. Parallel dazu wurden die Sozialpartner aufgefordert, ebenfalls Fälle der Übererfüllung aus ihrem Erfahrungsbereich an das BMVRDJ rückzumelden. Um einen einheitliche Form der Rückmeldungen zu gewährleisten und eine einfachere Bearbeitung sämtlicher Rückmeldungen zu ermöglichen, wurde den Ressorts und Interessenvertretungen ein tabellarisches Dokument samt Ausfüllanleitung zur Verfügung gestellt.

Mitte Mai endete die Frist für die Rückmeldungen der Ressorts und der Interessenvertretungen. Insgesamt wurden ungefähr 800 Bestimmungen rückgemeldet, die potentiell Gold Plating enthalten. Der Großteil davon (rund 500 Bestimmungen) stammte von den Sozialpartnern. Die Bundesministerien wurden daraufhin gebeten, die Meldungen der Interessenvertretungen inhaltlich zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen.

Nachdem die Bestandaufnahme im ersten Halbjahr 2018 abgeschlossen war, wurden die Bundesministerien Anfang Juli ersucht, selbst über den Sommer jene Bestimmungen zu identifizieren, die unbestritten unbegründetes Gold Plating darstellen, und diese dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz in Form von Beiträgen für eine erste Anti-Gold-Plating-Sammelnovelle zu übermitteln.

Auf der Grundlage dieser Rückmeldungen wurde die vorgeschlagene Sammelnovelle erstellt.

Weiterführung des Projekts jenseits der vorgeschlagenen Sammelnovelle:

Die Rückmeldungen der Ressorts betrafen sowohl Bundesgesetze, als auch Verordnungen des Bundes, die im Bundesgesetzblatt kundgemacht oder von obersten Organen der Bundesverwaltung erlassen wurden. Die Aufhebung bzw. Änderung der im Rahmen des Reformprojektes eingemeldeten Bestimmungen in Verordnungen fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit des jeweiligen Bundesministers und findet daher nicht im Rahmen dieser Sammelnovelle statt. Anbei wird eine Liste der von Änderungen betroffenen Verordnungen angeführt.

Es folgt eine Übersicht der Verordnungsbestimmungen, deren Änderung oder Aufhebung im Zuge des Reformprojektes seitens des jeweils zuständigen Bundesministeriums geplant ist:

–      §§ 17 Abs. 2 und 5 Abs. 1 der Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, mit der die Erste Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes 2011 (Erste Außenwirtschaftsverordnung 2011 – 1. AußWV 2011) geändert wird, BGBl. II Nr. 343/2011, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 430/2015;

–      § 9 Abs. 8 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen und bestimmten Warenresten (Verpackungsverordnung 2014), BGBl. II Nr. 184/2014;

–      § 6 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Meldepflichten in der Milchwirtschaft (Milchmeldeverordnung 2010 – MMV 2010), BGBl. II Nr. 249/2010, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 86/2015;

–      § 17 Abs. 6 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von Altbatterien und -akkumulatoren (Batterienverordnung), BGBl. II Nr. 159/2008, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 109/2015;

–      § 16 Abs. 5 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von elektrischen und elektronischen Altgeräten (Elektroaltgeräteverordnung – EAG-VO), BGBl. II Nr. 121/2005, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 185/2018;

–      § 10 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Meldepflichten in den Sektoren Vieh und Fleisch, Eier und Geflügel (Vieh-Meldeverordnung 2014), BGBl. II Nr. 255/2014.

 


 

Kompetenzgrundlagen:

Hinsichtlich seiner einzelnen Artikel stützt sich das vorgeschlagene Bundesgesetz wie folgt auf Kompetenztatbestände der Bundesverfassung:

 

Art.

Änderung des …

Kompetenztatbestand

1

Unternehmensgesetzbuchs

Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen)

2

Alternative Investmentfonds Manager-Gesetzes

Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG („Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“) und Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“)

3

Bankwesengesetzes

4

Immobilien-Investmentfondsgesetzes

5

Investmentfondsgesetzes 2011

6

Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016

Art. 10 Abs. 1 Z 11 B–VG (Vertragsversicherungswesen)

7

PRIIP-Vollzugsgesetzes

Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Börse- und Bankwesen) und Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Versicherungsvertragswesen)

8

Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017

Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“)

9

Bilanzbuchhaltungsgesetzes 2014

10

Abfallwirtschaftsgesetzes 2002

Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Abfallwirtschaft“)

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des UGB)

Hauptgesichtspunkte:

Aus Anlass der Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. Nr. L 182 vom 29. 6. 2013, S. 19 (in der Folge kurz: Bilanz-Richtlinie) durch das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 (BGBl. I Nr. 22/2015) in der Praxis aufgetretene Anwendungsschwierigkeiten sollen durch Zurücknahme von über die europarechtlichen Mindestvorgaben hinausgehenden Regelungen („Gold Plating“) bei einzelnen Rechnungslegungsvorschriften beseitigt werden.

Zu Z 1, 4 und 5 (§§ 189a Z 4, 204 Abs. 2, 207):

Mit dem RÄG 2014 wurde durch eine Begriffsdefinition in § 189a Z 3 und 4 klargestellt, dass der „beizulegende Wert“ primär den Nutzungswert für das Unternehmen darstellt und dem „beizulegenden Zeitwert“ ein objektiver Wertmaßstab zu Grunde liegt. Nach Z 4 handelt es sich beim „beizulegenden Zeitwert“ in erste Linie um den Börsenkurs oder Marktpreis; subsidiär wird bei Finanzinstrumenten auf bestimmte Bewertungsmodelle und -methoden zurückgegriffen. Die beiden Begriffe sind insbesondere für die Folgebewertung des Anlage- und Umlaufvermögens in den §§ 204, 207 relevant: in § 204 sollte klargestellt werden, dass Finanzanlagen (außer Beteiligungen) in der Regel nach dem objektiven Wertmaßstab des Börsenkurses oder Marktpreises zu bewerten sind; und in § 207 wurde die Wortfolge „Börsenkurs oder Marktpreis“ durch den Begriff des „beizulegenden Zeitwerts“ ersetzt. Eine inhaltliche Änderung war damit nicht beabsichtigt.

In der Praxis ergaben sich allerdings Auslegungsschwierigkeiten insbesondere daraus, dass einerseits der Begriff „Finanzinstrumente“ (bei denen nach § 189a Z 4 ein Wert mit Hilfe „allgemein anerkannter Bewertungsmodelle und -methoden“ zu ermitteln ist) nicht klar abgrenzbar ist und andererseits eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert in manchen Fällen, in denen es keinen einfach zu ermittelnden Marktpreis oder Börsenkurs gibt, eine kompliziertere und daher aufwendigere Bewertung erfordern könnte als eine Bewertung zum beizulegenden Wert. Diese möglichen Abgrenzungsschwierigkeiten wurden durch das Inkrafttreten des IFRS 9 am 1. Jänner 2018 noch erhöht, zumal sich dadurch die Frage aufwarf, ob der Begriff „Finanzinstrumente“ für die nach UGB Bilanzierenden im Sinn dieses Standards zu verstehen ist. Ein solches weites Verständnis könnte ohne klare Definition des Begriffs der „Finanzinstrumente“ und ohne konkrete Ausnahmebestimmungen wie in den IFRS dazu führen, dass auch kleine Unternehmen, die nach UGB bilanzieren, damit konfrontiert sind. Eine „fair value“-Bewertung bestimmter Forderungen als Finanzinstrumente nach IFRS 9 würde wiederum einen erheblichen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen bedeuten.

Art. 12 Abs. 6 der Bilanz-Richtlinie (Anlagevermögen) ordnet die Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert an, ohne diesen Wertmaßstab zu definieren, sodass in § 204 Abs. 2 richtlinienkonform auf die Formulierung vor dem RÄG 2014 zurückgegriffen werden kann. Wie der „beizulegende Wert“ auszulegen ist, kann aus der Literatur und den AFRAC-Stellungnahmen, die zu dieser Frage vor dem RÄG 2014 ergangen sind, ersehen werden. Bei Wertpapieren mit Börsenkurs soll es demnach dabei bleiben, dass der Börsenkurs den beizulegenden Wert darstellt. Auch Art. 12 Abs. 7 der Bilanz-Richtlinie (Umlaufvermögen) operiert nicht mit dem Begriff des „beizulegenden Zeitwerts“, sodass auch in § 207 die Formulierung vor dem RÄG 2014 verwendet werden kann.

Die terminologischen Anpassungen in § 189a Z 4 („Marktwert“ auf „Marktpreis“) sind technischer Natur.

Da es sich bei diesen Änderungen nur um Klarstellungen handelt, die bereits der ursprünglichen Intention des RÄG 2014 entsprechen, ist keine Übergangsbestimmung erforderlich.

Zu Z 2 und 3 (§ 196a Abs. 2):

Nach Art. 6 Abs. 1 lit. j der Bilanz-Richtlinie erstreckt sich der Wesentlichkeitsgrundsatz auf „Ansatz, Bewertung, Darstellung, Offenlegung und Konsolidierung“, wobei den Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 4 das Wahlrecht eingeräumt wurde, diesen auf „Darstellung“ und „Offenlegung“ zu beschränken. Schon vor dem RÄG 2014 war der Grundsatz der Wesentlichkeit als nicht kodifizierter Grundsatz ordnungsgemäßer Bilanzierung anerkannt (ErläutRV 367 BlgNR 25. GP 1; Moser, GES 2015, 203 [204]). Dass die Formulierung des durch das RÄG 2014 eingefügten § 196a Abs. 2 nur auf „Darstellung und Offenlegung“ explizit Bezug nimmt, hat schon bisher nicht zwingend den e contrario-Schluss nach sich gezogen, dass der österreichische Gesetzgeber vom Wahlrecht nach Art. 6 Abs. 4 der Bilanz-Richtlinie eindeutig Gebrauch gemacht hätte (vgl. Dokalik/Hirschler, RÄG 2014 SWK-Spezial² 28 mwN; idS auch Moser, GES 2015, 204).

Mit anderen Worten hat die explizite Verankerung des nur eingeschränkten Wesentlichkeitsgrundsatzes mehr Anwendungsfragen aufgeworfen, als vor dem RÄG 2014 bestanden, sodass auf eine Kodifikation dieses Grundsatzes verzichtet und die Streichung des § 196a Abs. 2 vorgeschlagen wird, wie es auch schon vor dem RÄG 2014 der Fall war und zB in Deutschland noch ist. Das bedeutet, dass der Wesentlichkeitsgrundsatz in Zukunft im Wege einer richtlinienkonformen Interpretation bei den einzelnen Bestimmungen mitzubedenken ist. Die genauere Anwendung dieses Grundsatzes auf die einzelnen Sachverhalte kann dabei den Standardsetzern überlassen werden.

Zu Z 6 (§ 211 Abs. 1):

Art. 12 Abs. 12 der Bilanz-Richtlinie sieht zur Rückstellungsbewertung nur den „besten Schätzwert“ vor; für Pensionsrückstellungen „sowie ähnliche Verpflichtungen“ war schon vor dem RÄG 2014 die Ermittlung nach „versicherungsmathematischen Grundsätzen“ vorgesehen. Diese „ähnlichen Verpflichtungen“ wurden mit dem RÄG 2014 dahin spezifiziert, dass es sich dabei um Jubiläumsgeldzusagen und Abfertigungsverpflichtungen handelt. Eine versicherungsmathematische Berechnung durch Berücksichtigung biometrischer Wahrscheinlichkeiten kann aber bei Abfertigungsverpflichtungen unangemessen sein, weil die Auswirkung biometrischer Faktoren im Gegensatz zur Auswirkung bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen gering ist, weshalb die Stellungnahme 27 des AFRAC hier schon nach geltendem Recht eine finanzmathematische Berechnung zulässt. Auch bei Jubiläumsgeldzusagen kann es ausreichend sein, dass eine finanzmathematische Berechnung angestellt und dieser Betrag durch Berücksichtigung der Fluktuationswahrscheinlichkeit korrigiert wird.

Es wird daher vorgeschlagen, für Abfertigungsverpflichtungen, Jubiläumsgeldzusagen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen explizit auch eine finanzmathematische Berechnung zu ermöglichen. Durch die Einfügung der vor dem RÄG 2014 bestehenden Formulierung des § 211 Abs. 2 „sofern dagegen im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen“ kann insoweit auf die entsprechende Kommentarliteratur zurückgegriffen werden. Bedenken werden sich dann ergeben, wenn aufgrund der großen Anzahl der Mitarbeiter und/oder der starken Fluktuation eine finanzmathematische Bewertung die Risiken für den voraussichtlich zu leistenden Betrag nicht ausreichend berücksichtigt und dieser Fehlbetrag außerdem wesentlich ist. Ansonsten impliziert der in § 201 Abs. 2 Z 7 UGB normierte Grundsatz der bestmöglichen Schätzung, dass bereits vorhandene statistische Daten und versicherungsmathematische Kalkulationen weiterhin für die Rückstellungsbewertung heranzuziehen sind. Ein freies Wahlrecht zwischen versicherungsmathematischer und finanzmathematischer Berechnung wird mit dieser Maßnahme daher nicht eröffnet.

Zu Z 7 (§ 245a Abs. 1):

Dies dient der Korrektur eines Redaktionsversehens (siehe dazu Nowotny in Straube/Ratka/Rauter, UGB II/RLG3 § 245a Rz 1).

Zu Z 8 (§ 278 Abs. 1):

§ 278 Abs. 1 ermöglicht es Kleinstkapitalgesellschaften, nur die Bilanz einzureichen. Nach Art. 36 Abs. 1 lit. b der Bilanz-Richtlinie können Kleinstkapitalgesellschaften von der Verpflichtung, einen Anhang aufzustellen, befreit werden, wenn sie gewisse Angaben unter der Bilanz machen. Diese Option wird durch § 242 Abs. 1 wahrgenommen. Nun stehen vereinzelt Gerichte auf dem Standpunkt, dass Kleinstunternehmen nicht nur die Bilanz, sondern auch die Angaben nach § 242 Abs. 1 unter der Bilanz einzureichen haben, obwohl das nach § 278 Abs. 2 mit Verordnung festgelegte Formblatt diese Angaben nicht vorsieht. Dass die Formulierung „nur die Bilanz“ nicht auch die Angaben unter der Bilanz umfasst, wird auch durch die Richtlinie gestützt, die es in Art. 36 Abs. 1 lit. d ermöglicht, Kleinstunternehmen von der Offenlegung gänzlich auszunehmen, wenn es „die in der Bilanz enthaltenen Informationen“ bei der zuständigen Behörde hinterlegt. Dennoch führt die vereinzelte anderslautende Auslegung dazu, dass ein erhöhter Aufwand bei den Herstellern für die Software zur Einreichung der Bilanzen entsteht, weil diese die Frage, ob die Angaben offengelegt werden müssen oder nicht, nur bundesweit einheitlich behandeln können. Es wird daher zur Rechtssicherheit vorgeschlagen, diese Mindermeinung, die einen erhöhten, von der Richtlinie nicht geforderten Aufwand generiert, gesetzlich auszuschließen.

Zu Z 9 (§ 906):

Die Änderungen sollen mit 1. Juli 2019 in Kraft treten.

Zu Art. 2 (Änderung des Alternative Investmentfonds Manager-Gesetzes)

Zu § 1 Abs. 5:

Die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2017 und dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 67/2018 in diesem Absatz vorgenommenen Änderungen werden zusammengeführt.

Zu § 67 Abs. 9:

Die geänderten Anforderungen im Privatkundenvertrieb sollen unverändert nur für AIF gelten, die nach dem Inkrafttreten neu aufgelegt werden.

Zu § 74 Abs. 9:

Mit den Änderungen im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2017 wurden im Zusammenhang mit dem neuen Regime für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften auch Neuregelungen hinsichtlich des Privatkundenvertriebs beschlossen. Da es dazu keine europarechtlichen Vorgaben gibt und somit das Inkrafttreten nicht an die beihilfenrechtliche Nichtuntersagung gebunden ist, sollen die nicht mit der Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft im Zusammenhang stehenden Bestimmungen bereits frühzeitig in Kraft treten.

Zu Art. 3 (Änderung des Bankwesengesetzes)

Zu § 35:

Die verpflichtend im Kassensaal von Banken auszuhängenden Angaben über Sparzinsen, Entgelte, AGB und Informationen über die Einlagensicherung (§ 35 Abs. 1) sollten durch eine Offenlegung auf der Homepage abgelöst werden, zumal es dafür auch keine aus EU-Richtlinien ableitbaren Notwendigkeiten gibt.

Zum bisher verpflichtenden Aushang der Wechselkurse inner- und außerhalb der Bankfiliale ist festzuhalten, dass mittlerweile in vielen EU-Ländern der Euro die maßgebliche Währung ist. Zudem wird der verpflichtende Papieraushang der aktuellen Wechselkurse in der Praxis nicht mehr genutzt. Weiters haben Banken aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen meistens vor Ort kaum mehr Valuten. Der tagesaktuell zu haltende Aushang der Wechselkurse ist somit nicht mehr zeitgemäß und stellt einen unnötigen bürokratischen Aufwand für Kreditinstitute dar. § 35 Abs. 3 sollte daher gestrichen werden.

Zu Art. 4 (Änderung des Immobilien-Investmentfondsgesetzes)

Zu § 34 Abs. 1 und 3:

Der Entfall der Bewilligungspflicht der Fondsbestimmungen durch den Aufsichtsrat korrespondiert mit der Änderung in § 53 des Investmentfondsgesetzes 2011 und soll eine einheitliche Vorgangsweise in der Fondsindustrie sicherstellen.

Zu Art. 5 (Änderung des Investmentfondsgesetzes 2011)

Zu § 53 Abs. 1 und 4:

Die Zustimmung des Aufsichtsrates zu den Fondsbestimmungen ist nach der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) nicht erforderlich und stellt daher eine Übererfüllung dar. Entscheidungen über Fondsbestimmungen sind dem operativen Bereich zuzuordnen und daher kann das Erfordernis der Zustimmung des Aufsichtsrates entfallen.

Zu Art. 6 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016)

Zu Z 1 (§ 120 Abs. 4):

Die Verpflichtung, beim Ausfall von Personen, die Governance-Funktionen und andere Schlüsselfunktionen in Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen innehaben, für die Kontinuität der Funktionen zu sorgen, ergibt sich bereits aus den allgemeinen Anforderung an die Governance eines Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmens. Darüber hinausgehende Anforderungen sieht das mit der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung), ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2009 S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/843 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. Nr. L 156 vom 19.06.2018 S. 43, geschaffene Aufsichtsregime nicht vor.

Zu Art. 7 (Änderung des PRIIP-Vollzugsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 8):

Im Einklang mit den Vorgaben des Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP), ABl. Nr. L 352 vom 09.12.2014 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2016/2340 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte im Hinblick auf den Geltungsbeginn, ABl. Nr. L 354 vom 23.12.2016 S. 35, soll eine Information von Kleinanlegern über Geldstrafen oder Aufsichtsmaßnahmen der FMA nur dann erfolgen, wenn dies im Interesse der Kleinanleger geboten ist.

Zu Art. 8 (Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017)

Zu Z 1 (§ 87 Abs. 2 Z 18):

Die Ergänzung der Z 18 durch die Ausnahme im zweiten Satz erfolgt zur Angleichung an die Definition des wirtschaftlichen Eigentümers in Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 (4. Geldwäsche-Richtlinie). Die im zweiten Satz genannten Offenlegungsanforderungen beziehen sich auf die von der FMA gemäß § 122 Abs. 10 BörseG 2018 zu erlassende Verordnung (Transparenz-Verordnung).

Durch die vorgeschlagene Ergänzung werden Wirtschaftsprüfer und Steuerberater als Verpflichtete im Sinne der 4. Geldwäsche-Richtlinie bei ihren Sorgfaltspflichten anderen Berufsgruppen wie etwa Notaren oder Rechtsanwälten gleichgestellt.

Zu Art. 9 (Änderung des Bilanzbuchhaltungsgesetzes 2014)

Zu Z 1 (§ 43 Abs. 2 Z 18):

Die Ergänzung der Z 18 durch die Ausnahme im zweiten Satz erfolgt zur Angleichung an die Definition des wirtschaftlichen Eigentümers in Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2015/849 (4. Geldwäsche-Richtlinie). Die im zweiten Satz genannten Offenlegungsanforderungen beziehen sich auf die von der FMA gemäß § 122 Abs. 10 BörseG 2018 zu erlassende Verordnung (Transparenz-Verordnung).

Dadurch sollen Bilanzbuchhalter als Verpflichtete im Sinne der 4. Geldwäsche-Richtlinie bei ihren Sorgfaltspflichten anderen Berufsgruppen wie etwa Notaren oder Rechtsanwälten gleichgestellt werden.

Zu Art. 10 (Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002)

Ziel:

Die Probenahme von Abfällen und Bewertung von Untersuchungen soll unabhängig vom Betrieb eines eigenen Labors vorgenommen werden können.

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 6 Z 6 AWG 2002):

Die EU-Richtlinie über Abfalldeponien, Richtlinie 1999/31/EG, sieht vor, dass bei der Anlieferung von Abfällen an eine Deponie mit geeigneten Dokumenten belegt wird, dass der Abfall den Annahmekriterien entspricht. In § 2 Abs. 6 Z 6 AWG 2002 sind für die Eignung des Ausstellers dieser Dokumente Kriterien festgelegt. Der Aussteller der Dokumente muss derzeit über ein eigenes Labor verfügen, um eine Qualitätssicherung der Untersuchungen sicherzustellen.

Durch die Vorgaben für die Akkreditierung und das regelmäßige Audit ist eine hohe Qualität bei der Analysearbeit gegeben. Unter der Voraussetzung, dass eine dafür akkreditierte Stelle die Analysentätigkeit durchführt, wurde daher schon in der Novelle der Deponieverordnung 2008, BGBl. II Nr. 104/2014, von der Notwendigkeit abgesehen, dass eine befugte Fachperson oder Fachanstalt auch die überwiegende Zahl der Analysen selbst vornimmt. Mit der Änderung der Definition der befugten Fachperson oder Fachanstalt in § 2 Abs. 6 Z 6 lit. a AWG 2002 soll nun ergänzend festgelegt werden, dass diese die Probenahme von Abfällen und Bewertung von Untersuchungen unabhängig vom Betrieb eines eigenen Labors vornehmen kann. Untersuchungen in akkreditierten Labors/Prüfstellen sollen dafür ausreichen. Allgemeine Kriterien, wie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, das Vorhandensein eines Qualitätssicherungssystems und die Berücksichtigung eines allfälligen Interessenkonfliktes müssen jedoch auch weiterhin von jeder befugten Fachperson oder Fachanstalt eingehalten werden.

Bei akkreditierten Konformitätsbewertungsstellen werden die Anforderungen an die Unabhängigkeit bereits im Rahmen der Akkreditierung überprüft.