Vorblatt

 

Ziel(e)

 

-       Neugestaltung und bundesweite Harmonisierung der Mindestsicherung/offenen Sozialhilfe (im Folgenden: Sozialhilfe)

-       Stärkere Integration von Beziehern und Bezieherinnen der Sozialhilfe in den Arbeitsmarkt

-       Dämpfung der Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem

-       Verbesserung und Neuausrichtung der Statistik zur Sozialhilfe

 

Inhalt

 

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

 

-       Schaffung eines Grundsatzgesetzes des Bundes gem. Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG im Bereich des Armenwesens

-       Etablierung von verstärkten Arbeitsanreizen für Bezieher und Bezieherinnen der Sozialhilfe und Qualifizierung

-       Höhere Restriktionen beim Zugang zur (vollen) Sozialhilfe für Neuzugewanderte

-       Etablierung einer neuen Statistik zur Sozialhilfe auf Einzeldatenbasis

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Der vorliegende Gesetzentwurf birgt ein gewisses Einsparungspotential für die Länder, das jedoch lediglich in einer Spannbreite zu sehen ist.

 

Dies ist einerseits dem Umstand geschuldet, dass das gegenständliche Gesetzesvorhaben an einigen Stellen Kann-Bestimmungen ausweist und andererseits den normierten Höchstbeträgen, die auch unterschritten werden können. Um die finanziellen Auswirkungen daher abschließend beurteilen zu können, müssen erst die Ausführungsgesetze der Länder abgewartet werden, die allerdings erst bis zum Herbst 2019 vorliegen werden.

 

Es ist jedoch auch abhängig vom Konjunkturverlauf eine Stabilisierung der Aufwendungen bzw. eine Dämpfung des Kostenwachstums im Bereich der Sozialhilfe zu erwarten.

 

Finanzierungshaushalt für die ersten fünf Jahre

in Tsd. €

2018

2019

2020

2021

2022

Nettofinanzierung Länder

0

‑242

‑6.683

‑11.812

‑14.556

 

In den Wirkungsdimensionen gemäß § 17 Abs. 1 BHG 2013 treten keine wesentlichen Auswirkungen auf.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

 

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

Sozialhilfe-Statistikgesetz

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2018

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2019

 

 

Problemanalyse

 

Problemdefinition

Mit der zwischen dem Bund und den Ländern im Jahr 2010 befristet abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG wurde zur Herstellung bundesweit einheitlicher Mindeststandards, harmonisierter landesgesetzlicher Regelungen in der Sozialhilfe sowie zur Armutsbekämpfung die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) eingeführt. Dies führte dazu, dass die Länder nach den Vorgaben in der Vereinbarung Landesgesetze erließen.

 

Unterschiede ergaben sich jedoch weiterhin aufgrund landesspezifischer Besonderheiten im Bereich der Abdeckung der Wohnkosten und bei den Leistungen für Kinder. Davon abgesehen führte die Einführung der BMS im Wege der Art. 15a B-VG Vereinbarung zu einem grundsätzlich harmonisierten System in Österreich.

 

Die Gespräche über eine Verlängerung und Weiterentwicklung dieser Vereinbarung in den Jahren 2015/2016 scheiterten an den unterschiedlichen Positionen der Verhandlungspartner auf Seiten des Bundes und der Länder. Die Vereinbarung selbst ist daher mit 31.12.2016 ausgelaufen.

 

Die Rechtsentwicklung im Bereich der Mindestsicherung hat seitdem zu einer noch stärker differenzierten Gesetzeslandschaft als vor Einführung der Mindestsicherung 2010 geführt. Dies liegt derzeit vor allem an den unterschiedlichen Modellen, die in mehreren Ländern umgesetzt wurden. Dazu gehören verschiedenartige Ansätze zur Deckelung der Mindestsicherung oder aber auch zum leistungsrechtlichen Umgang mit neu zugewanderten Personen. Auch die Höchstgerichte haben sich bereits mit vereinzelten Bestimmungen der neuen Mindestsicherungsgesetze beschäftigt.

 

Eine ebenfalls negative Entwicklung der vergangenen Jahre wurde in der wachsenden Anzahl der Mindestsicherungsbezieher und Mindestsicherungsbezieherinnen und den daraus resultierenden budgetären Folgekosten sichtbar. Diese sind der gestiegenen Arbeitslosigkeit im Zeitraum der Wirtschaftskrise und der steigenden Zuwanderung in den österreichischen Sozialstaat geschuldet. Wesentliche politische Aufgabe ist es deshalb, die Mindestsicherung österreichweit zukunftsfit zu machen, sowie fair und gerecht zu gestalten. Durch einen optimierten Ressourceneinsatz soll es damit auch künftig möglich sein, dass diese Leistungen all jenen zu Gute kommen, die der Unterstützung der Solidargemeinschaft tatsächlich bedürfen.

 

Weiters zeigte sich, dass die Datenlage im Bereich der Mindestsicherung den allgemeinen Informationsbedürfnissen hinsichtlich der soziodemographischen Zusammensetzung der Mindestsicherungsbezieher und -bezieherinnen nicht (mehr) gerecht wird. Zwar führte die 2010 abgeschlossene Vereinbarung erstmalig zu einer bundesweiten Erhebung von Mindestsicherungsdaten auf einheitlicher Basis, dennoch erwies sich die Mindestsicherungsstatistik zuletzt als stark verbesserungsbedürftig. Im vorliegenden Bundesgrundsatzgesetz soll deshalb auch die Grundlage für eine aktuellere und aussagekräftigere Sozialhilfestatistik geschaffen werden. Diese soll künftig basierend auf einer verpflichtenden Datenübermittlung der Länder erstellt werden.

 

Wie auch die Umsetzung der Grundsatzgesetzgebung des Bundes im Bereich der Mindestsicherung war auch die Verbesserung der Datenlage in der Mindestsicherung bereits Gegenstand von Empfehlungen des Rechnungshofes (s. Reihe BUND 2014/9, Bericht zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung und Reihe BUND 2017/32 bzw. Reihe WIEN 2017/8 Bericht zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Wien). Diesen Empfehlungen wird mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben nunmehr nachgekommen.

 

Nullszenario und allfällige Alternativen

Die Art. 15a B-VG Vereinbarung, die einen gemeinsamen Rahmen für die Mindestsicherungsregelungen der Bundesländer bildete, ist mit 31.12.2016 ausgelaufen. Infolgedessen kam es (wieder) zu einem stärkeren Auseinanderdriften der entsprechenden Landesgesetze mit teils gravierenden Unterschieden beim Zugang zur Leistung, den Mindeststandards für einzelne Bezieher- und Bezieherinnengruppen sowie bei der Frage der Leistungsbegrenzung bei Mehrpersonenhaushalten ("Deckelung"). Zudem waren auch die restlichen Rahmenbedingungen der ehemaligen Art. 15a B-VG Vereinbarung von den Ländern nicht mehr einzuhalten.

 

Ohne entsprechende Gegensteuerung ist davon auszugehen, dass es in Österreich mittelfristig keine harmonisierte Sozialhilfe in Form etwa einheitlicher Zugangsvoraussetzungen gibt und die aktuell stark unterschiedlichen Systeme aufrecht bleiben. Damit würde es auch künftig bei der unerwünschten Konsequenz bleiben, dass Menschen in gleicher Lebenslage hinsichtlich ihres Anspruchs auf Leistungen der Sozialhilfe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich behandelt würden.

 

Zudem könnte in weiterer Folge auch keine differenziertere Statistik der Leistungsbezieher und -bezieherinnen erstellt werden, weshalb auch weiterhin von einer unzureichenden Datenlage auszugehen wäre. Letztlich könnten auch die sich darauf beziehenden Rechnungshofempfehlungen (s. insb. Empfehlungen 14 bis 16, Reihe BUND 2014/9) nicht umgesetzt werden.

 

Grund: Die rechtliche Basis für die Mindestsicherungsstatistik ist auf Grund der ausgelaufenen Bund-Länder-Vereinbarung entfallen. Bis 31.12.2016 hatte die Art. 15a B-VG Vereinbarung die Länder verpflichtet, statistische Daten zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung an Statistik Austria zu übermitteln. Seit diesem Zeitpunkt erfolgt die Datenlieferung der Bundesländer nur mehr auf freiwilliger Basis.

 

Interne Evaluierung

 

Zeitpunkt der internen Evaluierung: 2024

Evaluierungsunterlagen und -methode: Die interne Evaluierung erfolgt durch die Erstellung der neuen Statistik zur Sozialhilfe. Die Datenerfassung und Datenauswertung erfolgt durch einen beauftragten Dienstleister.

 

Ziele

 

Ziel 1: Neugestaltung und bundesweite Harmonisierung der Mindestsicherung/offenen Sozialhilfe (im Folgenden: Sozialhilfe)

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Im Jahr 2016 scheiterten die Bund-Länder Gespräche über eine Verlängerung der bis 31.12.2016 befristeten Art. 15a B-VG Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Die Folge war eine zunehmende Zersplitterung der landesrechtlichen Regelungen in diesem Bereich, die letztlich sogar über das Maß vor Abschluss der Art. 15a B-VG Vereinbarung im Jahr 2010 hinausging.

 

In mehreren Ländern wurden neue Mindestsicherungsmodelle umgesetzt, die sich im Hinblick auf Anspruchs- und Zugangsvoraussetzungen, Mindeststandardhöhen sowie hinsichtlich der maximal möglichen Leistungen für Mehrpersonenhaushalte beträchtlich unterschieden (insb. "Deckelung" bzw. Umgang mit zugewanderten Personen).

Vorliegen bundesweit weitestgehend einheitlicher Grundleistungen in der Sozialhilfe unter Berücksichtigung regionaler Wohnkosten.

 

Vorliegen einheitlicher Regelungen für neu zugewanderte Personengruppen in der Sozialhilfe.

 

Leistungen für neu zugewanderte Personen wurden von aktiven Integrationsleistungen (Integrationsvereinbarung, Wertekurse, Deutschkurse, Kulturtechniken) abhängig gemacht.

 

Der Anreiz einer Binnenwanderung innerhalb Österreichs ist reduziert.

 

Ziel 2: Stärkere Integration von Beziehern und Bezieherinnen der Sozialhilfe in den Arbeitsmarkt

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Im Berichtsjahr 2017 betrug die durchschnittliche Verweildauer in der Mindestsicherung 8,5 Monate.

Durch stärkere Integrationsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Anbindung an den Arbeitsmarkt konnte die Verweildauer in der Sozialhilfe um rund einen Monat auf 7,5 Monate gesenkt werden.

 

Ziel 3: Dämpfung der Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem

 

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Die steigende Zuwanderung führte in der jüngeren Vergangenheit zu zunehmenden Belastungen der Mindestsicherungssysteme der Länder. Die Fluchtbewegungen der Jahre 2015 und 2016 haben zu einem überproportionalen Anstieg von Fremden in der Mindestsicherung geführt. Rund 50% der Empfänger und Empfängerinnen waren den Ergebnissen der Mindestsicherungsstatistik 2017 zufolge bereits Nichtösterreicher und Nichtösterreicherinnen.

Der Anteil der Fremden in der Sozialhilfe ist rückläufig bzw. zumindest stagnierend.

 

Ziel 4: Verbesserung und Neuausrichtung der Statistik zur Sozialhilfe

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Durch die bisher vorliegenden statistischen Daten konnten keine vertieften Analysen zum Bezieher- und Bezieherinnenkreis der Mindestsicherung durchgeführt werden. Obwohl die zuletzt veröffentlichte Mindestsicherungsstatistik 2017 gegenüber den Statistiken der Vorjahre – zumindest in Teilen – bereits differenziertere Ergebnisse zur Bezieher- und Bezieherinnenstruktur lieferte, weist sie in ihrer derzeitigen Form nach wie vor Lücken auf und gibt zu wenig Aufschluss über die Merkmale von Leistungsbeziehern und -bezieherinnen. In Ermangelung ausreichend differenzierten Datenmaterials sind die Steuerungsmöglichkeiten begrenzt.

Durch die neu geschaffene Statistik zur Sozialhilfe werden kongruente und valide Daten erhoben und können vertiefte Analysen zum Bezieher- und Bezieherinnenkreis durchgeführt werden. Die neue Statistik erlaubt eingehendere Einblicke in die Struktur der Leistungsempfänger und -empfängerinnen; z.B. deren Staatsangehörigkeit und Arbeitsmarktanbindung.

 

Maßnahmen

 

Maßnahme 1: Schaffung eines Grundsatzgesetzes des Bundes gem. Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG im Bereich des Armenwesens

Beschreibung der Maßnahme:

Im Jahr 2016 ist die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl I Nr. 96/2010, ausgelaufen. Die Gespräche über eine Verlängerung scheiterten an den kontroversiellen Positionen der Vertragsparteien über die künftige Gestaltung der Mindestsicherung. Eine Harmonisierung soll nunmehr über ein Grundsatzgesetz des Bundes erreicht werden.

 

Klare Vorgaben für die Regelung der Eckpunkte eines bundesweiten Sozialhilfesystems sollen zu einer homogeneren Umsetzung der Sozialhilfe auf Landesebene führen (Ausführungsgesetze der Länder mit ausreichender Übergangsfrist).

 

Umsetzung von Ziel 1

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Mit dem Auslaufen der Art. 15a B-VG Vereinbarung am 31.12.2016 ist der einzige gemeinsame Rahmen für die Mindestsicherungssysteme der Bundesländer weggefallen. Unterschiedliche Zugänge der Länder hinsichtlich der Gestaltung der Mindestsicherung führten in wesentlichen Kernpunkten des Systems zu einem starken Auseinanderdriften der Regelungen.

Ein gemeinsamer Rahmen ist wieder hergestellt bzw. ist ein solcher nun durch ein Bundesgrundsatzgesetz verbindlich festgelegt. Durch die auf grundsatzgesetzlicher Ebene vorgegebenen Prinzipien und Eckpfeiler erfolgt (wieder) eine einheitlichere Umsetzung der Sozialhilfe auf Landesebene.

 

Durch die Möglichkeit der Berücksichtigung von regionalen Besonderheiten bleiben Spielräume der Länder – insbesondere im Bereich der Wohnkostenabdeckung – erhalten.

 

Maßnahme 2: Etablierung von verstärkten Arbeitsanreizen für Bezieher und Bezieherinnen der Sozialhilfe und Qualifizierung

Beschreibung der Maßnahme:

Ein wesentliches Kernanliegen des Grundsatzgesetzes ist die möglichst nachhaltige (Wieder-) Eingliederung aller arbeitsfähigen und arbeitsuchenden Sozialhilfebezieher und -bezieherinnen in den Arbeitsmarkt. Durch ein Zusammenwirken von Maßnahmen wie z.B. der Vornahme von Änderungen innerhalb des Sanktionsregimes oder die Implementierung eines Arbeitsqualifizierungsbonus soll ein stärkerer Arbeitsanreiz bzw. ein erhöhtes Qualifizierungsbestreben für Bezieher und Bezieherinnen der Sozialhilfe erwirkt werden. Der Differenzbetrag auf die reguläre Sozialhilfe wird in eine berufs- oder sprachqualifizierende Sachleistung umgewandelt.

 

Umsetzung von Ziel 2

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Im Jahr 2017 waren rund 28.000 Arbeitsaufnahmen von Mindestsicherungsbeziehern und -bezieherinnen zu verzeichnen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) vorgemerkt waren.

Im Jahr 2024 erfolgten durch Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktintegration und Qualifizierung 30.000 Arbeitsaufnahmen.

 

Maßnahme 3: Höhere Restriktionen beim Zugang zur (vollen) Sozialhilfe für Neuzugewanderte

Beschreibung der Maßnahme:

Derzeit wird die Gruppe der Subsidiär Schutzberechtigten in der Mindestsicherung länderweise unterschiedlich behandelt. Die Unterschiede reichen von einer leistungsrechtlichen Gleichstellung mit Inländern und Inländerinnen bis hin zu einem völligen Ausschluss aus der Mindestsicherung und Verweisung auf die Grundversorgung. Letzteres wurde in einer Entscheidung des VfGH E 3297/2016-15 vom 28.6.2017 zum Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetz als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft. Der Intention einer einheitlichen Gesetzeslandschaft folgend sollen Subsidiär Schutzberechtigte nunmehr in ganz Österreich keinen Zugang zur Sozialhilfe mehr erhalten. Des Weiteren soll anderen Neuzugewanderten aus Gerechtigkeitserwägungen nicht von Anfang an das gleiche Leistungsniveau zustehen, wie bereits seit längerer Zeit in Österreich befindlichen Personen. Erst das Erreichen eines ausreichenden Sprach- (Deutsch: B1; Englisch: C1) bzw. Integrationsniveaus soll zur vollen Höhe der Sozialhilfe berechtigen (Stichwort Arbeitsqualifizierungsbonus). Bis dahin soll etwa neuzugewanderten Alleinstehenden statt € 863,- ein Betrag von rund € 560,- zustehen (Beträge: 2018). Der Differenzbetrag auf die reguläre Sozialhilfe wird in eine berufs- oder sprachqualifizierende Sachleistung umgewandelt.

 

Umsetzung von Ziel 3

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Im Jahresdurchschnitt 2017 wurden Angaben von 8 Bundesländern zufolge 77.520 Asylberechtigte und 12.594 Subsidiär Schutzberechtigte durch Leistungen der Mindestsicherung unterstützt (Mindestsicherungsstatistik 2017).

Geänderte Bedingungen für den Zugang neu zugewanderter Personen zu Leistungen der Sozialhilfe (z.B. volle Leistungshöhe nur für Asylberechtigte, die die grundsatzgesetzlich verankerten Integrationserfordernisse erfüllen; Ausschluss subsidiär schutzberechtigter Personen von Ansprüchen auf Sozialhilfeleistungen) haben zu einer reduzierten Zuwanderung in den Sozialstaat mit folgendem Ergebnis geführt:

 

Subsidiär Schutzberechtigte in der Sozialhilfe: Keine

 

Asylberechtigte in der Sozialhilfe: -10%

 

Maßnahme 4: Etablierung einer neuen Statistik zur Sozialhilfe auf Einzeldatenbasis

 

 

Beschreibung der Maßnahme:

Die Mindestsicherungsstatistik wird auf völlig neue Beine gestellt. Die Datenübermittlung durch die Länder wird zukünftig nicht mehr in Form aggregierter Daten, sondern auf Einzeldatenbasis erfolgen. Um eine höhere Datentransparenz herzustellen, sieht das neue Grundsatzgesetz eine verpflichtende Erfassung und Übermittlung einer Reihe von Daten zu den Sozialhilfebeziehern und -bezieherinnen durch die Länder vor. Darüber hinaus soll die jährliche Sozialhilfestatistik aussagekräftigere Ergebnisse liefern und früher als bisher vorliegen.

 

Die von den Ländern zu übermittelnden Daten werden von einem seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) beauftragten Dienstleister in einer umfassenden Gesamtstatistik ausgewertet.

 

Umsetzung von Ziel 4

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Auf Grund der derzeitig erhobenen Daten können keine vertieften Analysen im Bereich der Mindestsicherung durchgeführt werden. Die Daten der Länder liegen derzeit noch nicht flächendeckend auf Einzeldatenbasis vor. Wesentliche Merkmale der Bezieher und Bezieherinnen der Mindestsicherung können derzeit (von einigen Bundesländern) noch nicht (vollständig) geliefert werden (z.B. Unterscheidung Vollbezieher und Vollbezieherinnen/Aufstocker und Aufstockerinnen, Alter, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, etc. ...).

Auf Basis des neuen Bundesgrundsatzgesetzes werden jährlich Daten für eine vertiefte Analyse erhoben. Es liegt damit umfassenderes Datenmaterial über die Zusammensetzung der Bezieher und Bezieherinnen der Sozialhilfe und deren soziodemographische Merkmale vor. Eine Steuerung ist leichter möglich, die Statistik kann früher als bisher veröffentlicht werden. Zudem wurde damit eine Rechnungshofempfehlung umgesetzt.

 

Abschätzung der Auswirkungen

 

Finanzielle Auswirkungen für alle Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger

 

Finanzielle Auswirkungen für die Länder

 

– Kostenmäßige Auswirkungen

 

in Tsd. €

2018

2019

2020

2021

2022

Transferkosten

0

242

6.683

11.812

14.556

Kosten gesamt

0

242

6.683

11.812

14.556


Anhang

 

Detaillierte Darstellung der finanziellen Auswirkungen

 

Laufende Auswirkungen – Transferaufwand

 

Körperschaft (Angaben in €)

2018

2019

2020

2021

2022

Länder

 

242.456,00

6.682.618,00

11.812.446,00

14.555.699,00

 

 

 

2018

2019

2020

2021

2022

Bezeichnung

Körperschaft

Empf.

Aufw. (€)

Empf.

Aufw. (€)

Empf.

Aufw. (€)

Empf.

Aufw. (€)

Empf.

Aufw. (€)

Kinderstaffelung

Länder

 

 

1

‑1.603.190,00

1

‑29.423.258,00

1

‑39.985.453,00

1

‑40.785.162,00

Alleinerzieherbonus

Länder

 

 

1

1.514.188,00

1

27.789.800,00

1

37.765.625,00

1

38.520.938,00

Menschen mit Behinderung

Länder

 

 

1

1.548.072,00

1

28.411.675,00

1

38.610.738,00

1

39.382.953,00

Subsidiär Schutzberechtigte minimal

Länder

 

 

1

‑1.216.614,00

1

‑20.095.599,00

1

‑24.578.464,00

1

‑22.563.030,00

 

Zu den finanziellen Auswirkungen sind folgende Anmerkungen zu treffen:

1.) Sowohl die dargestellten Mehrausgaben wie auch die Einsparungen stellen lediglich Potentiale dar. Die jährlichen Leistungssteigerungen wurden mit jeweils 2% indexiert.

2.) Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass es sich bei einigen der neu vorgesehenen Maßnahmen um so genannte Kann-Bestimmungen handelt, die den Ländern Spielräume eröffnen. Dazu zählen etwa die Zuschläge für Alleinerziehende bzw. Menschen mit Behinderung. Darüber hinaus operiert das neue Grundsatzgesetz mit Höchstsätzen (siehe insbesondere § 5). In welchem Ausmaß Einsparungen lukriert werden bzw. Mehrausgaben entstehen, wird von den Ausführungsgesetzen der Länder abhängen.

3.) Für die gegenständliche Berechnung allfälliger Mehrkosten für die Zuschläge für Kinder von Alleinerziehenden und Menschen mit Behinderung wurde die Annahme getroffen, dass alle Länder von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und diesen anrechenfreien Zuschlag in ihre Ausführungsgesetze aufnehmen.

4.) Anders verhält es sich bei der Möglichkeit der Erhöhung der Basisleistung um 30% durch die Wohnkostenpauschale (§ 6 Abs. 5). Es ist zu erwarten, dass diese Vorkehrung zu keinen Mehrkosten bei den Ländern führt. Der Grund liegt darin, dass wohl nur jene Länder diese Möglichkeit nutzen werden, die bereits jetzt schon wegen der besonderen regionalen Gegebenheiten am Wohnungsmarkt höhere Leistungen zur Deckung der Wohnkosten bereitstellen.

5.) Was schließlich das dem Sozialministerium zur Verfügung stehende Datenmaterial anbelangt, so wäre auszuführen, dass dieses aus der Mindestsicherungsstatistik 2017 stammt. Vertiefende Analysen – etwa wie sich Haushalte von Subsidiär Schutzberechtigten zusammensetzen (Stichwort Verhältnis Erwachsene/Kinder) – sind damit nicht möglich. Auch hier musste hinsichtlich der Abschätzung des Umfanges des Leistungsentfalles auf Annahmen zurückgegriffen werden.

6.) Subsidiär Schutzberechtigte: Der Ausschluss dieser Personengruppe trifft die Länder in unterschiedlichem Ausmaß und zwar je nachdem, ob und in welchem Ausmaß diese Menschen bislang Zugang zur Mindestsicherung hatten. Die Haushaltszusammensetzung ist – wie bereits erwähnt – unbekannt. Je nachdem, ob man den Erwachsenenanteil höher oder niedriger ansetzt, könnten sich bei einem Erwachsenenanteil von 70% im Jahr 2022 Einsparungen von bis zu € 28,16 Mio. ergeben, bei einem Erwachsenenanteil von 50% von bis zu € 22,56 Mio. Darüber hinaus wurde angenommen, dass die Zahl der Subsidiär Schutzberechtigten jährlich um 10% rückläufig ist. Dies zeigt sich anhand der aktuellen Daten in Wien.

7.) Asylberechtigte: Hinsichtlich dieser Personengruppe ist festzuhalten, dass sich hier keine Einsparungspotentiale ergeben, da die Länder die Differenz zur vollen Höhe der Sozialhilfe bei Asylberechtigten ohne Arbeitsqualifizierungsbonus durch Sachleistungen in Form von Qualifizierungs- oder Sprachmaßnahmen ausgleichen müssen.

8.) Kinder: Durch die Neuaufstellung der Leistungen für Kinder (Sichtwort neue Kinderstaffelung mit Höchstbeträgen) wird es ebenfalls zu Einsparungen auf Ebene der Länder kommen. Hier werden aber erst die Ausformungen der Ausführungsgesetze der Länder zeigen, in welcher Ausprägung die Spielräume, die das Grundsatzgesetz zulässt, genutzt wurden. Unter Zugrundelegung der Mindestsicherungs-Statistik 2017 und der auf dieser Basis getroffenen Annahmen kann im Endausbau nach einer groben Schätzung ein Einsparungspotential in der Spannbreite zwischen € 30 Mio. und € 40 Mio. angenommen werden. Dies wird vor allem bei Mehrkindfamilien zu Tragen kommen. Da eine durchschnittliche österreichische Familie im Gegensatz zu Familien mit Migrationshintergrund eine deutlich geringere Kinderzahl aufweist, wird sich die Minderaufwendung hauptsächlich bei Letzteren ergeben.

 

Folgende weitere Annahmen liegen der Grobschätzung zugrunde:

 

Annahme,

- dass die Jahreszahlen aus dem statistischen Berichtsjahr 2017 auch eine Basis für die Folgejahre bilden können, da der Anstieg gegenüber dem Berichtsjahr 2016 mit einem Anstieg von nur mehr 0,1% de facto zum Erliegen gekommen ist,

- dass im Laufe von 12 Monaten alle Mindestsicherungsbezüge neu zu beantragen sind (Folgeanträge) und damit sukzessive in die Neuregelung fallen; somit fallen 25% der Bezieherinnen und Bezieher im 4. Quartal 2019 in die Neuregelung; ab dem 4. Quartal 2020 (bzw. bis Ende 2020) sodann der gesamte Bestand der Mindestsicherungsbezieher und -bezieherinnen.

 

Nicht berechnet wurde der Effekt, dass aufgrund von Leistungskürzungen weniger Personen als bisher einen Systemzugang haben. Zur Ermittlung dieses Effekts liegen dem Ressort keine brauchbaren Daten vor. Dasselbe gilt sinngemäß durch eine mögliche Zunahme von Anträgen auf Sozialhilfe infolge des eingeschränkten Vermögenszugriffes.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.4 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 466189660).