Entwurf

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Ausweitung des Postlaufprivilegs auf elektronische Anbringen.

Der Entwurf sieht eine Angleichung der Fristberechnung für elektronische Anbringen (zB E-Mail oder Telefax) und Schriftsätze im elektronischen Rechtsverkehr an für durch einen Zustelldienst übermittelte Anbringen bzw. Schriftsätze vor. Diese sollen bis zum Ablauf des letzten Tages der Frist, auch nach dem Ende allfälliger Amtsstunden, rechtzeitig bei der Behörde (beim Verwaltungsgericht und beim Verwaltungsgerichtshof) eingebracht werden können.

Maßnahmen zur Beschleunigung und effizienteren Gestaltung von Verwaltungsverfahren (Großverfahren).

Gemäß dem Regierungsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 2017 – 2022 soll das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung umfassend modernisiert werden (S. 179). Auch soll der Wirtschaftsstandort Österreich ua. dadurch weiterentwickelt werden, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt und effizienter gestaltet werden und dadurch die Planungssicherheit erhöht wird (S. 156). Zu diesen Zwecken werden Änderungen im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht betreffend Großverfahren vorgeschlagen.

Zusätzlich soll die Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger zur Verfahrensbeschleunigung auf Anregung und Kosten des Antragstellers (Projektbetreibers) erleichtert werden.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines dem Gesetzentwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 11 Abs. 2 B-VG („Verwaltungsverfahren“).

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 21):

Legistische Anpassung (vgl. die Nennung des Zustellgesetzes in dem in Z 2 vorgeschlagenen § 33 Abs. 3).

Zu Z 2 (§ 33 Abs. 3):

Im Hinblick auf den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten beschränkende organisationsrechtliche Regelungen (vgl. § 13 Abs. 2 und 5 AVG) kann es derzeit zur Fristenwahrung erforderlich sein, elektronische Anbringen (zB E-Mail oder Telefax) sowie – im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof – Schriftsätze, insb. solche, die im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht werden, so rechtzeitig einzubringen, dass sie am letzten Tag der Frist noch vor dem Ende der Amtsstunden bei der Behörde (beim Gericht) einlangen (vgl. VfSlg. 19.849/2014; VwSlg. 19.247 A/2015). Demgegenüber gilt für durch einen Zustelldienst erfolgende Übermittlungen das „Postlaufprivileg“: Die Tage von der Übergabe an den Zustelldienst bis zum Einlangen bei der Behörde sind in die Frist nicht einzurechnen (§ 33 Abs. 3 AVG).

Vor diesem Hintergrund hat der Nationalrat in seiner Sitzung am 29. Juni 2017 in einer einstimmig angenommenen Entschließung den Bundeskanzler aufgefordert, „einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass mittels ERV und E-Mail gemachte Eingaben an Behörden und Verwaltungsgerichte in Hinblick auf die Rechtzeitigkeit ihres Einlangens gleichbehandelt werden wie postalisch gemachte Eingaben“ (216/E XXV. GP). Diesem Wunsch des Nationalrates soll mit dem Entwurf entsprochen werden.

Durch die vorgeschlagene Regelung sollen im elektronischen Verkehr übermittelte Anbringen (E-Mail, Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise) sowie – im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 17 und § 38 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, letzterer iVm. § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991) und dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. § 62 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG, BGBl. Nr. 10/1985) – Schriftsätze, insb. solche, die im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht werden, durch einen Zustelldienst übermittelten Anbringen (Schriftsätzen) gleichgestellt werden. Zur Wahrung von (verfahrensrechtlichen) Fristen soll es künftig ausreichend sein, wenn das Anbringen (der Schriftsatz) am letzten Tag der Frist an die Behörde (an das Gericht) versendet worden ist. Ob diese Versendung während der Amtsstunden oder nach ihrem Ende erfolgt ist und wann das Anbringen (der Schriftsatz) bei der Behörde (beim Gericht) eingelangt ist, soll künftig rechtlich ohne Belang sein, vorausgesetzt, das Anbringen (der Schriftsatz) langt überhaupt bei der Behörde (beim Gericht) ein und geht nicht auf dem Übermittlungsweg „verloren“. Die Gefahr des „Verlustes“ des Anbringens (des Schriftsatzes) auf dem Übermittlungsweg soll also, ebenso wie bei durch einen Zustelldienst übermittelten Anbringen (Schriftsätzen), nach wie vor der Einschreiter zu tragen haben.

Zwar soll der elektronische Verkehr nach wie vor auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung und auf bestimmte elektronische Adressen beschränkt werden können (siehe zu alledem näher die Erläuterungen zur RV 294 XXIII. GP, 8 ff.). Zu faktischen Verkürzungen der Frist durch Regelungen, wonach am letzten Tag der Frist nach dem Ende der Amtsstunden eingelangte elektronische Anbringen erst mit Beginn der Amtsstunden am nächsten Arbeitstag als „eingebracht“ gelten (vgl. demgegenüber RV 294 XXIII. GP, 10: „Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen“), soll es jedoch künftig nicht mehr kommen können. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Einlangens des (fristgebundenen) elektronischen Anbringens (Schriftsatzes) bei der Behörde (beim Gericht) oder ein fiktives Einlangen zu einem späteren Zeitpunkt kommt es nach der vorgeschlagenen Neuregelung ebenso wenig an wie nach geltender Rechtslage bei durch einen Zustelldienst übermittelten Sendungen.

Zu Z 3 (§ 41 Abs. 2):

Bereinigung eines Redaktionsversehens im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2018.

Zu Z 4 (§ 44a Abs. 1):

Großverfahren gemäß den Bestimmungen der §§ 44a ff sollen bereits ab 50 (statt wie bisher 100) voraussichtlich Beteiligten durchgeführt werden können.

Zu Z 5 (§ 44a Abs. 3 letzter Satz):

Die Ferialsperren für Kundmachungen durch Edikt sollen entfallen (vgl. § 222 der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, der anstelle der früheren Gerichtsferien bzw. Verhandlungssperren nur noch die Hemmung bestimmter Notfristen normiert; kritisch zu den Ferialsperren schon Grabenwarter, Großverfahren nach dem AVG, ZfV 2000, 718 [723 Fn. 55]). Damit wird eine zeitgemäße Regelung im Verfahrensablauf vorgeschlagen, die geänderten technischen und gesellschaftlichen Umständen Rechnung trägt und nicht zuletzt vor dem Hintergrund erfolgen soll, dass insbesondere die Einwendungsfrist von sechs Wochen ohnehin über die Zeiträume der (bisherigen) Ferialsperren hinausgeht (vgl. § 44a Abs. 2 Z 2).

Zu Z 6 (§ 52 Abs. 3):

Unter Beibehaltung der Regelungen über die Beiziehung von Amtssachverständigen (vgl. § 52 Abs. 1 AVG) und der Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger (vgl. § 52 Abs. 2 AVG) soll klar geregelt werden, dass die Behörde nichtamtliche Sachverständige – zusätzlich und unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 – auch dann heranziehen kann, wenn dies wesentlich der Verfahrensbeschleunigung dient (zB bei Auslastung der Amtssachverständigen). Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller (Projektbetreiber) dies anregt und er die Kosten dafür (bis zu einem von ihm bestimmten Betrag) trägt (vgl. § 53a iVm. § 76 Abs. 1 AVG). Die Behörde muss dem Vorschlag nicht entsprechen; die Entscheidung darüber, ob ein Sachverständiger zu bestellen ist und wenn ja, welcher, bleibt im Handlungs- bzw. Auswahlermessen der Behörde. Unklarheiten in der Auslegung des geltenden Abs. 3, insbesondere von dessen Erfordernis, dass „die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor[liegen]“ dürfen (vgl. ausführlich Hengstschläger/Leeb [Hrsg.], Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, Bd. 2 [2005], § 52 Rz. 37 ff und Rz. 42 ff), sollen damit beseitigt und die Anwendung dieser Bestimmung erleichtert werden.

Zu Z 7 (§ 82 Abs. xx und xx+1):

Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung.