Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz und das Namensänderungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Art.

Gegenstand / Bezeichnung

1

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

2

Änderung des Namensänderungsgesetzes

Artikel 1

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Das Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2018, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis lautet der Eintrag zu § 38a:

           „§ 38a.    Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt“

2. In § 22 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Zu diesem Zweck können die Sicherheitsbehörden im Einzelfall erforderliche Maßnahmen mit Behörden und jenen Einrichtungen, die mit dem Vollzug öffentlicher Aufgaben, insbesondere zum Zweck des Schutzes vor und der Vorbeugung von Gewalt sowie der Betreuung von Menschen, betraut sind, erarbeiten und koordinieren, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass ein bestimmter Mensch eine mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlung (§ 17) gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Sittlichkeit eines Menschen begehen wird, und gegen ihn bereits wegen einer solchen Tat Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege eingeleitet wurden (Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz).“

3. Dem § 25 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, bewährte geeignete Einrichtungen für opferschutzorientierte Täterarbeit vertraglich damit zu beauftragen, Gefährder gemäß § 38a Abs. 8 zu beraten (Gewaltinterventionszentren). Die Beratung dient der Hinwirkung auf die Abstandnahme von Gewaltanwendung im Umgang mit Menschen (Gewaltpräventionsberatung).“

4. § 35 Abs. 1 Z 8 lautet:

         „8. wenn dies für die Verhängung eines Betretungsverbots nach § 36a oder eines Betretungs- und Annäherungsverbots nach § 38a sowie für die Überprüfung und Durchsetzung derselben notwendig ist;“

5. § 38a samt Überschrift lautet:

„Betretungs- und Annäherungsverbot zum Schutz vor Gewalt

§ 38a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einem Menschen, von dem auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen ist, dass er einen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit begehen werde (Gefährder), das Betreten einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, samt einem Bereich im Umkreis von fünfzig Metern zu untersagen (Betretungsverbot). Mit dem Betretungsverbot verbunden ist das Verbot der Annäherung an den Gefährdeten im Umkreis von fünfzig Metern (Annäherungsverbot).

(2) Bei Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes

           1. dem Gefährder den Verbotsbereich nach Abs. 1 zur Kenntnis zu bringen;

           2. dem Gefährder alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung gemäß Abs. 1 abzunehmen und ihn zu diesem Zweck erforderlichenfalls zu durchsuchen; § 40 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß;

           3. dem Gefährder Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen;

           4. den Gefährder über die Verpflichtung gemäß Abs. 8 und die Rechtsfolgen einer Zuwiderhandlung sowie über die Möglichkeit eines Antrags gemäß Abs. 9 zu informieren;

           5. vom Gefährder die Bekanntgabe einer Abgabestelle für Zwecke der Zustellung von Schriftstücken nach dieser Bestimmung oder der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, zu verlangen; unterlässt er dies, kann die Zustellung solcher Schriftstücke so lange durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch erfolgen, bis eine Bekanntgabe erfolgt; darauf ist der Gefährder hinzuweisen;

           6. den Gefährder bei Aufenthalt in einem Verbotsbereich nach Abs. 1 wegzuweisen.

(3) Betrifft das Betretungsverbot eine vom Gefährder bewohnte Wohnung, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Gefährders die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Sofern keine Ausnahme gemäß Abs. 9 vorliegt, darf der Gefährder den Verbotsbereich gemäß Abs. 1 nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufsuchen.

(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, den Gefährdeten über die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO und geeignete Opferschutzeinrichtungen (§ 25 Abs. 3) zu informieren. Darüber hinaus sind sie verpflichtet,

           1. sofern der Gefährdete minderjährig ist und es im Einzelfall erforderlich erscheint, jene Menschen, in deren Obhut er sich regelmäßig befindet, sowie

           2. sofern ein Minderjähriger in der vom Betretungsverbot erfassten Wohnung wohnt, unverzüglich den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger

über die Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots zu informieren.

(5) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Gefährder bei Verstoß gegen das Betretungs- und Annäherungsverbot wegzuweisen. Die Einhaltung eines Betretungsverbots ist zumindest einmal während der ersten drei Tage seiner Geltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu kontrollieren.

(6) Bei der Dokumentation der Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ist auf die für das Einschreiten maßgeblichen Umstände sowie auf jene Bedacht zu nehmen, die für ein Verfahren nach §§ 382b und 382e EO oder für eine Abklärung der Gefährdung des Kindeswohls durch den zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger von Bedeutung sein können.

(7) Die Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich bekanntzugeben und von dieser binnen drei Tagen zu überprüfen. Stellt die Sicherheitsbehörde fest, dass das Betretungs- und Annäherungsverbot nicht hätte angeordnet werden dürfen, so hat sie unverzüglich den Gefährdeten über die beabsichtigte Aufhebung zu informieren und das Verbot gegenüber dem Gefährder aufzuheben. Die Information des Gefährdeten sowie die Aufhebung des Betretungs- und Annäherungsverbots haben nach Möglichkeit mündlich oder schriftlich durch persönliche Übergabe zu erfolgen.

(8) Der Gefährder hat binnen fünf Tagen ab Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbots ein Gewaltinterventionszentrum zur Vereinbarung einer Gewaltpräventionsberatung (§ 25 Abs. 4) zu kontaktieren und an der Beratung aktiv teilzunehmen, sofern das Betretungs- und Annäherungsverbot nicht gemäß Abs. 7 aufgehoben wird. Die Beratung hat längstens binnen 14 Tagen ab Kontaktaufnahme stattzufinden. Nimmt der Gefährder keinen Kontakt auf oder nicht (aktiv) an einer Gewaltpräventionsberatung teil, ist er zur Sicherheitsbehörde zum Zweck der Ermöglichung der Durchführung der Gewaltpräventionsberatung durch das Gewaltinterventionszentrum zu laden; § 19 AVG gilt. Die Gewaltpräventionsberatung erfolgt auf Kosten des Gefährders.

(9) Die Sicherheitsbehörde ist ermächtigt, bei Vorliegen zwingender Notwendigkeit auf begründeten Antrag des Gefährders mit Bescheid örtliche oder zeitliche Ausnahmen von dem Betretungs- und Annäherungsverbot festzulegen, sofern schutzwürdige Interessen des Gefährdeten dem nicht entgegenstehen; zu diesem Zweck ist dem Gefährdeten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Ausnahmen für die Wohnung, die vom Betretungsverbot betroffen ist, sind nicht zulässig. Die Entscheidung der Behörde ist dem Gefährdeten unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.

(10) Das Betretungs- und Annäherungsverbot endet zwei Wochen nach seiner Anordnung oder, wenn die Sicherheitsbehörde binnen dieser Frist vom ordentlichen Gericht über die Einbringung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO informiert wird, mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des ordentlichen Gerichts an den Antragsgegner, längstens jedoch vier Wochen nach seiner Anordnung. Im Falle einer Zurückziehung des Antrags endet das Betretungs- und Annäherungsverbot sobald die Sicherheitsbehörde von der Zurückziehung durch Mitteilung des ordentlichen Gerichts Kenntnis erlangt, frühestens jedoch zwei Wochen nach seiner Anordnung.

(11) Die nach Abs. 2 abgenommenen Schlüssel sind mit Aufhebung oder Beendigung des Betretungsverbots zur Abholung durch den Gefährder bereit zu halten und diesem auszufolgen. Werden die Schlüssel trotz nachweislicher Information des Gefährders über die Abholungsmöglichkeit nicht binnen einer Frist von zwei Wochen abgeholt, können die Schlüssel auch einem sonstigen Verfügungsberechtigten ausgefolgt werden. Sechs Wochen nach Aufhebung oder Beendigung des Betretungsverbots gelten diese als verfallen; § 43 Abs. 2 gilt sinngemäß. Im Falle eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO sind die nach Abs. 2 abgenommenen Schlüssel beim ordentlichen Gericht zu erlegen.

(12) Die Berechnung von Fristen nach dieser Bestimmung richtet sich nach §§ 32 Abs. 1 und 33 Abs. 1 AVG.“

6. § 56 Abs. 1 Z 3 lautet:

         „3. an Interventionsstellen (§ 25 Abs. 3) sowie Gewaltinterventionszentren (§ 25 Abs. 4), soweit dies zum Schutz gefährdeter Menschen oder zur Gewaltpräventionsberatung erforderlich ist, wobei nur die Dokumentation (§ 38a Abs. 6) und die darin enthaltenen personenbezogenen Daten zu übermitteln sind;“

7. § 56 Abs. 1 Z 8 lautet:

         „8. im Fall einer Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots gemäß § 38a Abs. 1, wenn der Gefährdete minderjährig ist, an jene Menschen, in deren Obhut er sich regelmäßig befindet. Zu übermitteln sind ausschließlich der Name des Gefährders sowie die Dauer des Verbots und die Information über eine allfällige Aufhebung desselben;“

8. Dem § 56 Abs. 1 wird folgende Z 9 angefügt:

         „9. an die Teilnehmer einer sicherheitspolizeilichen Fallkonferenz (§ 22 Abs. 2 letzter Satz). Die Teilnehmer sind – sofern sie nicht ohnehin der Amtsverschwiegenheit unterliegen – zur vertraulichen Behandlung der Daten verpflichtet; darüber sind sie zu informieren.“

9. In § 58c werden das Wort „Betretungsverbot“ durch die Wortfolge „Betretungs- und Annäherungsverbot“, der Verweis „§ 38a Abs. 6“ durch den Verweis „§ 38a Abs. 7“ sowie jeweils die Wortfolge „ein Jahr“ durch die Wortfolge „drei Jahre“ ersetzt.

10. § 84 Abs. 1 Z 2 lautet:

         „2. einer Verpflichtung gemäß § 56 Abs. 1 Z 9 zur vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten zuwiderhandelt oder“

11. Dem § 84 Abs. 1 Z 7 wird ein Beistrich angefügt.

12. In § 84 Abs. 1 werden im Schlussteil die Zahl „500“ durch die Zahl „1 000“, die Zahl „2 300“ durch die Zahl „4 600“, das Wort „Freiheitsstrafe“ durch das Wort „Ersatzfreiheitsstrafe“ sowie das Wort „zwei“ durch das Wort „vier“ ersetzt.

13. In § 84 Abs. 1a entfallen die Wortfolge „einer präventiven Rechtsaufklärung nach § 38a Abs. 6a,“ sowie der Verweis „§ 38a Abs. 6a,“ und es werden die Zahl „500“ durch die Zahl „1 000“, die Zahl „2 300“ durch die Zahl „4 600“ sowie das Wort „zwei“ durch das Wort „vier“ ersetzt.

14. In § 84 wird nach Abs. 1a folgender Abs. 1b eingefügt:

„(1b) Ein Gefährder (§ 38a), der

           1. den vom Betretungsverbot gemäß § 38a Abs. 1 umfassten Bereich betritt,

           2. sich trotz Annäherungsverbots nach § 38a einem Gefährdeten annähert,

           3. einer Verpflichtung gemäß § 38a Abs. 8 zur Kontaktaufnahme mit einem Gewaltinterventionszentrum oder zur (aktiven) Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung nicht nachkommt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 500 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.“

15. In § 84 Abs. 2 wird nach der Wortfolge „Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1“ die Wendung „oder 1b“ eingefügt.

16. Dem § 94 wird folgender Abs. 47 angefügt:

„(47) Die §§ 22 Abs. 2, 25 Abs. 4, 35 Abs. 1 Z 8, 38a, 56 Abs. 1 Z 3, 8 und 9, 58c Abs. 3, 84 und 98 Abs. 2 sowie das Inhaltsverzeichnis in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit xx. xx 20xx in Kraft. § 97 Abs. 4 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.“

17. § 97 Abs. 4 entfällt.

18. In § 98 Abs. 2 wird der Verweis „§§ 38a Abs. 5“ durch den Verweis „§§ 38a Abs. 6“ ersetzt.

Artikel 2

Änderung des Namensänderungsgesetzes

Das Namensänderungsgesetz – NÄG, BGBl. Nr. 195/1988, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 59/2017, wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 1 wird nach Z 10 folgende Z 10a eingefügt:

     „10a. der Antragsteller glaubhaft macht, Opfer im Sinne des § 65 Z 1 lit. a Strafprozessordnung – StPO, BGBl. Nr. 631/1975, zu sein und dass eine Änderung des Familiennamens Straftaten im Sinne des § 65 Z 1 lit. a StPO vorbeugen kann;“

2. In § 2 Abs. 2 wird im Einleitungsteil nach der Zahl „10“ ein Beistrich und die Wendung „10a“ eingefügt.

3. In § 3 Abs. 1 Z 8 wird nach der Wendung „bis 9a“ die Wendung „oder 10a“ eingefügt.

4. In § 11 erhält der letzte Absatz die Absatzbezeichnung „(9)“ und es wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) § 2 Abs. 1 Z 10a und Abs. 2, § 3 Abs. 1 Z 8 und § 11 Abs. 9 in der Fassung BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit xx. xx 20xx in Kraft.“