Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Am 12. Februar 2019 hat der Ministerrat den von neun Bundesministern und Bundesministerinnen eingebrachten Bericht zur „Task Force – Strafrecht“ beschlossen. Dieser Bericht bezieht sich auf die im Regierungsprogramm 2017 – 2022 für das Strafrecht vorgesehenen Reformen. Zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde im Innenministerium die „Task Force Strafrecht zum besseren Schutz von Frauen und Kindern“ eingerichtet, die unter Mitwirkung aller betroffenen Ressorts und unter Einbindung von Expertinnen und Experten aus der Praxis konkrete Maßnahmen für eine weitere Verbesserung sowie die Schaffung von Synergien in den Bereichen Strafrecht, Opferschutz und aktive Täterarbeit erarbeitete. Die im Rahmen des Ministerratsvortrags beschlossene Punktation enthält ein breites Maßnahmenbündel gegen Gewalt an und zum Schutz von insbesondere Frauen und Kindern.

Durch das Bundeskanzleramt ist folgende Maßnahme des Ministerratsbeschlusses umzusetzen: Gefährdungseinschätzung bei weiblicher Genitalverstümmelung. Dazu ist die bestehende Mitteilungspflicht von Krankenanstalten an den Kinder- und Jugendhilfeträger zu konkretisieren und zu verdeutlichen.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 37 Abs. 1a B-KJHG):

Eine Genitalverstümmelung ist eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen.

Wird in einer Krankenanstalt im Rahmen der Geburtsanmeldung oder Geburt eine Genitalverstümmelung bei der (werdenden) Mutter festgestellt, ist die werdende Mutter über die medizinischen Folgen eines solchen Eingriffs umfassend medizinisch zu beraten. Insbesondere ist sie darauf hinzuweisen, dass die Genitalverstümmelung schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen und negative Auswirkungen auf das Sexualleben nach sich zieht.

Darüber hinaus muss die (werdende) Mutter über die Rechtsfolgen des Eingriffs informiert werden: Wer eine Genitalverstümmelung vornimmt, begeht eine schwere Köperverletzung und damit eine strafbare Handlung, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden kann. Eine Einwilligung in eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen, ist nicht möglich. Die Genitalverstümmelung ist eine strafbare Handlung, die unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts auch dann bestraft wird, wenn sie im Ausland begangen wird.

Ergibt sich der begründete Verdacht, dass die (werdende) Mutter auch an ihrer Tochter eine Genitalverstümmelung vornehmen lassen wird (z. B. Uneinsichtigkeit nach erfolgter medizinischer und rechtlicher Belehrung), ist von der Krankenanstalt eine Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfe zu erstatten. Die Kinder- und Jugendhilfe hat ein neuerliches Beratungsgespräch durchzuführen und im Falle des Verdachts einer konkreten Gefährdung des Kindes eine Gefährdungsabklärung einzuleiten.

Zu Z 2 (§ 37 Abs. 2 B-KJHG):

Die Ergänzung des Abs. 2 dient der Klarstellung, dass auch in den Fällen des Abs. 1a erforderlichenfalls das Vier-Augen-Prinzip anzuwenden ist.

Zu Z 3 (§47 Abs. 5 B-KJHG):

Die Änderung soll gemeinsam mit den sonstigen gesetzlichen Änderungen im Rahmen des 3. Gewaltschutzpakets am 1. Jänner 2020 in Kraft treten.