Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991

Das Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Bereich des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz – ErwSchAG-Justiz, BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

1. § 4 samt Überschrift lautet:

Straflosigkeit

§ 4. (1) Nicht strafbar ist, wer zur Zeit der Tat das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist Jugendlicher, wer das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(3) Ein Jugendlicher, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, ist nicht strafbar, wenn

           1. er aus bestimmten Gründen noch nicht reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, oder

           2. er vor Vollendung des 16. Lebensjahres eine Verwaltungsübertretung begeht, ihn kein schweres Verschulden trifft und nicht aus besonderen Gründen die Ahndung der Verwaltungsübertretung geboten ist, um den Jugendlichen von strafbaren Handlungen abzuhalten.

(4) Ist zweifelhaft, ob ein Beschuldigter zur Zeit der Tat das 18. Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Bestimmungen anzuwenden.

(5) Die für Jugendliche geltenden Bestimmungen sind auch dann anzuwenden, wenn der Jugendliche im Laufe des Verfahrens das 18. Lebensjahr vollendet, sofern dies unter den Umständen des Einzelfalls, einschließlich des Reifegrads und der Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person angemessen ist. Dies gilt nicht für die Regelungen betreffend die Rechte des gesetzlichen Vertreters des jugendlichen Beschuldigten gemäß den §§ 63, 63a und 63c.“

2. Dem § 10 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Eine geringfügige Zuwiderhandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7 500 Euro und keiner Freiheitsstrafe bedroht ist oder für die bereits ein Verfahren nach den Bestimmungen des 4. Abschnittes des II. Teiles durchgeführt worden ist.“

3. Der bisherige Text des § 11 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Über Jugendliche, die zur Zeit der Tat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, darf eine Freiheitsstrafe nicht verhängt werden. Über andere Jugendliche darf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen verhängt werden, wenn dies aus besonderen Gründen geboten ist; der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe, die gleichfalls zwei Wochen nicht übersteigen darf, wird dadurch nicht berührt.“

4. Nach § 32a wird folgender § 32b samt Überschrift eingefügt:

„Verteidiger in Bereitschaft

§ 32b. (1) Dem Beschuldigten, dem die Freiheit entzogen ist und der schutzbedürftig ist, weil er blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert oder auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, ist auf Verlangen die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger in Bereitschaft (§ 59 Abs. 4 StPO) zu ermöglichen, der sich zur Übernahme einer solchen Verteidigung bereit erklärt hat. Die Rechtsanwaltskammern haben Listen der Verteidiger, die sich zur Übernahme solcher Verteidigungen in Bereitschaft bereit erklärt haben, zu führen und deren jederzeitige Erreichbarkeit sicherzustellen. Der schutzbedürftige Beschuldigte hat die Kosten für die Beiziehung des Verteidigers in Bereitschaft nicht zu tragen, wenn er erklärt, dass er dazu ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts außerstande ist. Ergibt sich im weiteren Verfahren, dass die Erklärung des schutzbedürftigen Beschuldigten falsch war, so ist er von der Behörde nachträglich zum Ersatz dieser Kosten zu verpflichten.

(2) Auf geringfügige Zuwiderhandlungen ist Abs. 1 nicht anzuwenden.

(3) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit handelt.“

5. Nach § 36a wird folgender § 36b samt Überschrift eingefügt:

Festnahme und Anhaltung von Jugendlichen

§ 36b. (1) Wenn und sobald der Zweck der Festnahme (§ 35) oder der Anhaltung (§ 36) durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann oder bereits erreicht ist, ist der Jugendliche freizulassen.

(2) Von der Festnahme eines Jugendlichen, der nicht sogleich wieder freigelassen werden kann, sind ohne unnötigen Aufschub jedenfalls ein Erziehungsberechtigter oder ein mit dem Jugendlichen in Hausgemeinschaft lebender Angehöriger sowie der Kinder- und Jugendhilfeträger zu verständigen, es sei denn, dass der Jugendliche dem aus einem triftigen Grund widerspricht.

(3) Jugendliche Angehaltene sind, soweit nicht wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes eine Ausnahme geboten ist, von erwachsenen Angehaltenen abzusondern und jedenfalls von solchen Angehaltenen zu trennen, von denen ein schädlicher Einfluss zu befürchten ist. Von der Verwahrung in Einzelhaft ist abzusehen, wenn davon ein Nachteil für den Angehaltenen zu besorgen wäre und er ohne Gefahr für seine Mitangehaltenen mit anderen gemeinsam verwahrt werden kann.“

6. § 44b Abs. 2 lautet:

„(2) Abs. 1 ist nicht auf geringfügige Zuwiderhandlungen anzuwenden.“

7. § 46 Abs. 1a letzter Satz lautet:

„Die Pflicht zur Übersetzung des Straferkenntnisses ist nicht auf geringfügige Zuwiderhandlungen anzuwenden.“

8. In § 53b Abs. 2 wird der Ausdruck „§ 36 Abs. 1 zweiter Satz und § 36 Abs. 3“ durch den Ausdruck „§ 36 Abs. 3 und § 36a“ ersetzt.

9. Die Überschrift zum IV. Teil lautet:

„IV. Teil: Straftilgung, besondere Verfahrensvorschriften“

10. Die Überschrift vor § 58 und die §§ 58 bis 63 werden durch folgenden V. Teil samt Überschrift ersetzt:

„V. Teil: Jugendstrafsachen

Anwendungsbereich

§ 58. Auf geringfügige Zuwiderhandlungen ist dieser Teil nur anzuwenden, solange dem jugendlichen Beschuldigten die Freiheit entzogen ist.

Besonderes Beschleunigungsgebot

§ 59. Jugendstrafsachen sind mit besonderer Beschleunigung zu führen.

Rechtsbelehrung

§ 60. (1) Jeder jugendliche Beschuldigte ist durch die Behörde so bald wie möglich über das gegen ihn geführte Strafverfahren und den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie über seine Rechte als Beschuldigter sowie über folgende Rechte zu informieren:

           1. sobald der Jugendliche in Kenntnis gesetzt wird, dass gegen ihn ein Strafverfahren geführt wird, über

                a) das Recht auf Benachrichtigung des gesetzlichen Vertreters und auf Begleitung durch den gesetzlichen Vertreter zur Vernehmung oder mündlichen Verhandlung (§§ 63 und 63c),

               b) das Recht auf notwendige Verteidigung und auf Verfahrenshilfe (§§ 63d und 63e),

                c) das Recht auf Beschränkungen der Verbreitung von Ton- und Bildaufnahmen (§ 62);

           2. soweit und sobald deren Ausübung in Betracht kommt, auch über

                a) das Recht auf medizinische Untersuchung (§ 63a),

               b) das Recht auf Begrenzung des Freiheitsentzugs und auf Anwendung gelinderer Mittel (§ 36b),

                c) das Recht auf Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung (§ 63f),

               d) das Recht auf besondere Behandlung während des Freiheitsentzugs (§ 36b).

(2) Die Rechtsbelehrung ist in einer Sprache, die der jugendliche Beschuldigte versteht, und in einer verständlichen Art und Weise zu erteilen, wobei besondere persönliche Bedürfnisse zu berücksichtigen sind.

(3) Der Umstand der erteilten Belehrung des jugendlichen Beschuldigten sowie eines Verzichts auf ein Recht des jugendlichen Beschuldigten ist in einem Aktenvermerk festzuhalten.

Verständigung des Pflegschaftsgerichts

§ 61. Erlangt die Behörde von Umständen Kenntnis, die eine pflegschaftsbehördliche Maßnahme erfordern, so hat sie dem Pflegschaftsgericht davon Mitteilung zu machen.

Vernehmung

§ 62. (1) Die Vernehmung eines jugendlichen Beschuldigten ist in einer Art und Weise durchzuführen, die seinem Alter und seinem Entwicklungs- und Bildungsstand Rechnung trägt.

(2) Von der Vernehmung eines jugendlichen Beschuldigten durch die Behörde ist eine Ton- und Bildaufnahme anzufertigen, soweit der jugendliche Beschuldigte keinen Verteidiger beizieht.

(3) Ist eine Ton- und Bildaufnahme aufgrund eines unüberwindbaren technischen Problems nicht möglich, so kann die Vernehmung in einer Niederschrift (§ 14 AVG) festgehalten werden, sofern angemessene Anstrengungen zur Behebung des Problems unternommen wurden und eine Verschiebung der Befragung wegen der Dringlichkeit der Ermittlungen unangemessen wäre.

(4) Die angefertigten Ton- und Bildaufnahmen dürfen nicht öffentlich verbreitet werden.

Beiziehung einer Person des Vertrauens

§ 63. (1) Der Vernehmung eines jugendlichen Beschuldigten ist, soweit er nicht durch einen Verteidiger vertreten ist, eine Person seines Vertrauens beizuziehen. Über dieses Recht ist der jugendliche Beschuldigte in der Ladung (§ 19 AVG), spätestens jedoch vor Beginn der Vernehmung zu informieren. Erforderlichenfalls ist die Vernehmung bis zum Eintreffen des Verteidigers oder der Vertrauensperson aufzuschieben, so lange das mit dem Zweck der Vernehmung vereinbar ist, es sei denn, dass damit eine unangemessene Verlängerung einer Anhaltung verbunden wäre.

(2) Als Vertrauensperson des Jugendlichen kommen sein gesetzlicher Vertreter, ein Erziehungsberechtigter, ein Angehöriger, ein Lehrer, ein Erzieher oder ein Vertreter des Kinder- und Jugendhilfeträgers, der Jugendgerichtshilfe oder der Bewährungshilfe in Betracht.

(3) Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer der Mitwirkung an der Straftat verdächtig ist, wer als Zeuge vernommen wurde oder werden soll und wer sonst am Verfahren beteiligt ist oder besorgen lässt, dass seine Anwesenheit den jugendlichen Beschuldigten an einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte. Vertrauenspersonen sind zur Verschwiegenheit über ihre Wahrnehmungen im Zuge der Vernehmung verpflichtet (§ 301 Abs. 2 StGB).

Medizinische Untersuchung

§ 63a. (1) Wurde ein Jugendlicher festgenommen oder angehalten, so ist er auf sein eigenes Verlangen, das Verlangen seines gesetzlichen Vertreters oder seines Verteidigers unverzüglich von einem Arzt zu untersuchen, ob er auf Grund seiner allgemeinen geistigen und körperlichen Verfassung den Vernehmungen oder anderen Ermittlungshandlungen oder den zu seinen Lasten ergriffenen oder beabsichtigten Maßnahmen gewachsen ist.

(2) Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung sind schriftlich festzuhalten.

Mitwirkung des Kinder- und Jugendhilfeträgers

§ 63b. Die Behörden sollen sich in Jugendstrafsachen nach Möglichkeit der Mitwirkung des Kinder- und Jugendhilfeträgers sowie von Personen und Körperschaften bedienen, die in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind und sich den Behörden zur Verfügung stellen. Die Mitwirkung kann insbesondere in der Erhebung der persönlichen Verhältnisse des Jugendlichen und in der Unterstützung für seine Person bestehen.

Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters

§ 63c. (1) Soweit der jugendliche Beschuldigte das Recht hat, gehört zu werden oder bei Ermittlungen oder Beweisaufnahmen anwesend zu sein, steht dieses Recht auch dem gesetzlichen Vertreter eines jugendlichen Beschuldigten zu. Gleiches gilt für das Recht auf Akteneinsicht, es sei denn, dass der gesetzliche Vertreter verdächtig ist, sich an der Straftat beteiligt zu haben.

(2) Die Belehrungen, die der jugendliche Beschuldigte nach § 60 erhalten hat, sind so bald wie möglich auch dem gesetzlichen Vertreter zur Kenntnis zu bringen.

(3) Ladungen zur Vernehmung als Beschuldigter sind auch dem gesetzlichen Vertreter bekanntzumachen, wenn dessen Aufenthalt bekannt und im Inland gelegen ist. Unter diesen Voraussetzungen ist der gesetzliche Vertreter gegebenenfalls von der Anordnung einer mündlichen Verhandlung mit dem Beifügen zu benachrichtigen, dass seine Teilnahme empfohlen werde.

(4) Der gesetzliche Vertreter ist berechtigt, für den jugendlichen Beschuldigten auch gegen dessen Willen zu dessen Gunsten Beweisanträge zu stellen und innerhalb der dem jugendlichen Beschuldigten offenstehenden Frist Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen und Rechtsmittel zu erheben.

(5) Ist der Behörde bekannt, dass Pflege und Erziehung des jugendlichen Beschuldigten jemand anderem als dem gesetzlichen Vertreter zukommen, so stehen die in den Abs. 1 bis 4 angeführten Rechte auch diesem zu.

(6) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters mit Ausnahme des Rechtes, auf die Ergreifung von Rechtsmitteln zu verzichten, stehen dem Verteidiger zu,

           1. solange ein gesetzlicher Vertreter der Beteiligung an der strafbaren Handlung des Jugendlichen verdächtig oder überwiesen ist oder solange kein gesetzlicher Vertreter dem Jugendlichen im Strafverfahren beistehen kann;

           2. solange trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung zu einer Beweisaufnahme oder mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des jugendlichen Beschuldigten kein gesetzlicher Vertreter erschienen ist.

(7) Sind beide Elternteile gesetzliche Vertreter, ist aber trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung nur einer von ihnen zur Vernehmung oder zur mündlichen Verhandlung erschienen, so ist anzunehmen, dass der Nichterschienene in Zukunft auf Zustellungen und Verständigungen verzichtet, es sei denn, dass sich aus seinem Verhalten offenbar etwas anderes ergibt. Anträge und Rechtsmittel kann der nach den vorstehenden Bestimmungen nicht mehr zu verständigende Elternteil nur innerhalb der Frist einbringen, die dem verständigten Elternteil offensteht.

Notwendige Verteidigung

§ 63d. (1) In folgenden Fällen muss ein jugendlicher Beschuldigter durch einen Verteidiger vertreten sein:

           1. wenn der jugendliche Beschuldigte schutzbedürftig ist, weil er blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert oder aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen,

           2. wenn die Anwesenheit des jugendlichen Beschuldigten für die Beweisaufnahme erforderlich ist,

           3. wenn der gesetzliche Vertreter dem jugendlichen Beschuldigten im Strafverfahren nicht beistehen kann oder trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung zu Ermittlungen, Beweisaufnahmen oder mündlichen Verhandlungen kein gesetzlicher Vertreter erschienen ist und dessen Abwesenheit nicht durch die Anwesenheit einer anderen geeigneten volljährigen Person hinreichend ausgeglichen werden kann.

(2) Wenn für seine Verteidigung in den Fällen des Abs. 1 nicht anderweitig gesorgt ist, ist dem jugendlichen Beschuldigten von Amts wegen ein Verteidiger beizugeben, dessen Kosten er zu tragen hat (Amtsverteidiger); würde die Verpflichtung zur Zahlung der Verteidigungskosten die Bestreitung des notwendigen Unterhalts beeinträchtigen oder sein Fortkommen erschweren, muss dem jugendlichen Beschuldigten von Amts wegen ein Verfahrenshilfeverteidiger (§ 63e) beigegeben werden. Dem jugendlichen Beschuldigten oder seinem gesetzlichen Vertreter bleibt es unbenommen, bei der Behörde einen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zu stellen.

(3) Sofern der jugendliche Beschuldigte nicht einen frei gewählten Verteidiger beizieht, nachdem ihm die Freiheit entzogen wurde, ist ihm unverzüglich die Beiziehung eines Verteidigers in Bereitschaft (§ 59 Abs. 4 StPO) zu ermöglichen. Die Kosten dieser Beiziehung hat der jugendliche Beschuldigte unter den Voraussetzungen des Abs. 1 nicht zu tragen.

(4) Ist die Mitwirkung eines Verteidigers bei einer Vernehmung des jugendlichen Beschuldigten oder bei einer Beweisaufnahme notwendig, ist aber kein Verteidiger anwesend, so ist diese für eine angemessene Zeit zu verschieben oder zu unterbrechen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Verteidiger ausdrücklich auf seine Anwesenheit verzichtet hat.

(5) Vollendet der Jugendliche im Laufe des Verfahrens das 18. Lebensjahr, bleibt die Beigebung eines Verteidigers aufrecht.

Verfahrenshilfeverteidiger

§ 63e. (1) Ist ein jugendlicher Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten oder ohne sein Fortkommen zu erschweren, so hat die Behörde dem jugendlichen Beschuldigten auf dessen Antrag, auf Antrag dessen gesetzlichen Vertreters oder von Amts wegen unverzüglich einen Verteidiger beizugeben, dessen Kosten der jugendliche Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist.

(2) In dem Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers ist die Sache bestimmt zu bezeichnen, für die die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers begehrt wird.

(3) Über den Antrag des jugendlichen Beschuldigten oder seines gesetzlichen Vertreters hat die Behörde unverzüglich, jedenfalls aber vor der nächstfolgenden Vernehmung des jugendlichen Beschuldigten oder Beweisaufnahme, der der jugendliche Beschuldigte beigezogen wird, zu entscheiden. Wird dem Antrag nicht vollinhaltlich Rechnung getragen, so ist der Bescheid schriftlich zu erlassen.

(4) Ist dem jugendlichen Beschuldigten ein Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben, so hat die Behörde den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Verteidiger bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person dieses Verteidigers im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(5) Mehreren jugendlichen Beschuldigten kann ein gemeinsamer Verteidiger beigegeben und bestellt werden, es sei denn, dass ein Interessenkonflikt besteht oder einer der jugendlichen Beschuldigten oder der Verteidiger gesonderte Vertretung verlangt.

(6) Die Bestellung eines Verteidigers erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(7) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(8) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit handelt.

Mündliche Verhandlung

§ 63f. Eine mündliche Verhandlung darf nicht in Abwesenheit des jugendlichen Beschuldigten durchgeführt werden.“

11. Nach § 63f wird folgende Überschrift eingefügt:

„VI. Teil: Kosten des Strafverfahrens“

12. Vor § 64 entfällt die Überschrift „Kosten des Strafverfahrens“.

13. In § 64 Abs. 3 wird der Punkt am Ende des letzten Satzes durch einen Beistrich ersetzt; folgender Halbsatz wird angefügt:

„sowie für Gebühren für medizinische Untersuchungen gemäß § 63a.“

14. Vor § 67 wird folgende Überschrift eingefügt:

VII. Teil: Schlussbestimmungen

15. Dem § 68 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) § 4, § 36b, § 58, § 59, § 60, § 62, § 63, § 63a, § 63b, § 63c, § 63d, § 63e, § 63f und § 64 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 dienen der Umsetzung der Richtlinie 2016/800/EU über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, ABl. Nr. L 132 vom 21.5.2016 S. 1.

(6) § 32b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 dient der Umsetzung der Richtlinie 2016/1919/EU über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, ABl. Nr. L 297 vom 04.11.2016 S. 1.“

16. In § 69 erhält der durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Bereich des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz – ErwSchAG-Justiz, BGBl. I Nr. 58/2018, angefügte Abs. 20 die Absatzbezeichnung „(21)“; folgender Abs. 22 wird angefügt:

„(22) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten in bzw. außer Kraft:

           1. § 4 samt Überschrift, § 11, § 36b samt Überschrift, die Überschrift zum IV. Teil, der V. Teil samt Überschrift, die Überschrift zum VI. Teil, die Überschrift vor § 64, § 64 Abs. 3, die Überschrift zum VII. Teil und § 68 Abs. 5 mit 11. Juni 2019;

           2. § 10 Abs. 3, § 32b samt Überschrift, § 44b Abs. 2, § 46 Abs. 1a letzter Satz, § 53b Abs. 2 und § 68 Abs. 6 mit 5. Mai 2019.“

Artikel 2

Änderung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes

Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2018, wird wie folgt geändert:

1. In § 38 wird nach dem Ausdruck „II. Teiles,“ der Ausdruck „der V. Teil jedoch mit der Maßgabe, dass die dort angeführten Bestimmungen auch für geringfügige Zuwiderhandlungen anwendbar sind,“ eingefügt.

2. Dem § 40 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Über den Antrag des Beschuldigten hat das Verwaltungsgericht unverzüglich, jedenfalls aber vor der nächstfolgenden Vernehmung des Beschuldigten oder Beweisaufnahme, der der Beschuldigte beigezogen wird, zu entscheiden.“

3. In § 40 erhält der Abs. 2 die Absatzbezeichnung „(4)“; nach Abs. 1 werden folgende Abs. 2 und 3 eingefügt:

„(2) Ist der Beschuldigte schutzbedürftig, weil er blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert oder auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, so ist ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 ein Verfahrenshilfeverteidiger von Amts wegen beizugeben.

(3) Mehreren Beschuldigten kann ein gemeinsamer Verteidiger beigegeben und bestellt werden, es sei denn, dass ein Interessenkonflikt besteht oder einer der Beschuldigten oder der Verteidiger gesonderte Vertretung verlangt.“

4. In § 40 Abs. 4 neu wird der Ausdruck „§ 8“ durch den Ausdruck „§ 8a“ ersetzt.

5. Dem § 57 werden folgende Abs. 3 und 4 angefügt:

„(3) § 38 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 dient der Umsetzung der Richtlinie 2016/800/EU über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, ABl. Nr. L 132 vom 21.5.2016 S. 1.

(4) § 40 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 dient der Umsetzung der Richtlinie 2016/1919/EU über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, ABl. Nr. L 297 vom 04.11.2016 S. 1.“

6. In § 59 erhält der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2018 angefügte Abs. 5 die Absatzbezeichnung „(6)“; folgender Abs. 7 wird angefügt:

„(7) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten in bzw. außer Kraft:

           1. § 38 und § 57 Abs. 3 mit 11. Juni 2019;

           2. § 40 und § 57 Abs. 4 mit 5. Mai 2019.“