Entwurf

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der vorliegende Entwurf dient der Umsetzung der folgenden Richtlinien:

–      Richtlinie 2016/800/EU über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, ABl. Nr. L 132 vom 21.05.2016 S. 1 (in der Folge: Richtlinie Jugendstrafverfahren);

–      Richtlinie 2016/1919/EU über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, ABl. Nr. L 297 vom 04.11.2016 S. 1 (in der Folge: Richtlinie Prozesskostenhilfe).

Der Anwendungsbereich der Richtlinien Jugendstrafverfahren und Prozesskostenhilfe beschränkt sich in Bezug auf geringfügige Zuwiderhandlungen (Verwaltungsübertretungen, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7 500 Euro und keiner primären Freiheitsstrafe bedroht sind oder für die bereits ein Verfahren nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts des II. Teiles des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, durchgeführt worden ist) im Wesentlichen auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen. Bei nicht bloß geringfügigen Zuwiderhandlungen erstreckt er sich hingegen auch auf das Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie Jugendstrafverfahren und Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie Prozesskostenhilfe).

Zur Umsetzung der Richtlinie Jugendstrafverfahren:

Die Richtlinie Jugendstrafverfahren sieht für Jugendliche (Personen unter 18 Jahren), die Beschuldigte in einem Strafverfahren sind, bestimmte Mindestrechte vor.

Auch wenn das österreichische Recht bereits teilweise der Richtlinie Jugendstrafverfahren entspricht (vgl. etwa Art. 14 der Richtlinie Jugendstrafverfahren, der den Ausschluss der Öffentlichkeit bei mündlichen Verhandlungen, an denen Jugendliche beteiligt sind, vorsieht, sowie für das Verwaltungsstrafverfahren § 43 VStG und für das Verfahren der Verwaltungsgerichte § 25 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013), besteht für das VStG und VwGVG Umsetzungsbedarf. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen daher – in Anlehnung an die Systematik des Jugendgerichtsgesetzes 1988 – JGG, BGBl. Nr. 599/1988 – die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden.

Zur Umsetzung der Richtlinie Prozesskostenhilfe:

Die Richtlinie Prozesskostenhilfe soll in Strafverfahren das Recht auf einen Verfahrenshilfeverteidiger gewährleisten und knüpft dabei an das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand nach der Richtlinie 2013/48/EU über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs, ABl. Nr. L 294 vom 06.11.2013 S. 1 (in der Folge: Richtlinie Rechtsbeistand), an.

Das österreichische Recht entspricht den Vorgaben der Richtlinie Prozesskostenhilfe noch nicht in vollem Umfang. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen daher die notwendigen Anpassungen im VStG und VwGVG vorgenommen werden. Im Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen ist die Möglichkeit der Beigebung und Bestellung eines Verfahrenshilfeverteidigers für den Beschuldigten bereits vorgesehen (vgl. § 40 iVm. § 8a VwGVG). Die vorgeschlagenen punktuellen Änderungen im VwGVG dienen daher lediglich der vollständigen Umsetzung der Richtlinie.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 1 B‑VG („Verwaltungsgerichtsbarkeit“) und aus Art. 11 Abs. 2 B‑VG („allgemeine Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts“, „Verwaltungsstrafverfahren“).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991):

Zu Z 1 (§ 4 samt Überschrift):

Art. 2 iVm. Art. 3 Z 1 der Richtlinie Jugendstrafverfahren legt fest, dass Personen unter 18 Jahren vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie umfasst sind. In der Terminologie des VStG sind dies Jugendliche (vgl. § 4 VStG). Mit der vorgeschlagenen Formulierung soll § 4 VStG neu gefasst und der Systematik der §§ 1 und 2 JGG weitgehend angeglichen werden. Bestehen Zweifel daran, ob eine Person das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist diese nach Art. 3 letzter Satz der Richtlinie als Jugendlicher anzusehen. Mit dem vorgeschlagenen § 4 Abs. 4 soll daher eine Regelung eingeführt werden, die sicherstellen soll, dass in Zweifelsfällen eine Person als Jugendlicher gilt. Die Sonderbestimmungen für Jugendliche sind auch auf Beschuldigte anzuwenden, die im Laufe des Verfahrens das 18. Lebensjahr vollenden, sofern dies unter den Umständen des Einzelfalls, einschließlich des Reifegrads und der Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person angemessen ist (vgl. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie Jugendstrafverfahren). Die Richtlinie sieht hier jedoch Einschränkungen hinsichtlich der Rechte des gesetzlichen Vertreters vor: Nach Vollendung des 18. Lebensjahrs sind dem gesetzlichen Vertreter die Belehrungen, die der Jugendliche nach § 60 erhalten hat, nicht mehr verpflichtend zur Kenntnis zu bringen (vgl. § 63c Abs. 2 iVm. § 60), dem gesetzlichen Vertreter kommt das Recht, einen Antrag auf medizinische Untersuchung eines festgenommenen Jugendlichen zu stellen (vgl. § 63a), sowie das Recht auf Begleitung des jugendlichen Beschuldigten während des Verfahrens (vgl. § 63 und § 63c) nicht mehr zu. Diese Einschränkungen betreffen nur den gesetzlichen Vertreter, nicht jedoch eine andere Vertrauensperson des Jugendlichen (vgl. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie Jugendstrafverfahren).

Zu Z 2 (§ 10 Abs. 3), Z 6 (§ 44b Abs. 2) und Z 7 (§ 46 Abs. 1a letzter Satz):

Aus Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie Prozesskostenhilfe ergibt sich im Wesentlichen, dass diese Richtlinie bei „geringfügigen Zuwiderhandlungen“ grundsätzlich nur auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen anwendbar ist. Dieser Begriff wird im VStG bereits verwendet, und zwar in § 44b Abs. 2 und § 46 Abs. 1a, die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2108 – in Umsetzung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2012/13/EU über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren, ABl. Nr. L 142 vom 01.06.2012 S. 1, und des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren, ABl. Nr. L 280 vom 26.10.2010 S. 1, – eingefügt worden sind.

Aus normökonomischen Gründen soll mit dem vorgeschlagenen § 10 Abs. 3 eine Definition des Begriffs „geringfügige Zuwiderhandlung“ eingeführt werden. Unter geringfügigen Zuwiderhandlungen sind, entsprechend der bereits bestehenden Regelungen im VStG, Verwaltungsübertretungen zu verstehen, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7 500 Euro und keiner primären Freiheitsstrafe bedroht sind oder für die bereits ein Verfahren nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts des II. Teiles durchgeführt worden ist. § 44b Abs. 2 und § 46 Abs. 1a sind entsprechend anzupassen.

Zu Z 3 (§ 11):

Der vorgeschlagene § 11 Abs. 2 entspricht dem bisherigen § 58 Abs. 2 VStG. Da es sich inhaltlich um eine allgemeine Bestimmung des Verwaltungsstrafrechts handelt, soll sie aus systematischen Erwägungen in den I. Teil des VStG aufgenommen werden.

Zu Z 4 (§ 32b samt Überschrift):

Mit dem vorgeschlagenen § 32b soll – in Umsetzung der Richtlinie Prozesskostenhilfe – die Möglichkeit geschaffen werden, im Verwaltungsstrafverfahren einen Verteidiger beizuziehen, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat.

Der vorgeschlagene Abs. 1 sieht daher vor, dass einem schutzbedürftigen Beschuldigten (vgl. Art. 9 und Erwägungsgrund 18 der Richtlinie Prozesskostenhilfe, sowie die Empfehlung der Kommission vom 27. November 2013 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für verdächtige oder beschuldigte schutzbedürftige Personen, ABl. Nr. C 378 vom 24.12.2013, S. 8), dem die Freiheit entzogen ist (vgl. jedoch Erwägungsgrund 15 der Richtlinie Prozesskostenhilfe, wonach gewisse Situationen keinen Freiheitsentzug iSd. Richtlinie darstellen) die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger in Bereitschaft (vgl. für das Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten: § 59 Abs. 4 StPO) zu ermöglichen ist, dessen Kosten der schutzbedürftige Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn er erklärt, dass er außerstande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten (vgl. Art. 4 der Richtlinie Prozesskostenhilfe). Die Behörde kann den Beschuldigten nachträglich zum Ersatz der Kosten für den Verfahrenshilfeverteidiger in Bereitschaft verpflichten, wenn sich im weiteren Verfahren herausstellt, dass die Erklärung des Beschuldigten über seine Vermögensverhältnisse falsch war.

Der vorgeschlagene Abs. 2 sieht vor, dass in Verwaltungsstrafverfahren wegen geringfügiger Zuwiderhandlungen (siehe die vorgeschlagene Begriffsbestimmung des § 10 Abs. 3) der vorgeschlagene Abs. 1 keine Anwendung findet (vgl. Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie Prozesskostenhilfe). Der vorgeschlagene Abs. 3 orientiert sich an der entsprechenden Regelung des VwGVG (vgl. § 40 Abs. 2 bzw. Abs. 4 neu iVm. § 8a Abs. 10 VwGVG).

Zu Z 5 (§ 36b samt Überschrift):

Mit dem vorgeschlagenen § 36b Abs. 1 soll – in Umsetzung der Art. 10, 11 und 12 der Richtlinie Jugendstrafverfahren – sichergestellt werden, dass der Freiheitsentzug auf den zwingend notwendigen Zeitraum begrenzt wird und die Behörden gelindere Mittel (vgl. § 173 Abs. 5 StPO) anwenden können (vgl. § 35 Abs. 1 JGG). Im vorgeschlagenen Abs. 2 wird eine Verständigungspflicht vorgesehen; bei Vorliegen eines triftigen Grundes kann der Jugendliche der Verständigung widersprechen (vgl. § 35 Abs. 4 JGG). Der vorgeschlagene Abs. 3 stellt klar, dass angehaltene Jugendliche von angehaltenen Erwachsenen getrennt untergebracht werden müssen (vgl. § 36 Abs. 3 JGG).

Zu Z 8 (§ 53b Abs. 2):

Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 9 (Überschrift zum IV. Teil), Z 11 (Überschrift zum VI. Teil), Z 12 (Entfall der Überschrift vor § 64) und Z 14 (Überschrift zum VII. Teil):

Die in Z 10 vorgeschlagene Schaffung eines neuen V. Teiles betreffend „Jugendstrafsachen“ bedingt gewisse systematische Änderungen: Die Verfahrenskosten sollen in einem neuen VI. Teil geregelt werden, der, entsprechend der bisherigen Überschrift vor § 67, die Überschrift „Kosten des Strafverfahrens“ tragen soll. Die üblichen Schlussbestimmungen sollen in einem neuen VII. Teil unter dieser Überschrift zusammengefasst werden. Die Überschrift zum IV. Teil ist entsprechend anzupassen.

Zu Z 10 (V. Teil samt Überschrift) und Z 13 (§ 64 Abs. 3):

Der neue V. Teil, der die Überschrift „Jugendstrafsachen“ tragen soll, enthält die Sonderbestimmungen für Jugendliche.

Der vorgeschlagene § 58 soll – in Umsetzung des Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie Jugendstrafverfahren – klarstellen, dass bei geringfügigen Zuwiderhandlungen die Bestimmungen des V. Teiles nur dann anzuwenden sind, wenn dem jugendlichen Beschuldigten die Freiheit entzogen ist.

Mit dem vorgeschlagenen § 59 soll – in Umsetzung des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie Jugendstrafverfahren – sichergestellt werden, dass Verfahren, an denen jugendliche Beschuldigte beteiligt sind, mit Vorrang und der gebotenen Sorgfalt bearbeitet werden.

Art. 4 der Richtlinie Jugendstrafverfahren sieht umfangreiche Rechtsbelehrungen für jugendliche Beschuldigte vor, die diese in unterschiedlichen Verfahrensstadien zu erhalten haben. Der vorgeschlagene § 60 Abs. 1 regelt daher, dass jugendliche Beschuldigte so bald wie möglich über das gegen sie geführte Strafverfahren und den gegen sie bestehenden Tatverdacht, sowie über ihre Rechte als Beschuldigte zu informieren sind. Darüber hinaus sind sie auch über folgende Rechte zu belehren, sobald sie in Kenntnis gesetzt werden, dass gegen sie ein Strafverfahren geführt wird: Recht auf Benachrichtigung des gesetzlichen Vertreters und auf Begleitung durch den gesetzlichen Vertreter zur Vernehmung oder mündlichen Verhandlung (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a i) und iv) iVm. Art. 5 und Art. 15 der Richtlinie Jugendstrafverfahren), das Recht auf notwendige Verteidigung oder Verfahrenshilfe (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a ii) und v) iVm. Art. 6 und Art. 18 der Richtlinie Jugendstrafverfahren), sowie das Recht auf Beschränkung der Verbreitung von Ton- und Bildaufnahmen (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. a iii) iVm. Art. 14 der Richtlinie Jugendstrafverfahren). Soweit und sobald deren Ausübung in Betracht kommt, soll auch über das Recht auf medizinische Untersuchung (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b ii) iVm. Art. 8 der Richtlinie Jugendstrafverfahren), das Recht auf Begrenzung des Freiheitsentzugs und auf Anwendung gelinderer Mittel (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b iii) iVm. Art. 10 und 11), das Recht auf Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b v) iVm. Art. 16), sowie das Recht auf besondere Behandlung während des Freiheitsentzugs (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. c) iVm. Art. 12) informiert werden. Der vorgeschlagene Abs. 2 sieht im Wesentlichen vor, dass die Rechtsbelehrung in einer verständlichen Art und Weise und in einer Sprache zu erteilen ist, die der jugendliche Beschuldigte versteht (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie). Nach dem vorgeschlagenen Abs. 3 soll über den Umstand der erteilten Belehrung ein Aktenvermerk aufzunehmen sein.

Der vorgeschlagene § 61 entspricht dem bisherigen § 62 VStG.

Der vorgeschlagene § 62 folgt der Systematik des § 36a JGG und soll – in Umsetzung des Art. 9 und im Hinblick auf Erwägungsgrund 42 der Richtlinie Jugendstrafverfahren – klarstellen, dass jugendliche Beschuldigte ausreichenden Schutz während einer Vernehmung erhalten müssen. Der vorgeschlagene Abs. 1 sieht daher vor, dass jugendliche Beschuldigte in jedem Fall in einer Weise befragt werden sollen, die ihrem Alter und Entwicklungs- und Bildungsstand Rechnung trägt. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 2 soll sichergestellt werden, dass Vernehmungen von jugendlichen Beschuldigten audiovisuell (durch Anfertigung einer Ton- und Bildaufnahme) aufgezeichnet werden. Von der Verpflichtung einer audiovisuellen Aufzeichnung soll abgesehen werden können, wenn ein Verteidiger anwesend ist. Der vorgeschlagene Abs. 3 soll Vorkehrungen für das Auftreten eines unüberwindbaren technischen Problems treffen, das trotz angemessener Anstrengungen nicht behoben werden kann. In diesem Fall muss die Vernehmung auch in einer Niederschrift (§ 14 AVG) festgehalten werden. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 4 soll in Umsetzung des Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie Jugendstrafverfahren sichergestellt werden, dass die angefertigten Ton- und Bildaufnahmen nicht öffentlich verbreitet werden.

Der vorgeschlagene § 63 orientiert sich an der Systematik des § 37 JGG. Abs. 1 der vorgeschlagenen Bestimmung sieht vor, dass der jugendliche Beschuldigte das Recht hat, bei einer Vernehmung eine Vertrauensperson beizuziehen, sofern er nicht durch einen Verteidiger vertreten ist. Die Vernehmung kann bis zum Eintreffen des Verteidigers oder der Vertrauensperson verschoben werden. Abs. 2 der vorgeschlagenen Bestimmungen nennt mögliche Vertrauenspersonen, die einen jugendlichen Beschuldigten zu einer Vernehmung begleiten dürfen. Abs. 3 der vorgeschlagenen Bestimmung regelt, wann eine Vertrauensperson ausgeschlossen werden kann (vgl. Art. 15 der Richtlinie Jugendstrafverfahren).

Der vorgeschlagene § 63a folgt im Wesentlichen der Systematik des § 37a JGG und dient der Umsetzung des Art. 8 der Richtlinie Jugendstrafverfahren, der vorsieht, dass jugendliche Beschuldigte, denen die Freiheit entzogen wurde, das Recht auf eine unverzügliche medizinische Untersuchung haben, die von Amts wegen oder auf Antrag durchführt wird. Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung sollen der Beurteilung dienen, ob der Jugendliche den Vernehmungen oder anderen Ermittlungshandlungen oder zu seinen Lasten ergriffenen oder beabsichtigten Maßnahmen gewachsen ist. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 2 soll klargestellt werden, dass die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung schriftlich festzuhalten sind. Die Richtlinie Jugendstrafverfahren sieht in ihrem Art. 22 vor, dass die Mitgliedstaaten unabhängig vom Verfahrensausgang für die Kosten der medizinischen Untersuchung aufzukommen haben. Für den Fall, dass die, mit dem vorgeschlagenen § 63a eingeführte, medizinische Untersuchung ausnahmsweise nicht von einem Amtsarzt durchgeführt werden kann, soll die vorgeschlagene Änderung des § 64 Abs. 3 sicherstellen, dass der jugendliche Beschuldigte nicht selbst die entstehenden Kosten zu tragen hat.

Mit dem vorgeschlagenen § 63b wird der bisherige § 58 Abs. 1 VStG – vor dem Hintergrund der Neufassung der Sonderbestimmungen für Jugendliche und der Umsetzung des Art. 7 der Richtlinie Jugendstrafverfahren – entsprechend adaptiert.

Der vorgeschlagene § 63c folgt im Wesentlichen der Systematik des § 38 JGG und regelt die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters des jugendlichen Beschuldigten (vgl. Art. 5 und 15 der Richtlinie Jugendstrafverfahren). Der vorgeschlagene Abs. 1 sieht im Wesentlichen vor, dass der gesetzliche Vertreter das Recht hat, gehört zu werden, bei Ermittlungen oder Beweisaufnahmen anwesend zu sein oder Akteneinsicht zu nehmen, soweit dem jugendlichen Beschuldigten diese Rechte zukommen. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 2 soll sichergestellt werden, dass die Rechtsbelehrungen, die dem Jugendlichen nach § 60 zu erteilen sind, auch dem gesetzlichen Vertreter zur Kenntnis zu bringen sind. Der vorgeschlagene Abs. 3 sieht vor, dass grundsätzlich dem gesetzlichen Vertreter Ladungen zur Vernehmung als Beschuldigter bekanntzumachen sind und er von der Anordnung einer mündlichen Verhandlung benachrichtigt werden soll, damit er an dieser teilnehmen kann. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 4 wird – in Anlehnung an den bisherigen § 60 VStG – klargestellt, dass der gesetzliche Vertreter berechtigt ist, für den jugendlichen Beschuldigten auch gegen dessen Willen zu dessen Gunsten Beweisanträge zu stellen und zudem, innerhalb der dem jugendlichen Beschuldigten offenstehenden Frist, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen und Rechtsmittel (also Beschwerde beim Verwaltungsgericht, Revision beim Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof) erheben kann. Die in den Abs. 1 bis 4 angeführten Rechte können auch einer anderen Person als dem gesetzlichen Vertreter zukommen (vgl. die vorgeschlagenen Abs. 5 und 6). Der vorgeschlagene Abs. 7 trifft eine Regelung für den Fall, dass beide Elternteile gesetzliche Vertreter sind, jedoch trotz ordnungsgemäßer Benachrichtigung nur einer von ihnen zur Vernehmung oder zur mündlichen Verhandlung erscheint (vgl. der vorgeschlagene Abs. 6).

Der vorgeschlagene § 63d dient der Umsetzung der Art. 6 und 18 der Richtlinie Jugendstrafverfahren und orientiert sich im Wesentlichen an § 39 JGG. Der vorgeschlagene Abs. 1 zählt alle Fälle auf, in denen der jugendliche Beschuldigte notwendigerweise durch einen Verteidiger vertreten sein muss (notwendige Verteidigung); der vorgeschlagene Abs. 2 sieht vor, dass einem jugendlichen Beschuldigten ein Amts- oder Verfahrenshilfeverteidiger von Amts wegen beizugeben ist, wenn für die Verteidigung des jugendlichen Beschuldigten in den Fällen der notwendigen Verteidigung nicht anderweitig gesorgt ist. Dem jugendlichen Beschuldigten oder seinem gesetzlichen Vertreter bleibt es allerdings unbenommen, bei der Behörde einen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zu stellen. Der vorgeschlagene Abs. 3 stellt sicher, dass ein jugendlicher Beschuldigter nach der Festnahme auch einen Verteidiger in Bereitschaft (siehe § 59 Abs. 4 StPO) heranziehen kann, dessen Kosten der jugendliche Beschuldigte bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 nicht selbst zu tragen hat. Mit dem vorgeschlagenen Abs. 4 soll klargestellt werden, dass eine Vernehmung des Beschuldigten oder eine Beweisaufnahme, die die Mitwirkung eines Verteidigers erforderlich macht, bei Abwesenheit des Verteidigers für eine angemessene Zeit zu verschieben oder zu unterbrechen ist, sofern der Verteidiger nicht ausdrücklich auf seine Anwesenheit verzichtet hat. Gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 5 soll aus Gründen der Praktikabilität eine einmal erfolgte Beigebung eines Verteidigers aufrecht bleiben, selbst wenn der Jugendliche im Laufe des Verfahrens das 18. Lebensjahr vollendet.

Der vorgeschlagene § 63e regelt die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers für jugendliche Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 18 der Richtlinie Jugendstrafverfahren). Die vorgeschlagene Regelung orientiert sich dabei an den bereits bestehenden Regelungen für das Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen (vgl. § 40 iVm. § 8a VwGVG) und an den entsprechenden Regelungen der StPO. Der vorgeschlagene Abs. 1 legt fest, dass ein Verfahrenshilfeverteidiger auf Antrag des jugendlichen Beschuldigten, des gesetzlichen Vertreters oder von Amts wegen beigegeben werden kann – soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC geboten ist – sofern der jugendliche Beschuldigte die Kosten der Verteidigung nicht bestreiten kann, ohne dadurch seinen notwendigen Unterhalt zu beeinträchtigen oder sein Fortkommen zu erschweren. Der vorgeschlagene Abs. 2 orientiert sich an der entsprechenden Regelung des VwGVG (vgl. § 40 Abs. 2 bzw. Abs. 4 neu iVm. § 8a Abs. 5 VwGVG). Mit dem vorgeschlagenen Abs. 3 soll klargestellt werden, dass die Behörde über einen Antrag unverzüglich zu entscheiden hat; wird dem Antrag nicht vollinhaltlich Rechnung getragen, so soll der Bescheid schriftlich zu erlassen sein. Der vorgeschlagene Abs. 4 orientiert sich an § 8a Abs. 6 zweiter und dritter Satz VwGVG und § 62 Abs. 1 StPO. Die – zweckmäßig erscheinende – Regelung des vorgeschlagenen Abs. 5 wurde aus § 62 Abs. 3 StPO übernommen. Zu den Abs. 6 bis 8, vgl. § 40 Abs. 2 bzw. Abs. 4 neu iVm. § 8a Abs. 8 bis 10 VwGVG.

In Umsetzung des Art. 16 der Richtlinie Jugendstrafverfahren, soll mit dem vorgeschlagenen § 63f klargestellt werden, dass eine Verhandlung nicht in Abwesenheit des jugendlichen Beschuldigten durchgeführt werden darf.

Zu Z 15 (§ 68 Abs. 5 und 6):

Durch die im vorgeschlagenen § 68 Abs. 5 und 6 genannten Bestimmungen werden die Richtlinien Jugendstrafverfahren und Prozesskostenhilfe in nationales Recht umgesetzt (vgl. Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie Jugendstrafverfahren und Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie Prozesskostenhilfe).

Zu Z 16 (§ 69 Abs. 21 und 22):

Bereinigung eines Redaktionsversehens und Inkrafttretensbestimmungen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes):

Zu Z 1 (§ 38):

Die in der Richtlinie Jugendstrafverfahren vorgesehenen Rechte sind auch im Verfahren der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen zu gewährleisten. Da dies – im Gegensatz zum Verwaltungsstrafverfahren – auch für geringfügige Zuwiderhandlungen gilt (vgl. Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie Jugendstrafverfahren), soll dies mit der vorgeschlagenen Änderung des § 38 entsprechend klargestellt werden.

Zu Z 2 (§ 40 Abs. 1 letzter Satz):

Art. 6 Abs. 1 erster Satz der Richtlinie Prozesskostenhilfe sieht vor, dass Entscheidungen über die Bewilligung oder Ablehnung von Prozesskostenhilfe und über die Bestellung von Rechtsbeiständen unverzüglich von einer zuständigen Behörde zu treffen sind. Nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie Prozesskostenhilfe ist Prozesskostenhilfe unverzüglich und spätestens vor einer Befragung durch die Polizei, eine andere Strafverfolgungsbehörde oder eine Justizbehörde oder vor der Durchführung einer der in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c genannten Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen (Identifizierungs- und Vernehmungsgegenüberstellungen sowie Tatortrekonstruktionen) zu bewilligen. Zur Klarstellung soll daher ausdrücklich festgelegt werden, dass über den Antrag des Beschuldigten vom Verwaltungsgericht unverzüglich, jedenfalls aber vor der nächstfolgenden Vernehmung des Beschuldigten oder Beweisaufnahme, der der Beschuldigte beigezogen wird, zu entscheiden ist. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts hat schriftlich zu ergehen, wenn dem Antrag nicht vollständig stattgegeben wird (vgl. Art. 6 Abs. 2 und Art. 8 der Richtlinie Prozesskostenhilfe). Dies ist im geltenden Recht bereits vorgesehen, da mündlich verkündete Beschlüsse von Verwaltungsgerichten schriftlich auszufertigen sind (vgl. § 31 Abs. 3 iVm. § 29 Abs. 4 VwGVG).

Zu Z 3 (§ 40 Abs. 2 bis 4):

Der vorgeschlagene Abs. 2 sieht – in Umsetzung von Art. 9 und im Hinblick auf den Erwägungsgrund 18 der Richtlinie Prozesskostenhilfe – vor, dass schutzbedürftigen Beschuldigten ein Verfahrenshilfeverteidiger von Amts wegen beizugeben ist. Davon sind – unter Berücksichtigung der Empfehlung der Kommission vom 27. November 2013 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für verdächtige oder beschuldigte schutzbedürftige Personen, ABl. Nr. C 378 vom 24.12.2013, S. 8 – Personen umfasst, die blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert oder aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen. Die – zweckmäßig erscheinende – Regelung des vorgeschlagenen Abs. 3 wurde aus § 62 Abs. 3 StPO übernommen.

Zu Z 4 (§ 40 Abs. 4):

Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 5 (§ 57 Abs. 3 und 4):

Durch die im vorgeschlagenen § 57 Abs. 3 und 4 genannten Bestimmungen werden die Richtlinien Jugendstrafverfahren und Prozesskostenhilfe in nationales Recht umgesetzt (vgl. Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie Jugendstrafverfahren und Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie Prozesskostenhilfe).

Zu Z 6 (§ 59 Abs. 5 und 6):

Bereinigung eines Redaktionsversehens und Inkrafttretensbestimmung.