Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

BMVRDJ

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2019

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2019

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Der vorliegende Entwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 2016/800/EU über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, ABl. Nr. L 132 vom 21.05.2016 S. 1 (in der Folge: Richtlinie Jugendstrafverfahren) und der Richtlinie 2016/1919/EU über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, ABl. Nr. L 297 vom 04.11.2016 S. 1 (in der Folge: Richtlinie Prozesskostenhilfe).

Das österreichische Recht entspricht den Vorgaben der Richtlinien Jugendstrafverfahren und Prozesskostenhilfe noch nicht in vollem Umfang. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen daher die notwendigen Anpassungen im VStG und VwGVG vorgenommen werden.

 

Ziel(e)

Der Entwurf verfolgt folgende Zielsetzung:

1. Die Umsetzung der Richtlinie Jugendstrafverfahren durch Änderungen im VStG und VwGVG.

2. Die Umsetzung der Richtlinie Prozesskostenhilfe durch Änderungen im VStG und VwGVG.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

Zu 1: Der vorgeschlagene § 63a VStG verlangt, dass festgenommene oder angehaltene Jugendliche das Recht auf eine medizinische Untersuchung durch einen Arzt haben. Der vorgeschlagene § 63d VStG trifft Regelungen zur notwendigen Verteidigung von jugendlichen Beschuldigten und sieht unter anderem vor, dass jugendlichen Beschuldigten unter bestimmten Voraussetzungen ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben werden muss (vgl. der vorgeschlagene § 63e VStG) und sie das Recht haben können einen Verteidiger in Bereitschaft zu kontaktieren, dessen Kosten der jugendliche Beschuldigte nicht zu tragen hat.

Zu 2: Der vorgeschlagene § 32b VStG sieht vor, dass einem schutzbedürftigen Beschuldigten, dem die Freiheit entzogen ist, auf Verlangen die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger in Bereitschaft zu ermöglichen ist, dessen Kosten er nicht zu tragen hat, sofern es sich nicht bloß um eine geringfügige Zuwiderhandlung handelt (vgl. der vorgeschlagene § 10 Abs. 3 VStG).

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel "Sicherstellung des Zuganges zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von einkommensmäßigen, sozialen und sonstigen Benachteiligungen sowie Sicherstellung der organisatorischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen für eine geordnete Rechtsverfolgung und -durchsetzung durch die Justizverwaltung." der Untergliederung 13 Justiz und Reformen im Bundesvoranschlag des Jahres 2019 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

1. Kosten für das Einschreiten von Verteidigern in Bereitschaft und Verfahrenshilfeverteidigern:

Die vorgeschlagenen § 32b und § 63d Abs. 3 VStG ermöglichen die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger in Bereitschaft (vgl. §59 Abs. 4 StPO), dessen Kosten der Beschuldigte unter den vorgesehenen Voraussetzungen nicht zu tragen hat. Der vorgeschlagene § 32b VStG sieht vor, dass schutzbedürftige Beschuldigten, denen die Freiheit entzogen ist, eine solche Kontaktaufnahme verlangen können, sofern es sich nicht um eine geringfügige Zuwiderhandlung handelt. Auf Grund der Geringfügigkeitsgrenze (Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7 500 Euro und keiner primären Freiheitsstrafe bedroht ist oder für die bereits ein Verfahren nach den Bestimmungen des 4. Abschnittes des II. Teiles durchgeführt worden ist) und dem Umstand, dass Schutzbedürftigkeit des Beschuldigten vorliegen muss (eine Person gilt dann als schutzbedürftig, wenn sie blind, gehörlos, stumm oder in vergleichbarer Weise behindert oder auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen), wird nur in einer sehr geringen, nicht quantifizierbaren Anzahl an Fällen das Einschreiten eines Verteidigers in Bereitschaft auf der Grundlage des § 32b VStG erforderlich sein. Der vorgeschlagene § 63d Abs. 3 VStG ermöglicht jugendlichen Beschuldigten, denen die Freiheit entzogen wurde, die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger in Bereitschaft, sofern sie nicht einen frei gewählten Verteidiger beiziehen. Mangels Vorliegens einschlägigen Zahlenmaterials ist die Anzahl an möglichen Fällen nicht genau quantifizierbar. Für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens ist insgesamt mit einer geringen, nicht quantifizierbaren Anzahl an Fällen zu rechnen, in denen ein Verteidiger in Bereitschaft kontaktiert werden kann.

Der vorgeschlagene § 63d VStG sieht Fälle vor, in denen ein jugendlicher Beschuldigter – sofern es sich nicht bloß um eine geringfügige Zuwiderhandlung handelt (vgl. § 58 VStG) – durch einen Verteidiger vertreten sein muss: Ist ein jugendlicher Beschuldigter schutzbedürftig (vgl. § 63d Abs. 1 Z 1 VStG), ist seine Anwesenheit bei einer Beweisaufnahme erforderlich (vgl. § 63d Abs. 1 Z 2 VStG) oder kann der gesetzliche Vertreter oder eine andere geeignete volljährige Person dem jugendlichen Beschuldigten nicht beistehen (vgl. § 63d Abs. 1 Z 3 VStG), so ist dem jugendlichen Beschuldigten von Amts wegen oder auf Antrag ein Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben, wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Verteidigungskosten die Bestreitung des notwendigen Unterhalts beeinträchtigen oder das Fortkommen des jugendlichen Beschuldigten erschweren würde und dies im Interesse der Rechtspflege geboten ist (vgl. § 63d Abs. 2 und § 63e VStG).In Ermangelung von Erfahrungswerten können die Grundlagen für die Festsetzung der Pauschalvergütung für die Leistungen von Rechtsanwälten im Rahmen der Verfahrenshilfe vor den Verwaltungsgerichten der letzten Jahre als Grundlage für eine Schätzung des finanziellen Mehraufwandes herangezogen werden: Nach der derzeit geltenden Verordnung des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien über die Festsetzung der Pauschalvergütung des Bundes für die Leistungen der Rechtsanwälte im Rahmen der Verfahrenshilfe vor den Verwaltungsgerichten (Pauschalvergütungsverordnung Verwaltungsgerichte – VwG-PauschVgtV), BGBl. II Nr. 308/2017, ist derzeit an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) jährlich eine Pauschalvergütung in der Höhe von 38 000 Euro zu leisten, wobei deren Höhe in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Diese Summe ist im Innenverhältnis von jenem Rechtsträger (Bund oder Länder) zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit gehandelt hat. Unter der Annahme einer weiteren kontinuierlichen Erhöhung und bei einer sehr konservativen Schätzung ist davon auszugehen, dass sich der Aufwand des Bundes durch die vorgeschlagenen Regelungen höchstens verdoppeln, mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch deutlich niedriger ausfallen wird. Es kann daher von geschätzten Mehraufwendungen für den Bund im Höchstausmaß von ca. (25 000 bis) 50 000 Euro jährlich ausgegangen werden.

 

2. Kosten für medizinische Untersuchungen

Der vorgeschlagene § 63a VStG verlangt, dass festgenommene oder angehaltene Jugendliche das Recht auf eine medizinische Untersuchung durch einen Arzt haben, deren Kosten sie nicht selbst zu tragen haben.

Die Möglichkeit der medizinischen Betreuung durch Amtsärzte ist bereits grundsätzlich vorgesehen (vgl. § 10 AnhO). Aufgrund der voraussichtlich sehr geringen Anzahl an Fällen, ist davon auszugehen, dass diese durch die Amtsärzte gegebenenfalls mitbetreut werden können. Mit einem personellen Mehraufwand für Amtsärzte ist daher nicht zu rechnen.

Sollte eine Untersuchung durch Amtsärzte ausnahmsweise nicht möglich sein, wären auch die Gebühren für Untersuchungen, die von anderen Ärzten durchgeführt werden müssen, von Amts wegen zu tragen. Angesichts der voraussichtlich ohnehin sehr geringen Fallzahl ist nicht mit maßgeblichen Mehrausgaben zu rechnen.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Der Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der Richtlinien Prozesskostenhilfe und Jugendstrafverfahren.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.6 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 1093179875).