Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EIRAG, das Notariatsprüfungsgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020 – BRÄG 2020)

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

Vorhabensart:

Bundesgesetz

Laufendes Finanzjahr:

2019

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2020

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ist ein zentrales Anliegen sowohl auf europäischer wie auch auf internationaler Ebene. Auf die jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich hat die EU mit der von ihren Mitgliedstaaten bis zum 10. Jänner 2020 umzusetzenden Fünften Geldwäsche-Richtlinie (EU) 2018/843 reagiert. Diese macht auch verschiedene Anpassungen in den Berufsrechten der Rechtsanwälte und Notare erforderlich.

 

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten stehen für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in einer Gesellschaft bereits jetzt verschiedene gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten offen. Bislang keine ausdrücklichen gesetzlichen Regeln gibt es in der RAO aber in Bezug auf in anderen EU-Mitgliedstaaten für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zur Verfügung stehende Rechtsformen.

 

Die Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zu einer Vorab-Überprüfung von den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkenden Regelungen. Solche Regelungen können im Rahmen der Verordnungskompetenz der Rechtsanwaltskammern bzw. des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags auch von diesen erlassen werden und bedürfen daher gegebenenfalls einer entsprechenden Prüfung im Sinn der Richtlinie (EU) 2018/958.

 

Das rechtsanwaltliche Disziplinarrecht ermöglicht aktuell keine teilbedingte Nachsicht einer als Disziplinarstrafe verhängten Geldbuße, was insbesondere unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als unbefriedigend empfunden wird.

 

Die Rechtsfolgen für den Fall, dass sich ein Kandidat bei der Rechtsanwalts- oder Notariatsprüfung unerlaubter Hilfsmittel bedient, sind im Gesetz aktuell nicht eindeutig geregelt.

 

Die Mehrzahl der im Rechtsanwaltstarifgesetz für nicht in Geld oder Geldeswert bestehende Gegenstände vorgesehenen Bemessungsgrundlagen geben ebenso wie die im RATG für bestimmte Angelegenheiten festgelegten Mindest- und Höchstbeträge die aktuellen Wertverhältnisse nur unzureichend wieder.

 

Ziel(e)

Mit den Änderungen im Bereich der Regelungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung in RAO und NO soll gewährleistet werden, dass Rechtsanwälte und Notare ihrer wichtigen präventiven Funktion bei bestimmten Kategorien von potenziell "geldwäschegeneigten" Geschäften (wie Liegenschaftstransaktionen oder Gesellschaftsgründungen) verlässlich und effektiv nachkommen können.

 

Durch die Änderungen im rechtsanwaltlichen Gesellschaftsrecht wird für österreichische wie auch für Rechtsanwälte aus anderen EU-Mitgliedstaaten ein klares Regime für die mögliche Nutzung der innerhalb der EU für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft zur Verfügung stehenden Rechtsformen bei der Gründung einer Rechtsanwalts-Gesellschaft geschaffen.

 

Soweit von der Rechtsanwaltskammer bzw. dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag im Rahmen der jeweiligen Verordnungskompetenz erlassene Regelungen eine Beschränkung des Zugangs zum Beruf des Rechtsanwalts oder dessen Ausübung bewirken, ist aufgrund der vorab durchgeführten Verhältnismäßigkeitsprüfung sowohl die Angemessenheit der Maßnahme als auch deren Diskriminierungsfreiheit aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes sichergestellt.

 

Die Nutzung der neu eingeführten Möglichkeit der teilbedingten Nachsicht einer durch den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ausgesprochenen Geldstrafe führt zu einer höheren "Treffsicherheit" der verhängten Disziplinarstrafe.

 

Werden bei der Rechtsanwalts- oder der Notariatsprüfung unerlaubte Hilfsmittel verwendet oder wird auf sonstige Weise eine Leistung vorgetäuscht, so sind die daraus zu ziehenden Konsequenzen sowohl für die Prüfungskommissionen als auch die Kandidaten gesetzlich eindeutig klargestellt.

 

Die tarifmäßige Entlohnung der Rechtsanwälte entspricht auch in jenen Bereichen, in denen das RATG feste Bemessungsgrundlagen bzw. für bestimmte Angelegenheiten Mindest- und Höchstbeträge vorsieht, den heutigen Wertverhältnissen.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

Das bereits bestehende Regulativ zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung in NO, RAO und DSt wird durch Erweiterungen unter anderem bei den Regeln zum Umgang mit Mandanten aus "Hochrisikoländern" und den Bestimmungen zur risikobasierten Aufsicht durch die Rechtsanwalts- und Notariatskammern weiter verfeinert. Ein wichtiger Punkt ist auch der Schutz und die Verhinderung von Nachteilen für Personen, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung melden.

 

In der RAO wird vorgesehen, dass für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft neben der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wesentlichen nicht nur alle in das Firmenbuch einzutragenden Personen- und Kapitalgesellschafts-Rechtsformen nach österreichischem Recht zur Verfügung stehen, sondern die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen auch in jedweder sonstigen in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft offenstehenden Personen- oder Kapitalgesellschafts-Rechtsform zulässig ist.

 

Führen von den Rechtsanwaltskammern bzw. vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Richtlinienkompetenz geplante Regelungen potenziell zu einer Beschränkung des Berufszugangs oder der -ausübung, so haben der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer bzw. das Präsidium des ÖRAK die von der Richtlinie (EU) 2018/958 vorgegebenen Prüfungen vorzunehmen und die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den Vorschlägen einzuräumen.

 

Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer kann bei der Disziplinarstrafe der Geldbuße künftig einen Teil, höchstens aber drei Viertel davon bedingt nachsehen.

 

Nach den vorgeschlagenen Änderungen im RAPG und im NPG führt die Verwendung unerlaubter Hilfsmittel ebenso wie die sonstige Vortäuschung einer Leistung zur Ungültigerklärung der Prüfung bzw. ihrer Beurteilung unter gleichzeitiger Anrechnung auf die Gesamtzahl der Prüfungsantritte.

 

Durch die Änderungen im Bereich des Rechtsanwaltstarifgesetzes werden die dort geregelten Bemessungsgrundlagen sowie für bestimmte Angelegenheiten vorgesehenen Mindest- und Höchstbeträge auf ein zeitgemäßes Niveau gehoben.

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben hat keinen direkten Beitrag zu einem Wirkungsziel.

 

Aus der gegenständlichen Maßnahme ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder auf die Sozialversicherungsträger.

 

Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:

Zum Zweck der Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sind in den Berufsrechten der Rechtsanwälte und Notare bereits derzeit weitreichende Identifizierungs- und Sorgfaltspflichten vorgesehen. Damit einher gehen verschiedene von den Rechtsanwälten/den Notaren zu treffende sonstige präventive Maßnahmen und Vorkehrungen, wie die auf risikobasierter Basis erfolgende Erarbeitung von Strategien und Verfahren zur Erfüllung der sie treffenden Verpflichtungen einschließlich interner Kontrollen, Risikobewertungen und eines Risikomanagements; daneben haben die Rechtsanwälte/Notare auch für ihre eigene Weiterbildung bzw. für die spezifische Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter zu Themen der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu sorgen. Der Einhaltung der Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ist ferner auch bei der Aufsicht durch die Rechtsanwalts- bzw. die Notariatskammern besonderes Augenmerk zu widmen. Die in diesem Bereich nunmehr vorgeschlagenen Änderungen beruhen durchwegs auf den Vorgaben der Fünften Geldwäsche-Richtlinie, die im Wesentlichen eine weitere Nachschärfung der bereits jetzt den einzelnen Berufsträger bzw. die Rechtsanwalts- und Notariatskammern treffenden Pflichten bewirken; grundlegend neue, mit einem substanziellen Mehraufwand verbundene Maßnahmen sind nicht vorgesehen. Insgesamt ist angesichts der schon nach der geltenden Rechtslage bestehenden gleichgerichteten Verpflichtungen zur Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung nicht von einem in Geld bewertbaren Mehraufwand für die Rechtsanwälte und Notare zu rechnen.

Auch durch die im Entwurf weiter vorgeschlagenen Änderungen sind keine wesentlichen Auswirkungen und Mehrausgaben in den jeweiligen Bereichen zu erwarten.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Mit den zu Art. 1 bis 3 vorgeschlagenen Änderungen wird die Richtlinie (EU) 2018/843 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl. Nr. L 156 vom 19.6.2018, S. 43, für den Bereich der Rechtsanwälte und Notare umgesetzt.

Darüber hinaus dienen die zu Art. 1 und 3 vorgeschlagenen Anpassungen der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, ABl. Nr. L 173 vom 9.7.2018, S. 25, für den Bereich der Rechtsanwälte.

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.6 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 2002422719).