11.54

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Karussell des Rückschritts dürfte sich weiterdrehen. Es ist so, dass die Sozialdemokratie diesbezüglich mehrmals versucht hat, eine Lösung zu finden, und auch auf das Wort des Herrn Kurz gezählt hat, der noch vor der Wahl – vielleicht könnten Sie mir zuhören, Herr Kollege Kurz, und nicht telefonieren – gesagt hat, dass der ÖVP – so wie uns allen – jedes Kind in Österreich gleich viel wert ist. Sie erinnern sich vielleicht an die Fernsehdebatte, in der es um Unterhaltssicherheit, Unter­haltsgarantie für Kinder ging, und auch Sie, Herr Kurz, haben das Ja-Taferl gehoben und damit gesagt, Sie wollen, dass jedes Kind in Österreich gleich viel wert ist und dass wir für alle Kinder in Österreich einen Unterhalt garantieren können – denn es ist leider derzeit nicht so.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eine Unterhaltsgarantie für jedes Kind wäre ein Meilenstein in der Armutsvermeidung in Österreich. Nicht jedes Kind ist gleich finanziell abgesichert, unglaublich viele Kinder leben nur mit einem Elternteil, mit der Mutter oder dem Vater alleine, und der zweite Elternteil – zu 90 Prozent sind es die Väter – ist nicht zahlungswillig oder nicht zahlungsfähig; diesen Familien fehlt oft Geld zum Leben, Geld zum Heizen. Sie mögen das jetzt vielleicht als übertrieben empfin­den, aber Tatsache ist, dass nicht jedes Kind in Österreich in einer Wohnung lebt, die beheizt werden kann, dass nicht jedes Kind in Österreich eislaufen mitgehen kann, wenn die Schulklasse eislaufen geht, Winterstiefel besitzt und so weiter.

Wenn uns jedes Kind in Österreich gleich viel wert ist, dann müssen wir eine Reparatur des Unterhaltssicherungsgesetzes vornehmen, denn auch dieses sieht ein Ende mit dem 18. Lebensjahr vor. Kinder sind aber oft auch über das 18. Lebensjahr hinaus zum Beispiel als Studierende abhängig von ihren Eltern. Das ist das eine. Zum anderen wurden die Regelbedarfssätze, also das, was zumindest zu bezahlen ist, seit den Sechzigerjahren nicht mehr wirklich angepasst. Die letzte Kinderkostenanalyse, auf der diese Sätze basieren, stammt aus dem Jahr 1964, wir wissen daher nicht, was ein Kind heute kostet und braucht; das gehört also auch repariert.

Wir von der Sozialdemokratie wollen also zunächst im Ausschuss darüber diskutieren und hoffentlich eine Mehrheit dazu herbeiführen, dass jedes Kind in Österreich eine Unterhaltsgarantie benötigt und nicht warten muss, bis die Zahlungswilligkeit herbei­geführt wurde oder der Staat einspringt.

Wir erstellen und erlassen Gesetze, wenn das Private versagt – in diesem Fall, wenn Väter nicht zahlen wollen oder zahlen können –, daher braucht es eine Ergän­zungs­leistung, einen Ergänzungsbetrag zur Familienbeihilfe, der natürlich an einen gemein­samen Wohnsitz des Kindes mit dem Elternteil und natürlich an einen Wohnsitz hier in Österreich gekoppelt ist. Also bitte keine Märchen von meinen Nachrednerinnen oder Nachrednern von ÖVP oder FPÖ, dass dieses Geld irgendwohin wandern würde. Es geht um einen Ergänzungsbetrag zur Familienbeihilfe, nicht um die Familienbeihilfe selbst, und das Thema ist im Familienlastenausgleichsgesetz gut aufgehoben.

Wir wollen gerade vor Weihnachten die Debatte darüber wieder eröffnen, dass uns jedes Kind in diesem Land gleich viel wert sein muss und dass es keinen Unterschied zwischen Kindern, die weniger Unterhalt bekommen, und Kindern, deren Unterhalt abgesichert ist, geben darf.

Wenn mir noch ein letzter Satz zum Familienbonus gestattet ist, der da auch im Raum schwebt, den die zukünftige schwarz-blaue Bundesregierung einführen möchte: Ich darf Ihnen mitteilen, dass es wirklich viele Leute in diesem Land gibt, die in einem Jahr nicht genug verdienen, um einkommensteuerpflichtig zu sein, und die daher gar nichts von einem Familienbonus haben. Das heißt, da geht die Schere noch einmal aus­einander, und es ist die Gefahr sehr hoch, dass sich das Karussell der Rückschritte weiterdreht, dass die Ungleichbehandlung von Kindern in diesem Land voranschreitet. Das wäre sehr bedauerlich. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Steinacker. – Bitte.