12.04

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, die Frage ist falsch gestellt worden; die Frage darf nicht heißen: Was kostet die Welt?, sondern die Frage muss so gestellt werden: Wie stehen wir zur Chancengleichheit aller Kinder in diesem Land? – Das ist die richtige Frage, die wir in dieser Debatte zu stellen haben, Frau Kollegin Steinacker. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen nur ein paar Zahlen mitgeben, damit wir wissen, worüber wir sprechen. In Österreich leben zurzeit 180 000 Alleinerziehende, Männer und Frauen. 90 Prozent davon sind allerdings Frauen, das heißt, wir sprechen schon auch von einem Frauenproblem oder von einer Herausforderung für alleinerziehende Frauen. Die Statistik Austria sagt zudem, dass 40 Prozent dieser Einelternhaushalte armuts­gefährdet sind. 40 Prozent dieser 180 000 Menschen sind armutsgefährdet!

Die Gründe dafür sind vielfältig. Es gibt natürlich nicht nur einen Grund. Ein Grund ist aber, dass die Fraueneinkommen in Österreich noch immer unterdurchschnittlich nied­rig sind, auch im Vergleich zu Männereinkommen. Ein weiterer Grund ist die man­gelnde Erwerbsfähigkeit von Frauen, von alleinerziehenden Frauen ganz speziell, weil die Kinderbetreuungseinrichtungen nicht in einem ausreichenden Maß ausgebaut sind, sodass alle ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Und ein Grund ist auch die fehlende Unterhaltsleistung.

Frau Kollegin Steinacker, Sie wissen es genauso gut wie ich: 54 Prozent aller allein­erziehenden Haushalte leben von einem Unterhalt, der unter dem Regelbedarf ist. Unter dem Regelbedarf! Und dieser Regelbedarf wird nach der Kinderkostenanalyse aus dem Jahre 1964 errechnet. Auch da muss man ansetzen. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass 18 Prozent all dieser Haushalte keinen Unterhalt und auch keinen Unterhaltsvorschuss erhalten, weil eben die Verfahren noch ausständig oder noch nicht abgeschlossen sind.

Frau Kollegin Steinacker, es sind nun einmal ganz besonders Kinder in alleinerzie­henden Haushalten von Armut betroffen, das ist einfach eine Tatsache, da kann man sich nicht darüber hinwegschwindeln. Jede Statistik besagt, dass Kinder von Alleiner­zieherInnen doppelt so oft von Armut betroffen sind wie andere Kinder. Die Folge davon – das wissen wir auch alle – ist Ausgrenzung, ist nicht genügend Teilhabe – Frau Kollegin Heinisch-Hosek hat es angesprochen –, es sind auch vor allem weniger Chancen, die diese Kinder in ihrem Kinderleben erhalten.

Ich glaube, das können wir uns in Österreich nicht leisten, das dürfen wir uns nicht leisten, und das wollen wir als Sozialdemokraten uns einfach nicht leisten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Der vorliegende Antrag zielt einfach darauf ab, dass Einelternhaushalte, die ein Brutto­jahreseinkommen von unter 55 000 € haben, eine Unterhaltsgarantie erhalten – und vor allem nur dann diese Unterhaltsgarantie erhalten, wenn sie mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben. Das Abfließen des Geldes ins Ausland ist damit eigent­lich unterbunden. Das ist eine Voraussetzung dafür, deswegen sind die Einwände der ÖVP in diesem Fall einfach nicht richtig; ich möchte behaupten, das ist wieder einmal nur Angstmache.

Geschätzte KollegInnen, wir sind überzeugt davon, mit diesem Antrag einen sehr, sehr wertvollen Beitrag zur Armutsprävention zu leisten. Das ist auch der Unterschied zum ÖVP-Antrag, der darauf abzielt, dass man eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung erhalten muss. Da ist man ja schon in der Armut, da muss man das Vermögen ver­wertet haben. Wir wollen eine Unterhaltsgarantie auch deswegen, damit Armut präven­tiv hintangehalten werden kann.

Mein Appell an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist daher: Lesen Sie sich unseren Antrag durch! Der Antrag stellt Rechtssicherheit her, der Antrag ist mit einem sehr geringen bürokratischen Aufwand verbunden. Der Antrag ist an die Familien­beihilfe geknüpft, die vorhin schon angesprochen wurde, und es ist vor allem auch ein Antrag, der von fast allen Alleinerziehenden-Organisationen mitgetragen wird, der mit vielen im Vorfeld besprochen worden ist. Kollegin Lueger und Kollegin Kucharowits haben in vielen, vielen Gesprächen diesen Antrag gemeinsam erarbeitet.

Ich richte wirklich den Appell an Sie: Lesen Sie sich den Antrag durch! Beschließen wir diesen Antrag gemeinsam in der nächsten Sitzung des Familienausschusses! Machen wir damit einen ersten Schritt zu einer Überarbeitung des Unterhaltsgesetzes! Und tragen wir maßgeblich dazu bei, dass Kinder aus alleinerziehenden Haushalten nicht mehr so armutsgefährdet sind wie jetzt und dass sie vor allem die gleichen Chancen erhalten wie alle anderen Kinder auch. (Beifall bei der SPÖ.)

12.08

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Anneliese Kitzmüller. – Bitte.