16.56

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Werte Präsidentin! Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Kann mir jemand sagen, wieso wir in Österreich unsere einzigartige Ausgangslage und die jahrzehntelange Erfahrung mit alternativer und kleinteiliger Landwirtschaft nicht nutzen? Kann mir jemand sagen, warum wir da nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? – Zum einen müssen wir die Substanz unserer wertvollen Böden schützen, die Artenvielfalt erhalten und ein für alle Mal von Glyphosat und anderen chemischen Mitteln befreien. Zum anderen kön­nen wir damit den Anteil unserer biologisch erzeugten Lebensmittel erhöhen und gleichzeitig unsere Wirtschaft stärken. Biologische Lebensmittel sind nämlich ein stark wachsender Absatzmarkt.

Über die Gesundheitsschädigung durch Glyphosat wurde heute schon viel gesprochen. Kollege Schieder, ich würde nur empfehlen, dass Sie bei der Gesundheitsthematik nicht so sehr auf den Verdacht der Krebserregung Bezug nehmen, weil es dazu keine wissenschaftlichen Studien gibt, die das belegen – es gibt Korrelationsstudien, aber keine experimentellen Tests. Embryonale Entwicklungsschäden, Störungen des Hor­monsystems und die Resistenzen sind jedoch wissenschaftlich mit experimentellen Studien belegt.

Die Gesundheit unser Bürgerinnen und Bürger muss uns wirklich ein Anliegen sein. Deshalb hat vor zwei Monaten das Parlament für den Totalausstieg gestimmt, auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Sie beeindrucken mich heute wirk­lich sehr mit einer turnerischen Meisterleistung, mit der Rolle rückwärts aus dem Stand. Führen Sie Ihre Wähler nicht hinters Licht! Stimmen Sie diesem Antrag der SPÖ zu!

Es gibt nicht wenige Stimmen, die meinen, Glyphosat sei alternativlos. Denen sei Folgendes gesagt: Auf EU-Ebene haben sich heute bereits neun Länder dezidiert gegen Glyphosat ausgesprochen. (Abg. Rosenkranz: Wie sollen wir jetzt bei der ersten Lesung zustimmen?!) Herr Kollege Bernhard von den NEOS, in Anbetracht der Tatsache, dass auch Frankreich und Italien total aus der Verwendung von Glyphosat ausgestiegen sind, hat Ihr Argument mit der Schienenbehandlung nicht wirklich Bestand. Das müssen wir uns noch einmal anschauen, ob das bei der Trassen­behand­lung wirklich alternativlos ist. Außerdem sind heute schon über 500 der 2 100 öster­reichischen Gemeinden freiwillig glyphosatfrei, und diese Gemeinden haben keines­wegs aufgehört, ihre Felder zu bewirtschaften.

Zu Ihrem Antrag, liebe SPÖ: Wir unterstützen diesen grundsätzlich, ich finde es aber schade, dass es ein roter Alleingang war. Wir haben ja versucht, einen gemeinsamen Antrag einzureichen, das wurde abgelehnt. Ich plädiere dafür, in Zukunft gemeinsame Anträge einzureichen. Gerade in der Opposition und gerade bei den großen Zukunfts­fragen müssen wir zusammenarbeiten.

Was die großen Fragen der Umwelt- und Energiepolitik betrifft, gibt es spannende Ideen von allen Parteien: NEOS fordert die Einrichtung von zusätzlichen Forschungs­fonds, um alternative Energien zu fördern, die SPÖ hat unter Christian Kern die Notwendigkeit der ökosozialen Steuerreform entdeckt, und da wäre die ÖVP, die bis 2030 einen Totalausstieg aus der fossilen Energie erreichen will.

Die wichtigste Frage bei einem Totalausstieg betreffend Glyphosat lautet: Was passiert nach dem Totalausstieg? Steigen unsere Landwirte auf viel schädlichere, andere chemi­sche Pflanzenvernichtungsmittel um? Nein, das wollen wir natürlich nicht. Deshalb müssen wir einen vernünftigen Übergang schaffen – und der ist schnell zu schaffen. Die freiwillig glyphosatfreien Gemeinden zeigen es ja vor: Es gibt Alterna­tiven. Setzen wir uns deshalb doch mit unseren Bauern, die wissen, wie es geht, zusammen und arbeiten wir eine Alternative aus, eine Vision für eine glyphosatfreie Zukunft! Tun wir das ganz, ganz schnell – nicht schrittweise, sonst wird alles nur auf die lange Bank geschoben und vertagt!

Wenn wir dann international Vorreiter im Bereich gesunde Landwirtschaft geworden sind, dann schicken wir unsere Expertinnen und Experten zu internationalen Kongres­sen, um der Welt zu zeigen, wie es geht. Teilen wir doch unsere Erfahrung mit ande­ren, die sie brauchen können, und ernten wir eine schönere, bessere, gesündere Welt und ein schöneres, besseres, gesünderes Österreich! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

17.01

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Mag. Jörg Leichtfried, für 4 Minuten. – Bitte.