Parlament Österreich

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

4. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 13. Dezember 2017

 

 


Stenographisches Protokoll

4. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 13. Dezember 2017

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 13. Dezember 2017: 15.30 – 17.43 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 16/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Angela Lueger, Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2017)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 17/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. And­­reas Schieder, Heinz-Christian Strache, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittel­gesetz 2011 geändert wird (18/A)

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG) geändert wird (19/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 4


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 2

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 1 und 2 d.B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung ...................................................................... 4

Antrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 14/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 15. Dezember 2017 zu setzen – Annahme ...............................................................  4, 39

Antrag der Abgeordneten Dr. Angelika Winzig, Mag. Roman Haider, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 30/A der Abgeordneten Dr. Angelika Winzig, Mag. Roman Haider, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2018 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovi­sorium 2018) und das Bundesfinanzrahmengesetz 2017 bis 2020 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 15. Dezember 2017 zu setzen – Annahme.......................................................... 5, 39

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung ............................................................................................................ 5

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  30, 39

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 16/A der Abge­ordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Angela Lueger, Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienst­rechts­gesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechts­ge­setz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirt­schaft­liche Lan­des­vertragslehrpersonengesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundes-Per­sonalvertretungsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2017) (1 d.B.) ............. 5

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 17/A der Abge­ordneten August Wöginger, Mag. Andreas Schieder, Heinz-Christian Strache, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öf­fentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert wer­den (2 d.B.) ............ 5

RednerInnen:

Staatssekretärin Mag. Muna Duzdar .................................................................... ....... 6

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ....... 8

Angela Lueger ......................................................................................................... ....... 9

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 11

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ..... 12

Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 14

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ..... 16

Marlene Svazek, B


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 3

A ................................................................................................ ..... 17

Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... ..... 18

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1 und 2 d.B. ................................................... 19

3. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzen­schutz­mittelgesetz 2011 geändert wird (18/A)         ............................................................................................................................... 20

RednerInnen:

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 20

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ..... 22

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ..... 23

Walter Rauch ........................................................................................................... ..... 25

Michael Bernhard .................................................................................................... ..... 26

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 27

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 28

Zuweisung des Antrages 18/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft (nach erfolgter Wahl dieses Ausschusses) ................................................................................................................ 30

4. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteien­ge­setz 2012 – PartG) und das Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012 – PartFörG) geändert wird (19/A) ............. 30

RednerInnen:

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 30

Johann Singer ......................................................................................................... ..... 31

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 32

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 33

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 35

August Wöginger .................................................................................................... ..... 35

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ..... 36

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 37

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 38

Zuweisung des Antrages 19/A an den Verfassungsausschuss. .................................... 39

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 4

15.30.10Beginn der Sitzung: 15.30 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Elisabeth Köstinger.

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Präsidentin Elisabeth Köstinger: Die Sitzung ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Baumgartner, Grünberg, Brückl und Dipl.-Ing.in Doppelbauer.

Ich gebe bekannt, dass der Verfassungsausschuss seine Sitzung beendet hat und die Ausschussberichte vorliegen.

Die Tagesordnung für diese Sitzung des Nationalrates wurde auf schriftlichem Wege verteilt.

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Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF III in voller Länge übertragen wird, wo­bei jener Teil der Sitzung, der über 19.40 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Um die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschussberichte abzu­se­hen.

Bei den Punkten 1 und 2 handelt es sich um Berichte des Verfassungsausschusses über die Anträge 16/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Angela Lueger, Wer­ner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstrechts-Novelle 2017 (1 der Beilagen) und 17/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Andreas Schieder, Heinz-Christian Strache, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

15.32.07 Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Gerstl und Dr. Bösch beantragt haben, dem Verfassungs­aus­schuss zur Berichterstattung über den Initiativantrag 14/A betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird, eine Frist bis 15. Dezember 2017 zu setzen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 5

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

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Des Weiteren teile ich mit, dass die Abgeordneten Dr. Winzig und Mag. Haider bean­tragt haben, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den Initiativantrag 30/A betreffend Gesetzliches Budgetprovisorium 2018 eine Frist bis 15. Dezember 2017 zu setzen.

Auch dieser gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Been­digung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wurde eine Tagesblockzeit von 2,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: für die ÖVP 46, für die SPÖ und FPÖ je 41, für NEOS und für die Liste Pilz je 14 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

15.34.241. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 16/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Angela Lueger, Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesver­tragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­trags­lehrpersonengesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundes-Personal­vertretungsgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novell  2017) (1 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 17/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Andreas Schieder, Heinz-Christian Strache, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffent­licher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2 d.B.)

 



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 6

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies die zuvor genannten Berichte des Verfassungsausschusses.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Staatssekretärin Muna Duzdar. Ich erteile ihr das Wort.

 


15.35.00

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Mag. Muna Duzdar: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute hier die Möglichkeit, Hunderttausenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie auch tatsächlich verdienen.

Die Ihnen vorliegende Dienstrechts-Novelle als eines der letzten Projekte der amtie­renden Bundesregierung hat als Kernstück den Gehaltsabschluss, die Gehalts­er­höhung für die öffentlich Bediensteten in der Höhe von 2,33 Prozent. Von diesem Gehaltsabschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, profitieren – nur um das zu veranschaulichen – in etwa eine halbe Million Menschen in Österreich, und zwar 206 000 Personen direkt und 260 000 Personen indirekt.

Finanzminister Schelling und ich auf der Regierungsseite haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Younion in intensiver konstruktiver Verhand­lung diesen Abschluss vereinbart. Wir haben frühzeitig, nämlich bereits im Septem­ber 2017 vor den Nationalratswahlen diese Gehaltsverhandlungen eingeleitet. Das war damals der ausdrückliche Wunsch der Gewerkschaft, dem ich auch gerne nachgekom­men bin. Ich habe diese Aufgabe sehr ernst genommen, denn es ist ja nie um Ein­zel­inter­essen gegangen, sondern um die Gesamtverantwortung gegenüber den Öster­reicherinnen und Österreichern. Und es freut mich natürlich, dass es gelungen ist, die Verhandlungen zu einem guten Ergebnis zu bringen.

Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei den Beamten und Beamtinnen des Bun­deskanzleramtes bedanken, beim Finanzminister und seinen Beamten und Beam­tinnen, und zwar für die sehr, sehr gute Zusammenarbeit.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass es jetzt möglich war, diesen Gehaltsabschluss für die Tausenden Mitarbeiter mit Jahreswechsel wirksam werden zu lassen. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass dieser Gehaltsabschluss ein sehr, sehr gutes Ergeb­nis für beide Seiten ist. Wir haben bei den Verhandlungen natürlich die wirtschaftliche Gesamtsituation in Betracht gezogen, wir haben die wirtschaftlichen Eckdaten in Betracht gezogen. Glücklicherweise sind wir in der Situation – und das ist heute auch des Öfteren zur Sprache gekommen –, dass wir ein hohes Wirtschaftswachstum haben. Aber wir hatten gleichzeitig auch eine hohe Inflationsrate und haben immer gesagt, wir möchten, dass der Aufschwung bei allen ankommt, auch bei den öffentlich Bediensteten. Denn vergessen wir nicht, in Zeiten angespannter wirtschaftlicher Situ­ation, in Zeiten von Wirtschaftskrisen waren es auch die Mitarbeiter des Bundes, die oftmals zurückstecken mussten.

Ich denke, die Ausgewogenheit dieses Abschlusses zeigt sich ja vor allem auch daran, dass sehr viele Bundesländer diesen Gehaltsabschluss übernommen haben, wie Wien, die Steiermark, das Burgenland oder Tirol. Ich bin aber auch sehr froh darüber, dass es trotz anfänglich gegenteiliger Aussagen des Bundeslandes Oberösterreich letztlich möglich war, zu einer Lösung zu kommen, bei der auch die Mehrheit der Bediensteten des Landes Oberösterreich von dieser Gehaltssteigerung profitieren können. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, rückblickend auf die letzten eineinhalb Jahre als Staatsekretärin möchte ich hier noch einiges festhalten: Es war mir in dieser Zeit immer wichtig, den öffentlichen Dienst zu stärken, denn ich habe es auch als meine wesentliche Aufgabe gesehen, die Bedeutung und die Wichtigkeit des öffentliches Dienstes in unserer Gesellschaft hervorzukehren und zu unterstreichen.

Ich habe mich auch in keinem Moment auf populistische Anfeindungen gegenüber den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Staates eingelassen. Wenn ich manchmal höre, wie hier über Beamte und Beamtinnen gesprochen wird, wie vermeintliche Privilegien angeprangert werden, ihre Leistungen in Abrede gestellt werden, dann frage ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wer sind denn diese Beamten und Beamtinnen? Wer sind denn die öffentlich Bediensteten? – Es sind unsere Leh­rerInnen, es sind unsere Polizistinnen und Polizisten, es sind unsere Kindergarten­pädagogen und -pädagoginnen, es sind all jene, die tagtäglich dafür sorgen, dass unsere Städte und Gemeinden auch sauber bleiben, all jene, die dafür sorgen, dass unser Land sicher und friedlich ist. Ohne den öffentlichen Dienst könnte unsere Gesellschaft nicht reibungslos funktionieren. Daher war es mir auch wichtig, in diesen eineinhalb Jahren auch ganz bewusst bestimmte Akzente zu setzen, beispielsweise bei den Einstiegsgehältern der Polizeischüler und Polizeischülerinnen. Hier habe ich die Erhöhung veranlasst. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass Anfang 2006 unter Schwarz-Blau die Einstiegsgehälter für die Polizeischüler und Polizeischülerinnen empfindlich gesenkt wurden. Es war daher wichtig, diese Erhöhung hier zu veranlassen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um Folgendes, mir war das aus demokratiepolitischer Sicht so wichtig: dass nämlich auch Menschen, die mitten im Leben stehen, die Möglichkeit haben, diesen Beruf zu ergreifen, ohne dass der Familie für zwei Jahre die Existenzgrundlage entzogen wird. Das halte ich für eine sehr wichtige Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Dass wir heute die sozialpartnerschaftlich vereinbarte Erhöhung der Nachtzeitgutschrift umsetzen, ist in diesem Sinne ebenfalls ein wichtiger, guter Schritt gewesen: Polizisten und Polizistinnen erhalten dann nämlich pro Nachtdienst um die Hälfte mehr zu­sätzliche Stunden zur Erholung. Da geht es in der Tat um eine Anerkennung der besonderen Belastung, der die Exekutivbediensteten ausgesetzt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich heute davon spreche, wie wichtig es war, den öffentlichen Dienst zu stärken, dann ist zu erwähnen, dass es auch darum gegangen ist, die personelle Ausdünnung des öffentlichen Dienstes, die über Jahre stattgefunden hat, zu überwinden. Mein großes Ziel war es vor allem, dem öffentlichen Dienst Selbstbewusstsein zu geben beziehungsweise ihn mit dem neuen Selbstbewusstsein auszustatten, das habe ich für längst überfällig gehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte hier an dieser Stelle auch noch eines für all jene sagen, die von mehr privat, weniger Staat träumen und den öffentlichen Dienst als reinen Einsparungsfaktor sehen. Es muss klar sein, dass es da einen direkten Zusammenhang gibt: Einschnitte in diesem Bereich treffen selbstverständlich direkt jeden Bürger und jede Bürgerin – die Qualität des öffentlichen Dienstes ist doch bitte die Grundlage für unsere hohe Lebensqualität! Diese ist ein wesentlicher Baustein für die Rechtsstaatlichkeit und die Rechtssicherheit in Österreich.

Das ist genau die Sichtweise, die ich mit den Gewerkschaften geteilt habe. Die Ver­handlungen mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Younion waren daher stets von gegenseitigem Respekt getragen. Ich erachte und schätze die Sozialpart­ner-


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schaft als wichtige Institution des sozialen Ausgleichs und des Brückenbaus, und genau in dieser Tradition hatten wir allzeit einen fairen Interessenausgleich vor Augen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau die Generation, die nach dem Krieg diese Sozialpartnerschaft wieder aufgebaut hat, war doch geprägt von den Erlebnissen des Krieges, von den Erlebnissen einer Radikalisierung, einer Polarisierung, einer Spaltung in der Gesellschaft. Diese Menschen sind zur schlichten und einfachen Erkenntnis gekommen, dass es einfach wichtig ist, aufeinander zuzugehen, mitei­nander zu reden und miteinander im Sinne dieses Landes in einen Dialog einzutreten – das ist heute genauso wichtig wie damals!

Österreich ist nämlich ein Musterbeispiel des sozialen Dialogs, das ist genau das, was uns in der ganzen Welt auszeichnet. Diesen zu verlassen, hätte meiner Meinung nach – und davon bin ich felsenfest überzeugt – erhebliche Risiken für den sozialen Ausgleich in Österreich. In dieser wichtigen Tradition steht auch meine Arbeit und damit auch diese Dienstrechts-Novelle.

Ich möchte hier an dieser Stelle auch noch erwähnen, dass wir ursprünglich auf sozialpartnerschaftlicher Ebene ein viel umfassenderes Paket für eine Dienstrechts-Novelle ausverhandelt gehabt hatten – im Zuge der Regierungsumbildung war es leider nur mehr möglich, einen Teil davon umzusetzen. Ich appelliere daher an die neue Bundesregierung, die bereits ausgehandelten Teile umzusetzen, wie bei­spiels­weise, dass – genauso wie in der Privatwirtschaft – die Karenzierung bei schwer erkrankten Familienmitgliedern verlängert wird.

Auch die Absicherung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bundes und ihrer Hinterbliebenen bei Unfällen oder tragischen Todesfällen ist ein Punkt. Da geht es beispielsweise darum, dass die Familien getöteter Polizisten und Polizistinnen einen Rechtsanspruch auf die Übernahme von Begräbniskosten haben, das sollte für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bundes gelten.

Ein weiteres Beispiel, das Teil dieses umfassenden Dienstrechtspakets war, ist die verbesserte Anrechnung von Karenzzeiten für die Korridorpension für BeamtInnen. Leider sind diese Punkte nicht entsprechend Teil dieses Antrages, wir konnten uns nur auf eine reduzierte Form der Dienstrechts-Novelle einigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich ersuche Sie um die Zustimmung zum vorliegenden Antrag.

Lassen Sie mich jedoch abschließend noch eine persönliche Anmerkung machen: Ich möchte mich für die stets gute Zusammenarbeit mit dem Hohen Haus während meiner Zeit als Staatssekretärin vielmals bedanken und freue mich, dem Nationalrat künftig selbst angehören zu dürfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.45


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Loacker, für 4 Minuten. – Bitte.

 


15.46.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Duzdar! Es sind ja zwei Themen verhandelt worden: einerseits die Gehaltserhöhung für die öffentlichen Bediensteten und andererseits materielle Teile im Dienstrecht. Bei einer Inflationsrate von in Wirklichkeit 1,5 Prozent ist eine Bezugs­erhöhung um 2,33 Prozent beachtlich – aber wer gute Arbeit leistet, soll auch gut dafür bezahlt werden, das ist in jedem Beruf so. Ein Politiker ist, wenn er gut arbeitet, viel wert – und wenn er nichts arbeitet, ist er nichts wert und bekommt das Geld trotzdem, und das ist in jeder Berufsgruppe so.


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Was ich allerdings schon festhalten möchte, ist: Wenn sich wohlhabende Bundes­länder wie das Land Oberösterreich schwertun, solch einen Gehaltsabschluss nachzu­vollziehen, ist das schon ein Hinweis darauf, dass Sie mit Ihrem Verhandlungsergebnis sehr nahe an der Oberkante des Möglichen gelandet sind.

Viel wichtiger ist mir aber, was nicht verhandelt wurde. Von der Gewerkschaftsseite sind immer Forderungen betreffend das materielle Dienstrecht und Besserstellungen der Familienzeiten bei der Anrechnung auf den Pensionsanspruch gekommen. Fami­lienhospiz und Karenz haben Sie genannt, Frau Staatssekretärin, „wie in der Privatwirtschaft“ – da hätte eine Arbeitgebervertreterin sagen müssen: Dann will ich aber auch die bezahlte Mittagspause weghaben, damit es wie in der Privatwirtschaft ist.

Wenn Sie gleiches Recht für alle wollen, rennen Sie bei NEOS offene Türen ein, wenn Sie gleiche Regeln für alle unselbständig Erwerbstätigen wollen, rennen Sie bei uns offene Türen ein – aber eine Verhandlung in einer Einbahnstraße, wie Sie sie jedes Jahr geführt haben, geht auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Besonders eines ist nicht verhandelt worden: Seit 2009 haben wir es schriftlich, dass die Anrechnung von Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst in Österreich gleichheits­widrig ist, und das ist jetzt bereits mehrfach von verschiedenen Höchstgerichten aufgehoben worden. Aktuell läuft wieder ein Verfahren, die verpfuschte Regelung aufzuheben, die zuletzt beschlossen worden ist.

Ich habe Ihnen damals im Ausschuss, falls Sie sich erinnern, schon gesagt, dass das nicht halten wird, wenn man einfach rückwirkend bis 1948 Bestimmungen zu löschen versucht. Da geht es um mehrere Hunderttausend potenziell betroffene öffentlich Bedienstete, laut Finanzministerium drohen Nachzahlungen von bis zu 3 Milliar­den Euro. Da war man damals mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst unter Neugebauer schon ganz nahe an einer Lösung. Diese ist dann daran gescheitert ist, dass Neugebauer gesagt hat, da hätten einzelne Beamte bis zu 0,6 Promille ihrer Lebensverdienstsumme verloren. – Bitte, ich bin froh, dass mein Leben nicht so berechenbar ist, dass man heute schon sagen kann, wie viel 0,6 Promille meiner Lebensverdienstsumme sein werden!

Diese milliardenschwere Nachzahlung vor Augen haben Sie es sich nicht zum Auftrag gemacht, in der Verhandlung mit der Gewerkschaft eine Lösung herbeizuführen. Das ist ein Damoklesschwert, das über den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schwebt, und es wäre in den eineinhalb Jahren Ihre Aufgabe als Staatssekretärin gewesen, dieses Damoklesschwert zu beseitigen und eine Lösung zu schaffen. Das haben Sie nicht getan. Sie sind den leichten Weg gegangen, über den niedrigsten Zaun ge­sprungen, das haben wir jetzt. Eine Gehaltserhöhung ist gut und recht, und die steht den Leuten auch zu – aber eine Lösung für die großen Probleme haben Sie leider, leider nicht geschafft. (Beifall bei den NEOS.)

15.49


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Lueger, für 5 Minuten. – Bitte.

 


15.49.28

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin Duzdar! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Werte Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Leider ist diese Dienstrechts-Novelle, wie die Frau Staatssekretärin eingangs ausgeführt hat, nur eine sehr abgespeckte Version. Eine weit umfassendere Novelle, die mit den Sozialpartnern


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ausverhandelt war, stand im Raum, wurde aber jetzt im Zuge der Regierungsum­bildung gekürzt.

Anscheinend will man der alten Regierung keinen Erfolg gönnen, weshalb das Bundesministerium für Finanzen eine Reihe von Punkten gestrichen hat, auf die ich auch noch einzeln eingehen möchte. Einerseits die Umsetzung des Gehaltsab­schlusses für die öffentlich Bediensteten, der linear erfolgt: Das halte ich für sehr gut, und wie die Frau Staatssekretärin auch in ihrer Ausführung betont hat, war in den Verhandlungen die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Younion sehr fair, gelungen und konstruktiv.

Es ist im Sinne der DienstnehmerInnen, sprich der öffentlich Bediensteten, dass sie eine gute Gehaltserhöhung von 2,33 Prozent plus Zulagen erhalten. Wir haben das jetzt auch schon im Ausschuss diskutiert, und Kollege Rossmann hat da immer nur von den Beamten gesprochen. Ich möchte schon einmal darauf hinweisen, dass wir im öffentlichen Dienst derzeit ein Verhältnis von Beamten zu Vertragsbediensteten von circa 50 zu 50 beim Bund und bereits 20 zu 80 bei Ländern und Gemeinden haben – das heißt also, dass viele, viele Bedienstete bereits unter das ASVG fallen und nicht, so wie Sie meinen, ausschließlich Beamte mit Sonderregelungen sind.

Herr Kollege Loacker, Vordienstzeiten hätten wir auch besprochen – aber die Vor­dienstzeiten werden jetzt nicht entschieden, und die Frau Staatssekretärin ist jetzt auch nicht mehr in der Lage, sich dieses Themas anzunehmen. (Abg. Loacker: In der Lage ist sie nicht!)

Sie wissen jedoch, dass das ein laufendes Gerichtsverfahren ist, Sie wissen, dass der Generalstaatsanwalt noch keinen Zeitplan und noch nicht einmal eine Stellungnahme abgegeben hat. Das kann man jetzt nicht lösen.

Es gibt mehrere Punkte in dieser Dienstrechts-Novelle, die bereits angesprochen wurden, zum Beispiel die ADV-Zulage, wo laut der jetzigen Rechtsprechung diese Bestimmungen für die Erschwerniszulage nicht mehr als Rechtsgrundlage gelten. Damit die Bediensteten aber nichts verlieren, ist eine gesetzliche Grundlage jetzt erforderlich geworden, und sie wurde auch eingearbeitet. Betroffen sind davon hauptsächlich Bedienstete des Finanzministeriums, es geht darum, dass sie von ihrem Gehalt nichts verlieren.

Eine weitere Änderung der ADV-Zulage betrifft den Arbeitsplatzwechsel: Wenn man auf einen anderen Arbeitsplatz wechselt und ebenfalls die ADV braucht, soll diese Zulage nicht wie bis dato eingefroren sein, sondern mit der neuen Position steigen. Davon profitieren ebenfalls die Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen.

Bei der Verlängerung der Opting-out-Regelung für Bedienstete der mittleren Führungs­positionen geht es um die Mehrdienstleistungen, die abgegolten werden sollen. Dies war erforderlich, weil die alte Lösung mit Ende des Jahres endet, daher ist auch das ein wichtiger Punkt, der miteingebaut wurde.

Wir haben hier den Beschluss der Bildungsreform umgesetzt: Es braucht eine dienstrechtliche Verankerung dieser neuen Funktion der Bildungsdirektoren, damit wir mit dem 1. Jänner starten können; daher ist auch das ein Punkt dieser Novelle.

Bei der Nachtzeitgutschrift geht es um eine Regelung für Exekutivbedienstete, die mehr als 15 Nachtdienste leisten. Zukünftig erfolgt eine Abgeltung von eineinhalb Stunden Zeitguthaben pro Nachtdienst statt bisher einer Stunde. Das hat den Vorteil, dass erstens die Leistung von Nachtdiensten mehr bewertet wird und zweitens den Polizistinnen und Polizisten die Möglichkeit geboten wird, ihren Ausgleich zu finden. Das hatte zur Folge, dass wir auch die Frist für die Inanspruchnahme des Zeitgut­habens von sechs auf neun Monate erhöhen mussten. Speziell in den Städten ist die


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Inanspruchnahme oft gar nicht möglich, und das stellt eine besondere Belastung für Polizistinnen und Polizisten dar.

Punkte aus der sozialpartnerschaftlichen Einigung wie Familienhospiz, Wiedereinglie­derungsteilzeit und der Rechtsanspruch auf Ersatz der Begräbniskosten bei im Dienst verstorbenen Polizistinnen und Polizisten sind in dieser Änderung leider nicht ent­halten.

Ich möchte sagen, es ist traurig – nein, es ist eigentlich verwerflich, dass man die öffentlich Bediensteten für diese politischen Spiele benutzt, dass nicht die gesamte zwischen den Sozialpartnern ausverhandelte Novelle umgesetzt wird! Man verlangt gute Arbeit von den öffentlich Bediensteten für den Staat, aber die Wertschätzung in Worten allein kann nicht genug sein.

Wir werden dieser Novelle zustimmen, aber Sie können sich sicher sein, dass wir SozialdemokratInnen an den offenen Punkten dranbleiben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.54


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Rossmann, für 5 Minuten. – Bitte.

 


15.55.06

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (PILZ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mit einigen Ergebnissen aus dem Einkommensbericht 2016 beginnen. Dieser zeigt, dass sich in den vergangenen Jahren – seit 1998 – eine Einkommensschere aufgetan hat: Die niedrigen Einkommen haben extrem verloren, die unteren 10 Prozent haben nahezu ein Drittel ihres Realeinkommens verloren. Die Einkommensmitte stagniert in etwa, und die hohen Einkommen – die höchsten 10 Prozent – gewinnen leicht dazu.

Wenn wir jetzt auf die Berufsgruppen schauen, ergibt sich ein gänzlich anderes Bild. Die Arbeiter und Arbeiterinnen verlieren immer noch: Das inflationsbereinigte mittlere Bruttojahreseinkommen der ArbeiterInnen, von dem ich jetzt spreche, betrug im Jahr 2015 nur 87 Prozent des Werts von 1998.

Realeinkommensgewinne verzeichnen die Angestellten sowie die Vertragsbediens­teten mit plus 2 Prozent gegenüber 1998 – die Beamten hingegen gewinnen plus 26 Prozent an Realeinkommen. Wenn man die Entwicklung bei den Beamten betrach­tet, sieht man, dass bei ihnen die niedrigen Einkommen stärker gestiegen sind als die hohen Einkommen. Das ist gut so.

Zu den Vertragsbediensteten, Frau Kollegin Lueger, haben wir leider keine Daten. Wenn Sie mir im Ausschuss besser zugehört hätten, dann hätten Sie auch nicht das behaupten können, was Sie hier behauptet haben: Ich habe nämlich gesagt, genau deshalb, weil es sehr viele – und zunehmend mehr – Vertragsbedienstete gibt und diese in ihrer Einkommensentwicklung zurückbleiben, wollen und müssen wir jene Entwicklung fortsetzen, die wir bei den Beamten beobachten können.

Das heißt aber, dass wir in Wirklichkeit nicht einem linearen Abschluss das Wort reden können: Wenn wir nämlich die Verteilungsrelationen weiterhin zugunsten der niedrigen Einkommen verändern wollen, dann müssen wir Sockelbeträge fordern. Das ist das, was wir wollen, denn lineare Erhöhungen führen dazu, dass sich die niedrigen und die hohen Einkommen weiter auseinanderentwickeln. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Wenn unsere Fraktion hier diesem Gehaltsabschluss aufgrund dieses linearen Ab­schlusses nicht zustimmen wird, dann hat das nichts mit mangelnder Wertschätzung gegenüber den Beamten und Vertragsbediensteten zu tun. Ganz im Gegenteil! Ich


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habe Beamte und Vertragsbedienstete immer geschätzt. Sie leisten in diesem Land gute Arbeit, und an dieser Stelle möchte ich mich auch bei den Bediensteten dieses Hauses bedanken, die ebenfalls sehr, sehr gute Arbeit leisten. – Vielen Dank dafür! (Beifall bei der Liste Pilz.)

Was ich jedoch unerträglich finde, ist die Auseinanderentwicklung von Einkommen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Bereich. Das ist unerträglich geworden, und das hat natürlich mit der Entwicklung am Arbeitsmarkt zu tun: die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen auf der einen Seite, viele atypische Beschäftigungsverhältnisse auf der anderen Seite, und im öffentlichen Dienst die Arbeitsplatzsicherheit; da muss jede künftige Regierung ansetzen.

Wir werden diese Regierung aus Schwarz-Blau ganz genau beobachten, was sie tun wird, um diese Einkommenskluft zwischen den unteren Einkommen und den oberen Einkommen, insbesondere in der Privatwirtschaft, aber auch zwischen den Einkommen in der Privatwirtschaft und jener der Beamten zu ändern, daran werden wir sie messen. Die jetzige Regierung, die letzte Regierung hat da nichts zustande gebracht, denn sonst wären die Ergebnisse nicht so, wie sie im Einkommensbericht abgebildet sind.

Noch ein Wort zur Nulllohnrunde für Politiker: Da ist vorgesehen, dass Politikerbezüge bis 4 920 Euro wohl um die 1,5 Prozent ansteigen sollen, nur Politikerbezüge darüber nicht. Da haben wir so eine Art Sockelbetrag, und das finde ich gut so, und daher werden wir da auch zustimmen. Ich möchte aber schon erwähnen, dass wir hier in diesem Haus dringend eine Debatte darüber führen müssen, wie sich in Zukunft die Einkommensunterschiede zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst, aber auch unter den Politikern entwickeln werden.

Ich meine, die Forderung nach einer Nulllohnrunde ist extrem populistisch und hat, wenn wir dieser hier zustimmen, auch viel mit einer politischen Selbstentwertung zu tun. Denn: Wir Politiker sind unser Geld wert! Wenn wir keine Menschen mehr finden, die in die Politik gehen wollen – und das wird ja immer wieder beklagt –, dann müssen wir an diesen Relationen irgendetwas ändern, und an dieser Debatte werden wir nicht vorbeikommen.

Wenn aber jetzt eine Nulllohnrunde für Politiker ausgerufen wird, verstehe ich über­haupt nicht, warum die Managergehälter in staatsnahen Betrieben nicht auch mit einer Nulllohnrunde bedient werden. Da gibt es Gagen im Millionenbereich. Die vier Vorstandsdirektoren in der Post AG verdienen im Durchschnitt 1,6 Millionen Euro pro Jahr. Die Vorstandsdirektoren in der Verbund AG verdienen etwas mehr als 1 Million Euro pro Jahr.

Ich finde, da sind die Relationen gestört. Diese Debatte müssen wir aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit führen. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz sowie des Abg. Kovacevic.)

16.00


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Gerstl, für 6 Minuten. – Bitte.

 


16.00.49

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich darf gleich beim Kollegen Rossmann anschließen, denn da liegt der Unterschied: Wir sind angetreten, um einen neuen Stil in die Politik zu bringen. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Dazu gehört, dass wir nicht als Allererstes unser Gehalt erhöhen. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, Herr Kollege Rossmann, dass man zuerst die Maßnahmen für Österreich umsetzt, bevor man sich sein Gehalt erhöht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Noll und Rossmann.)


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Wir wollen nicht nur die besten Köpfe hier in diesem Haus haben, sondern auch gerne die Personen, die Menschen miteinander verbinden. Wir wollen diejenigen hier haben, die die Menschen draußen vertreten. Wir wollen hier Leute haben, die mitarbeiten. Ich freue mich, dass wir ganz, ganz viele Leute hier haben – sie machen weit mehr als die Hälfte unserer Fraktion aus –, die neu dazugekommen sind. Das sind Menschen, die Idealismus haben, Menschen, die nicht gefragt haben, wie viel man hier verdient, sondern Menschen, die gefragt haben, was sie für dieses Land tun können. Das ist, glaube ich, ein Wert, um den es geht. Es muss uns wieder wert sein, für dieses Land zu arbeiten, Herr Kollege Rossmann! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Dann noch etwas im Zusammenhang mit der parlamentarische Demokratie: Es ist ein Teil unserer Demokratie, dass wir nicht Berufspolitiker produzieren wollen, sondern dass Abgeordnete hier ein Gehalt bekommen, davon aber nicht ausschließlich leben, sondern ihrem Beruf auch weiterhin nachgehen können, zumindest zu einem Teil. Es ist uns nämlich wichtig, dass unsere Abgeordneten den Kontakt zur Gesellschaft, zum normalen Leben in der Arbeit nicht verlieren. Sie sollen kein Schubladenpolitiker werden, Herr Kollege Rossmann. Sie sollen auch bei der Gesellschaft draußen sein. Lassen Sie sich ordentlich beraten und vertreten! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Was macht denn der Herr Kurz so? – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Vergessen wir eines nicht: Das Gehalt des Abgeordneten beträgt noch immer das Vierfache des Durchschnittseinkommens eines Österreichers. Daher brauchen Sie nicht zu klagen, Herr Kollege Rossmann, dass Sie zu wenig bekommen. Die Bevöl­kerung wird das nicht verstehen. (Abg. Rossmann: Das habe ich nicht gesagt! Nehmen Sie das bitte zurück!) Herr Kollege Rossmann, es wäre gut (Abg. Rossmann: Nehmen Sie das zurück!), wenn Sie unseren neuen Stil zuerst annehmen würden, wir sparen zuerst bei uns selbst.

Es ist nicht unser Stil, dass unsere Abgeordneten sich ihr Gehalt durch die Partei verdoppeln lassen. Das ist ein Stil, den andere pflegen, aber nicht wir in unserer Partei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: ... Wirtschaftsbund und Bauernbund ...! Das ist ja eine Chuzpe!)

Ich habe davon gesprochen, dass wir einen neuen Stil in dieser Republik und auch Veränderung in dieser Republik wollen. (Abg. Schieder: Ja, ja!) Für diese Verände­rung brauchen wir Menschen, die uns helfen. Ich nenne nur ein Beispiel für Verän­derung: die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich nenne ein anderes Beispiel: viele weitere große Verwaltungsreformen, die wir bewältigen müssen. Dafür brauchen wir Menschen, die das umsetzen können.

Daher sind wir heute hier für eine Gehaltserhöhung für die Beamtinnen und Beamten und für alle öffentlich Bediensteten im Ausmaß von 2,33 Prozent. 2,33 Prozent bedeu­tet, nicht nur die Inflation abzugelten, sondern den Bediensteten auch einen Anteil an der Wertschöpfung zu geben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Präsident der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Norbert Schnedl heute unter uns ist. (Ruf bei der FPÖ: Gott sei Dank!) Ich danke ihm für seine Verhandlungen, danke der Frau Staats­sekretärin auch für die Zusammenführung dieser Verhandlungen und danke dem Finanzminister, dass wir dieses tolle Ergebnis erzielen konnten. Vielen Dank, Herr Präsident, vielen Dank, Frau Staatssekretärin! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schieder und Drozda.)

Die Einzelmaßnahmen, die wir mit dieser Dienstrechts-Novelle noch durchsetzen, wurden schon angesprochen, aber auf ein Kapitel möchte ich besonders hinweisen: Für unsere Polizistinnen und Polizisten, die gerade vor zwei Jahren so enormem Ar-


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beitsdruck, so enormem Stress ausgesetzt waren, wird jetzt die Abgeltung der Nacht­dienststunden von 1 : 1 auf 1 : 1,5 erhöht. Dafür sage ich ein besonderes Danke.

Ich glaube, wir können uns heute hier bei allen öffentlich Bediensteten bedanken und ihnen unsere Anerkennung und Wertschätzung aussprechen. Sie sind die wichtigsten Teile der österreichischen Verwaltung. Vielen Dank, liebe öffentlich Bedienstete! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schieder und Scherak. – Abg. Schieder: Kauft ihnen irgendwann noch eine gescheite Ausrüstung!) – Ich bin Herrn Kollegen Doskozil sehr dankbar dafür, Herr Kollege Schieder, dass er sich für die Ausrüstung für das Bundesheer sehr eingesetzt hat, und für die Schutzwesten, die Herr Minister Sobotka schon beschafft hat. (Abg. Schieder: Die riskieren ihr Leben, und ihr habt noch immer nichts gemacht!)

Bleiben Sie entspannt (Abg. Schieder: Ich bin eh entspannt!), wenn es um die Bediensteten geht, bleiben Sie ganz ruhig und setzen Sie sich dafür ein, dass die Bediensteten ordentliche Rahmenbedingungen bekommen, auch in der Stadt Wien, Herr Kollege Schieder, da werden Sie noch genug zu tun haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die Polizistinnen und Polizisten in Wien wieder bessere Polizeiinspektionen bekommen könnten, auch durch die Stadt Wien, dann wären wir Ihnen sehr, sehr dankbar (Abg. Schieder: Geben Sie ihnen einmal gleich viel Ausrüstung wie in Niederösterreich!), und Sie können da als Bürgermeisterkandidat in Wien noch viel gut machen, Herr Kollege Schieder! (Abg. Schieder: Sie sind ein Sicherheitszyniker ersten Grades!)

Aber lassen Sie mich auf noch etwas hinweisen: Es gibt noch einen Punkt, der von den NEOS angesprochen worden ist, nämlich jener der Parteienfinanzierung. Ich finde es ja schon besonders bemerkenswert, wenn man immer einen Punkt sucht, aufgrund dessen man einen anderen wieder ablehnen kann. Dass man die Politikergehälter unbedingt mit der Parteienfinanzierung verknüpft, um sagen zu können, da bin ich dann doch dagegen, das ist nicht der neue Stil, Herr Kollege Strolz. Das ist nicht die Art, die man sich von den NEOS erwartet hätte. Sie sollten eigentlich auch den neuen Stil annehmen und bei dem Thema bleiben, um das es geht.

Wir verzichten zugunsten von Maßnahmen für Österreich, und das sollte es Ihnen wert sein, heute nicht Populismus zu machen, Ihnen, meine Damen und Herren von den NEOS. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.07


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Herbert, für 5 Minuten. – Bitte.

 


16.07.54

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Offensichtlich gibt es emotionale Spannungen zwischen den ehemaligen Regierungsparteien. Da ist der Loslösungsprozess noch nicht ganz abgeschlossen, wie ich das mitnehmen darf. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schieder: Der ist schon lang abgeschlossen!)

Zur Sache selbst: Die zwei hier in Rede stehenden Anträge, nämlich einerseits die Dienstrechts-Novelle 2017, aber auch die Nulllohnrunde für Politiker, sind, glaube ich, wichtige und wesentliche gesetzliche Regelungen. Die Dienstrechts-Novelle ist – und das haben meine Vorredner schon ausgeführt – ein guter, ein wichtiger, aber auch ein wertvoller Ausdruck der Wertschätzung an die öffentlich Bediensteten in den ver­schiedensten Berufen, von den Polizistinnen bis zu den Richtern, von den Lehrern bis zu den Kindergärtnern, von den Verwaltungsbediensteten bis zu den Staatsan­wälten. Es ist ein umfassender Bereich von Bediensteten, die durch diese Lohn­erhö­hung, die


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wir heute hier beschließen, eine gute finanzielle Abgeltung für ihre Tätigkeit bekom­men.

Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, wir hatten schon Jahre – da war eine Regie­rungsbeteiligung der FPÖ noch nicht abzusehen –, in denen es Nulllohnrunden gab. Es gab Lohnrunden mit weitaus geringeren Abschlüssen, mit 0,8 bis 1,2 Prozent. So gesehen wollen wir diese 2,33 Prozent dankbar annehmen, wenngleich es natürlich immer mehr sein könnte. Das haben wir auch im Ausschuss so besprochen. Natürlich hätten die öffentlich Bediensteten mit Dankbarkeit durchaus auch einen höheren Prozentsatz angenommen, ich darf an dieser Stelle gerechterweise aber schon auch sagen, es gab eben auch schon schlechtere Abschlüsse.

Neben diesem Gehaltsabschluss ist auch ein weiterer wichtiger Punkt für eine Berufs­gruppe im öffentlichen Dienst, nämlich jene der Exekutivbeamten, hier besonders hervorzuheben, und zwar die Angleichung der Vergütung für die Nachtdienstzeiten, wo es schon bisher die Regelung gibt, dass es für geleistete Nachtdienste jeweils eine stundenmäßige Vergütung als Erholungszugeständnis gibt. Dies wird nunmehr hier angeglichen.

Was mich am Zustandekommen dieser heutigen Beschlusslage ein bisschen gestört hat, ist, dass diese Vereinbarung eigentlich schon vor geraumer Zeit mit dem Zentral­ausschuss der Exekutive, der Polizei, so ausverhandelt war. Erstaunlicherweise hat sie aber den Weg ins Parlament nicht gefunden. Es bedurfte einer Initiative der FPÖ, dass wir das in der heutigen Beschlussfassung und in dieser Dienstrechts-Novelle unter­gebracht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die übrigen guten Rahmenbedingungen, die wichtige und sinnvolle Ergänzungen dieser Dienstrechts-Novelle sind, wurden auch schon angesprochen. Ich möchte es Ihnen ersparen, dass ich das wiederhole.

Zur Nulllohnrunde für Politiker: Auch da, glaube ich, haben wir einen guten, einen gang­baren Mittelweg gefunden, indem wir gesagt haben, alle Politikergehälter ab einer Höhe von 4 290,32 Euro sollen eine Deckelung erhalten und nicht erhöht werden. Alle, die darunter liegen, sollen sehr wohl an den Erhöhungen, die ihnen zustehen, parti­zipieren, weil es natürlich auch einen klaren Unterschied in der Abgeltung geben soll zwischen den Spitzenpolitikern, den Gutverdienenden in der Spitzenpolitik und den anderen Politikern, die vielleicht auf untergeordneter Ebene eine gute, eine wertvolle, eine wichtige Arbeit leisten, die man nicht geringschätzen möchte.

Abschließend darf ich noch auf zwei meiner Vorredner eingehen. Kollege Rossmann, es ist natürlich gut und richtig, dass man Spitzengehälter in ausgegliederten ehe­maligen staatlichen Betrieben von bis zu 1 Million Euro, die Sie hier angesprochen haben, kritisiert. Das ist natürlich kein guter Ansatz in Zeiten wie diesen, wenn man andererseits von der Bevölkerung Sparmaßnahmen in anderen Bereichen einfordert. Wenn man aber diesen Sachverhalt, dem wir alle hier wohl sehr differenziert gegen­überstehen, nimmt, um eine Grundsatzdiskussion über die Entlohnung von Ange­stellten, Arbeitern und Beamten zu führen, wo man indirekt den Beamten dann wieder unterstellt, eigentlich nehmt ihr den Steuerzahlern Geld weg, dann ist das eine Gering­schätzung des öffentlichen Dienstes, die mir nicht gefällt. Das möchte ich in aller Form zurückweisen.

Unsere Beamten, unsere öffentlich Bediensteten leisten hervorragende Arbeit in den verschiedensten Bereichen, ich habe es eingangs schon ausgeführt, und haben sich eine solch geringschätzige, eine solch ablehnende Äußerung von Ihnen und durch Ihre Fraktion wahrlich nicht verdient. Da sollten Sie in sich gehen und Ihre Position vielleicht noch einmal überdenken.


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Frau Staatssekretärin Duzdar! Sie haben eingangs in Ihrem Statement ausgeführt, die schwarz-blaue Regierung hätte es 2005 herbeigeführt, dass die Polizeischüler zu wenig verdienen. Aber dann frage ich mich, warum es zwölf Jahre gedauert hat, bis Sie das endlich abgestellt haben. So schlimm kann es, glaube ich, nicht gewesen sein, denn sonst hätte man – davon gehe ich aus – seitens der Sozialdemokratie wohl schon vorher heftig auf den Busch geklopft und gesagt, dass da sofort eine Änderung her muss. Jetzt, am Ende Ihrer Dekade in der Regierung, darauf noch einmal hinzuweisen, so unter dem Motto, dann geben wir der neuen Bundesregierung noch schnell etwas mit, ist auch kein guter Stil. Auch davon möchte ich mich distanzieren.

Alles in allem enthalten diese beiden Bestimmungen, die hier in Rede stehen, wie ich meine, gute, sinnvolle und ausgewogene Maßnahmen für den öffentlichen Dienst, sind aber auch ein Zeichen für die Bevölkerung, dass man bei den Politikern zuerst zu sparen beginnt. Da bin ich bei meinem Vorredner Mag. Gerstl, der schon ausgeführt hat, dass man von der Bevölkerung nur etwas einfordern kann, wenn man vorher ein gutes Zeichen gibt. Dafür ist diese Nulllohnrunde für Politiker allemal ein gutes Beispiel. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ofenauer.)

16.14


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Ofenauer, für 4 Minuten. – Bitte.

 


16.14.59

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kollegen im Hohen Haus! Wir diskutieren jetzt über zwei Gesetze, nämlich zum einen über die Dienstrechts-Novelle, die Verbesserungen für den öffentlichen Dienst enthält, und zum anderen über das Bezügebegrenzungsgesetz. Mit letzterem Gesetz, dem Bezügebegren­zungsge­setz, verzichten die Politiker auf die vorgesehene Gehaltserhöhung im Jahr 2018. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir auch zum Sparen bei öffentlichen Ausgaben beitragen, wobei es mir dabei wichtig ist zu betonen, dass das nicht für Politiker gilt, die weniger als das Gehalt eines Bundesrates verdienen, was vor allem bei Bürgermeistern der Fall ist. Das ist vor allem auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Arbeit dieser Men­schen, die tagtäglich im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen, an vor­derster Stelle sozusagen, so wie auch unsere öffentlich Bediensteten.

Der öffentliche Dienst steht für die Vielfalt der Aufgaben eines Staates. Diese reichen von Bildung über Gesundheit bis zur Sicherheit, von Lehrern über Krankenschwestern bis zur Polizei. Die öffentlich Bediensteten im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden sind das Fundament der Verwaltung dieses Staates, und die öffentliche Verwaltung ist ganz wesentlich für die Stabilität eines Staates und auch für das Vertrauen der Menschen in diesen Staat. Nicht zuletzt vollziehen auch die öffentlich Bediensteten die Gesetze, die wir hier beschließen.

Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle bei allen öffentlich Bediensteten sehr herzlich bedanken, die in den verschiedensten Bereichen, an den verschiedensten Stellen, jeder an seinem Platz, mit ihrer Arbeit und ihrem täglichen Engagement das Funk­tio­nieren des Staates gewährleisten. Die Wertschätzung für die geleistete Arbeit drückt sich im Allgemeinen durch den Respekt und eben die Wertschätzung, die man einem Berufstand entgegenbringt, aus. Mit dem vorliegenden Gehaltsabschluss wird diese Wertschätzung den öffentlich Bediensteten gegenüber aber auch in Zahlen ausge­drückt, und es wird sichergestellt, dass es bei einer Inflation von 1,9 Prozent zu keinem Wertverlust der Gehälter kommt. Es wurde eine gerechte und faire Lösung gefunden.

Damit aber dieses Gesetz auch am 1. Jänner in Kraft treten kann, gibt es heute auch etwas sehr Seltenes, nämlich drei Nationalratssitzungen an einem Tag, um das parla-


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mentarische Prozedere einhalten zu können. Man könnte fast sagen, es ist ein Hochamt des Parlamentarismus, aber auch ein Beispiel für ein gutes Miteinander, das zeigt, was alles geht und wie weit man kommt, wenn man ein gemeinsames Ziel vor Augen hat und dieses auch gemeinsam umsetzen will.

Der Gehaltsabschluss ist aber nicht das Einzige, sondern es werden vor allem auch die Voraussetzungen für die Bestellung der neuen Bildungsdirektoren geschaffen.

Ganz besonders hervorheben möchte ich auch den Verhandlungserfolg zwischen unse­rem Innenminister Wolfgang Sobotka und der Exekutivgewerkschaft, was die Nachtzeitgutschrift für Exekutivbedienstete betrifft, die um die Hälfte pro Nachtdienst erhöht wird. Damit findet ein gewisser Ausgleich der Belastungen durch den Nacht­dienst statt. Wir kommen damit auch einem Entschließungsantrag des Bundesrates, den dieser erst im Oktober gefasst hat, nach.

Alles in allem ist es ein gutes Gesetz, und ich hoffe auf entsprechend breite Zustim­mung. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

16.18


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Svazek, für 5 Minuten. – Bitte.

 


16.18.46

Abgeordnete Marlene Svazek, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir alle hier sind uns einig, dass die Nulllohn­runde für Politiker verglichen mit anderen Beträgen nicht unbedingt den großen budge­tären Mehrwert bringen wird. Ich glaube, wir alle sind uns auch einig, dass wir, wie wir hier sitzen, nicht unbedingt den größten Dank bekommen werden, denn ein Politiker kann in Wirklichkeit nie zu wenig verdienen. Wir sollten uns aber vielleicht auch einmal darüber Gedanken machen, warum das so ist, warum die Bevölkerung der Meinung ist, Politiker hätten gar keine Gehaltserhöhung verdient.

Vielleicht sollte man die Ursache dafür in den letzten Jahren suchen, die Ursache darin suchen, wie sich die letzte Bundesregierung teilweise benommen hat, wie manche Minister in den letzten Jahren performt oder auch nicht performt haben. Vielleicht sollten wir uns einmal darüber unterhalten, was da in den letzten Jahren schiefge­gangen ist.

Weil der Kollege von der Liste Pilz gesagt hat, die Politiker seien ihr Geld wert: Herr Kollege, ich erinnere nur an Ihren damaligen Spitzenkandidaten, an Ihren Fast-nicht-Klubobmann, der in der Öffentlichkeit ein Schauspiel geboten hat, das dem Image der Politiker in der Öffentlichkeit nicht unbedingt zuträglich war. Das muss man auch einmal ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Ich glaube aber, darum geht es grundsätzlich auch gar nicht. Ich glaube, es geht darum, dass wir ein Symbol senden, dass wir Politiker sagen: In Zeiten, in denen der Gürtel ohnehin schon eng genug geschnallt ist, schnallen wir diesen Gürtel bei uns selbst nicht auf und schnallen auch bei der Bevölkerung diesen Gürtel nicht noch enger. Da geht es um ein Symbol. Natürlich muss man zu Beginn einer Gesetzge­bungsperiode zuerst einmal zeigen, ob man es überhaupt verdient hat, als Politiker angesehen zu werden, und ob man überhaupt auch das Gehalt, das man verdient, wirklich und ehrlich verdient. Ich bin froh darüber, dass das vermutlich die Mehrheit beschließen wird. Man könnte ja auch sagen, die SPÖ würde sich vielleicht ein bisserl etwas an Parteigeldern ersparen, wenn es um die Auffettung des Gehalts ihres noch – aber nicht mehr lange – Bundeskanzlers geht. Deshalb bin ich froh darüber, dass auch die SPÖ bei diesem hoffentlich einstimmigen Beschluss mit dabei ist. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Martin Graf: Der bekommt ja eine Ausgleichszulage!) – Stimmt!


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Was ich aber schade finde, ist, dass wir hier im Nationalrat diese Nulllohnrunde be­schließen, es währenddessen aber Bundesländer gibt, in denen vor Kurzem noch eine Finanzkrise gewütet hat, in denen vor Kurzem in einem Finanzskandal noch Millionen verspekuliert wurden – ich komme aus solch einem Bundesland, aus Salzburg –, die sich jedoch weigern – Salzburg weigert sich mit Stimmen der ÖVP, der SPÖ und der Grünen –, eine Nulllohnrunde durchzuführen; ein krisengebeuteltes Bundesland, das an allen Ecken und Enden sparen muss, wo man es sich nicht einmal leisten kann, dass die Straßen saniert werden. Das Erste, was erhöht wird, sind aber die Gehälter der Politiker. Das finde ich schade. (Abg. Rosenkranz: Aber der Herr Haslauer hat eine doppelte Parteienförderung ausbezahlt!) – So ist es, aber eine doppelte Parteien­förderung wurde ausbezahlt.

Da appelliere ich jetzt auch an alle hier im Haus vertretenen Parteien, an alle Klub­obleute, in ihren Ländern klarzumachen, worum es bei einer Nulllohnrunde geht, worum es geht, wenn wir mit Symbolwirkung vorangehen und wenn wir sagen: Wir schnallen den Gürtel nicht auf, und gleichzeitig wollen wir aber auch, dass der Gürtel bei der Bevölkerung aufgeschnallt wird. Ich appelliere, da Druck zu machen und zu sagen, dass wir uns in Österreich alle einig sind und dass auch alle Länder, auch Salzburg und Vorarlberg beispielsweise, eine Nulllohnrunde machen. (Ruf bei der FPÖ: Die haben ja Geld! – Abg. Rosenkranz: Das dürfte an der grünen Beteiligung liegen!) Wenn wir uns ehrlich sind, dann waren ja die Länder die ersten, die beispielsweise dem neuen ÖVP-Obmann gehuldigt und ihn fast schon geherzt haben, aber jetzt, wenn es um etwas geht, jetzt, wenn es um genau diesen neuen Stil geht, wenn es darum geht, zu zeigen, dass wir Politiker unser Geld wirklich wert sind, halten sich die Länder jetzt auf einmal heraus und geht es jetzt gleich wieder um überhaupt gar nichts.

Deswegen appelliere ich wirklich an alle hier: Redet mit euren Vertretern in den Ländern, redet mit ihnen, damit wir in ganz Österreich diese Nulllohnrunde als Symbol wirklich durchziehen und durchbringen! (Ruf bei der SPÖ: Redet einmal mit der ÖVP!) Vielleicht bildet die Liste Pilz mit den Grünen einen Sitzkreis und redet auch mit den Salzburger Grünen, damit wir da einmal etwas weiterbringen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Zum Abschluss sei noch gesagt: Die Volksseele wendet sich mit Zorn gegen all jene, die im Gleichklang Gebühren und sich selbst ihre eigenen Gehälter erhöhen. Diese Volksseele ist geschädigt, diese Volksseele wurde durch ÖVP und SPÖ in den letzten Jahren geschädigt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich bin aber davon überzeugt, dass die neue Regierung, die hoffentlich nächste Woche fixfertig steht, diese Volksseele wieder heilen wird und dass wir Politiker dann irgendwann wirklich unser Geld wert sind und zeigen, dass es einen neuen Stil in Österreich gibt, dass es nicht mehr so weitergeht wie in den letzten Jahren, und diese Volksseele heilen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.24


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Jachs, für 4 Minuten. – Bitte.

 


16.24.14

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Es ist mir eine wirklich große Ehre, dass ich heute – am ersten Sitzungstag nach meiner Angelobung – eine Rede zu zwei sehr wichtigen Themen halten darf, die meiner Meinung nach den neuen Stil der zukünftigen Bundesregierung widerspiegeln. Um Österreich zukunftsfit zu machen, werden wir in den nächsten Jahren noch ver-


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schiedenste budgetäre Maßnahmen beschließen. Daher ist es für mich persönlich ein wichtiges Signal, dass wir heute zeigen, dass wir den Sparstift nicht bei den öster­reichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zuerst ansetzen, sondern beim System, und das sind wir selbst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich denke, es ist nur ehrlich, wenn wir hier mit gutem Beispiel vorangehen, obwohl der Rechnungshof eine Erhöhung von 1,5 Prozent vorgeschlagen hätte. Für mich bedeutet der Beruf der Politikerin mehr eine Berufung und ist mit sehr viel Idealismus ver­bunden. Ich möchte auch hervorheben, dass mein Heimatbundesland Oberösterreich in der vorigen Woche auf Initiative von Herrn Landeshauptmann Thomas Stelzer ein Sparbudget beschlossen hat, das ebenfalls diese Nulllohnrunde beinhaltet. (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Zum zweiten vorliegenden Antrag betreffend die Erhöhung der Gehälter der öffentlich Bediensteten in der Höhe von 2,33 Prozent, die ja ab 1. Jänner in Kraft treten wird, möchte ich festhalten, dass ich persönlich es auch für richtig finde, dies als Zeichen der Wertschätzung durchzuführen. Die Gehaltserhöhung wird 220 000 öffentlich Bediens­teten zugutekommen, und diese Bediensteten halten unser öffentliches Leben am Laufen. Unter ihnen sind nicht nur Richter und Lehrer, sondern auch Polizisten, und all diese Personen sorgen tagtäglich dafür, dass unsere Gesellschaft auf guten Beinen steht.

Ich als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt darf noch einmal die Gelegen­heit nutzen, mich bei allen öffentlich Bediensteten für ihre tagtägliche Arbeit zu bedanken. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich auf die gemeinsame Zusam­menarbeit in den nächsten fünf Jahren, in denen wir für das Wohl der Österreiche­rinnen und Österreicher arbeiten werden, und möchte noch einen Appell an Sie richten: Nutzen wir die Verantwortung, die uns übertragen wurde, und üben wir unsere Tätig­keit gewissenhaft aus! Bringen wir Österreich gemeinsam voran! – Danke. (Anhal­tender Beifall bei der ÖVP.)

16.27

16.27.23

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2017 samt Titel und Eingang in 1 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von


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Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 2 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf ein Bundesverfassungsgesetz ändert, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig ange­nommen.

16.30.353. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittel­gesetz 2011 geändert wird (18/A)

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Schiedle. (Abg. Heinisch-Hosek: Schieder heißt er!) – Entschuldigung! Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


16.31.06

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Gesetz und zu unserem Vorschlag: Das Ziel dieser Geset­zesvorlage ist es, das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, in Österreich mit der Begründung, dass dieser Wirkstoff nicht nur im Verdacht steht, sondern dass auch in vielen wissenschaftlichen Studien aufgezeigt wird, dass er die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt beeinträchtigt, zu verbieten und zu verhindern. Damit würden wir auch dem Vorsorgeprinzip nachkom­men, dass man bei Zweifeln an der gesundheitsmäßigen Unbedenklichkeit, also bei Zweifeln, ob er eben doch krebserregend ist, auch die Vorsorge treffen muss, dass es keine Schädigung der österreichischen Bevölkerung gibt.

Warum glauben wir das? – Die Internationale Agentur für Krebsforschung und auch die Weltgesundheitsorganisation haben Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen eingestuft. Ich weiß schon, dass es auch andere Meinungen gibt. Eine andere interessante Meinung haben wir letzten Sonntag in der „Pressestunde“ gehört, nämlich vom Landwirtschaftskammerpräsidenten und ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Schultes, der sagt: „Also ich sage Ihnen was, Gift ist alles“, wenn man es im Übermaß genießt und nicht verträgt. „Aber wenn Sie sagen Gift, dann muss ich darauf sagen: nur in der falschen Verwendung“. So sieht der Landwirtschaftskammerpräsident die Frage Glyphosat. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist insgesamt ein bisschen bedenk­lich, denn wenn das der Umgang der österreichischen Landwirtschaft oder zumindest deren Repräsentanten mit gesunden Nahrungsmitteln ist, dann: gute Nacht! Zum Glück sind aber viele Bauern in Österreich ja wesentlich verantwortungsvoller als der Bauern­bundpräsident. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Rädler: Sie sollten sinn­erfas-


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send lesen lernen!) – Da weiß ich jetzt nicht, ob sich gerade der Richtige meldet. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Jetzt ganz im Ernst: Es war kühn, mit der Meldung herauszuschießen. Das zeigt, dass bei den Türkisen echter Mut nicht zu kurz kommt, denn Schultes sagt ja auch: Glyphosat ist ein gutes Mittel. Also sinnerfassend gelesen: Schultes meint, Glyphosat ist ein gutes Mittel im Vergleich zu anderen Produkten. Es ist rasch abbaubar, es ist unproblematisch und, er betont es noch einmal, es ist ein gutes Mittel. (Zwischenruf des Abg. Höbart.) Ich glaube, es ist wirklich bedenklich und gefährlich, denn es ist krebserregend, es ist schädlich, es kontaminiert über das Grundwasser auch nachhaltig die Nahrungskette. Daher sollten wir in Österreich alles unternehmen, dass dieser falsche Beschluss, es in der EU wieder zuzulassen, in Österreich nicht wirksam und dieses Mittel in Österreich verboten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun habe ich heute in der „Kronen Zeitung“ gelesen, dass Sebastian Kurz von der ÖVP inzwischen auch meint, dass Glyphosat nicht mehr so gut ist. Jetzt muss der Kollege das im ÖVP-Klub sinnerfassend klären, ob jetzt Schultes oder Kurz recht hat und wie das ist. (Abg. Rädler: Ja!) Man möchte es auch in der ÖVP und hat heute einen Entschließungsantrag vorgelegt. Das ist interessant, denn wir haben hier schon einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, wie man es verbieten kann. Was die ÖVP vorschlägt, ist die „Klärung der rechtlichen Voraussetzungen“, also doch kein öster­reichisches Verbot von Inverkehrbringen und von Anwendung, sondern nur die Klärung der rechtlichen Voraussetzungen. Da ja offensichtlich der Bauernbund die wichtigste Teilorganisation der ÖVP ist – so viel zur neuen ÖVP –, ist die wichtigste Forderung „konkrete Maßnahmen zur Abfederung“ von Nachteilen für die Landwirt­schaft, also sicherheitshalber auf jeden Fall noch einmal eine zusätzliche Subvention, auch wenn man sich nicht einmal sicher ist, ob es jetzt schädlich ist oder nicht und ob Schultes oder Kurz recht hat.

Ich sage Ihnen nur mit allem Ernst: Man muss dieses Thema ernst nehmen; und ich finde das Mittel bedenklich. Wenn ihr von der ÖVP findet, dass Glyphosat bedenklich ist, dann schließt euch unserem Gesetzesantrag an, den wir eingebracht haben und heute hier zur Diskussion stellen. Dann klären wir nicht rechtlich, was möglich ist, sondern machen das, was rechtlich möglich ist, damit in Österreich dieser gefährliche Stoff nicht mehr angewendet werden kann. Das ist das einzige Ziel, das wir haben sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht ja auch, es geht zum Beispiel im Umweltland Burgenland: Dort gibt es eine Auszeichnung, die heißt „Ökologische Gemeinde“. Diese steht für glyphosatfreie Pflege der kommunalen Grünflächen und andere Dinge (eine Auszeichnungstafel auf das Rednerpult stellend); das ist die Tafel der Gemeinde Winden am See im Burgenland. Eisenstadt mit einem schwarzen Bürgermeister hat es auch schon erkannt. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) Ihr könntet euch schon ein Stück bewegen und nicht nur die Leute hinters Licht führen.

Apropos hinters Licht führen: Die ÖVP hat jetzt heute – übrigens auch die FPÖ, das ist interessant – zwei Fristsetzungsanträge vorgelegt. Das ist natürlich ein perfekter Vor­geschmack, wie ernst man es mit dem Parlamentarismus und einer gepflegten Dis­kussion hier im Hause meint. Das sind zwei Fristsetzungsanträge, die vorher nirgends besprochen worden sind – weder in der Präsidiale noch sonst irgendwo – und die zwei Dinge betreffen sollen, nämlich einerseits ein Bundesministeriengesetz und anderer­seits das Budgetprovisorium. Die Chuzpe ist überhaupt, dass man sich beim Budget­provisorium auf das Bundesministeriengesetz, das quasi die Budgets auf die einzelnen Ministerien verteilt, bezieht, wir das Bundesministeriengesetz aber noch gar nicht ken­nen.


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Wir lesen in der Zeitung, dass fundamentale Änderungen geplant sind. Heimatschutz­ministerium, Europaagenden, all diese Dinge sind geplant, man sagt nur nicht, was genau geplant ist, legt hier aber schon einen Fristsetzungsantrag vor. Damit es auch die Öffentlichkeit weiß: Die Fristsetzung lautet auf übermorgen. (Abg. Höbart: Sehr interessant, gell?) Da wird nicht daran gedacht, wie es eigentlich im vernünftigen parla­mentarischen Prozess üblich ist, dass man das im Verfassungsausschuss vorlegt und diskutiert. (Abg. Kassegger: Das wollen Sie im Verfassungsausschuss diskutieren?) Da wird nicht daran gedacht, das Budgetprovisorium zumindest auch im Budget­ausschuss einmal vorzulegen, sondern das will man einfach durchpeitschen, ohne Diskussion, ohne vorherige Ankündigung in der Präsidiale oder sonst wo, um da einfach Fakten über ein Bundesministeriengesetz zu schaffen, das noch nicht einmal jemand kennt und von dem wir nicht einmal wissen, ob ihr uns übermorgen sagen könnt, wie das aussehen soll – aber trotzdem: die Frist soll gleich einmal übermorgen enden. Das hat es noch nie gegeben! Das Bundesministeriengesetz ist immer erst nach Vorstellung der Regierung hier in der darauffolgenden oder sogar einer späteren Sitzung beschlossen worden. Hört auf! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ihr habt Fristen im Wahlkampf gesetzt!) – Nein, da erinnerst du dich falsch!

Ich sage euch etwas, ich sage es euch einmal ganz im Ernst – ich hätte es gerne auch Sebastian Kurz gesagt, aber der ist halt nicht da –: Hört auf! Hört auf, euch mit den Grundregeln des Parlaments so schäbig zu spielen, wie ihr es in jeder Sitzung macht! Pflegt einen ordentlichen Diskurs, wie es sich für das Parlament gehört, dann bekommt ihr auch das, was ihr wollt. So ist es aber wirklich nicht okay! (Beifall bei der SPÖ.)

16.38


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Schmuckenschlager, für 4 Minuten. – Bitte.

 


16.38.41

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir sehen, dieses Thema Glyphosat beschäftigt uns schon länger, und nicht nur uns, sondern auch die Medien und die Gesellschaft. Wir müssen hier, das hat man auch anhand der Rede meines Vorgängers gesehen, zwei Dinge ganz klar auseinanderhalten. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das eine ist der politische Wille zu einer gesellschaftspolitischen Entscheidung, ob man diesen Wirkstoff anwenden will oder nicht, und das andere ist die fachliche Begutachtung. Ich möchte hier wirklich den Einrichtungen Danke sagen, die wir hier haben, ob das eine Ages oder eine Efsa ist, die eindeutig die Unbedenklichkeit beschreiben. Wir sollten uns nicht über das Ergebnis politisch auseinandersetzen, denn das ist fachlich festgelegt, aber wir können die Diskussion darüber führen, wie wir damit umgehen. Diesen Agenturen aber permanent vorzuwerfen, dass sie nicht entsprechend arbeiten, ist nicht richtig, denn das sind für uns als Konsumenten Sicherheitseinrichtungen, die wir brauchen. Wir sollten deren Bediensteten und diesen Fachleuten wirklich einmal unseren Dank ausrichten. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch der klare öffentliche Auftrag, dass natürlich ein Großteil der österreichischen land­wirtschaftlichen Produktion als Lebensmittel auf dem Teller der Österreicherinnen und Österreicher landet, ist damit bekundet, dass nicht nur die Bauern darüber bestimmen und urteilen dürfen, ob sie das anwenden oder nicht, sondern ganz klar der Konsument, der Kunde letztendlich entscheidet, ob er das nimmt oder nicht.

Glyphosat ist deswegen in der internationalen Kritik, weil es ein ganz klares Symbol dafür ist, dass die internationalen Agrarkonzerne damit ein System entwickelt haben, um Megaerträge zu generieren, das aber vor allem mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Südamerika und anderswo. In diesen Topf möchte ich die österreichische


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Landwirtschaft nicht mit hineingeschmissen haben. Das sollten wir ganz klar auseinan­derhalten, denn dieses Haus hat Österreich die Gentechnikfreiheit verordnet, und die österreichischen Bäuerinnen und Bauern leben das. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Menschen in unserem Land werden immer älter und gesünder. Es war noch nie zuvor in der Geschichte so, dass wir einen so guten Standard hatten. Wir können ihn halten und stolz darauf sein. Ein Merkmal, ein Baustein dessen ist natürlich auch eine ausreichend vorhandene und sehr hochwertige Ernährung in unserem Land. Ich glaube, da sollte man auch in diesem Sinn Danke an die Bäuerinnen und Bauern sagen und nicht diese schäbige Diskussion auf deren Rücken austragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Am Ende des Tages muss der Produzent das machen, was der Kunde verlangt, und wenn das heißt: Kein Glyphosat in der Anwendung!, dann wird man sich auch danach richten. Wir haben ja bereits jetzt Produktionsformen, die weit über dieses Verbot hinaus­gehen, vor allem im Bereich der Biolandwirtschaft in Österreich. Was aber sehen wir am Markt, wenn der Kunde mit seiner Kaufentscheidung ganz klar Politik betreiben kann? Wie wird produziert, wer produziert und wo wird es produziert? – Mit den aktuellen Marktdaten haben wir einen 9-Prozent-Anteil von Bioprodukten im Lebensmitteleinzelhandel. Dies ließe sich noch weit steigern, dafür brauchen wir kein einziges Gesetz. Das kann der Konsument mit dem Kauf entscheiden.

Mit dem Entschließungsantrag haben wir eines gemacht, nämlich die Diskussion eröffnet, aber auf einem fundierten Weg, um auch Sicherheit zu geben, dass wir Stan­dards, die in Europa, wo wir eine gemeinsame Marktordnung haben, festgelegt sind, in Österreich nicht mit Gold Plating überladen. Wir müssen nämlich darauf ach­ten, dass wir unsere Produktion erhalten können und nicht sozusagen keine eigene Produktion haben und für andere Märkte offen sind.

Ich möchte dazu nur ein Beispiel nennen, und zwar den Bereich der Eier und die Frage der Fipronilverunreinigungen – das war jetzt wieder ein aktuelles Thema in den Medien. Da muss man ganz klar sagen: Die österreichische Produktion war sauber. Die verarbeiteten Produkte, die hereingekommen sind, nicht. Daher ist der Effekt null, wenn wir nicht darauf achten, was der Handel letztendlich mit den Produkten macht.

Machbarkeit und Planungssicherheit für Anwender müssen wir gewährleisten, Kontrolle der Einfuhren in unsere Märkte und im Handel müssen wir verstärken. Dazu ist auch maximale Transparenz vom Lebensmitteleinzelhandel gefragt, um weiterhin Sicherheit für die Konsumenten zu erhalten. Nur so werden wir eine nachhaltige Landwirtschaft in Österreich zum Nutzen unserer Bürgerinnen und Bürger auch weiter betreiben können. Ich bitte Sie, dass Sie betreffend diesen Entschließungsantrag später in den parlamen­tarischen Ausschüssen – wie es dem Parlament auch entspricht – mit uns zusam­menarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.43


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Ecker, für 4 Minuten. – Bitte.

 


16.43.30

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Schmuckenschlager, es stimmt: Die Menschen werden immer älter in unserem Land, aber wir hatten auch noch nie so viele krebskranke Menschen in diesem Land, wie wir sie derzeit haben.

Ich möchte meine Ausführungen mit einer Aussage eines der führenden Mediziner in diesem Land beginnen. „Glyphosat tötet ganze Ökosysteme in der Natur, die gesamte


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Artenvielfalt von Insekten bis zu Singvögeln, und auch die so wichtige Darmflora des Menschen wird durch die Umweltgifte gestört. Krankheiten sind die Folge.“

Am 21. Mai 2015 stand ich damals noch im alten Nationalratssitzungssaal und habe erstmals meine Bedenken gegen dieses Totalherbizid geäußert. Damals ging nur ein Kollege von den Grünen, Herr Pirklhuber, auf meinen Debattenbeitrag ein. Heute, über zwei Jahre später, ist Glyphosat aus der politischen Diskussion nicht mehr wegzu­denken – vielmehr noch: Es steht auf der Tagesordnung sämtlicher Parlamente. Es füllt Zeitungsberichte. Es ist der Auslöser für Demonstrationen und sorgt sogar für eine Krise, und zwar bei den Sondierungsgesprächen des wichtigsten Landes in der Europäischen Union; aber warum? – Weil Glyphosat ein Mittel ist, das wahrscheinlich krebserregend ist und unsere Umwelt nachhaltig schädigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir – und mit mir vielen Österreicherinnen und Österreichern – stellt sich die Frage: Wieso kümmern sich die künftigen Regie­rungsparteien nicht um ein rasches, schnelles, totales Verbot hier in Österreich? Wa­rum stellen sie sich nicht an die Seite der führenden Ärzte, der österreichischen Firmenbosse – Spar beispielsweise –, der zahlreichen Gemeinden und Bundesländer und an die Seite der Bevölkerung? – Weil sie Konzerninteressen vertreten!

Auch wenn in den Medien heute zu lesen ist, dass sich der künftige ÖVP-Bundes­kanzler jetzt doch für ein nationales Glyphosatverbot einsetzen will, hält sich meine Euphorie in Grenzen. Wir brauchen keine Machbarkeitsstudie, wie wir in der Landwirt­schaft in Österreich aus der Anwendung dieses Mittels aussteigen – das braucht es nicht –, und auch keine Maßnahme zur Abfederung finanzieller Nachteile. Die ÖVP legt mittlerweile fast täglich einen Kurswechsel fest. Wer am Sonntag die Sendung „Pressestunde“ gesehen hat, weiß, der Präsident der Landwirtschaftskammer Schultes hat gesagt, er sei froh, dass Glyphosat weiterhin erlaubt ist, es komme ohnehin nicht zur Anwendung. Zugleich wird eine Abfederung der finanziellen Nachteile gefordert. – Also für mich ist das ein Zickzackkurs, den ich so nicht hinnehmen werde.

Am 12. September 2017 sprach sich Heinz-Christian Strache – er ist, glaube ich, gerade nicht im Saal – auch für ein Verbot aus. Ich hoffe, ihr bleibt dabei. (Abg. Rosenkranz: Er ist da hinten!) – Ich sehe ihn gerade nicht. Ja, ich hoffe, liebe FPÖ, ihr bleibt dabei, denn die Volksseele, wie sie heute schon genannt wurde, wünscht sich ein Glyphosatverbot. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Warum schloss sich die ÖVP im EU-Unterausschuss nicht der SPÖ, der FPÖ und den Grünen an, um Minister Rupprechter zu binden, auf EU-Ebene künftig eine Verlän­gerung nicht zuzulassen? Warum erwähnt der Landwirtschaftsminister Rupprechter Glyphosat mit keinem Wort in dem vielgepriesenen Masterplan für den ländlichen Raum? Das ist wiederum ein Grund, um eventuell – beziehungsweise würde ich mir das wünschen – ein eigenes Umweltministerium, abgekoppelt vom Landwirtschafts­ministerium, einzurichten.

Die Faktenlage ist also eindeutig, und für uns Sozialdemokraten war es immer klar: Wir wollen kein Glyphosat. Wir wollen ein nationales Verbot im Sinne des Vorsorge­prin­zips, denn das sind wir den Menschen in unserem Land, der Landwirtschaft, der Artenvielfalt und vor allem auch unserem Gewissen schuldig.

Mit unserer Forderung sind wir, wie gesagt, nicht alleine: Etliche Biobauern, Bauern, milchverarbeitende Betriebe wie zum Beispiel die Molkerei Berchtesgadener Land, bei der sehr, sehr viele Salzburger Betriebe ihre Milch abliefern, und Bürgerinitiativen wollen es nicht. Wie gesagt, Spar springt auf den Zug auf. Wir Sozialdemokraten lassen diese Menschen sicher nicht im Stich. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich möchte zum Abschluss an einen der bekanntesten Gynäkologen unseres Landes, nämlich Professor Dr. Metka, erinnern, der im Zuge der Glyphosatdebatte gemeint hat – Zitat –: Wir Ärztinnen und Ärzte „sind unserem Ärzteeid verpflichtet. Und damit auch dem Wohl der Menschen“. – Zitatende. Wir alle hier im Saal haben kürzlich auch einen Eid geschworen, nämlich wir haben uns verpflichtet, zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher zu handeln. Liebe zukünftige Regierungsparteien, denkt einmal darüber nach! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.48


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Rauch, für 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.48.45

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten und hier im Saal! Es wird in Zukunft einen nationalen Stufenplan für den Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat geben, das steht fest! Es gibt einen Plan, wie dieser Ausstieg in Zukunft genau ablaufen soll.

Ich verstehe die Aufregung seitens der SPÖ nicht. Ich glaube, die neue Rolle in der Opposition haben Sie noch nicht ganz gefunden. Zur Erklärung und Ergänzung – da ich den Herrn Bundeskanzler gerade anschaue –: Wer sind die größten Benutzer von Glyphosat? – Das sind die ÖBB. Sie verwenden am Gleiskörper die meisten Tonnen Glyphosat in Österreich.

Zur Aufklärung – da Herr Kollege Schieder, der geschäftsführende Klubobmann, es heute erwähnt hat –: Wir haben einen Entschließungsantrag gemeinsam mit der ÖVP vorbereitet und auch eingebracht. Es gibt also Maßnahmen in diesem Bereich.

Gehen wir die Geschichte chronologisch durch:

Am 3. Oktober haben wir gemeinsam mit Ihnen dem Herrn Bundesminister im EU-Unterausschuss den Auftrag erteilt, auf EU-Ebene gegen Glyphosat zu stimmen. Diesem Auftrag ist der Herr Bundesminister nachgekommen – erster Punkt.

Am 27. November wurde auf EU-Ebene diesbezüglich mehrheitlich – und wir leben alle in der Europäischen Union, wir alle sind Demokraten – für den Beibehalt von Glyphosat gestimmt. Jetzt liegt es in unserer Hand, auf nationaler Ebene Maßnahmen zu setzen, einen stufenweisen Ausstieg aus der Verwendung dieses Pflanzenschutzmittels – Klammer auf: Glyphosat, Klammer zu – zu erwirken. Diese Maßnahmen werden wir mit Engagement und Einsatz angehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie werden wir an diese Sache herangehen? – Ganz klar: Wir werden die zuständigen Bundesministerien beauftragen, dementsprechende Maßnahmen zu setzen und auch zu forschen, wie diese Maßnahmen gesetzt werden können. Punkte sollten die As­pekte der wirtschaftlichen Auswirkung auf Landwirtschaft, Verarbeitungsbetriebe, Handel, Gebietskörperschaften und Infrastruktureinrichtungen – hauptsächlich versie­gelte Bodenflächen – sowie die dementsprechende Feststellung der Risiken für die menschliche Gesundheit durch importierte Lebensmittel, die ökologischen Auswir­kungen insbesondere unter Berücksichtigung der Erosion, CO2, alternativen Pflanzen­schutzmitteln und der Bekämpfung von invasiven Arten sein. Ein weiterer Punkt sollte die Festlegung von Grenzwerten beziehungsweise der Nulltoleranz bei Import­pro­duk­ten sein – Stichwort ist das Zertifizierungsverfahren. (Abg. Wittmann: Im Wahlkampf hat das anders geklungen!) – Ich weiß, Sie haben das sinnerfassend nicht ganz verstanden, wie Kollege Schieder vorhin zu erklären versucht hat. Im Endeffekt sind es aber Maßnahmen, die wir im Laufe des Jahres 2018 umsetzen werden. (Weitere


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Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich freue mich diesbezüglich, dass wir gemeinsam einen Weg gefunden haben, den Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat im Jahr 2018 durchzusetzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.52


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Bernhard, für 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.52.49

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Glyphosatverbot ist das Thema. Ich weiß, die Diskussion verfolgt uns schon länger. Wir haben als NEOS bereits vor einem halben Jahr ein sehr klares Bekenntnis abgegeben: Wir haben gesagt, wir wis­sen, dass es einen Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat braucht, allerdings in Stufen, weil wir nicht überall die richtige Antwort zur richtigen Zeit haben.

Ganz konkret möchte ich auf die Einzelbereiche eingehen – meine Vorrednerinnen und Vorredner sind da nicht so genau darauf eingegangen.

Der erste Bereich ist jener der Haushalte, der Privathaushalte: Da gibt es bereits heute das holländische Modell, wo der Verkauf nicht mehr erlaubt ist. Das könnten wir per sofort umsetzen. Das hat keine Auswirkungen auf die Landwirtschaft, keine Auswir­kungen auf den öffentlichen Verkehr, das ginge. Man braucht es auch nicht weiter zu prüfen, wir müssen es nur beschließen. Wir haben es beantragt, es wurde von allen Fraktionen außer den NEOS abgelehnt.

Der zweite Punkt, der sehr klar ist, liegt im Bereich der Landwirtschaft. Im Bereich der Landwirtschaft gibt es, auch wenn man mit Umwelt-NGOs redet, noch keine sehr konkrete Antwort. Da braucht es einen Stufenplan, weil wir nicht wollen, dass wir Glyphosat am einen Tag verbieten und am nächsten Tag ein anderes Pestizid kommt, welches wir weniger beforscht haben und dessen Auswirkungen wir weniger kennen. Klar ist, wir wollen einen Glyphosatausstieg, wollen aber gleichzeitig nicht einen Um­stieg auf ein anderes Pestizid, sondern tatsächlich einen Umstieg auf eine ökolo­gi­schere Landwirtschaft. Das geht nicht von heute auf morgen, da müssen wir die Land­wirtschaft mit an Bord holen.

Der dritte Punkt – und das ist der einzige, der aus unserer Sicht noch nicht klar beant­wortet ist – betrifft die Frage der Verkehrssicherheit bei den ÖBB. 2015 wurden noch 9,5 Tonnen Glyphosat verwendet. Das Argument war, dass die Verkehrssicherheit sonst nicht gewährleistet wäre. Der große Fürsprecher, dass wir Glyphosat heute nicht verbieten können, befindet sich unter uns: Es ist Verkehrsminister Leichtfried. Er hat in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung im Jahr 2017 ausführlich Antwort auf die Frage gegeben: Werden andere alternative Methoden von den ÖBB versucht? Wenn ja, welche Ergebnisse wurden hier erzielt? – Dazu hat er gesagt: „Bei den ÖBB wurden alternative Verfahren mit Heißdampf und Heißwasser getestet. Diese Art der Vegetationskontrolle hat bisher noch keine optimalen Ergebnisse gebracht (...)“. Auch andere nicht chemische Tests seien dort durchgeführt worden, manche wurden nicht erfolgreich durchgeführt, bei anderen fehle noch das Ergebnis. Diese Antwort kam aus einem SPÖ-Ministerium, und zwar im Februar 2017, das ist also erst wenige Monate her.

Es ist schon ein wesentliches Thema, denn die Frage, ob wir die Schienen so weit von Wurzelwerk unkrautfrei halten, dass wir keine Verkehrsunfälle bei den Bahnen haben, ist eine zentrale. Ich kann nicht das Risiko einer Erkrankung gegen das Risiko eines Verkehrsunfalls tauschen, es braucht da eine vernünftige Antwort. Die Antwort ist derzeit aus meiner Sicht nicht ausreichend gegeben.


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Klar sind für uns folgende Dinge: Das erste ist ein Bekenntnis, wir wollen diese – unserer Einschätzung nach – letzte Zulassung auf europäischer Ebene nutzen, Glyphosatfreiheit in Österreich zu gewährleisten. Das kann in manchen Bereichen bereits morgen passieren, in anderen Bereichen in einem Jahr, und vielleicht in den letzten Bereichen in zwei oder drei Jahren. Dieses Bekenntnis gibt es. Ein Ausstieg, bei dem wir nicht wissen, welche Pestizide morgen eingesetzt werden, und nicht wissen, wie unsere Passagiere mit den Bahnen ordentlich und sicher transportiert wer­den, erscheint mir sehr waghalsig und nicht durchdacht. – Vielen Dank für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

16.56


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Bißmann, für 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.56.48

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Werte Präsidentin! Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Kann mir jemand sagen, wieso wir in Österreich unsere einzigartige Ausgangslage und die jahrzehntelange Erfahrung mit alternativer und kleinteiliger Landwirtschaft nicht nutzen? Kann mir jemand sagen, warum wir da nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? – Zum einen müssen wir die Substanz unserer wertvollen Böden schützen, die Artenvielfalt erhalten und ein für alle Mal von Glyphosat und anderen chemischen Mitteln befreien. Zum anderen kön­nen wir damit den Anteil unserer biologisch erzeugten Lebensmittel erhöhen und gleichzeitig unsere Wirtschaft stärken. Biologische Lebensmittel sind nämlich ein stark wachsender Absatzmarkt.

Über die Gesundheitsschädigung durch Glyphosat wurde heute schon viel gesprochen. Kollege Schieder, ich würde nur empfehlen, dass Sie bei der Gesundheitsthematik nicht so sehr auf den Verdacht der Krebserregung Bezug nehmen, weil es dazu keine wissenschaftlichen Studien gibt, die das belegen – es gibt Korrelationsstudien, aber keine experimentellen Tests. Embryonale Entwicklungsschäden, Störungen des Hor­monsystems und die Resistenzen sind jedoch wissenschaftlich mit experimentellen Studien belegt.

Die Gesundheit unser Bürgerinnen und Bürger muss uns wirklich ein Anliegen sein. Deshalb hat vor zwei Monaten das Parlament für den Totalausstieg gestimmt, auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Sie beeindrucken mich heute wirk­lich sehr mit einer turnerischen Meisterleistung, mit der Rolle rückwärts aus dem Stand. Führen Sie Ihre Wähler nicht hinters Licht! Stimmen Sie diesem Antrag der SPÖ zu!

Es gibt nicht wenige Stimmen, die meinen, Glyphosat sei alternativlos. Denen sei Folgendes gesagt: Auf EU-Ebene haben sich heute bereits neun Länder dezidiert gegen Glyphosat ausgesprochen. (Abg. Rosenkranz: Wie sollen wir jetzt bei der ersten Lesung zustimmen?!) Herr Kollege Bernhard von den NEOS, in Anbetracht der Tatsache, dass auch Frankreich und Italien total aus der Verwendung von Glyphosat ausgestiegen sind, hat Ihr Argument mit der Schienenbehandlung nicht wirklich Bestand. Das müssen wir uns noch einmal anschauen, ob das bei der Trassen­behand­lung wirklich alternativlos ist. Außerdem sind heute schon über 500 der 2 100 öster­reichischen Gemeinden freiwillig glyphosatfrei, und diese Gemeinden haben keines­wegs aufgehört, ihre Felder zu bewirtschaften.

Zu Ihrem Antrag, liebe SPÖ: Wir unterstützen diesen grundsätzlich, ich finde es aber schade, dass es ein roter Alleingang war. Wir haben ja versucht, einen gemeinsamen Antrag einzureichen, das wurde abgelehnt. Ich plädiere dafür, in Zukunft gemeinsame Anträge einzureichen. Gerade in der Opposition und gerade bei den großen Zukunfts­fragen müssen wir zusammenarbeiten.


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Was die großen Fragen der Umwelt- und Energiepolitik betrifft, gibt es spannende Ideen von allen Parteien: NEOS fordert die Einrichtung von zusätzlichen Forschungs­fonds, um alternative Energien zu fördern, die SPÖ hat unter Christian Kern die Notwendigkeit der ökosozialen Steuerreform entdeckt, und da wäre die ÖVP, die bis 2030 einen Totalausstieg aus der fossilen Energie erreichen will.

Die wichtigste Frage bei einem Totalausstieg betreffend Glyphosat lautet: Was passiert nach dem Totalausstieg? Steigen unsere Landwirte auf viel schädlichere, andere chemi­sche Pflanzenvernichtungsmittel um? Nein, das wollen wir natürlich nicht. Deshalb müssen wir einen vernünftigen Übergang schaffen – und der ist schnell zu schaffen. Die freiwillig glyphosatfreien Gemeinden zeigen es ja vor: Es gibt Alterna­tiven. Setzen wir uns deshalb doch mit unseren Bauern, die wissen, wie es geht, zusammen und arbeiten wir eine Alternative aus, eine Vision für eine glyphosatfreie Zukunft! Tun wir das ganz, ganz schnell – nicht schrittweise, sonst wird alles nur auf die lange Bank geschoben und vertagt!

Wenn wir dann international Vorreiter im Bereich gesunde Landwirtschaft geworden sind, dann schicken wir unsere Expertinnen und Experten zu internationalen Kongres­sen, um der Welt zu zeigen, wie es geht. Teilen wir doch unsere Erfahrung mit ande­ren, die sie brauchen können, und ernten wir eine schönere, bessere, gesündere Welt und ein schöneres, besseres, gesünderes Österreich! – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

17.01


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Mag. Jörg Leichtfried, für 4 Minuten. – Bitte.

 


17.01.50

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst zu dem, was Kollege Bernhard angesprochen hat: Ja, diese Beantwortung gibt es. Sie hätten sie vielleicht noch zu Ende zitieren müssen, denn eine oder zwei Zeilen darunter steht, dass andere Mittel häufiger eingesetzt werden müssen, um den gleichen Effekt zu erzielen. Ich darf Ihnen aber auch berichten, dass ich letzte Woche ein Gespräch mit den ÖBB gehabt habe und die klargestellt haben, dass sie sofort aussteigen können, wenn es notwendig ist. (Abg. Rupprechter: Was soll das? Was haben die gemacht?)

Das ist Stand der Dinge, geschätzte Damen und Herren. Deshalb diskutieren wir heute nicht über die ÖBB, deshalb diskutieren wir schon über die Landwirtschaft. In der Landwirtschaft werden nämlich ungefähr über 90 Prozent des Glyphosats in Österreich ausgebracht, und das bedeutet eine Gesundheitsgefährdung, geschätzte Damen und Herren (Zwischenrufe bei der ÖVP), und das nicht nur für die Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch für die Landwirtinnen und Landwirte.

Das bedeutet aber auch schlechteren Artenschutz und wirtschaftliche Abhängigkeit, geschätzte Damen und Herren, denn der Konzern, der dieses Mittel vertreibt, ist ja nicht nur daran interessiert, dass genügend angebaut wird, sondern auch daran, dass ausschließlich seine Produkte gekauft werden. Das ist auch der Grund für den Antrag der Sozialdemokratie und für den Regierungsvorschlag, den wir in guter Tradition übermittelt haben.

Was ist aber dann passiert, geschätzte Damen und Herren? Der Umweltschutz­minis­ter, der auch für die Landwirtschaft beziehungsweise vor allem für die Land­wirtschaft zuständig ist, hat auf die Regierungsvorlage nicht reagiert. Der Umwelt­schutzminister schweigt auch zum Versagen der Kontrollbehörden auf europäischer Ebene; das muss man auch einmal ganz offen sagen.


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Etwas einfach zu plagiieren, anstatt es selbst zu überprüfen, ist vielleicht zu wenig, Herr Kollege. Der Umweltschutzminister muss von diesem Haus verpflichtet werden – nicht, dass es eine Selbstverständlichkeit ist –, im Rat gegen Glyphosat zu stimmen. Der Umweltschutzminister sagt jetzt immer noch nichts dazu. (Abg. Rupprechter: Sie sollten schon wissen, dass das nicht im Rat war, Herr Kollege!) Er sitzt drinnen und sagt nichts dazu, geschätzte Damen und Herren. Das ist ja schon ein bisschen absonderlich! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das war jetzt schon sehr billig!)

Was passiert jetzt? Heute in der Früh habe ich mich unglaublich gefreut, wirklich. Ich habe mir gedacht: Was ist mit der ÖVP und der FPÖ los? Die sind plötzlich dagegen – steht in der Zeitung. (Abg. Rosenkranz: Ach so! Dann muss es ja stimmen!) – Ja, in der Zeitung. (Abg. Rosenkranz: Ich habe Ihr Horoskop gelesen!) Dann lese ich aber den Antrag der FPÖ und der ÖVP und es heißt: Wir machen einen Entschließungs­antrag. Da soll geprüft werden, was ohnehin schon 15-mal geprüft worden ist. So wird es gleich enden wie beim Rauchen. Die Rauchschwaden werden nicht verschwinden und die Giftschwaden auf den Feldern auch nicht mit Ihrem Antrag, geschätzte Damen und Herren, denn das wollen Sie am Ende nämlich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Fehler liegt aber nicht nur in der Absicht, der Fehler liegt auch im Konstrukt. Es ist meines Erachtens kein Zufall, dass das alles so geschehen ist, wie es jetzt geschehen ist. Wenn man sich von der Systematik her nicht entschließt, den Bereich Umwelt von der Landwirtschaft zu trennen, geschätzte Damen und Herren, wenn das nicht getrennt ist, dominieren immer die Interessen der Agrarindustrie über die Interessen der Ge­sund­heit der Menschen. Ich fordere Sie als zukünftige Abgeordnete einer Bundesregie­rung auf: Trennen Sie den Bereich Umwelt vom Landwirtschaftsbereich, sonst wird sich dieses Debakel jedes Mal wiederholen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Hauser: Wieso haben Sie das nicht in der letzten Periode gemacht? Wieso habt ihr das nicht aufgegriffen? Wieso habt ihr das nicht getrennt?)

Jetzt zu den Freiheitlichen (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) – ich komme jetzt zu Ihnen –: Dass der ÖVP die Aktionärsgewinne wichtiger sind als die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wissen wir nicht erst seit der 12-Stunden-Tag-Debatte (Zwischenrufe bei der FPÖ), in deren Folge die Leute in Zukunft im ver­rauchten Beisl 12 statt 8 Stunden arbeiten müssen, geschätzte Damen und Herren. Dass der ÖVP die Interessen der Agrarindustrie wichtiger sind als die Gesundheit der Menschen, wissen wir nicht erst seit der Glyphosat-Debatte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aber hallo (Abg. Rosenkranz: Hallo!), hallo FPÖ! Der Herr Strache (ein Bild des Abg. Strache in die Höhe haltend – Abg. Rosenkranz: Super!) meinte am 13. September: „Wir sagen eines ganz klar: Ja, wir, die Freiheitliche Partei, unterstützen ein absolutes Glyphosat-Verbot.“ – Was ist jetzt draus geworden, geschätzte Damen und Herren? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Bevor Sie überhaupt aufgestanden und in die Regierung eingetreten sind, sind Sie für Ihre Wählerinnen und Wähler schon zweimal umgeflogen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die schwarze Witwe hat ihren hellblauen – und manche sagen: türkisen – Schal abgelegt und verspeist Sie mit Haut und Haaren. Herzliche Gratulation dazu! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Zur Erlösung für die ÖBB!)

17.06


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.


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Da der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft noch nicht gewählt wurde, erfolgt eine Zuweisung des Antrages 18/A in jener Sitzung, in der die Wahl des genannten Aus­schusses durchgeführt wird.

17.07.124. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes(verfassungs)gesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012  – PartG) und das Bundesgesetz über Förderungen des Bundes für politische Parteien (Parteien-Förderungsgesetz 2012  – PartFörG) geändert wird (19/A)

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Klubobmann Strolz. Ich erteile es ihm. – Bitte.

 


17.07.40

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger! 209 Millionen Euro sind heuer, 2017, an Parteien geflossen. 209 Millionen Euro, das ist eine ordentliche Stange Geld, so viel pro Kopf wie nirgendwo auf diesem Kontinent. Wir sind da mit Abstand Europameister. Wir sind da mit Japan an der Weltspitze. Selbst wenn man hier die Klubs auf Lan­desebene, auf Bundesebene und die Parteiakademien weggibt, sind es immer noch 142 Millionen Euro, die an die Parteien geflossen sind.

Wenn man jetzt die 142 Millionen mit deutschen Verhältnissen vergleicht, dann sind das in etwa die absoluten Summenbegrenzungen in der Bundesrepublik Deutschland. Man muss sich vorstellen: Ein Land, das zehnmal so groß ist wie wir, gibt gleich viel aus wie Österreich. Jetzt ist die Frage: Sind die deutschen Parteien zehnmal weniger leistungsfähig als die österreichischen? (Abg. Winzig: Die werden anders finanziert!)

Das glaube ich nicht, und deswegen haben wir hier einen Bedarf, denn – wenn ich da einen Zuruf von der ÖVP bekomme – was ich hier noch nicht eingerechnet habe, ist das ganze Geld, das vor allem der ÖVP und der SPÖ über die Vorfeldorganisationen zugeleitet wird, vor allem im Umfeld der Kammern, die hier eine wesentliche Funktion haben, nämlich politische Geldwäsche für die alteingesessenen Parteien.

Es wäre unser Ansatz gewesen, in der kommenden Periode diese politische Geld­wäsche zu unterbinden. Das effektivste Instrument ist natürlich die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft. (Abg. Winzig: Das ist aber eine gscheite Unterstellung!) Der beste Verbündete wäre da die Freiheitliche Partei Österreichs, haben wir geglaubt, weil wir ihrem Wort Glauben geschenkt haben. Diese ist hier aber natürlich innerhalb weniger Wochen völlig im Wortbruch angelangt.

Von Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft ist keine Rede mehr. Sie haben nicht einmal die Entschlossenheit, die Sozialpartnerschaft aus der Verfassung herauszurekla­mie­ren. Auch dazu stehen Sie nicht mehr. Erstaunlich, wie gefügig Sie offensichtlich sind und wie schnell Sie Ihre Versprechen vergessen!

Besonders arg wird es natürlich auf Ebene der Bundesländer, meine Damen und Herren, wenn Sie sich das schauen: Auf Bundesebene sind Sie – unter Anführungs­zeichen – „4,60 Euro“ wert. Das ist die Summe, die dafür pro Kopf ausgeschüttet wird. Dann gibt es Bundesländer, wo pro Kopf über 20 Euro ausgeschüttet werden, nämlich


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Oberösterreich. In Wien sind sie nimmersatt. In Wien waren sich nämlich die SPÖ, die Grünen in Regierungsverantwortung, die Blauen und die Schwarzen einig.

Nachdem in Wien der gesetzlich vorgesehene Korridor – nämlich doppelt so viel wie in Vorarlberg ausgeschüttet wird – völlig ausgeschöpft wurde, haben Sie zusätzlich nach der letzten Wienwahl eine Akademieförderung erfunden, um den Steuerzahlern noch mehr Geld aus der Geldtasche zu reißen. Wir NEOS haben dieses Geld nicht ange­nommen, wir halten das für ungehörig. Das ist eine Form der Selbstbereicherung der politischen Klasse, die wir nicht mitmachen.

Wir haben mehrfach Anläufe gemacht, um die Parteienfinanzierung zu senken, in Schritten. Wir haben hier sehr konzilianterweise auch kleine Schritte vorgeschlagen. Es war nie jemand dafür. Auch Peter Pilz war immer dagegen. Mittlerweile ist die Liste Pilz dafür, höre ich, es gibt hier also Zuwachs im Bereich der Unterstützer. Wir werden schauen, ob das Wort hier hält.

Wir wollen Sie nicht überfordern. Sie brauchen Ihre Futtertröge, Sie müssen die gan­zen fetten Strukturen durchfüttern. (Ruf bei der FPÖ: Das hat einmal der Peter Haselsteiner gefordert!) Die sind nicht zeitgemäß (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), das wissen wir alle. Deswegen schlagen wir eines vor, wovon wir glauben, dass Sie das gegenüber dem Bürger/der Bürgerin nicht niederstimmen können. Sie haben heute bei der Diskussion gesagt, dass wir bei den Systemkosten sparen müssen – dann ist es natürlich wichtig, dass wir zumindest die Valorisierung aussetzen.

Das Parteien-Förderungsgesetz 2012 sieht vor, dass ab 2015 die Parteienförderung valorisiert wird, wenn ein 5-Prozentsprung in der Inflation erreicht wird. Diesen Sprung werden wir im Jahr 2018 erreichen. Das würde 1,5 Millionen Euro mehr für die Parla­ments­parteien allein auf Bundesebene bedeuten. Ich glaube aber, in Zeiten, in denen wir in manchen Branchen sinkende, in einigen Branchen stagnierende Reallöhne haben, in Zeiten, in denen Österreich bei der Parteienförderung europaweit führend ist, sollten wir hier mit gutem Beispiel vorangehen und tatsächlich an Systemkosten sparen und diese Valorisierung aussetzen. Ich freue mich auf diese Debatte im Ausschuss. Natürlich können wir das Geld vielfach verwenden, in vielen Bereichen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Ist das Zustimmung? (Abg. Neubauer: Ja, da werden wir über den Herrn Haselsteiner auch einmal reden müssen!) Wir können über alles reden, natürlich. Sie wissen, jede Partei hat Spender. Der einzige Unterschied zu den NEOS ist, dass wir alle Spenden offenlegen. Die ÖVP hat angekündigt, alle Spenden offenzulegen. Sie hat Unterlagen über 1 Million Euro offengelegt. Ich behaupte aber, dass der Wahlkampf unter 15 Mil­lionen nicht zu machen war. (Abg. Hauser: Ein Unternehmer hält sich eine Partei!)

So wie Sie offensichtlich jetzt auch bei der Regierungsbildung geheime Nebenab­kommen haben, die nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollen, so hatten Sie natürlich auch geheime Finanzierungen in diesem Wahlkampf. Irgendwann wird das, so wie bei Helmut Kohl, herausapern, und das wird sehr unappetitlich werden, das kann ich Ihnen versprechen! (Beifall bei den NEOS.)

17.13


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Singer zu Wort gemeldet, und zwar für 4 Minuten. – Bitte.

 


17.13.53

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns sind sich wohl einig darin, dass die öffentliche Finanzierung der Parteien demokratiepolitisch notwendig ist. Wir alle wissen, wie die Parteienförderung in den USA funktioniert oder, besser gesagt, wie sie nicht funktio-


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niert. Dort gibt es keine staatlich geregelte Finanzierung der Parteien. Die Folge davon sind all die negativen Auswirkungen von Abhängigkeiten und Einflussnahmen.

Der österreichische Weg ist für mich ein guter Weg. Wir stehen zu einer öffentlichen Finanzierung der Parteien. Warum? – Weil die Parteien das wesentliche Fundament unserer Demokratie sind. Die Parteien müssen ihre Sach-, Bildungs- und Informa­tionsaufträge im Sinne der Bürgerinnen und Bürger erfüllen. Entscheidend für mich ist natürlich der transparente Umgang mit den Steuergeldern und natürlich die strikte Ein­haltung aller gesetzlichen Vorgaben. Darauf haben alle Österreicherinnen und Öster­reicher ein Recht.

Ich halte es aber für einen Fehler, die Parteienförderung grundsätzlich infrage zu stellen. Ich verstehe daher den Antrag der NEOS nicht, in welchem ausgeführt ist, dass Parteiförderungen „demokratiepolitisch in keiner Weise notwendig und überschießend“ sind. (Abg. Strolz: Die Valorisierung wollen wir aussetzen, sie bleibt die höchste in Europa! Sie müssen unsere Anträge lesen, wenn Sie dazu debattieren wollen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben versprochen, dass wir im System sparen und nicht bei den Menschen. Heute haben wir dafür bereits ein Zeichen gesetzt, nämlich mit dem Beschluss der Nulllohnrunde für die Politiker. Im Lichte dessen und im Lichte der künftigen demokratiepolitischen Herausforderung wird der vorliegende Antrag der NEOS im Verfassungsausschuss sicherlich sehr intensiv diskutiert werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.16


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Wittmann zu Wort gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.16.36

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zu Ihrem Antrag, Herr Kollege: Erstens: Wir werden uns natürlich die Zeit nehmen, diesen Antrag im Verfassungsausschuss eingehend zu diskutieren. Die Rech­nung stimmt nicht. Der Sprung über die 5-Prozent-Hürde würde nicht 2018 erfolgen, sondern erst 2019. Das heißt, die Parteienförderung wird sehr moderat angeglichen.

Der Ersatz der öffentlichen Parteienförderung wäre aber nur dann möglich, wenn man die private Förderung fördert. Ich verstehe, Sie haben den Haselsteiner als Haupt­förderer. Das ist meiner Meinung nach auch schon bedenklich, weil Sie natürlich eine Abhängigkeit von Ihrem Hauptsponsor haben. (Ruf bei der ÖVP: Eh klar!)

Zu Ihrer Ehre sei aber gesagt, dass Herr Haselsteiner das in der Öffentlichkeit nie mit einer Bedingung verbunden hat. Die wirkliche Gefahr sehe ich aber bei folgendem Fall: Der Herr Pierer hat 460 000 Euro gespendet (Abg. Loacker: Plan A …!) und dazu­gesagt – und jetzt wird es strafrechtlich bedenklich –: Ich will den 12-Stunden-Arbeits­tag. Das heißt, das Geld wurde mit dem Vorsatz gegeben, dass man die Arbeitszeit verändert.

Mir hat Herr Brandstetter, seines Zeichen schwarzer Justizminister, bei der Änderung der Korruptionstatbestände gesagt: Wenn jemand hier eine Spende mit einem Auftrag betreffend ein Gesetz verbindet, fällt er genau unter die Gesetze. Wir werden daher, sollte der 12-Stunden-Arbeitstag kommen, den Herrn Pierer sehr wohl mit einer Sachverhaltsdarstellung vor den Vorhang zerren, denn ich glaube, dass das genau das ist, was es nicht sein sollte, nämlich dass Gesetze erkauft werden. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unwahre Behauptung!) Das ist genau dieser Tat­bestand, der hier erfüllt wird (Beifall bei der SPÖ), und man wird das natürlich genau so sehen.


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Daher: Hände weg von der öffentlichen Parteienförderung (in Richtung der ÖVP-Bankreihen deutend), denn das kommt heraus, wenn Private fördern, die sich hier Gesetze bestellen! (Abg. Nehammer: Nicht mit dem Finger zeigen ...!) Das schauen wir uns schon ganz genau an! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Ruf: Wir schauen uns in der Stadt Wiener Neustadt auch einiges an!) Vielleicht kommt es auch im Immu­nitätsausschuss dazu, dass wir dann Herrn Abgeordneten Kurz ausliefern müssen, weil hier ein Straftatbestand erfüllt ist. (Abg. Nehammer: Das sind alles Unterstellungen! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Das Zweite, das ich hier noch sagen wollte: Ihr habt einen Fristsetzungsantrag bezüglich Änderung des Bundesministeriengesetzes gestellt. (Abg. Neubauer: Das ist unseriös!) Ich schreibe Ihnen ins Stammbuch (Abg. Neubauer: Der Herr Bundes­kanzler …600 Euro, öffentliches Geld!): Diese Vorgangsweise hat es in der Zweiten Republik bisher noch nicht gegeben.

Sie verlassen jede parlamentarische Praxis, jede parlamentarische Vorgangsweise. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Bei diesem Gesetz, in dem es um die Verteilung der Mittel, um die Verteilung der Macht, um die Ausrichtung Österreichs geht, verweigern Sie die parlamentarische Debatte, Sie bringen es nicht in den Verfassungsausschuss. So etwas hat es in der Zweiten Republik bisher noch nicht gegeben! Sie begehen einen Weg am Anfang Ihrer Periode, wo Sie festlegen, dass Sie den Parlamentarismus aushebeln. (Abg. Rädler: So ein Blödsinn! – Abg. Wöginger: Ja, ja!)

Ich halte das für eine äußerst bedenkliche Vorgangsweise. Sie haben dem Verfas­sungsausschuss eine Frist gesetzt, bis 15. Dezember eine Sitzung für die Verhandlung betreffend Ministeriengesetz einzuberufen. Ich lade Sie für morgen, 15 Uhr zu einer Verfassungsausschusssitzung ein, damit wir endlich das Ministeriengesetz be­schließen können und damit Sie uns sagen können, was Sie beschließen wollen und wen Sie als Minister vorschlagen und wie Sie die Mittel verteilen wollen. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

Das ist eine Einladung für morgen, 15 Uhr. Da erwarten wir den Showdown, damit wir endlich wissen, was in dieser Republik los ist (Zwischenrufe der Abgeordneten Nehammer, Rädler und Hauser – Abg. Wöginger: Das ist unfassbar!), und nicht nur irgendetwas über die Zeitungen verbreitet wird, sondern endlich auch darüber ge­sprochen wird, was hier ins Parlament gehört, hier abgehandelt gehört und nirgendwo anders. Verlassen Sie nicht den demokratischen Boden! (Beifall bei der SPÖ.)

17.21


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Lugar, für 5 Minuten. – Bitte.

 


17.21.25

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Abg. Jarolim: So schaut Verantwortung aus, meine Damen und Herren! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ja, also ich hoffe, man beruhigt sich auf der sozialistischen Seite jetzt wieder. Es stimmt natürlich: Wer zahlt, schafft an, es würde auch keiner auf die Idee kommen, dass man in einem Rechtsstreit den eigenen Anwalt von der Gegenseite aussuchen und auch bezahlen lässt. Niemand würde auf diese Idee kommen. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Das heißt, wer zahlt, schafft an, und das Problem haben wir ja in den USA, wo sich Wirtschaft und Geldadel dementsprechend die Präsidenten kaufen. Man braucht da bis zu einer Milliarde Dollar, um überhaupt Präsident zu werden, und dort gibt es keine Parteienförderung. Das heißt: Wer zahlt, schafft an, und wir sehen immer dann, wenn


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Präsidenten ins Amt kommen, dass sie nachher natürlich dann auch die Gesetze machen, die vorher von den Sponsoren gewollt wurden.

Wenn die SPÖ hier herauskommt und auf die ÖVP zeigt und sagt, dass da möglicher­weise etwas gekauft wurde, dann möchte ich nur einmal wissen, wie das bei Ihnen ausschaut, liebe SPÖ, da doch die Gewerkschaft und die Arbeiterkammer Ihnen per­manent ins Handwerk pfuschen und permanent Dinge vorschreiben (Abg. Krainer: Vorsicht!) und Sie auch keinen Genierer haben, das auch tatsächlich im Parlament zu vertreten und Gesetze eins zu eins von der Gewerkschaft geschrieben werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb sage ich Ihnen eines: Meiner Meinung nach ist natürlich die Parteienförderung eine gute Sache, weil ich erlebt habe, wie es ist, wenn ein Milliardär im Hintergrund die Fäden zieht (Abg. Schieder: Sie sind ja die Rückkehr der Mumie! – Abg. Plessl: Sie haben ja Geld bekommen von ihm! – Ruf bei der SPÖ: Du Armer!), und ich weiß, dass das nicht gut ist, denn letztlich sollten die Abgeordneten nur einem verpflichtet sein, nämlich dem Bürger. Wenn der Bürger über die Abgaben zahlt – in einer sehr trans­parenten Form und auch für jeden nachvollziehbar –, dann ist der Bürger das, was er laut Verfassung auch sein sollte: nämlich der Chef im Haus, und er entscheidet darüber, was die Abgeordneten, was die Parteien zu tun haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es so ist wie bei den NEOS, dass von Herrn Haselsteiner 1,2 Millionen Euro bezahlt werden – hat er übrigens auch zugegeben, 1,2 Millionen (Abg. Loacker: Sauber­mann Lugar klärt auf!) –, dann ist meine Frage: Wer gibt einer Partei 1,2 Millionen Euro und will nichts dafür? (Abg. Loacker: ... nimmt Lugar auf die Liste und will nichts dafür?!) Wer ist so edel? Und wenn jemand 1,2 Millionen zu viel in seiner Geldtasche hat (Abg. Strolz: ... 40 Millionen ...! – Zwischenruf des Abg. Scherak), dann spendet er höchstwahrscheinlich eher für die Dritte Welt oder für andere Bedürftige, aber sicherlich nicht für eine Partei wie die NEOS. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie mit dem Finger auf andere zeigen, kehren Sie einmal vor der eigenen Tür! (Beifall bei der FPÖ.) Für uns ist es wichtig, dass die Parteien­förderung transparent ist. (Zwischenruf des Abg. Knes.)

Natürlich können wir über die Höhe reden, keine Frage, und das werden wir im Aus­schuss auch tun. Wir werden im Ausschuss über die Höhe reden, ob diese sinnvoll ist, ob möglicherweise neue Regeln gemacht werden müssen, keine Frage, aber mir ist es hundertmal lieber, wenn der Bürger derjenige ist, der zahlt und dann auch anschafft, als wenn es Oligarchen oder Milliardäre sind oder Sonstiges im Hintergrund, denn wie Sie wissen, habe ich da schon einige Erfahrungen gesammelt, und keine positiven. (Heiterkeit der Abgeordneten Strolz und Scherak.)

Und noch etwas, zu Ihnen, Herr Strolz: Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir unsere Wahlversprechen vergessen haben oder dass Nebenabsprachen passiert sind oder Sonstiges, dann frage ich mich: Sind Sie Hellseher, woher haben Sie denn das? Woher wissen Sie denn das? Haben Sie irgendeinen Baum zu stark umarmt, der es Ihnen geflüstert hat, oder woher kommt das? (Abg. Strolz: ... hellsehen!)

Das heißt: Warten Sie einmal ab, ob es eine Regierung gibt, an der die Freiheitlichen sich beteiligen werden, das ist ja noch gar nicht sicher, das wird sich jetzt weisen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Und wenn es eine gibt, dann kann ich Ihnen versprechen, dass es eine gute Regierung sein wird. Es wird vor allem deshalb eine gute Regierung sein, weil wir als einzige Partei niemals von irgendjemandem Spenden angenommen haben und nur einem Einzigen verpflichtet sind, nämlich dem Wähler, und sonst nie­mandem. Davon können Sie sich mal etwas abschneiden! (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS.)

17.25



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung, 13. Dezember 2017 / Seite 35

Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Noll, für 4 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

 


17.26.01

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Ich komme gleich zur Frage der Parteien­finanzierung, davor aber zu etwas, was Kollege Wittmann zu Recht erregt hat. Wer glaubt, mit so einem Fristsetzungsantrag die parlamentarische Arbeit befördern zu können, der begeht eine demokratiepolitische Widerlichkeit ersten Ranges.

Zur Parteienförderung: Den NEOS ist leider ein bisschen die Courage ausgegangen. Die Richtung ist die richtige, wir haben zu viel Parteienförderung, gar keine Frage. Sie ist nicht nur im internationalen Vergleich zu hoch, sie ist auch für Österreich selbst zu hoch, und wer sich die Wahlkämpfe der letzten Zeit angeschaut hat – jetzt kann man dann wirklich die Volksseele bemühen, weil die jetzt ja durch eine Änderung des Art. 1 B-VG offensichtlich Rechtskraft bekommen hat –, der weiß, dass die Volksseele von dieser politischen Propaganda, die in diesem Land vor Wahlkämpfen und während der Wahlkämpfe gemacht wird, angewidert ist. (Abg. Neubauer: Vom Pilz! Von Peter Pilz, meinen Sie!) Deshalb sollte die Parteienförderung unseres Erachtens auf die Hälfte reduziert werden. Das reicht aus für das, was österreichische Parteien – zu Recht öffentlich gefördert – an Bildungs-, Aufklärungs- und auch an Parteiarbeit zu machen haben, das reicht bei Weitem.

Wir werden mit den NEOS diesen Antrag unterstützen, selbstverständlich, der geht in die richtige Richtung. Wir werden aber in der Ausschussarbeit natürlich vorschlagen, dass wir über dieses bloße Aussetzen der Valorisierung hinausgehen. Da gehört tatsächlich ein Schnitt gemacht, und wenn man schon ganz vollmundig für sich in Anspruch nimmt, mit dem Verzicht auf 1,5 Prozent bei Politikergehältern die Welt retten und die Volksseele befrieden zu wollen, dann sollte man klarer vorgehen und die Parteienförderung – zumindest die allgemeine Parteienförderung – auf ein Maß einschränken, das bei Weitem ausreicht.

Die ÖVP hat sich beim letzten Wahlkampf durch ihre PR-Firmen jede Stimme mit circa 3,9 Euro gekauft. (Rufe bei der ÖVP: Hallo?! Hallo?! Gekauft?!) – Sparen Sie sich Ihr „Hallo“, Sie wissen es ja selbst besser! Wir sind mit 1,3 Euro pro Stimme ausge­kommen, und das hat auch leicht ausgereicht. (Ruf bei der ÖVP: ... Entschuldigung angebracht!) Wir brauchen diese flächendeckenden Wahlplakate nicht, keinen Menschen in Österreich interessiert das, und genauso wenig ist es interessant, Kugel­schreiber, Luftballons und andere Souvenirartikel politischer Art zu fabrizieren.

Gehen wir den Schritt: Reduzieren wir die Parteienförderung auf ein erträgliches Maß, halten wir gleichzeitig an der öffentlichen Förderung der politischen Parteien fest und setzen eine klare Höchstgrenze für die Spenden und ein volles Deklarierungsgebot für private Spenden! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Liste Pilz und NEOS.)

17.28


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Wöginger, für 3 Minuten. – Bitte.

 


17.29.00

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Damen und Herren Abgeordneten! Zur Parteienfinanzierung kann ich nur sagen, dass eine öffentliche Finanzierung richtig ist, was die Parteienlandschaft anbe­langt. Ansonsten schließe ich mich dem an, was Herr Abgeordneter Singer zu dem The­ma gesagt hat: Es wird eine ordentliche Behandlung im zuständigen Ausschuss geben.

Nachdem aber jetzt bei der Sozialdemokratie Panik ausgebrochen ist, was Frist­setzungsanträge anbelangt, und vor allem auch vom Rednerpult aus zu einem Aus-


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schuss geladen wird, ist es doch notwendig, noch ein paar Sätze dazu zu sagen. Was vor der Wahl richtig und anscheinend auch moralisch in Ordnung war, kann nicht nach der Wahl verwerflich sein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben am 4. Oktober elf Fristsetzungsanträge der SPÖ behandelt (Abg. Schieder: Zum Ministeriengesetz?), elf Fristsetzungsanträge, da wurde auch kein Ausschuss vereinbart, da ging es um weitreichende budgetäre Auswirkungen in den einzelnen Bereichen. (Abg. Schieder: Ja, aber nicht zum Bundesministeriengesetz!)

Ich erinnere auch an ein Gesetz zur Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten; da hat sogar ÖGB-Präsident Foglar noch zum Telefon gegriffen, um in letzter Sekunde die Kündigungsfristen sozusagen um drei Jahre in die Zukunft zu verschieben, weil es Gesetze waren, die nicht ordentlich ausverhandelt waren. (Abg. Jarolim: ... eine Verwechslung! Du musst dich einlesen!) Da war es in Ordnung, meine Damen und Herren von der SPÖ, und jetzt ist es schlecht, wenn eine Frist gesetzt wird. – Das kann so nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Schieder: Das ist unredlich!)

Wenn jetzt ein Ausschussobmann hergeht und sagt: Ich lade zu einem Verfas­sungs­ausschuss für morgen, 15 Uhr, ein!, dann ist das anscheinend der neue Stil der SPÖ, da werden alle Usancen des Hauses gebrochen. (Abg. Königsberger-Ludwig: Flexibilität! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Es hat noch nie auf Zuruf vom Rednerpult aus eine Ausschusseinladung gegeben (Abg. Rosenkranz: Das hat nicht einmal der Otto Pendl gemacht!), sondern das wird in der Präsidiale vorberaten, und dann herrscht normalerweise Einvernehmen über alle Fraktionen hinweg, damit ein Ausschusstermin samt Tagesordnung zustande kommt. Also das ist anscheinend der neue Stil, der Einzug hält, und den tragen wir nicht mit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wittmann: Sie haben eine Frist gesetzt! – Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Abschließend kann ich nur sagen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Fürchten Sie sich nicht! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Fürchten Sie sich nicht, es wird eine Bun­desregierung geben, der halt Sie nicht angehören! (Zwischenrufe der Abgeordneten Bacher und Wittmann.)

Wenn man weiter in die Vergangenheit blickt, dann sieht man ja, das hat es alles schon einmal gegeben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Fürchten Sie sich nicht, es wird eine Bundesregierung geben, die die Arbeit für die Bevölkerung aufnehmen will, und zwar rasch aufnehmen will. Daher gibt es auch diese zwei Fristsetzungsanträge zum Bundesministeriengesetz und zum Bundesfinanzgesetz, damit nicht Monate verstreichen müssen, in denen eine Regierung sozusagen handlungsunfähig wäre.

Das ist der tiefere Hintergrund dieser beiden Fristsetzungsanträge. Wir wollen, dass die neue, künftige Bundesregierung die Arbeit rasch aufnehmen kann – im Sinne der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.32


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Scherak, für 1 Minute. – Bitte.

 


17.32.39

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! (Ruf bei der ÖVP: ... Haselsteiner!) – Herr Kollege Rädler, es reicht eigentlich schon.

Herr Kollege Wöginger, den Purzelbaum zurück, den bekommen Sie nicht mehr hin. Die ÖVP und die FPÖ setzen dem Ausschussvorsitzenden eine Frist, dass er den Ausschuss einberuft, und dann beschweren sie sich, dass er den Ausschuss einbe­ruft?! – Also irgendetwas stimmt an Ihrer Sicht des parlamentarischen Prozederes nicht ganz. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Jarolim: Das ist sowas Blödsinniges!)


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Der Punkt ist aber ganz einfach: Den neuen Stil, den Sebastian Kurz versprochen hat, den habe ich jetzt endgültig verstanden. Ich erinnere mich, als Sebastian Kurz einmal im alten Plenarsaal gestanden ist und erklärt hat, es stört ihn nicht, wenn das Parlament arbeitet. (Beifall des Abg. Loacker.)

Der neue Stil ist etwas anderes: Er will gar nicht, dass das Parlament arbeitet, und regt sich darüber auf, wenn ein Ausschussvorsitzender einen Ausschuss einberuft, den er selbst mit Fristsetzung beantragt. Irgendetwas stimmt bei Ihnen nicht ganz, wenn Sie nicht einmal wollen, dass das Parlament in irgendeiner Art und Weise beim Bundes­ministeriengesetz mitreden darf. (Ruf: Unsinn! – Abg. Jarolim: Völlig schwachsinnig!) Wir dürfen es im Ausschuss nicht behandeln. Zum Glück hat Herr Kollege Wittmann den Ausschuss jetzt einberufen, damit wir diskutieren.

Wir können aber noch gar nicht darüber diskutieren, denn das, was Sie einbringen (Präsidentin Köstinger gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsidentin –, ist eine Trägerrakete. Wir wissen ja noch gar nicht, was Sie machen wollen. Das ist eine Missachtung des Parlaments, und das ist genau dieser neue Stil von Sebastian Kurz. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Ruf: Jawohl!)

17.34


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Rosenkranz, für 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Jarolim: Jetzt bin ich gespannt! – Abg. Rosenkranz – auf dem Weg zum Rednerpult –: In der Sozialdemokratie ist man bereits gespannt! – Abg. Jarolim: Jawohl!)

 


17.34.00

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Fürch­tet euch nicht!, ist gesagt worden. Ich möchte die Bierzeltstimmung im SPÖ-Sektor jetzt ein wenig bremsen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Zwischenrufe, die an sich bereits ordnungsrufverdächtig wären, lasse ich jetzt auch einmal weg. Es hat hier an diesem Pult schon einen anderen gegeben, der eigentlich bei jeder Rede dieses Hohe Haus zu irgendetwas eingeladen hat: Ja, es war Otto Pendl, er war aus Ihrer Fraktion, aber er hat sicherlich nie von hier aus zu einem Ausschuss eingeladen. Also ich kann mich nicht daran erinnern, aber es macht jetzt alles nichts. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Finden Sie sich endlich damit ab, dass Ihre Regierungstätigkeit ein Ablaufdatum hat! Je früher es kommt, umso besser ist es. (Anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir wollen in diese Bundesregierung hineinstarten, möglichst rasch. Warum? – Weil es die Menschen in diesem Land wollen, ganz schlicht und ergreifend; vielleicht nicht alle Menschen, ein paar sitzen auch da herinnen (Abg. Höbart: Retrosozis!), aber auch das muss man als Demokrat zur Kenntnis nehmen, ganz schlicht und ergreifend. Und Sie haben Möglichkeiten, hier im Parlament entsprechend zu agieren, Anträge einzu­bringen, erste Lesungen zu veranstalten, bei denen dann aufgefordert wird, zuzu­stimmen. Wir haben allerdings normalerweise noch eine zweite und eine dritte Lesung, das sollte sich auch bereits herumgesprochen haben. Es ist ein ganz normaler parla­mentarischer Prozess, der eingeleitet ist, es sind parlamentarische Mittel. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Ja, ich weiß schon, Kollege Scherak, Sie würden halt gerne, insbesondere im ganzen nächsten Jahr, über ein Bundesministeriengesetz verhandeln und auch entscheiden. (Abg. Scherak: Drüber reden schon!) Ich sage Ihnen eines: Das Wesentliche ist, dass die Ressorteinteilung im Prinzip eigentlich die machen sollten, die in der Regierung sitzen, und nicht die anderen. Das wäre an sich schon etwas; also die Mehrheiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Oder, Kollege Scherak,


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wollen Sie die Ressorts für eine Mehrheit festlegen? Nein, es ist nach wie vor die Mehrheit. (Abg. Scherak: Aber der Gesetzgeber sind schon wir, oder?!)

Jetzt sind wir richtigerweise beim Gesetzgeber, und da hören wir mit etwas auf, von dem Sie von der Sozialdemokratie offensichtlich auch noch nicht verstanden haben, was hier ein neuer Stil ist: Wir wollen die Gesetze und die wirtschaftlichen Grundlagen für eine Regierung bereits zum Zeitpunkt der Angelobung einer Regierung haben (Abg. Heinisch-Hosek: Aber nicht vorher!) und nicht erst monatelang verhandeln müssen. Nein, das wollen wir nicht, wir gehen es anders an.

Wir gehen es auf Punkt und Beistrich richtig an. Sie wissen, wer das zuerst spüren wird? – Die Menschen in diesem Land, dass hier mit Herz und Hand und Hirn agiert wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich vermisse jetzt noch den Zuruf von Kollegen Jarolim, der war noch nicht in der Suada drinnen, entgegen seiner heutigen Gewohnheit. (Ruf bei der FPÖ: Der ist wahrscheinlich nicht da!) Schade, es kommt noch nichts. (Abg. Wittmann: Das ist keinen Zwischenruf wert!) – Kollege Wittmann, Sie sind jetzt ein ganz besonderer Zwischenrufer. Sie haben vorhin über die Parteienfinanzierung gesprochen. – Jetzt sieht man eigentlich erst, wie Sie in Ihrer Ära in Wiener Neustadt mit Ihrer Partei diese Stadt ausgenommen haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Und die Verfahren, die Sie jetzt schon irgendwelchen Spendern androhen und wo Sie sagen: Ah, das werden wir jetzt anschauen, wir haben mit dem Justizminister gesprochen!, und, und, und (Abg. Höbart: Ein Skandal, was in Wiener Neustadt los war!), diese Verfahren laufen bereits bei Ihnen, die laufen bereits in Ihrem Haus.

Das hat man ganz genau gesehen, wo Sie sich mit den Billigmieten in Wiener Neustadt für Ihre Parteilokale auf Kosten der Allgemeinheit - -; da haben Sie keine Spender ge­braucht, weil Sie es den Menschen direkt aus der Tasche herausgenommen haben. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler. – Abg. Höbart: Nadelstreifsozialismus!) Das Ganze war un­redlich bis dorthinaus und wird Gott sei Dank aufgearbeitet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Kolleginnen und Kollegen, nur die Ruhe, aber keine Sorge – damit es nicht wirklich pole­misch wird –: Es wird kein Sturm kommen. Nein, es wird eine ordentliche Regie­rung kom­men, und darauf freuen sich die Österreicher. (Anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.39


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­ne­ter Krainer, für 2 Minuten. – Bitte. (Rufe: Gibt’s den Beratervertrag noch? Kern-Berater!)

 


17.39.11

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Natürlich sind Fristset­zungs­anträge ein normales Werkzeug des Parlamentarismus. Sie sind für den folgenden Fall da: Da wir hier quasi eine Einstimmigkeit für Ausschusssitzungen brauchen, ist es so, dass dann, wenn die Mehrheit ein Gesetz beschließen will und eine Minderheit das technisch verhindern will, indem sie den Ausschuss blockiert, das normale Mittel der Mehrheit, um das durchzusetzen, der Fristsetzungsantrag ist.

Was ich aber noch nie erlebt habe, seit ich in diesem Haus bin – das ist nicht so lang wie der Kollege Kopf, der weiß das noch besser als ich –, ist, dass die Mehrheit einen Ausschuss mit dem Mittel des Fristsetzungsantrages verhindern will und nicht einmal bereit ist, mit den Oppositionsparteien einen Ausschusstermin auszumachen. Das ist ein Missbrauch von parlamentarischen Mitteln, die natürlich der Mehrheit zur Verfü­gung stehen – aber sie missbraucht sie hier und setzt sie für Zwecke ein, für die sie niemals vorgesehen waren und wie sie in diesem Haus niemals gelebt wurden, und das ist das Ärgerliche an dieser Situation. (Beifall bei der SPÖ.)


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Es ist nicht ärgerlich, dass eine Mehrheit in diesem Haus sagt: Wir wollen das Minis­teriengesetz ändern! – Nein, das ist nicht ärgerlich. Ärgerlich ist, wenn die Mehrheit parlamentarische Mittel missbraucht und kein ordentliches parlamentarisches Verfah­ren durchführt, wie es hier immer durchgeführt wurde. Auch Schwarz-Blau I ist den mühsamen Weg durch den Ausschuss gegangen. Das hat auch nicht zu ich weiß nicht welchen Problemen geführt. Ja, das dauert mitunter halt zwei Wochen länger oder man muss vielleicht noch einen Termin am Donnerstag oder am Freitag machen, aber das ist die Art und Weise, wie man Parlamentarismus lebt, und nicht, wie man Parlamen­tarismus mit Füßen tritt. Aber genau das ist das, was Sie hier machen, und das ist gar kein guter Start für eine Regierung. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und NEOS sowie des Abg. Kolba.)

17.41


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 19/A dem Verfassungsausschuss zu.

17.40.08Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Elisabeth Köstinger: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Gerstl und Dr. Bösch, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Initiativantrag 14/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz geändert wird, eine Frist bis 15. Dezember 2017 zu set­zen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr.in Winzig und Mag. Haider, dem Budgetausschuss zur Berichterstattung über den Initiativ­antrag 30/A betreffend gesetzliches Budgetprovisorium 2018 eine Frist bis 15. Dezem­ber 2017 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Vielen Dank.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 31. Jänner 2018, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist hiermit geschlossen.

17.43.06Schluss der Sitzung: 17.43 Uhr

 


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