21.27

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Herr Präsident! Weil sonst niemand darüber spricht, sage ich ein paar Worte zum kulturpolitischen Programm der Regie­rung. Die Kulturpolitik zeigt ja immer sehr symbolisch und kennzeichnend Stil und Aus­richtung einer Regierung und wohin sich eine Regierung bewegt. Gerade bei diesem kulturpolitischen Programm sehen wir besonders deutlich, dass es sich um eine Reise in die Vergangenheit, um mindestens 17 Jahre zurück, in die Ära Schüssel, handelt. Es gibt ein wissenschaftliches Institut, das gerade Textstellen vergleicht und urheberrecht­liche Bedenken hat, dass da mehr oder weniger dasselbe drinsteht wie damals bei der Regierung Schüssel. (Abg. Rädler: ... vom Pilz?)

Tatsächlich haben wir auf der einen Seite diesen Schwerpunkt, wieder zurück zum Na­tionalen, zum Bodenständigen, diese Nabelschau Österreich zuerst, als würde es in der Kultur, in der Kunst nicht ganz wichtig sein, im Sinne der kulturellen Vielfalt den internationalen Austausch zu fördern, und auf der anderen Seite wiederum diese Beto­nung des Wirtschaftsfaktors in der Kunst, als wäre das die wichtigste Funktion in Kultur und Kunst und als würde es da nur ums Geld gehen.

Mich wundert überhaupt, warum diese beiden Positionen, nämlich das Nationale und das Ökonomische, nicht eigentlich ein Andocken der Kulturagenden ans Ministerium für den Wirtschaftsstandort Österreich zur Folge haben könnten; aber was nicht ist, kann ja noch werden, wenn es so weitergeht. Schauen wir einmal, was da passiert.

Ich könnte jetzt viele Beispiele zu diesem Programm anführen, mir ist aber wichtiger, dass ich ganz kurz auch einen Lackmustest in diesem Bereich mache: In Wien haben die Volkspartei und die Freiheitlichen gegen das Projekt am Heumarkt gestimmt, und die Unesco hat der österreichischen Bundesregierung bis zum 1. Februar Zeit gege­ben, noch einmal eine Kehrtwende zu betreiben und das Welterbe Wien zu retten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Welt­kulturerbe-Status retten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dringend alles in ihrer Macht Stehende zu unter­nehmen, um die Stadt Wien auf die Bedeutung ihres kulturellen Erbes für den Ruf Ös­terreichs hinzuweisen und die Gefahr abzuwenden, den Welterbestatus zu verlieren.“

*****

Schauen wir einmal, ob das, was in Köln gelungen ist – die Stadt Köln wollte nämlich Hochhäuser außerhalb des Kernzentrums bauen, wurde aber von der Bundesregie­rung in Deutschland abgehalten –, in Österreich mit der neuen Regierung gelingt oder ob es wieder genauso funktioniert wie vorher und wir das Weltkulturerbe verlieren. Schauen wir, was Sie dazu sagen, ob Sie dafür stimmen oder nicht. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

21.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ‚Welt­kulturerbe-Status retten‘

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung der Bundesregierung bei der 5. Sitzung des Nationalrates am 20.12.2017

Begründung

Vor sechzehn Jahren hat Österreich nach der Ratifizierung der Welterbekonvention an die UNESCO den Antrag gestellt, das historische Zentrum der Stadt Wien in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen. Die UNESCO ist nach eingehender Prüfung 2001 diesem Ansuchen nachgekommen.

Nun gefährdet ein Hochhausprojekt diesen auch touristisch wichtigen, jedenfalls aber selten vergebenen Status. Die Aussagen der UNESCO dazu sind eindeutig. Hochhäu­ser in der Kernzone zerstören deren gewachsene Substanz und beeinträchtigen dra­matisch das Gesamtbild. Schon 2013 hat das Welterbekomitee Österreich aufgefor­dert, in dem Areal nicht höher als im Bestand zu bauen. Für die internationale Orga­nisation ist das aktuelle Projekt inakzeptabel. Sollte es umgesetzt werden, käme Wien auf die Rote Liste und würde in der Folge den Status „Weltkulturerbe“ irreversibel ver­lieren.

In der österreichischen Einreichung aus dem Jahr 2000 wird die Begründung der Auf­nahme Wiens unter den Punkten 2a-2d wie folgt gerechtfertigt: „Die historische und kunsthistorische Bedeutung hat bis heute anschaulich ihren Niederschlag im ‚Stadt­denkmal Wien‘, insbesondere und repräsentativ im historischen Stadtzentrum von Wien, gefunden. In dem durch Kern- und Pufferzone abgegrenzten Bereich hat sich ein geschlossener Bauzustand erhalten, der die großen Entwicklungsstufen Mittelalter, Ba­rock und Gründerzeit widerspiegelt. […] Das historische Stadtzentrum Wien zählt in der Geschlossenheit seiner historisch gewachsen Stadtstruktur zu den schönsten und be­deutendsten Stadtdenkmälern Europas.“

Ist der Titel einmal weg, bleibt er für immer verloren. Der Titel um seiner selbst Willen ist freilich nicht so interessant wie die Folgen seines Verlustes. Dem einen würden weitere Hochhäuser folgen, ohne dass ihnen etwas entgegengehalten werden könnte. Der international geschätzte Stadtkern würde, zersetzt, seine Attraktivität und Einzigar­tigkeit verlieren.

Im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmen 2017- 2020 steht an prominenter Stelle die nachhaltige Absicherung des Weltkulturerbes als eine der wichtigsten laufenden und geplanten Maßnahmen.

Zudem hat die EU das Jahr 2018 zum europäischen Kulturerbejahr ausgerufen. Just in diesem Jahr wird Österreich, wenn nicht alles dagegen unternommen wird, eine Welt­erbestätte verlieren. Seit 6. Juli 2017 steht das historische Zentrum Wiens nämlich auf der Roten Liste.

Die Zeit drängt. Seitens der UNESCO wurde der Bundesregierung eine letzte Frist bis zum 1. Februar 2018 eingeräumt. Bis dahin soll ein Bericht seitens der Bundesregie­rung vorliegen, ob und wie Österreich bereit ist, die Auflagen zum Erhalt des Welterbe-Titels zu erfüllen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dringend alles in ihrer Macht Stehende zu unter­nehmen, um die Stadt Wien auf die Bedeutung ihres kulturellen Erbes für den Ruf Ös­terreichs hinzuweisen und die Gefahr abzuwenden, den Welterbestatus zu verlieren.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich erteile dem nächsten Redner, Herrn Nationalrat Axel Kassegger, das Wort. – Bitte.