Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll5. Sitzung, 20. und 21. Dezember 2017 / Seite 148

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Ich durfte in den letzten 19 Monaten eine Bildungspolitik, eine sozialdemokratische Bildungspolitik gestalten, die es den Schulen, den Pädagoginnen und Pädagogen er­möglicht, zu gestalten, wie es die Kinder brauchen, um ihre Talente und Potenziale ganz besonders zu unterstützen und ganz besonders zu fördern – eine sozialdemokra­tische Bildungspolitik, die kein Kind zurücklässt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: Alle, alle!)

Wenn ich jetzt ins Regierungsprogramm schaue, dann sehe ich, dass sich eines kon­sequent durchzieht: Aussonderung, Selektion, Restriktion und Bestrafung stehen im Vor­dergrund. – Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und der gebotenen Kürze nehme ich mir heute und jetzt nur zwei Themen vor, zum einen die Stärkung der Sonderschulen. Das tut mir wirklich weh.

Ich darf Sie daran erinnern, dass wir 2008 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert haben. Ich darf Sie weiters daran erinnern, dass wir 2012 einen Nationalen Aktionsplan Behinderung mit dem Ziel, ein inklusives Schulsystem zu schaffen, verabschiedet haben. Und wir haben in den Modellregionen Erfahrungen gesammelt, was gelingen kann, wie inklusive Schule gelingen kann, und haben bereits jetzt mehr als 70 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förder­bedarf in inklusiven Schulen. Wäre da nicht Niederösterreich, wären es wahrscheinlich 80 Prozent, denn Niederösterreich hat besonders viele Sonderschulen.

Anstatt sich jetzt darauf zu konzentrieren, inklusive Schulen, inklusive Pädagogik, Inno­vation in dieser Pädagogik und die Unterstützungsstrukturen zu stärken, konzentrieren Sie sich darauf, Sonderschulen auszubauen, diese Kinder wieder zu separieren, die Kinder wieder zu stigmatisieren und den Kindern die Hoffnung zu rauben, dass sie im Leben wirklich Fuß fassen können und dass sie auch eine Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt zu reüssieren. (Beifall bei der SPÖ.) Schauen Sie doch nach Südtirol: 40 Jahre gelebte Inklusion, gelebte Autonomie. Dort kann man sehen, was gelingen kann.

Das zweite Thema, das ich mitgebracht habe, ist das vom Herrn Bundeskanzler sehr geschätzte Ziffernnotenthema. Sehr geehrter Herr Bundeskanzler – leider ist er nicht im Raum –, wenn Sie glauben, mit der Wiedereinführung der Ziffernnoten (Abg. Rauch: Gott sei Dank!) die Probleme und die Herausforderungen im Schulsystem lösen zu kön­nen, dann ist das wirklich zu kurz gegriffen. Ich darf daran erinnern, dass Hunderte Pä­dagoginnen und Pädagogen die alternative Leistungsbeurteilung in langwieriger, aus­führlicher Arbeit in 2 000 Schulversuchen entwickelt haben, ganz klare Kompetenzbe­schreibungen entwickelt haben, Portfolios entwickelt haben, die viel, viel mehr Aussa­gekraft haben als jedwede Ziffernnote, und die den Pädagoginnen und Pädagogen und den Eltern auch mitgeben, wo die besonderen Stärken ihrer Kinder, aber auch die be­sonderen Bedürfnisse liegen, sodass sie gleich gezielt ansetzen können. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Auf Basis dieser langjährigen Erfahrungen in den Tausenden Schulversuchen haben wir, liebe ÖVP – und viele, die damals dabei waren, sind noch hier –, im Juni 2016 be­schlossen, die alternative Leistungsbeurteilung in das Regelschulwesen zu bringen und die Schulpartner darüber entscheiden zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Wir haben gesagt: Liebe Pädagoginnen und Pädagogen, liebe Eltern, entscheidet, welche Art der Leistungsbeurteilung ihr für eure Kinder in der Volksschule haben wollt!

Sehr geehrter Herr Bundesminister Faßmann, ich habe mit Freude die heutige Presse­aussendung gelesen. Sie betonen, dass Sie die Autonomie der Schulen stärken und ausbauen wollen. – Lassen wir den Schulen die Autonomie! Sie sollen entscheiden, ob sie alternative Leistungsbeurteilungen oder Ziffernnoten wollen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Deshalb habe ich auch einen Antrag mitgebracht, den ich jetzt einbringe.

 


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