9.42

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde behandelt das Thema „Arbeitsplätze schaffen statt Arbeitssuchende enteignen, Frau Sozialministerin!“, und daher möchte ich auch nur zu diesem Thema Stellung nehmen.

Wenn man die erste Rede der Frau Sozialministerin gehört hat, dann muss man sa­gen, das war eigentlich nicht die Rede, die wir uns erwartet haben (Abg. Hauser: Das denke ich mir!), nämlich dass es ein soziales Verständnis gibt, dass es eine soziale Kompetenz gibt. (Abg. Zanger: Damit können wir leben!) Und vom Steirer zur Steirerin, Frau Bundesministerin: Ich weiß nicht, wer Ihnen diese Rede geschrieben hat, aber sie war nicht aktuell und sie war überhaupt nicht zielführend für jene Menschen, die das betrifft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Wenn wir uns Ihre ersten Handlungen ansehen, Ihre Beschlüsse, die Sie in der Bun­desregierung gefasst haben, und die Medienberichte nachverfolgen, dann macht es schon sehr große Sorgen, dass nichts Gutes auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer in diesem Land zukommen wird. Mit Ihrer Aktion, den Arbeitsmarkt zu erweitern, mehr Saisonniers am Arbeitsmarkt zuzulassen (Abg. Belakowitsch: Das war aber der Stöger ...!), wird der Verdrängungswettbewerb noch größer, bei dem junge ältere Ar­beitnehmer aus dem Job drängen werden. Parallel dazu gibt es dann auch noch diese ganzen Gedanken, wo Sie nicht wissen, was Sie in dieser Bundesregierung wollen: Betreffend Arbeitslosengeld Neu sind Sie sich uneinig, ob Sie die Notstandshilfe ab­schaffen oder nicht – Menschen, die jahrzehntelang Beiträge bezahlt haben, werden dann von der Arbeitslosenversicherung in die Mindestsicherung abgedrängt – , bis hin zu Uneinigkeit, ob eine Enteignung stattfinden soll oder nicht. – Das macht natürlich große Sorgen.

Zum Punkt Arbeitsmarkt: Die Aktion 20 000 hat bisher 3 000 Menschen einen Job ge­bracht. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das nachhaltig oder nicht nachhaltig ist. Fakt und für mich schon sehr interessant ist, wie schnell sich hier die Meinungen in­nerhalb der ÖVP ändern. Wenn ich mir ein Zitat von August Wöginger vom 29. Juni 2017 anschaue, als wir die Aktion hier im Nationalrat behandelt haben, so lautet dies: Menschen über 50 sind eine besondere Herausforderung. (Ruf bei der FPÖ: Ja!) Die Aktion 20 000 ist erfreulich – Originalzitat –, das Geld ist richtig investiert.

Jetzt, sieben Monate später eine derartige Kehrtwende zu machen (Abg. Belako­witsch: Man kann ja gescheiter werden! Ruf bei der FPÖ: Evaluiert!), das ist unver­ständlich und auch sozialpolitisch nicht tragbar, lieber August Wöginger. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz. – Ruf bei der ÖVP: Man kann aber etwas evaluieren!)

Frau Bundesministerin, Sie sind jetzt kurz im Amt und Sie wissen, dass es gerade für Menschen über 50 sehr schwierig ist, am Arbeitsmarkt einen Job zu bekommen. Wir haben bei 55 000 offenen Stellen 443 000 Arbeitssuchende gemeldet. Wir haben ein Verhältnis von eins zu acht. Alle diese Menschen werden es nicht schaffen, wieder einen Job zu bekommen. Jetzt hier das Wort „bejammern“ zu verwenden oder zu sa­gen, es wurde etwas falsch gemacht: Wir haben alles richtig gemacht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben entsprechende Maßnahmen beschlossen – mit der ÖVP –, damit diese Menschen wieder an die Jobs kommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kas­segger: Leichter Realitätsverlust!)

Wissen Sie, Sie haben bei dieser Gruppe, die keine Chance hat, über einen Umlaufbe­schluss einfach die Stopptaste gedrückt, ohne sich damit befasst zu haben, denn das hat Ihr Interview in der „ZIB 2“ gezeigt. Es sind ja nur 1 536 hineingekommen, haben Sie gesagt, ohne zu erwähnen, dass es nur elf Pilotregionen waren und nicht ganz Österreich, im Wissen, dass es Zigtausende Ansuchen und Anfragen von Gemeinden gibt, die diese Menschen haben wollen – eine parlamentarische Anfrage liegt bei. (Abg. Deimek: Weil die billiger als KVler sind! Das sollte Wirtschaft...!) Sie haben hier einfach die Stopptaste gedrückt, ohne das vorher zu evaluieren. Ich glaube, Sie werden auch viele Mails von Menschen bekommen haben – wieso lesen Sie diese Mails nicht vor? –, die dankbar sind, dass sie noch in diese Maßnahme gekommen sind.

An all jene, die der Frau Bundesministerin vielleicht auch etwas mitzuteilen haben: Schreiben Sie bitte der Frau Bundesministerin Ihre Ansicht, wie es Ihnen mit dieser Be­schäftigungsaktion 20 000 geht! Während sich in Deutschland die womöglich neue Bundesregierung darauf vorbereitet, eine Aktion 150 000 zu starten, um viele arbeits­lose Menschen aus Hartz IV zurück in einen Job zu bringen, schaffen wir es in Ös­terreich ab und schaffen Hartz IV oder Kurz-Strache 1, wie auch immer, H.-C.-Kurz 1. (Abg. Deimek: Ja ja, lustig!) Das ist nicht Sozialpolitik, wie wir sie uns vorstellen. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Aber es klingt besser als Hartz IV, das die SPD eingeführt hat mit den Grünen!) – Ja, ja.

Deshalb, Frau Bundesministerin, meine Bitte: Gehen Sie herunter von dieser Stopptas­te! Wir sind auch bereit, an Lösungen mitzuarbeiten. (Abg. Kitzmüller: ... letzten Jahre nichts zusammengebracht!) Wir bieten Ihnen diese Zusammenarbeit auch an, aber gehen Sie von dieser Stopptaste herunter! Schauen wir, dass wir die Aktion 20 000 ehestmöglich evaluieren, das ist auch ein Angebot, aber setzen Sie sie weiter fort, gehen Sie weg von dieser unsozialen Politik, die Sie derzeit planen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

9.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.