11.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst von meiner Kollegin Ulli Königsberger-Ludwig einen besonderen Gruß an die Schülerinnen und Schüler von der Bafep Amstetten hier auf der Galerie. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Zur Frage mehr oder weniger Europa, proeuropäisch oder doch nationalistisch und an­tieuropäisch: Die Bundesregierung sagt selber, sie sei proeuropäisch – den Beweis muss sie erst erbringen –, sagt aber gleichzeitig, sie will weniger Europa und mehr Na­tionalstaatlichkeit, also mehr nationalistisch sein. Da sehe ich schon einmal den ersten Widerspruch. Wenn ich mir die großen Politikfelder ansehe – Klimaschutz, Steuerpoli­tik, Asylfragen –, dann komme ich an und für sich eher zum Schluss, wir brauchen mehr Europa und nicht weniger. (Beifall bei der SPÖ.)

Insofern verstehe ich gar nicht, wenn die Bundesregierung sagt, wir wollen weniger Eu­ropa, denn es wird ja wohl jedem klar sein, dass man diese Fragen nur international lösen kann. Dass die Klimaproblematik weder zur Gänze in Österreich verursacht wird noch in Österreich alleine deren Lösung liegt, ist ja wohl klar. Im Programm der Bun­desregierung ist, glaube ich, die einzige konkrete Maßnahme, die ich zumindest in Er­innerung habe, die Förderung von Tretrollern. Nicht, dass ich etwas gegen Tretroller hätte, aber zu glauben, dass man mit der Förderung von Tretrollern den Klimawandel aufhält, das halte ich auch für ein bisschen übertrieben. Es steht aber immerhin drin, dass man weiter nachdenken will, ob einem doch noch mehr einfällt. Vielleicht kommt da ja noch etwas. Das sind aber Fragen, die werden wir nur auf internationaler oder auf europäischer Ebene lösen können.

Genauso der Bereich Steuerpolitik: Kollegin Evelyn Regner hat vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, solange wir diesen Steuerwettbewerb innerhalb der Europäischen Union haben, Länder einzelnen Firmen oder einzelnen Teilbereichen Steuersätze von 0,00-irgendwas anbieten, wohingegen jede andere Firma 20, 25 oder mehr Prozent Steuern von ihrem Gewinn zahlen muss, solange wir das zulassen, dass das über­haupt möglich ist, so lange werden wir diesen schädlichen Steuerwettbewerb nicht in den Griff bekommen. Das heißt, da brauchen wir mehr Europa und nicht weniger Eu­ropa, denn weniger Europa bedeutet nämlich auch, in dieser Politikfrage weniger effi­zient zu sein und weniger Erfolg zu haben.

Was leider einer der ersten Schritte in der Finanzpolitik war: Ende letzten Jahres ist die Schwarze Liste vorgestellt worden, also die Liste jener Länder, von denen die Europäi­sche Union sagt: Wenn du Handel mit denen treibst, gelten nicht die Vorzugsregeln! Ihr seid nämlich Steuersümpfe, bei euch versickert unser Steuergeld; wir wollen diese Steuersümpfe trockenlegen, und deswegen kommt ihr auf die Schwarze Liste! – Nicht zu Unrecht hat zum Beispiel auch Abgeordneter Karas von der ÖVP kritisiert, diese Liste ist viel zu kurz, da gehören ja in Wahrheit auch europäische Länder wie Irland, wie Malta, wie Zypern drauf, eben wegen ihrer Steuerpraktiken.

Und was war einer der ersten Schritte, die der neue Finanzminister gesetzt hat? Er fährt nach Brüssel, und was macht er dort? Sorgt er dafür, dass diese Liste ausge­weitet wird? – Nein! Er sorgt dafür, dass diese Liste halbiert wird und selbst Länder wie Panama, von denen man weiß, dass dort jedes Jahr Milliarden Euro aus Österreich versickern, von dieser Schwarzen Liste herunterkommen.

Ganz ehrlich: Erstens in der Steuerpolitik mehr Europa, dann ist es auch effizienter, aber vor allem auch eine ernsthafte Politik, um wirklich diese Steuersümpfe trockenzu­legen, anstatt nach wie vor dafür zu sorgen, dass es sich einige wenige Konzerne auf Kosten der breiten Masse richten können. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen das Ganze dann auch noch bezahlen, entweder weil der Staat schlechtere Leistungen erbringt oder weil sie höhere Steuern zahlen müssen, damit sich einige we­nige aus unserer Gesellschaft Geld ersparen können. So kann es nicht gehen! – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Claudia Gamon. – Bitte.