16.37

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, wir haben ein österreichi­sches Paar oder eine Lebensgemeinschaft; beide verdienen ungefähr 2 500 Euro brut­to pro Monat! Was passiert in den nächsten Jahren? (Abg. Rosenkranz: Gemeinsam oder einzeln?) – Die leben gemeinsam; das ist so ungefähr der österreichische Durch­schnitt bei Haushaltseinkommen. 60 Prozent dieser Leute haben entweder ÖVP oder FPÖ gewählt. Was machen jetzt ÖVP und FPÖ mit denen im nächsten Jahr, im über­nächsten Jahr und im überübernächsten Jahr? (Abg. Krainer: Dass die NEOS ...!) – Sie steigen über den Balkon oder was es halt gibt in die Wohnungen ein – also symbo­lisch betrachtet – und holen ihnen jedes Jahr mehr Geld aus der Geldtasche.

Die schleichende Steuererhöhung wird von dieser Regierung munter fortgesetzt, die kalte Progression wird unter Schwarz-Blau nicht abgeschafft. (Abg. Hauser: Wer sagt denn das?!) Da muss man sich natürlich wundern, wenn man Ihnen Glauben ge­schenkt hat, dass Sebastian Kurz das tun wird, was er angekündigt hat, und im ÖVP-Wahlprogramm gelesen hat (Zwischenruf des Abg. Rädler), dass es eine Abschaffung der kalten Progression braucht, damit es mehr Anreize für die Menschen gibt, die et­was leisten wollen. (Abg. Rosenkranz: Ja!)

Schaut man in das Wahlprogramm der FPÖ, wird es noch deutlicher. Herr Fuchs, der mittlerweile sogar in der Regierung sitzt, hat ja das Wirtschaftsprogramm mitverhan­delt, und der sagt, wir brauchen unbedingt die Abschaffung dieser kalten Progression (Abg. Hauser: Aber Matthias, das kommt ja!), denn die Menschen werden bis 2021 mit bis zu 6 Milliarden Euro belastet. (Zwischenruf des Abg. Angerer.) 6 Milliarden Euro haben die Menschen zu bezahlen, die Sie gewählt haben (Abg. Rosenkranz: Das wird vorher abgeschafft!), weil sie Ihnen geglaubt haben, dass Sie tatsächlich das tun, was Sie versprechen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Angerer und Hauser.)

Jetzt muss man sich das harte Schicksal von Regierungsverhandlern vorstellen. (Abg. Rosenkranz: Das kommt ja! – Zwischenruf des Abg. Hauser.) Beide kommen mit ent­schlossenem Willen: Jetzt machen wir eine neue Regierung, und unsere guten Ideen werden umgesetzt! (Abg. Rosenkranz: Das kommt! – Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Hauser.) Beide sagen: Die kalte Progression muss weg!, und dann wird hart verhandelt. Beide wollen dasselbe, es wird hart verhandelt, und dann kommen sie heraus mit dem glatten Gegenteil. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Ro­senkranz: Nein! – Zwischenrufe und Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ.)

Was ist mit euch, bitte? Was ist mit euch falsch, ÖVP und FPÖ? (Abg. Rosenkranz: Das kommt!) – Ich kann es euch sagen: Diese Regierung lebt von Inszenierung und nicht von mutigen nachhaltigen Taten. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz. – Abg. Rosen­kranz: ... ist das Fremdwort für Herrn Strolz!)

Sie haben beschlossen: Wir verschaukeln die Menschen wie bisher weiter, wir möch­ten so wie bisher alle fünf Jahre – und wir wollen es ja auf zwei Perioden anlegen, also sind es zehn Jahre – dastehen und den gönnerhaften Big Spender geben und sagen, wir entlasten euch. So wie es zum Beispiel 2004 Karl-Heinz Grasser gesagt hat: Die größte Steuerreform aller Zeiten!, Josef Pröll 2008: Das ist die größte Lohnsteuerre­form, die in Österreich je gemacht wurde! Dann kommt Hans Jörg Schelling 2016: Die größte Steuerreform aller Zeiten! Und 2021 wird Kurz dastehen und sagen: Die größte Steuerreform aller Zeiten! – He, verschaukelt jemand anderen, nicht mich und nicht die Menschen, die so hart arbeiten! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Friedl. – Abg. Rosenkranz: ... hinsetzen!)

Ich glaube, dass das natürlich immer mehr Menschen durchschauen. Deswegen haben auch schon die meisten OECD-Länder und die Mehrheit in der Europäischen Union dieses Monstrum der kalten Progression abgeschafft.

Man muss es sich vorstellen: Wir haben im September noch einen gemeinsamen An­trag mit der FPÖ eingebracht. Ich bin Herrn Strache im Wahlkampf vier Nächte lang nachgelaufen, mit SMS habe ich ihn gejagt, bis er gemerkt hat: Der Grat wird so eng, ich komme nicht mehr umhin, ich muss mich ans eigene Wort halten! – So haben wir einen gemeinsamen Antrag gemacht. (Abg. Rosenkranz: Das hat schon einmal Papst Johannes XXIII. gesagt: Nimm dich nicht so wichtig!) Noch Anfang Juli habe ich den Finanzminister am Pogusch in der Steiermark getroffen. Ich kann mich noch daran er­innern, dass er gesagt hat: Das NEOS-Modell macht Sinn, das sollten wir machen, ich muss das noch mit Herrn Kurz besprechen! – Die Besprechung hat lange gedauert und der Kurz hat gesagt: Vor der Wahl machen wir überhaupt nichts! Kurz hat versprochen: Nach der Wahl machen wir es!, und es ist im Wahlprogramm gestanden. Und was machen Sie? – Eben nichts.

Sie belasten die Bevölkerung, jeden einzelnen, der Steuern zahlt, in den nächsten Jah­ren mit weiteren Milliarden. Ein Paar, bei dem jeder von den beiden oder jede von den beiden – wie auch immer, im Lichte des vorigen Tagesordnungspunktes – 2 500 Euro brutto verdient, wird 1 500 Euro allein bis 2020 drauflegen. (Abg. Rosenkranz: Jetzt machen wir eine Wette: Wenn es kommt, dann tritt er zurück!) Das heißt, der Bruch dieses Wahlversprechens von Schwarz-Blau kostet allein bis 2020 einen durchschnitt­lichen Haushalt 1 500 Euro (Abg. Hauser: Auch wenn du das wiederholst, wird es nicht richtiger!), während die Einnahmen sprudeln wie arabische Ölquellen. (Beifall bei den NEOS.) Allein von 2016 auf 2017 reißen Sie den Menschen und den Unternehmen über 5 Milliarden Euro mehr heraus (Zwischenrufe des Abg. Hauser), und Sie schaffen nicht einmal ein ausgeglichenes Budget. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend sei gesagt, Herr Minister, ehemals Minister, Herr Präsident (Heiterkeit bei NEOS und SPÖ): Ihre Partei sagt immer: Keine neuen Steuern, keine neuen Schul­den! – Seit 30 Jahren machen Sie Schulden, und jetzt machen Sie munter weiter (Zwi­schenruf des Abg. Rosenkranz), obwohl Sie die Leute abzocken, als gäbe es kein Morgen. Das ist nicht ehrlich, das ist nicht fair, das ist nicht nachhaltig. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rosenkranz – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Strolz –: Es wird aber nicht wahrer, wenn man es mit mehr Emotion bringt! Ich werde dir eine Wette anbieten: Wenn die kalte Progression abgeschafft wird, dann trittst du zurück! – Abg. Strolz: Können wir öffentlich machen! – Abg. Rosenkranz: Wir brauchen euch für die Schuldenbremse! – Abg. Strolz: Haben wir angeboten!)

16.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zarits. – Bitte.