Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über den Antrag 1/US der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammen­hang mit dem Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis En­de 2016.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (mit Verlangen auf Durchführung ei­ner Debatte) § 33 GOG-NR

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einset­zung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR zur Untersu­chung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsys­tem „Eurofighter Typhoon“ von Anfang 2000 bis Ende 2016

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampf­flugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016 wird ein Unter­suchungsausschuss eingesetzt.“

Untersuchungsgegenstand

I. Unzulässige Zahlungsflüsse

Aufklärung ob und gegebenenfalls in welcher Höhe von Verkäuferseite Kosten für Provisionen, Vermittlungsgebühren oder sonstige Zahlungen an Dritte in der Preisbil­dung berücksichtigt oder sonst dem Bund verrechnet wurden, auf welchen Wegen derartige Mittel verteilt und weiterverrechnet wurden, inwiefern dies der Käuferseite offen gelegt wurde, ob aus diesen Zahlungsflüssen Politiker, Amtsträger, Bedienstete oder Auftragnehmer des Bundes, der Länder oder anderer öffentlicher Körperschaften oder diesen jeweils nahestehende Personen Zahlungen, Provisionen oder sonstige Vorteile erhielten, ob dadurch gegen Gesetze, Ausschreibungsbedingungen oder Ver­tragsbedingungen oder sonstige Regelungen verstoßen wurde, in welcher Höhe der Bund dadurch geschädigt wurde, und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden, und zwar jeweils bezogen auf

•           die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren und die Typenentscheidung,

•           die Vertragsverhandlungen und den Abschluss des Kaufvertrags,

•           die Vertragsverhandlungen und den Abschluss des Gegengeschäftsvertrags,

•           die Vermittlung, den Abschluss, die Meldung und die Anrechnung von Gegen­geschäften,

•           die Beendigung des Untersuchungsausschusses zur Beschaffung von Kampf­flugzeugen, sowie die Erfüllung der Informationsvorlagepflichten gemäß Punkt III.,

•           die Zahlung der Kaufpreisraten,

•           die Lieferung und Abnahme der Kampfflugzeuge,

•           den Abschluss von Service- und Wartungsverträgen sowie die Lieferung von Ersatzteilen, und

•           den laufenden Betrieb

betreffend das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“.

II. Informationslage bei Vertragsabschluss

Aufklärung über die Informationslage und Entscheidungsgründe der Amtsträger und Bediensteten des Bundes betreffend die wesentlichen Inhalte des Kaufvertrages, ins­besondere betreffend die Leistungsfähigkeit, den Preis, die Betriebs- und Wartungs­kosten und die Lieferfähigkeit der Verkäuferseite hinsichtlich des vertraglich vereinbar­ten Leistungsgegenstandes und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden, und zwar

•           im Rahmen der Ausschreibung und Typenentscheidung

•           im Rahmen der Verhandlungen über und den Abschluss des Kaufvertrages

•           im Zeitpunkt der Leistung der vereinbarten Kaufpreiszahlungen

•           im Rahmen der Vergleichsverhandlungen und bei Vergleichsabschluss im Jahr 2007

•           bei Abnahme der tatsächlich gelieferten Flugzeuge

betreffend das Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“.

III. Erfüllung von Vorlage- und Informationspflichten

Aufklärung, ob die damalige Bundesregierung dem Untersuchungsausschuss zur Un­tersuchung aller Abläufe und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Beschaf­fungsvorgang der Eurofighter-Kampfjets (1/GO XXIII. GP) in den Jahren 2006 und 2007 Informationen bzw. Akten vorenthielt. Der damalige Untersuchungsgegenstand lau­tete:

•           Aufklärung über sämtliche Vorbereitungshandlungen zur Vergabe, das Verga­beverfahren, durchgeführte Bewertungen sowie der Zuschlagserteilung samt Vor­trag an den Ministerrat;

•           Aufklärung über Änderung der Ausschreibung, die die Eurofighter begünstigt haben (Verzicht auf Zwischenlösung; Änderung der Lieferfristen; Ausscheidung bzw. Nichtberücksichtigung anderer Bieter, etc.);

•           Aufklärung über die Begünstigung der Eurofighter durch die Wahl der Zah­lungsvariante;

•           Aufklärung über die Finanzierung, die Rolle der Bundesfinanzagentur und die Hintergründe der gewählten Vorgangsweise;

•           Aufklärung über die tatsächliche Vertragsgestaltung aller Verträge zwischen dem BMLV, dem BMF, dem BMWA sowie sonstiger Bundesbehörden und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH;

•           Aufklärung über die tatsächliche Vertragsgestaltung aller Verträge zwischen dem BMLV und der Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland bzw. dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland (BMVg) im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter;

•           Aufklärung über sonstige Verträge und Vereinbarungen;

•           Aufklärung über die tatsächlichen Ausstiegskosten aus den Eurofighter Be­schaffungsverträgen;

•           Aufklärung über die vertraglich vereinbarten technischen Spezifikationen sowie Kostenfolgen von notwendig gewordenen Umrüstungen von bereits gelieferten Kampfflugzeugen; Aufklärung über die tatsächliche Höhe der jährlichen Be­triebskosten für den Einsatz von 18 Kampfflugzeugen;

•           Aufklärung über die Gesamtkosten des Waffensystems Eurofighter für die ge­plante Lebensdauer (Life-cycle-costs);

•           Aufklärung von Einflussnahmen auf und durch Entscheidungsträger und Spit­zenrepräsentanten der Regierungsparteien in der XXI. und XXII. Gesetzge­bungsperiode im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter, insbe­sondere jener Einflussnahmen auf und durch Bundeskanzler Schüssel, die Vi­zekanzlerlnnen aD Riess-Passer und Haupt, den Bundesminister für Finanzen Grasser, den Bundesminister für Wirtschaft Bartenstein, den Bundesminister für Landesverteidigung Platter sowie den Bundesminister für Landesverteidigung aD Scheibner, deren Kabinette und den in den von ihnen geleiteten Bundesminis­terien beschäftigten Personen;

•           Aufklärung der Rolle von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung im Zu­sammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter;

•           Aufklärung der Rolle von parteinahen Firmen, insbesondere der „100% Com­munications PR-Agentur GmbH“;

•           Aufklärung über die Tätigkeit von bezahlten Lobbyisten der Firma Eurofighter im Verlauf des Beschaffungsvorganges;

•           Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von „wirtschaftlichen (Eigen-)Interes­sen“ von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmit­gliedern und sonstigen Repräsentanten der Regierungsparteien im Zuge der Be­schaffung der Eurofighter;

•           Aufklärung über die Vorgänge rund um die Ministerratsentscheidung am 2. Juli 2002 hinsichtlich der Meinungsbildung der Mitglieder der Bundesregierung, ins­besondere von Bundesminister Grasser, Bundesminister Scheibner und Bun­deskanzler Schüssel;

•           Aufklärung über die behaupteten, angebahnten oder realisierten Kompensa­tionsgeschäfte sowie deren Einfluss auf die Kaufentscheidung;

•           Aufklärung hinsichtlich der Reduktion der Kampfflugzeugstückzahl von 24 Gerä­ten auf 18 unter Nichteinhaltung des selbst gewählten Vergabeverfahrens;

•           Aufklärung über die durch die Bundesregierung vorgenommene Anmietung von Kampfflugzeugen zur Überbrückung des Zeitraumes bis zur Eurofighter Ausliefe­rung;

•           Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammen­hang mit den genannten Sachverhalten.

Verlangen

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen weiters gemäß § 33 Abs. 4 GOG-NR über diesen Antrag eine kurze Debatte durchzuführen.

*****

Präsidentin Doris Bures: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass der Begründer eine Redezeit von 10 Minuten, je­der weitere Teilnehmer, jede weitere Teilnehmerin an der Debatte eine Redezeit von 5 Minuten hat.

Herr Abgeordneter Michael Bernhard, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.