11.03.02

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann|: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich vermeide es, redundant zu sein, und werde nicht das wiederholen, was in Bezug auf die positiven Aspekte dieses Gesetzes schon wiederholt worden ist. Ich möchte nur zu manchen Äußerungen Stellung beziehen, die ich, glaube ich, so nicht stehen lassen kann.

Herr Klubobmann Kern! Was müssen Universitäten leisten? Wohin sollen sie sich ent­wickeln? Wie sollen sie finanziert werden? – Das sind unzweifelhaft extrem wichtige Fragen, aber glauben Sie mir und glauben Sie auch den Universitäten, diese Fragen stellen sie sich ununterbrochen und sie reflektieren darüber. Dieses Gesetz ist auch nicht Ausfluss, wenn Sie so wollen, einer zweimonatigen Ministerschaft meinerseits, sondern das Endergebnis eines zehn Jahre dauernden Diskussionsprozesses darüber. Dieser zehnjährige Diskussionsprozess hat tatsächlich diesen Wechsel gebracht: Uni­versitäten sollen nach Leistungen finanziert werden. Ich habe viele Leistungsvereinba­rungsverhandlungen mit den Ministerien erlebt. Dort wurden Budgets nach historischen Verteilungsmustern vergeben. Alles andere wäre sehr schwierig, aber wahrscheinlich auch sehr konfliktreich gewesen, und deswegen hat man diese Art der Diskussion ver­mieden. Jetzt wird es eine andere Komponente geben, nämlich: Finanzierung tatsäch­lich nach Leistung, und eine Ausbildungsleistung ist unzweifelhaft eine Ausbildungs­leistung.

Wie viele Studierende an einer Universität ausgebildet werden können, ist wichtig. Der Paradigmenwechsel – und es ist wirklich ein Paradigmenwechsel – in Richtung stu­dienplatzorientierte Finanzierung ist wesentlich, aber dazu müssen Studienplätze auch definiert, müssen Studienplätze geschaffen und errichtet werden. Und glauben Sie mir, Herr Klubobmann Kern, ein Studienplatz in Chemie beispielsweise ist nicht von heute auf morgen errichtet! Dafür müssen Labore geschaffen werden, es müssen qualifizierte Professoren und Professorinnen berufen werden. Das Berufen von Professoren und Professorinnen geht aber nicht von heute auf morgen, sondern das dauert ein Jahr, zwei Jahre und manchmal auch fünf Jahre.

Weil es um Studienplätze geht und die Studienplätze eine Stabilität haben, muss man klarerweise auch die Frage klären, was passiert, wenn es mehr Interessenten für diese Studienplätze gibt. Herr Klubobmann Kern, ich habe mir auch den Satz notiert: Man muss dann sicherlich entscheiden, dass alle studieren sollen, die es wollen, aber auch dazu befähigt sind. – Diese Form einer gewissen Befähigung – wer hat tatsächlich das Zeug dazu, Chemie zu studieren?, um bei meinem Beispiel, bei meinem Bild zu blei­ben – entspricht der Form eines Zugangsmanagements nach Prinzipien, nach fairen, nichtdiskriminatorischen Prinzipien. All das sollte gewährleistet sein, und das wird von meiner Seite aus sicherlich auch beobachtet werden.

Es gibt also mehr Geld im System. Für diese glückliche Fügung im Frühsommer 2017 bin ich auch dankbar, gar keine Frage, aber wir müssen jetzt danach trachten, das Geld so zu verteilen, dass es nicht irgendwo im System zerrinnt, sondern dass das er­reicht wird, was erreicht werden muss. Dazu darf ich eines sehr deutlich sagen: Wir wollen nicht weniger Studienplätze haben, wir wollen auch nicht weniger Studierende zum Erfolg führen, aber, Frau Kuntzl, wir wollen aktive Studierende haben, und die ak­tiven Studierenden sollen auch eine Chance haben, aktiv zu sein. Dafür braucht es einen Zusammenhalt zwischen den Ressourcen, die man auf der einen Seite hat, den Kapazitäten, die man auf der einen Seite hat, und denjenigen, die diese Ressourcen und Kapazitäten in Anspruch nehmen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Frau Kuntzl, eines darf ich auch zurückweisen – aber ich weiß, das ist natürlich ein politischer Diskurs und ein politischer Jargon, der hat auch eine andere Art der Präzi­sion als ein wissenschaftlicher Diskurs –: Wenn Sie sagen, dass wir und indirekt auch ich, ohne einen Funken darüber nachzudenken, hinter diesem Gesetz stehen, dann sage ich Ihnen, das stimmt überhaupt nicht! Natürlich denke ich darüber nach, denken wir darüber nach, denken die Universitäten darüber nach, wie sie mit den Chancen der jungen Menschen fair umgehen. Frau Kuntzl, das ist die Raison d’être der Universität, dass sie Chancen für junge Menschen schafft. Jetzt den Universitäten vorzuwerfen, dass sie gar nicht darüber nachdenken, das halte ich schon für einen wirklichen poli­tischen Diskurs. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kuntzl, ich habe Ihnen am Montag in unserer konstruktiven Ausschusssitzung, die ich eigentlich genossen habe, weil sie klug und strukturiert war, auch gesagt, dass es ungezählte Studiengänge gibt, für die wir sehr gerne mehr Studierende hätten. Wir ha­ben eine Konzentration auf einige wenige Studiengänge zu verzeichnen und wir haben viele Ressourcen in anderen Studiengängen. Also dort gibt es Chancen, und diese Chancen können auch genützt werden.

Ich will Sie darauf hinweisen, dass es schon auch einen Teil im tertiären System gibt, wo wir ein Zugangsmanagement haben, wo wir Studiengebühren haben und wo wir ein hohes Ausmaß an sozialer Durchmischung erreichen, und das ist der Fachhochschul­sektor. Also ein bisschen etwas könnten die Universitäten von diesem Fachhochschul­sektor ohne Weiteres lernen. (Abg. Kuntzl: Ausbau!) – Sie meinen, damit werden we­nige Studierende erreicht? (Abg. Kuntzl: Nein! Sie bauen dort wenig aus!) – Ausbau, ja, dazu bekenne ich mich. (Abg. Kuntzl: Zu gering!) Wir haben derzeit 52 000 Studie­rende im Fachhochschulbereich, wir haben 180 000 Studierende, die im universitären Bereich aktiv sind. Man sieht, da ist schon eine ganz vernünftige Relation hergestellt, und dass dieser Bereich ausgebaut werden soll, darin stimme ich überein. Das steht auch so im Regierungsübereinkommen, und das wird erledigt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Kassegger: Steht drin!)

Frau Präsidentin, ich weiß nicht, wie lange ich sprechen darf, aber eine Sache würde ich gerne noch erwähnen.

 

Präsidentin Doris Bures|: Herr Bundesminister, das entscheiden Sie, wie lange Sie sprechen wollen.

 

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann| (fort­setzend): Danke für diese Freiheit, ich werde aber dennoch Ihre Geduld nicht überbe­anspruchen.

Ich möchte nur noch die Wortspenden von Frau Cox und von Frau Gamon aufgreifen. Beide haben auf die Bedeutung der Forschung, insbesondere der Grundlagenfor­schung, hingewiesen, und ich kann klarerweise das, was sie gesagt haben, nur un­terstreichen und unterstützen. Wir müssen in Österreich, glaube ich, sehr viel mehr da­rüber nachdenken, wie wir Zukunft gestalten, und Zukunft gestalten wir auch über eine Grundlagenforschung, die dann zu einer innovativen Forschung wird und die dann auch noch, wenn man so will, unsere Wirtschaft, die Industrie, den Dienstleistungssek­tor mit innovativen Ideen befruchten wird. Wir sind ein kleines Land, eine Hochlohn­region, und das ist gut so, dass wir eine Hochlohnregion sind, aber wir werden im in­ternationalen Wettbewerb nur dann bestehen können, wenn wir hinsichtlich der Innova­tionskapazität immer noch etwas nachlegen können. Das haben die beiden Damen vollkommen richtig dargestellt.

Wir sind in manchen Bereichen wirklich Weltspitze, und das muss man auch einmal ansprechen, obwohl das hier im Hohen Haus höchstwahrscheinlich eher selten disku­tiert werden wird. Im Bereich der Quantenphysik sind wir wirklich gut, im Bereich der Biowissenschaften sind wir wirklich gut, im Bereich der Pharmazie sind wir ausgezeich­net. Ich muss jetzt aufpassen, weil das Fernsehen live dabei ist, dass die Kollegen, die ich jetzt nicht nenne, die aber alle gut sind, dann nicht auf mich beleidigt sind. Wir sind wirklich in vielen Bereichen sehr gut! Diese Bereiche müssen wir pflegen und weiter­entwickeln, und wir werden auch im Bereich der Grundlagenforschung, sprich im Be­reich des FWF, etwas machen. Das kann ich zusagen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abg. Cox.)

11.11

Präsidentin Doris Bures|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Al­fred Noll. – Bitte.