16.31.48

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ)|: Herr Präsident! Herr Vizekanz­ler! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Meine liebe FPÖ, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! (Ruf bei der FPÖ: So lieb sind wir gar nicht!) Ich stelle Ihnen jetzt nämlich eine Frage: Was ist jetzt mit Ihrer vielgelobten direkten Demokratie? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Mehr Mitbestimmung und so weiter, gilt das nur, wenn Ihnen das Thema zu Gesicht steht, wenn es Ihnen genehm ist? (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Sie liefern wieder einmal ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie heuchlerisch Ihr Umgang mit Demokratie ist. (Abg. Belakowitsch: Nix heuchlerisch! – Abg. Neu­bauer: Ordnungsruf!) Das Volk darf gerne mitreden, aber nur, wenn es uns in den Kram passt.

Was ist passiert? – Am 11. Dezember 2017 haben Sie, liebe ÖVP, und Sie, liebe FPÖ, gemeinsam beschlossen, das Nichtraucherschutzgesetz in der Gastronomie zu kippen. Warum haben Sie das gemacht, liebe FPÖ? – Ich nehme an, um einen Popularitätszu­gewinn zu erreichen. (Abg. Gudenus: Das ist Ihr Zugang!) In Wirklichkeit aber ist das gescheiterte Klientelpolitik, denn mit dem, was passiert ist, haben Sie sicher nicht gerechnet, mit diesem massiven Widerstand aus der Bevölkerung.

Die von der Österreichischen Krebshilfe initiierte Onlinepetition hat in wenigen Tagen 470 000, fast eine halbe Million Unterschriften gesammelt. (Abg. Rosenkranz: Dann liegt die Liste Pilz in den Meinungsumfragen jetzt auch so hoch!) Von wegen politikver­drossen: Die Menschen wollen mitreden, sie wollen mitgestalten, vor allem wenn es um ihre Gesundheit geht. Es ist unsere Aufgabe hier im Hohen Haus, nein, es ist un­sere Pflicht, den besorgten Bürgerinnen und Bürgern Gehör zu verschaffen, ihnen zuzuhören, ihnen eine Stimme zu geben. (Abg. Belakowitsch: Das machen wir ja eh!)

Die Opposition hat geschlossen diesen Ruf gehört, und sie hat etwas getan. (Abg. Belakowitsch: Was denn?) Klubobmann Peter Kolba von der Liste Pilz, Matthias Strolz, Klubobmann von den NEOS, und Pamela Rendi-Wagner (Abg. Gudenus: Eine geballte Ladung!) haben diese Petition im Petitionsausschuss eingebracht. Vielen, vie­len Dank dafür, ich war gestern in diesem Ausschuss.

Was ist da passiert? – FPÖ und ÖVP haben gegen die Zuweisung in den Gesundheits­ausschuss gestimmt, und damit haben Sie verhindert, dass wir jetzt rechtzeitig dieses wichtige, emotionale, politisch hochgradig brisante Thema im Plenum diskutieren, de­battieren, uns damit beschäftigen können. (Abg. Rosenkranz: Was? Was erzählen Sie da alles?) – Indem sie dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wird, wird sie vor dem 1. Mai behandelt, und damit rechtzeitig behandelt. (Abg. Rosenkranz: Kann ich Ihre Märchen vielleicht einmal meinem Sohn erzählen, er schläft dann besser?!) – Ob ich Märchen erzähle oder nicht, das dürfen gerne die Zuseher und die Zuhörer hier im Saal beurteilen. (Abg. Rosenkranz: Wirklich, das ist unglaublich!)

Es ist aber nicht nur die Petition, die Sie missachten und kleinreden, es ist auch das Volksbegehren, das heute schon einige Male zur Sprache gekommen ist, das Don’t-smoke-Volksbegehren, für das gerade Unterschriften gesammelt werden. Heute in der Früh hatten es 420 000 Menschen unterschrieben, jetzt sind es schon 432 000. 12 000 Menschen haben heute während dieser Sitzung unterschrieben (Abg. Belako­witsch: Das wird immer weniger!), trotz stundenlanger Wartezeiten in den Gemeinde­ämtern, trotz IT-Problemen im Innenministerium. Trotzdem erreichte dieses Volksbe­gehren bereits mehr als 430 000 Stimmen. (Abg. Rosenkranz: Diese 420 000 sind schon die absolute Mehrheit für Österreich! Das ist ja rechnerisch klar bei Ihnen! –Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Die FPÖ nennt dieses Volksbegehren „unseriös“ und „politisch motiviert“. Das ist wirk­lich ein Blödsinn, „politisch motiviert“ von der SPÖ – die Initiatoren dieses Volksbegeh­rens – Ärztekammer Wien, Krebshilfe Österreich – sind renommierte unabhängige Fach­leute, politisch motiviert wohl nur von der politisierten Öffentlichkeit, die bereit ist, ihr Schicksal gegenüber einer ignoranten Regierung selbst in die Hand zu nehmen. Das, was Sie hier sehen, ist ein Aufschrei der Zivilgesellschaft, das ist gelebte Demokratie, im Gegensatz zur gelenkten Demokratie, die Ihnen offensichtlich lieber wäre. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Zum Thema Gesundheit wurde heute schon viel gesagt. Frau Bundesministerin Hartin­ger-Klein, Sie haben in Ihrer Beantwortung eindrucksvoll geschildert, was die Gesund­heitsfolgen des Rauchens sind, obwohl Sie bei der Frage zum Passivrauchen ausge­wichen sind. Es gibt wissenschaftliche Evidenz, wir haben das heute auch gehört. Sie tun mir persönlich ein bisschen leid, dass Sie ein so großes intellektuelles Opfer in der Ausübung Ihres Amtes bringen müssen. Sie haben den Auftrag, sich um die Gesund­heit der Bürgerinnen und Bürger zu kümmern und müssen hier wirklich etwas tun, das dem nicht entspricht. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Herr Strache, ich kann mich noch gut daran erinnern, Sie sind im Wahlkampf in den Fernsehdiskussionen gesessen und haben den Mund sehr voll genommen und gesagt: Wir haben sicher keine Angst vor der Meinung des Volkes. (Abg. Gudenus: Haben wir auch nicht! – Abg. Rosenkranz: Richtig! So ist es!) Jetzt aber in der Regierung schaut die Welt anscheinend schon ganz anders aus. Das haben wir von Ihnen schon öfters erlebt und das werden wir noch öfters erleben. (Abg. Rosenkranz: Nein! – Abg. Gude­nus: Im Gegenteil!) – Na ja, dann stimmen Sie doch der Volksbefragung zu! Volks­abstimmung geht vielleicht wirklich zu weit, denn das bindet Sie ja. (Abg. Rosenkranz: Ist das schon abgeschlossen? War das schon im Parlament?) – Es gibt heute einen Antrag, Sie können ja zustimmen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Mit Ihrem Verhalten, das Sie jetzt gerade an den Tag legen, beweisen Sie ja nur etwas, worauf wir immer hingewiesen haben (Abg. Belakowitsch: Wer ist „wir“?), Sie sind nicht die soziale Heimatpartei, gar nicht, Sie tun vor der Wahl nur so. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Jetzt wissen wir’s!)

Noch ein paar Sätze zur direkten Demokratie: Im Wahlkampf hat Sebastian Kurz für di­rekte Demokratie geworben. Er wollte, dass es, wenn 10 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung ein Volksbegehren unterschreiben, zu einer verpflichtenden Volksabstim­mung kommt. Die FPÖ hat die Schranke sogar noch viel tiefer gesetzt, Sie wollten 4 Prozent. (Abg. Wurm: War super von uns, gell?!) Dann sollte es zu einer verbindli­chen Volksabstimmung kommen. Und was ist jetzt nach der Wahl passiert? – Sie ha­ben die beiden Zahlen addiert, 14 Prozent daraus gemacht, und das erst ab dem Jahr 2022 (Abg. Gudenus: Besser spät als nie!), dann, wenn diese Regierung nicht nur zeitlich, sondern auch moralisch schon längst am Ende sein wird. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das, was heute passiert, setzt der ganzen Sauerei noch die Krone auf. (Abg. Rosen­kranz: „Heuchelei“, „Blödsinn“, „Sauerei“, die hat ja mittlerweile schon ein Ordnungs­ruf-Tourettesyndrom!) Sie bringen einen Initiativantrag ein, der das Nichtraucherschutz­gesetz in Lichtgeschwindigkeit kippen soll, ohne Begutachtungsfrist, die bei solch wich­tigen Gesetzen hier im Parlament üblich ist. Im Eiltempo peitschen Sie durch, Sie ver­weigern sich dem sachlichen Dialog und hoffen, dass die Leute das bald vergessen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich verspreche Ihnen, fürchten Sie sich vor den Wählern, die vergessen das nämlich nicht! Wir, geschlossen als Opposition, werden auch dafür sorgen, dass die Wähler das nicht vergessen. (Abg. Rosenkranz: Und ich gratuliere Ihnen zu Ihren Umfrage­werten, weil offensichtlich treffen Sie den Nerv der Bevölkerung genau!)

Den beiden Regierungsparteien sei abschließend gesagt: Wenn Sie sich dem Dialog mit der Bevölkerung verweigern, werden wir Sie dazu zwingen. Wir bringen die Stim­men der Menschen hierher ins Parlament.

Herr Strache, lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! Sie wollten mehr Mitbestimmung, Sie wollten mehr direkte Demokratie. Ich gebe Ihnen jetzt symbolisch die Hand und überreiche Ihnen damit die 432 000 Stimmen der Unterstützer des Volksbegehrens. (Abg. Rosenkranz: Ob das alle 432 000 so wollten?!)

Danke für Ihre Aufmerksamkeit, Sie waren wirklich aufmerksam. Ich bin begeistert! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka|: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.