13.52

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Anfrage hat sich auf das KESt-Aufkommen in den letzten Jahren bezogen. Gedanklicher Anlass dazu war eigentlich, dass im Zuge der steuerlichen Änderungen 2016 die Erhöhung der KESt eine der verschiedenen Gegen­finanzierungsmaßnahmen hätte sein sollen.

Was man jedenfalls aus den Zahlen der Anfragebeantwortung sieht: Diese Gegen­finan­zierung hat, wie das so oft der Fall ist, nicht funktioniert, und die KESt-Erhöhung hat nicht das eingespielt, was uns damals vorgelegt wurde. Das ist ja keine Über­raschung, wir erleben das immer wieder. Sei es bei der Sektsteuer, sei es beim Pflege­regress, irgendwie hat man das Gefühl, zwei Leute – früher ein Roter und ein Schwarzer, jetzt ein Schwarzer und ein Blauer – sitzen da und schnapsen irgendwelche Zahlen aus. Früher war ich der Meinung, sie würfeln die Zahlen, aber wenn das Siebenfache herauskommt, kann es am Würfeln nicht mehr liegen.

Wen trifft jetzt die KESt? – Die KESt trifft mehrere Gruppen: den einfachen Sparer und Besitzer eines Girokontos, sie trifft auch all jene, die privat Altersvorsorge betreiben, sie trifft Unternehmer, die ihr Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft betreiben, und sie trifft natürlich auch den Kapitalmarkt insgesamt.

Kommen wir zur großen Menge der Österreicher, die in die Gruppe der Sparer gehören. Wir haben in den letzten Jahren stärker, als wir das von den Jahren davor gewohnt waren, eine Inflationsrate, die deutlich über dem liegt, was man an Sparzins für sein Guthaben auf der Bank bekommt. Seit 2010 ist der reale Wertverlust von Sparguthaben besonders krass, wir haben also eine negative Realverzinsung.

Wenn wir im Moment von einer Inflation von knapp 2 Prozent sprechen, dann heißt das, dass eine Spareinlage von 100 Euro nach einem Jahr nur noch 98 Euro wert ist. Wenn man einen Minizins bekommt, um den Wertverlust zu mindern, kommt die Republik Österreich noch einmal her und vergrößert den Wertverlust wieder. Da fragt man sich, welchen Zweck diese Versteuerung nur virtueller, nicht tatsächlicher Ge­winne eigentlich haben kann. Wenn dann hin und wieder die Zinsen steigen, steigen auch die Steuereinnahmen, aber bis das für den Sparer zumindest ein Behalten des Vermögens bedeutet, ist es noch ein weiter Weg.

Die Sparbuch-KESt allein hat in den Jahren 2013 bis 2016 fast 2 Milliarden Euro aus­gemacht. Leider haben wir keine Zahlen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 bekom­men. Was wir aus den Monatsberichten wissen, ist, dass wir 2017 ein um 17 Prozent höheres KESt-Aufkommen haben als im Jahr davor, allerdings dürfte diese Steigerung eher auf der Wertpapierseite zu Hause sein.

Wenn es also real keine Erträge auf den Sparbüchern gibt – das gilt aber auch für Anleihen in breiter Menge –, was wird denn dann besteuert? – In Wirklichkeit wird die Vermögenssubstanz besteuert, denn solange man mit den Zinsen nicht über die Inflationsrate kommt, wird das Vermögen weniger wert.

Wir haben also Steuern auf etwas, das es gar nicht gibt, nämlich auf den realen Ertrag, den es nicht gibt; das besteuern wir. Das ist so ähnlich wie bei der kalten Progression: Die Leute haben scheinbar mehr, haben höhere Zahlen auf dem Zettel, aber sie haben natürlich wertmäßig nicht mehr, und die Republik langt zu. Diese heimliche Steuer auf Vermögen sollten wir abschaffen. Das könnte man machen, indem die Steuer erst dann ansetzt, wenn der Zinsertrag die Höhe der Inflation erreicht beziehungsweise überschreitet, damit nur reale und nicht nominelle Erträge besteuert werden.

Ich habe auch gesagt, die KESt betrifft darüber hinaus den Kapitalmarkt als Ganzes. Man könnte zum Beispiel auch überlegen, die Kapitalertragsteuer für Kleinanleger abzuschaffen, wie das die Börse seit Langem fordert, wenn diese Kleinanleger ihre Wertpapiere länger als ein Jahr behalten. Das war ja früher so, denn wenn man ein Wertpapier länger als ein Jahr behält, ist es keine Spekulation im engeren Sinne. Das hat nämlich noch einen positiven Effekt für die Wirtschaft: Wir wissen, dass der Kapitalmarkt einen wesentlichen Beitrag zu größerem und schnellerem Wachstum liefert. Es wäre gut für unsere Volkswirtschaft, wenn wir da einen Impuls für mehr Dynamik setzen würden.

Der Bundeskanzler hat uns heute Früh erzählt, was für tolle Geschenke allerorten gemacht werden. Wir haben gestern diskutiert, wie wir via Sozialversicherung der Bauern dem Bauernbund ein Geschenk gemacht haben. Für Geschenke ist also viel Geld da, aber bei den Sparern, bei den einfachen Menschen wird immer noch in voller Höhe abgeräumt.

Wo mit der KESt auch zugelangt wird und wo wir meiner Meinung nach in eine Schieflage geraten sind, das ist bei den Unternehmern, die ihr Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft betreiben. Wenn jemand mit seinem Unternehmen 100 000 Euro verdient, bleiben ihm nach Abzug der Körperschaftsteuer und der KESt noch ungefähr 54 000 Euro übrig. Wenn diese 100 000 Euro der Einkommensteuer unterworfen würden, wäre die Steuerlast viel kleiner; dann wären es nicht 46 000 Euro, sondern nur 37 800 Euro.

Das ist auch ein schönes Beispiel in Zahlen für die, die immer glauben, die Unter­nehmen wären steuerlich so gut gestellt. Das ist nicht so. Da hat die neue Regierung hinsichtlich Unternehmerschaft einen großen Brocken vor sich; dazu haben wir bisher auch noch nicht viel gesehen. (Abg. Krainer: Die Sozialversicherung ...!) – Jetzt reden wir von der Steuer. Auf den Zwischenruf von links bezüglich Sozialversicherung muss ich entgegnen: Jeder, der ein bisschen vom Fach ist, weiß, dass die Sozialver­siche­rung ein ganz anderes Thema ist – aber gut.

Dann gibt es noch ein Thema, nämlich die Altersvorsorge: Wir wissen, dass die Er­satzraten in der gesetzlichen Pensionsversicherung, in der ersten Säule, immer weiter zurückgehen. Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will, muss erstens länger arbeiten und zweitens privat vorsorgen. Wenn man aber privat vorsorgt, kommt wieder die Republik und schnabuliert bei den ohnehin bescheidenen Erträgen noch eine Kapitalertragsteuer ab. So wird die Vorsorge zurechtgestutzt. Wir wissen zum Beispiel aus einer Studie der Allianz, dass der soziale Aufstieg und damit die Bekämpfung von Ungleichheit vor allem eine konsequente Bildungspolitik brauchen, nämlich für mehr Chancengleichheit, aber das braucht auch ein natürliches, hohes Wachstum und ein langfristig orientiertes Anlageverhalten.

Eine kapitalgedeckte Alltagsvorsorge – wie wir sie beispielsweise aus den Nieder­lan­den oder, ich muss es wieder strapazieren, aus Schweden kennen – zeigt, dass man damit auch einen wertvollen Beitrag leisten kann. Mit einem solchen Steuer­niveau, wie es die Republik hat, hemmt man auch den sozialen Aufstieg und wirkt eigentlich gegen eine Umverteilung.

Nun, da gäbe es viel zu tun. Das Abräumen bei den Kleinen ist der falsche Weg. Dass Sie die Spekulanten erwischen wollen, ist Ihr gutes Recht, das hat auch unsere Unter­stützung, aber der kleine Sparer, der kleine Anleger, der ein paar Anleihen auf seinem Depot hat, oder jemand, der für seine Altersvorsorge ein paar Aktien auf einem Depot hält, ist nicht der, den wir mit einer Steuer bestrafen sollten, die im Endeffekt auf die Substanz geht und schon zugreift, bevor überhaupt ein Ertrag entstehen kann. (Beifall bei den NEOS.)

14.01

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Löger. – Bitte, Herr Minister.