14.31

Abgeordneter Dr. Peter Kolba (PILZ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher hier im Saal und insbesondere auch vor den Fernsehschirmen! Die überfallsartige Haus­durchsuchung in den Räumlichkeiten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (Abg. Rosenkranz: Normalerweise sind Hausdurchsuchun­gen immer angekündigt!) und auch in den Privatwohnungen von Mitarbeitern wirft eine Reihe von dringlichen Fragen auf, die weder durch Innenminister Kickl und Justiz­minister Moser in der vergangenen Woche noch durch deren Generalsekretäre, noch durch den Auftritt des Innenministers hier in dieser Sondersitzung aufgeklärt wurden, sondern eher vernebelt worden sind. Auf Dementis folgten weitere Veröffentlichungen der recherchierenden Medien und dann jeweils der Rückzug der Auskunftsgeber. (Abg. Höbart: Denn sie wissen nicht, was sie sagen!)

Alles in allem entstand in der Öffentlichkeit – und das kann man in den Medien nach­lesen oder auch nachsehen – der Eindruck, dass erstens im parteipolitischen Interesse der FPÖ eine Umfärbung des österreichischen Verfassungsschutzes vorgenommen werden soll, dass zweitens Daten im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen rechts­extreme Kreise und deren Verbindungen zu der FPÖ abgegriffen worden sein könnten und diese Ermittlungen jedenfalls behindert werden sollten, dass drittens die Öffent­lichkeit bewusst falsch informiert worden ist, damit die Dimension des Skandals vernebelt wird, und dass viertens der Verfassungsschutz kurz vor der EU-Präsi­dentschaft Österreichs international lächerlich gemacht und damit in seiner Einsatz­bereitschaft auch gefährdet worden ist.

Gehen wir von den bekannt gewordenen Fakten aus: Im Sommer beziehungsweise im Mai 2017 lässt ein unbekannter angeblicher Insider des BVT dieses schon mehrfach erwähnte 30, 40 Seiten starke Dossier über Missstände in den Medien zirkulieren. Die Recherchen der Journalisten konnten bezüglich dieser Vorwürfe bei vielen Fakten nur feststellen, dass sie nicht haltbar sind. Die Journalisten haben darüber gemunkelt, darüber aber nicht berichtet – aus gutem Grund.

Offenbar sah die Staatsanwaltschaft ebenfalls wenig Substanz in diesem Papier. So­weit wir das wissen, wird in Richtung von zwei Fakten ermittelt, nämlich der Weiter­gabe von Passrohlingen für Nordkorea an den südkoreanischen Geheimdienst und der Nichtlöschung von Daten (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja nichts!) nach Abschluss von Ermittlungen gegen einen prominenten Wiener Anwalt. (Abg. Rosenkranz: Und gegen eine ÖH-Vorsitzende!)

Erst mit der Bestellung von Herbert Kickl zum Innenminister und der Bestellung von Mag. Goldgruber zu seinem Generalsekretär im Innenministerium kommt Dynamik in diese Angelegenheit. Goldgruber soll selbst eine Nachtragsanzeige an die Staats­anwaltschaft gesendet haben. Vier anonyme Zeugen wurden bei der Staatsanwalt­schaft vorstellig, zwei offenbar in Begleitung eines Kabinettsmitarbeiters von Minister Kickl als deren Vertrauensperson (Abg. Rosenkranz: Aber die Staatsanwaltschaft weiß schon, wer die Leute sind, oder waren die immer anonym?), und die Staats­anwaltschaft sieht plötzlich Gefahr im Verzug und beantragt noch in der Nacht vom 27. zum 28. Februar beim Journalrichter mündlich die Zustimmung zu einer Haus­durchsuchung (Ruf bei der FPÖ: Die Staatsanwaltschaft ...!), ohne – ohne! –, wie bei clamorosen Akten an sich üblich, das Ministerium oder das Ministerbüro zu infor­mieren.

Zur Assistenz bei der Hausdurchsuchung wird seitens des Generalsekretärs im Innen­ministerium die Einheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität aufgeboten, deren Chef FPÖ-Gemeindepolitiker ist – und ein Politiker der FPÖ, der doch ein eher ungeklärtes Verhältnis zu rechtsradikalen Publikationen hat.

Die Einheit geht vor, ist bewaffnet, hat Schutzwesten. (Abg. Belakowitsch: Haben Sie eigentlich ...?) Welchen gewalttätigen Widerstand hat man im eigenen Haus erwartet? Die Durchsuchung - - (Abg. Höbart: Haben Sie eigentlich zugehört, was der Herr Innenminister geantwortet hat?) – Regen Sie sich nicht so auf! Lassen Sie mich weiterreden! (Abg. Höbart: Er hat das beantwortet, bitte! – Abg. Belakowitsch: Das ist einfach peinlich, was Sie da machen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. (Der Redner hält eine PiIlenschachtel in die Höhe und legt diese dann vor sich auf das Rednerpult. – Ruf bei der SPÖ: Fünfziger Valium!) Ich habe vorhergesehen, dass Sie sehr aufgeregt sein werden. Ich biete Ihnen Baldrian forte an: Das ist hilfreich, da kann man das dann ertragen. (Beifall bei Liste Pilz und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Durchsuchung wird angeblich von fünf Staatsanwälten begleitet und es kommen auch externe IT-Experten zum Einsatz. Wer die beauftragt hat, wer die sind, ist bis heute nicht geklärt.

Nach den in den Medien öffentlich gemachten Protokollen der Hausdurchsuchung wurden Datenträger der Leiterin des Referats für Extremismus, die selbst nur als Zeugin geführt wird, beschlagnahmt, und offensichtlich war aus der Beschriftung der Datenträger völlig klar ersichtlich, dass es sich um Ermittlungsakte zur rechtsradikalen Szene handelte. (Abg. Rosenkranz: Und wer hat es beschlagnahmt?) Bis heute kann uns niemand bestätigen, dass diese beschlagnahmten Datenträger alle auch wirklich bei der Staatsanwaltschaft in einem abgesicherten Raum verwahrt wurden. (Abg. Belakowitsch: Wo sind sie denn dann? Wo sollen sie denn sonst sein? – Abg. Rosenkranz nimmt die Medikamentenschachtel vom Rednerpult.) – Bitte, nehmen Sie nur! (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Höbart: Haben Sie geschlafen bei der Beant­wortung des Herrn Ministers?)

Minister Kickl nahm die Ereignisse zum Anlass, um öffentlich zu erklären, dass der Vertrag mit dem Leiter des - - (Abg. Rosenkranz – nachdem er den Inhalt der Medika­mentenschachtel angesehen hat, einen Streifen daraus in die Höhe haltend –: Da ist ja alles leer!) – Das ist nicht leer, ein paar sind schon noch da. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. Abg. Rosenkranz: Die hat er selbst alle genommen! Die sind schon alle aufgedrückt!)

Diese Ereignisse - - (Abg. Rosenkranz: Das ist ja alles leer!) – Nein, da ist schon noch etwas drinnen (Abg. Rosenkranz – einen Streifen in die Höhe haltend –: Na schauen Sie her!), aber Sie dürfen nur eines nehmen, gell?

Jetzt komme ich trotzdem dazu, dass ich sage (Ruf bei der FPÖ: Offenbar haben Sie selbst zu viele davon genommen, Herr Kollege!): Minister Kickl hat in seinem Amt durch diese Vorgangsweise der Republik, dem Innenministerium und dem Verfas­sungs­­schutz schweren Schaden zugefügt, und ich stelle daher folgenden Ent­schließungs­antrag (Abg. Höbart: Der Villacher Fasching ist schon vorbei! – Abg. Rosenkranz – die Medikamentenschachtel in die Höhe haltend –: Das reicht nicht für unsere Fraktion!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Kolba, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres, Herbert Kickl

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Inneres wird im Sinne des Art. 74 Abs. 1 B-VG durch aus­drückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.

*****

Danke. (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Rosenkranz: Sie sollten nicht so viele neh­men! Das reicht nicht für unsere Fraktion! – Abg. Kolba – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Nur eine nehmen!)

14.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Kolba, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres, Herbert Kickl

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage der SPÖ

Begründung

Grund zum Misstrauen dem Innenminister gegenüber ergibt sich aus den Umständen rund um die Hausdurchsuchungen in den Räumen des Bundesamtes für Verfassungs­schutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und in Privaträumen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes.

Erstens versieht Innenminister Herbert Kickl sein Amt offenkundig nicht im öffentlichen Interesse und zum Schutze der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Österreichs, sondern im Parteiinteresse.

Zweitens gefährdet die Art und Weise des auch von ihm zu verantwortenden Vor­gehens nicht nur das subjektive Sicherheitsbedürfnis, sondern auch die objektive Sicher­heitslage besonders hinsichtlich der kommenden EU-Ratspräsidentschaft Österreichs.

Drittens könnten die Umstände der Zurückhaltung der vom Bundespräsidenten unter­schriebenen Bestellungsurkunde für den BVT-Chef Gridling den Verdacht des Amts­missbrauchs zulassen.

Bereits einer der hier vorgebrachten Gründen lassen Innenminister Herbert Kickl als nicht geeignet für die Ausübung des Amtes erscheinen.

1. Herbert Kickl übt sein Amt im Parteiinteresse aus

Für die Hausdurchsuchungen vom 28. Februar wird die vermeintliche Korruptionsaffäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung genannt. Begonnen hat diese Causa Mitte 2017, als ein Konvolut mit Vorwürfen gegen das BVT an mehrere Journalistinnen und Journalisten und weitere Personen anonym versendet wurde. In diesem werden schwere Vorwürfe gegen das BVT erhoben: Abteilungsleiter sollen Spesen falsch abgerechnet haben, Lösegeld von Geiselnahmen sei veruntreut worden. Berichtet wird ferner von sexuellen Übergriffen auf Mitarbeiterinnen, sogar von Sexparties und Geldwäsche ist die Rede. Und von politischen Fehltritten und Korruption. Viele der Vorwürfe ließen sich durch Recherchen von Journalistinnen und Journalisten allerdings nicht erhärten.

Dennoch stehen vier Vorwürfe im Raum, für die sich Evidenz finden ließen:  Der „Fall Nordkorea“, der (nicht ausgeschriebene) Auftrag an eine IT-Firma, die mögliche Ver­untreuung von „Zundgeld“ und das Nicht-Löschen von Daten des Rechtsanwalts Lansky, nachdem sein Verfahren eingestellt worden war. Im Vordergrund stehen die Vorgänge rund um Passrohlinge für Nordkorea, die an den südkoreanischen Ge­heim­dienst weitergeleitet worden sind.  Die österreichische Staatsdruckerei hat 2015 für Nordkorea biometrische Pässe gedruckt. Das BVT habe sich drei Pass-Muster beschafft und diese verdeckt an den südkoreanischen Geheimdienst übermittelt. Angeblich zu “Schulungszwecken”. Als Dankeschön sollen die beteiligten Beamten auf Kosten des südkoreanischen Geheimdienstes in Südkorea Urlaub gemacht haben.

Diese Vorgänge bilden, so die bisher bekannten Fakten, den Hauptvorwurf, der die Haus­durchsuchungen gerechtfertigt hätten, so jedenfalls die Darstellung bisher. Die nunmehr bekannten Details der Hausdurchsuchungen offenbaren aber die Möglichkeit für einen parteipolitisch motivierten Zugriff auf Daten und Unterlagen des Extremis­musreferates: Daten, in denen der Innenminister und sein Kommunikationschef selber eine Rolle spielen. Denn sie waren Objekte der Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Öffentlich bekannt dabei ist ihre Teilnahme am Kongress „Vertei­diger Europas“ im Jahr 2016, für den das Extremismusreferat eine veröffentlichte Gefährdungseinschätzung vorgenommen hat.

Die Hausdurchsuchungen beim BVT und bei den Mitarbeitern/innen am 28.2. wurden von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) unter Verwen­dung von Dienstwaffen und Schutzwesten durchgeführt.

Die EGS steht der freiheitlichen Gewerkschaft AUF nahe. Sie wird von Wolfgang Preiszler, einem FPÖ- Gemeinderat in Guntramsdorf geführt. Dieser ist Bekannter und früherer Arbeitskollege des neuen FPÖ-Generalsekretärs im Innenministerium Peter Goldgruber. Goldgruber wiederum ist die rechte Hand von Innenminister Herbert Kickl. Und dieser hat nach Auskunft von Justizminister Moser die EGS als durchführende Einheit vorgeschlagen, die von einem FPÖ-Funktionär geleitet wird. Somit haben FPÖ-Funktionäre zumindest die theoretische Möglichkeit erhalten, vertrauliche Daten aus dem BVT ohne Protokollierung abzugreifen.

Besonders kritisch sind dabei die Daten der Leiterin des Extremismusreferates. Sie wird im Verfahren lediglich als Zeugin geführt und hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Öffentlich wird die Durchsuchung ihres Arbeitsplatzes damit begründet, dass sie ein „berufliches Naheverhältnis“ zu einem Beschuldigten habe. Doch kann dieses Argument nicht überzeugen, denn Kolleginnen und Kollegen ein und desselben Amtes haben immer ein „berufliches Naheverhältnis“.

Auf ihren Festplatten und Datenträgern sind wahrscheinlich sensible Infos zu öster­reichischen Rechtsextremisten, zum Beispiel zu Burschenschaften und zur Identitären Bewegung, die in der Vergangenheit immer wieder mit Kontakten zur FPÖ aufgefallen ist.

Ein Beispiel bildet die 2016 veröffentlichte Gefährdungseinschätzung zu dem rechts­extremen Kongress „Verteidiger Europas“ in Linz. Die Leiterin des Extremismus­referates ist die Verfasserin dieses Dokuments. Dieser Kongress war, so die Einschätzung des BVT von damals, ein „internationales Vernetzungstreffen“ der rechten Szene, mit „äußerst fremdenfeindlichen“ und „antisemitischen Tendenzen“, (siehe: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/LK/beilage-kongress.pdf) .

Der jetzige Innenminister Herbert Kickl, damals FPÖ-Generalsekretär, trat bei diesem Kongress als Redner auf. Laut Bericht der Wiener Zeitung hat Minister Kickl dort folgendes gesagt:

„Der "mieselsüchtige linke Flügel im Parlament" könne nicht die Zukunft Europas sein, ebenso wenig die "Mainstreammedien", die "mediale Stalinorgel". Der "Gesinnungs­faschismus" habe den "Kongress der ganz normalen Leute" nicht verhindern können. Alexander Van der Bellen? Der "Last-Minute-Patriot" sei der "Kulminations­punkt politischer Heuchelei", aber als "Tagespolitiker" werde man eben "ins Rechtfertigungseck verbannt": "Ich distanziere mich von den Distanzierungen." (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/top_news/853558_Ein-Kongress-der-ganz-normalen-Leute.html)

Es wird berichtet, dass damals seine verbalen Angriffe auf den heutigen Bundes­präsidenten van der Bellen besonders scharf waren. Sogar von einem Aufruf zum „Widerstand“ „mit aller Vehemenz“ ist die Rede. Dieser Kongress, an dem Herbert Kickl auftrat, wurde vom BVT überwacht. Seine Rede wurde wahrscheinlich protokolliert. Doch war nicht nur der jetzige Innenminister eine der zentralen Figuren bei eben jenem Kongress.

Der damalige Chefredakteur der Rechtsaußen-Plattform unzensuriert.at, Alexander Höferl, hat den betreffenden Kongress offen unterstützt und beworben. Er ist nun Kom­munikationschef im Kabinett von Herbert Kickl. Nach allem, was wir aus den Medien-Recherchen wissen, ergibt sich das folgende Bild:

Eine FPÖ-geführte Polizeieinheit transportierte beschlagnahmte PCs, Akten und Datenträger ab – darunter auch die der für Rechtsextremismus zuständigen Referentin. Es besteht die theoretische Möglichkeit, dass sich darunter auch Protokolle und Über­wachungen befinden, die den jetzigen Minister und seinen Kommunikationschef betreffen. Es bestand vom bisher bekannten Ablauf der Hausdurchsuchung her die Möglichkeit, diese für die FPÖ und seinen Kommunikationschef relevanten Daten zu kopieren, ohne dass dies protokolliert worden wäre. Ein offizielles Zugriffsprotokoll hätte die Nachvollziehbarkeit und Transparenz des Zugriffs bedeutet. Jetzt haben wir das genaue Gegenteil davon: Undurchsichtigkeit und persönliche Intrigen.

Der Verdacht liegt also nahe, dass das politische Amt des Innenministers für partei­politische Zwecke missbraucht worden ist, nämlich, um herauszufinden, was das BVT über die politischen Aktivitäten des jetzigen Innenministers Herbert Kickl im rechts­extre­men Spektrum genau weiß, Aktivitäten wohlgemerkt, die stattfanden, bevor dieser zum Innenminister bestellt worden war.

Alleine diese Zusammenhänge rechtfertigen das Misstrauens des Parlaments.

2. Innenminister Herbert Kickl ist fachlich nicht für das Amt geeignet und gefährdet die Sicherheit des Landes

Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die oben geschilderten Vorgänge und Zusammenhänge nur Zufälle sind, so steht dennoch die Eignung von Herbert Kickl für dieses anspruchsvolle Amt in Frage. Denn es wurde offenkundig handwerklich miserabel agiert. Im Zuge der Hausdurchsuchungen sind Details an die Öffentlichkeit gelangt, die für einen Geheimdienst das internationale Aus bedeuten. Auch sind nach den öffentlichen Reaktionen von Seiten des Justiz- und Innenministeriums weiterhin eine Vielzahl von Fragen offen. Einige davon wollen wir auch hier nochmals aufgreifen:

a) Wie wurden die Festplatten und Datenträger transportiert?

b) Was ist mit diesen Festplatten und CDs während des Transports passiert?

c) Gibt es eine hundertprozentige Sicherheit, dass dabei keine Kopien angefertigt worden sind?

d) Wie wurde und von wem wurde die private IT-Firma sicherheitsüberprüft, die bei den Hausdurchsuchungen technisch die Sicherstellung der Daten bewerkstelligt hat?

e) Was unternimmt das BMI, um die Informationen auf diesen Festplatten zu schützen, insbesondere die Identitäten von BVT-Informanten?

f) Sind die BVT-Informanten in Gefahr aufgedeckt zu werden und somit selber das Ziel von Vergeltungsaktionen von Rechtsextremen zu werden?

g) Wurden die Informanten informiert? Werden Sie jetzt polizeilich geschützt?

h) Lagern die Daten und Geräte der Leiterin des Extremismusreferates auch in dem eigens abgesicherten Raum? Oder lagern dort nur diejenigen Unterlagen, Geräte und Daten, die für die Beschuldigungen der staatsanwaltlichen Ermittlungen betreffs Amts­missbrauchs beschlagnahmt wurden? Falls nein: Wo lagern die beschlagnahmten Daten und Unterlagen der Leiterin des Extremismusreferates jetzt?

Es bestehen also offene Fragen zu sensiblen Daten und Vorgängen, und das zwei Wochen nachdem die Hausdurchsuchung durchgeführt worden ist, die von Mitarbeitern aus dem Innenministerium angeregt und von einer FPÖ-geführten, nicht zuständigen Polizeieinheit begleitet wurde. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist: Der Innenminister Herbert Kickl hat die Geheimdienste nicht im Griff.

Dieser Umstand hat dazu geführt, dass internationale Geheimdienste nicht mehr mit den österreichischen Diensten zusammenarbeiten wollen bzw. den Austausch von Informationen auf das notwendigste reduzieren. „Das zerstört für den Geheimdienst alles. International haben wir damit völlig an Ansehen und Reputation verloren", sagt ein Mitarbeiter des Innenministeriums. Für den österreichischen Geheimdienst sei es nun unmöglich, Informationen zu bekommen, berichten etwa die Oberösterreichi­schen Nachrichten (http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/innenpolitik/Die-BVT-Affaere-und-ihre-Folgen-Das-zerstoert-fuer-den-Geheimdienst-alles;art385,2838750)

Die amateurhafte Durchführung und Inszenierung der Hausdurchsuchung, lässt an den handwerklichen Fähigkeiten des Innenministers zweifeln. Im zweiten Halbjahr 2018 wird Österreich die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, internationale Konferenzen finden im Land statt. Hochrangige politische Persönlichkeiten werden Österreich be­suchen. Sie stellen sicherheitsrelevante Herausforderungen dar. Derzeit ist der öster­reichi­sche Geheimdienst jedoch blind und der Innenminister ist offenbar nicht in der Lage, mit seinen Beamten vertrauensvoll zusammen zu arbeiten. Die politische Verant­wortung dafür liegt aber beim Minister, und nicht bei den Medien oder bei seinen Mitarbeitern.

Daraus ergibt sich die zweite Begründung dafür, ihm unser Misstrauen auszusprechen. Herbert Kickl ist für das hochsensible Amt des Innenministers nicht geeignet, denn er bringt statt mehr Sicherheit bislang Unsicherheit und Intransparenz.

3. Verdacht des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Bestellungsurkunde Gridlings

Der dritte Grund für das Misstrauen dem Innenminister gegenüber ergibt sich aus den Umständen rund um die (Nicht-)Übergabe der Bestellungsurkunde des BVT-Direktors Peter Gridling. Zur Erinnerung: Bundespräsident Alexander van der Bellen hatte diese am 19. Februar bereits unterzeichnet. (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/952215_Van-der-Bellen-bestellte-Gridling-bereits-im-Februar.html) Sie wurde allerdings im Ministerium zurück­gehalten und erst 3 Wochen später - und nach kritischen Medienberichten - dem Betreffenden überreicht. Zugleich wurde dieser wegen der staatsanwaltlichen Ermitt­lungen, die aus dem Innenministerium angeregt wurden, vom Dienst suspendiert.

Die Aussage Minister Herbert Kickls, dass er bis 20. März „Zeit gehabt hätte“, die Urkunde der Ernennung Gridlings diesem zu übermitteln, ist nicht nur als rechtlich fragwürdig, sondern könnte sogar amtsmissbräuchlich sein. Als Mitglied der Verwal­tung hat er nämlich unverzüglich und ohne unnötigen Aufschub zu handeln. Dieser Grundsatz, der für die gesamte Verwaltung gilt, kommt etwa in § 73 AVG zum Aus­druck. Der entsprechende Paragraf lautet:

3. Abschnitt: Entscheidungspflicht

§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwen­den­den Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zustän­digkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der De­volutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurück­zu­führen ist.

(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.

Liegt bei der Aushändigung des Dokuments eine ungerechtfertigte Verzögerung vor, ist dies schon Grund genug für einen Misstrauensantrag. Der Bundesminister für Inneres muss erklären, womit der er den Aufschub (rechtfertigend) begründet, ansonsten war die Verzögerung der Übergabe der Bestellung rechtswidrig. Es sieht nun so aus, als würde der Bundesminister nicht einmal den im Regierungsprogramm formulierten eigenen Ansprüchen gerecht werden. Dort steht an mehreren Stellen, dass es Ziel der Regierung ist, Verwaltungshandeln zu beschleunigen und effizienter zu gestalten (Re­gierungsprogramm, 13 ff). Zuletzt könnte durch eine solche Verzögerung, so sie von Kickl wissentlich verursacht wurde, sogar der Tatbestand des Amtsmissbrauchs (§ 302 StGB) erfüllt sein. Es gilt das Unverzüglichkeitsprinzip und nicht das Prinzip, „dass man sich Zeit lassen könne“. Die Verletzung dieses Unverzüglichkeitsprinzips kann auch Amtshaftungsansprüche nach sich ziehen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Inneres wird im Sinne des Art 74 Abs 1 B-VG durch aus­schließliche Entschließung des Nationalrats das Vertrauen versagt.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Der soeben eingebrachte Antrag ist nach § 55 der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt und steht damit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim. – Ich darf ihm das Wort erteilen.