11.22

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, bevor ich zum Versicherungsvertriebsrechts-Ände­rungsgesetz komme, möchte ich schon ein paar Worte zur Budgetrede und zum Budget sagen. Ich bin ja schon länger in diesem Haus und ich hatte ein Déjà-vu-Erlebnis, denn diese Budgetrede hat mich an Budgetreden erinnert, die ich hier in den Nullerjahren gehört habe. Damals waren auch flotte Sprüche und ganz viele Super­lative zu Schulden, zu Leistung, zu Steuern, zum Sparen zu hören, und zwar von einem Amtsvorgänger von Ihnen, von Karl-Heinz Grasser – Ihre Sprüche waren viel­leicht nicht so flott und so jugendlich, aber sehr, sehr ähnlich –, und das, woran ich mich besonders erinnere und was ich jetzt auch hier sehe, ist, dass diese Werbe­sprüche leider sehr, sehr wenig mit der Realität zu tun haben. (Unruhe im Saal.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um Ruhe, auch auf der Galerie.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Sie haben also sehr, sehr wenig mit der Realität und mit dem Leben der Menschen zu tun. Das heißt, die Sprüche, die Sie hier von sich geben, kommen bei den Menschen nicht an, und die Wahrheit ist leider oft genau das Gegenteil. (Abg. Haubner: Krainer, bist ja nur neidig! Peinlich!)

Jeder hier in diesem Haus weiß, dass zum Beispiel die Klientelpolitik, wie wir sie in den Nullerjahren erlebt haben, auch jetzt fröhliche Urständ feiert. In der letzten Plenar­sitzung wurde ein 40-Millionen-Euro-Geschenk an die Landwirtschaft gemacht, dieses Mal, heute, in Kürze, geht es um ein 120-Millionen-Euro-Geschenk für Hoteliers. (Abg. Winzig: Die kleinstrukturierte Landwirtschaft ist nicht eures, oder?) Das heißt, Sie führen Ihre Klientelpolitik wie in den Nullerjahren weiter – starke Lobby heißt große Wahlgeschenke oder große Geschenke. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, Sie wollen im System und nicht bei den Menschen sparen, dann muss ich sagen, wir sehen genau das Gegenteil: Sie geben mehr Geld für das System aus, Sie geben vor allem sehr, sehr viel Geld für das Politsystem aus. Noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik ist so viel Geld für politische Büros, für Kabinette, für Generalsekretäre, für Politkommissare ausgegeben worden, wie dies heute unter dieser neuen Regierung der Fall ist. Das heißt, Sie geben wesentlich mehr Geld für das System aus, vor allem für das politische System. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Auf der anderen Seite aber sparen Sie genau bei den Menschen, Sie sparen bei Zu­kunftschancen, Sie sparen zum Beispiel bei Arbeitslosen – Sie sparen bei Arbeits­losen, indem Sie ihnen die Chancen, die Qualifizierungsmöglichkeiten für die Zukunft nehmen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Sie brauchen sich nur die Budgets anzuschauen! Alle Klubs haben gestern Abend bereits den sogenannten Budgetziegel bekommen. Wir haben diesen in der Nacht durch­gearbeitet und werden morgen ausführlich darüber debattieren, aber das, was wir jetzt schon sagen können, ist: Sie sparen bei den Menschen, und zwar nur bei den Menschen, und vor allem bei jenen, denen es nicht besonders gut geht.

Ein Bereich, in dem Sie auch sparen – und das ist aus meiner Sicht besonders verwerflich, weil es besonders teuer werden wird und besonders für Probleme sorgen wird –, ist die Integration. Wir haben hier beschlossen und gesagt, dass für jeden Menschen, der als Asylwerber anerkannt wird, zu dem man sagt: Ja, du bist wirklich verfolgt, du darfst hier bleiben! (Abg. Winzig: Lesen Sie es einmal richtig!), drei, vier Dinge ganz, ganz wichtig sind, nämlich erstens dass er Deutsch lernt, zweitens dass er lernt, wie Österreich funktioniert und wie Österreich tickt, und drittens dass er möglichst schnell am Arbeitsmarkt Fuß fasst. Was aber machen Sie, wo sparen Sie? – Sie halbieren gerade in diesem Bereich die Mittel. Das wird dazu führen, dass diese Menschen nur halb so gut Deutsch können, wie sie sonst könnten, dass sie nur halb so gut wissen, wie Österreich funktioniert, und dass sie nur halb so gut am Arbeitsmarkt Fuß fassen. Das ist das, was Sie verursachen, und das macht Österreich nicht besser, nein, das macht Österreich schlechter, und das ist etwas, wofür Sie nicht gewählt wurden.

Ebenso ist es bei den Kindern, die in die Schule gehen: Auch für diese halbieren Sie die Unterstützung, und zwar die Unterstützung, die wir hier beschlossen haben – ich glaube, es waren fast alle Parteien hier im Haus, mit Ausnahme der Freiheitlichen Partei, dafür, dass es mehr Lehrer, mehr Sozialarbeiter, mehr Psychologen, mehr Un­terstützung in diesen Schulen geben soll. Sie jedoch halbieren auch da die Unter­stützung: halb so viele Lehrer, gar keine Psychologen, gar keine Sozialarbeiter mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sparen da bei der Zukunft, Sie sparen bei den Menschen, und das finden wir nicht gut. (Abg. Neubauer: Sie können nicht einmal zum Thema reden! Das ist peinlich!)

Wenn Sie noch einen Satz zum Versicherungsvertragsgesetz hören wollen, kann ich das gerne noch sagen: Es hat ja in den letzten Tagen in den Medien Berichte über einen Versuch gegeben – wie es ihn bereits im Oktober gegeben hat –, das Versiche­rungsvertragsgesetz zu ändern. Damals waren Kollege Groiß von der ÖVP und ich von der SPÖ der Meinung, das machen wir sicher nicht – nicht, weil wir das Problem für die Versicherungswirtschaft nicht sehen, sondern weil all die Lösungen, die bisher auf dem Tisch gelegen sind, dazu geführt hätten, dass die Rechnung, die womöglich den Versicherungen ins Haus steht, weil sie schlechte Rechtsabteilungen haben oder weil ihre Rechtsabteilungen nicht gut funktioniert haben, der Steuerzahler bezahlt. Alle Lösungen, die wir bisher gesehen haben, würden genau dazu führen.

In der Zwischenzeit höre ich, dass auch jetzt vernünftige Politiker aufseiten der Re­gierungsparteien hier im Parlament sitzen, die sagen, nein, wir beschließen das, was auf dem Tisch liegt, nicht, weil es nur dazu führen würde, dass der Steuerzahler für diese Fehler der Rechtsabteilungen in den Versicherungen zahlen müsste. Sollte das also nicht kommen, ist es okay, sollte es jedoch kommen, werden wir wirklich ein Problem bekommen, denn da geht es potenziell um Milliarden, da geht es um Dimen­sionen wie bei den letzten Bankenpaketen. Mutwillig in dieses Finanzloch hineinzu­laufen, brächte wirklich einen großen Schaden für Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.