12.28

Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Eines ist mir bei dieser Debatte rund um die Mehrwertsteuersenkung von 13 auf 10 Prozent besonders wichtig: Wirtschafts- und tourismuspolitische Maßnahmen sind dringend notwendig – besser heute als morgen –, auch deshalb, weil es in diesem Zusammenhang – ganz, ganz wichtig – um ganz, ganz viele Arbeitsplätze geht. Deshalb finden Maßnahmen, die den strukturellen Problemen der Freizeit- und Tourismuswirtschaft entgegenwirken, auch unsere volle Zustimmung seitens der SPÖ.

Unsere Zustimmung gibt es, wenn genau dort, bei diesen Dingen, angesetzt wird. Die jetzt vorliegende Gesetzesänderung zeigt jedoch kaum Wirkung, nicht einmal ansatz­weise. Das zeigt schon die Definition der Mehrwertsteuer, wenn man in der Fach­literatur nachschaut; da steht zu lesen: Die Mehrwertsteuer dient zur Finanzierung des Staates und ist als Lenkungsinstrument vollkommen ungeeignet. – Damit ist ja eigent­lich der Großteil schon gesagt.

Warum? – Nehmen wir doch die Investitionen her! Sie sagen, dass nun mehr Geld für Investitionen vorhanden ist. Dann darf ich aber kurz ein wenig darauf eingehen, wie viele kleine und mittlere Betriebe im Tourismus tatsächlich etwas von dieser Geset­zesänderung haben. Es geht um insgesamt 120 Millionen Euro, die dadurch nicht in die Staatskasse fließen. Bei rund 140 Millionen Nächtigungen, etwas mehr, sind das in etwa 85 Cent pro Nächtigung; also da bleibt pro Betrieb nicht viel übrig. Auch mein Kollege Obernosterer hat im Ausschuss gesagt: Es bleiben im Dorfgasthaus wahr­scheinlich um die 2 000, 2 500 Euro übrig. Also für Investitionen bleibt da wirklich nicht viel übrig, diese Rechnung ist auch nicht wirklich vielversprechend.

Was diese Klein- und Mittelbetriebe aber brauchen, sind Maßnahmen, damit sie den Herausforderungen der Zukunft wirklich standhalten können, sie müssen gesunde Betriebe sein. Da komme ich schon zur eigentlichen Frage zurück: Wem kommt denn nun diese Gesetzesänderung zugute? – Sicherlich nicht dem Gast, denn ich glaube kaum, dass die Preise nach unten gehen, und sicherlich nicht den Klein- und den Kleinstunternehmen, sicherlich nicht dem Dorfgasthof und sicherlich auch nicht dem Privatzimmervermieter. Schauen wir uns die Instandhaltung an! Auch da bleibt kein Spielraum, und deswegen wäre es wichtig, Frau Bundesministerin, wenn wir wirklich gezielte Maßnahmen in diese Richtung für die Betriebe aufs Papier bringen würden.

Wenn man sich die Arbeitsplatzsicherung im Freizeit- und im Tourismusbereich an­schaut, kann man dann wirklich davon ausgehen, dass eine Senkung von 13 auf 10 Prozent einen positiven Arbeitsmarkteffekt bringt? – Das glaube ich doch eher nicht, denn die 120 Millionen Euro, die dem Fiskus durch diese Gesetzesänderung fehlen, hätten ja, wie schon von der vorigen Regierung beschlossen, dafür verwendet werden können, Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar für Menschen, die arbeiten wollen, aber keine Arbeit bekommen, weil sie zu alt, zu überqualifiziert und deshalb zu teuer sind. Sie machen genau das Gegenteil, Sie streichen den Beschäftigungsbonus, die Aktion 20 000 und kürzen beim Integrationsfonds.

Für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen im Freizeit- und Tourismusbereich fehlt dieser Regierung eigentlich ein Gesamtkonzept und eine differenzierte Vorgangs­weise. Es ist ein Unterschied, ob man einen Betrieb mit 50 Betten oder einen Betrieb mit 200 Betten hat und einer Kette angehört. Bei dieser Gesetzesänderung ist diese Differenzierung wirklich nicht erkennbar. Dieser konkrete Ansatz fehlt ganz einfach, und das Gießkannenprinzip, wie es jetzt der Fall ist, ist sicherlich nicht zielführend. Fakt ist, dass man im Tourismus ein Lenkungsinstrument zur Bereinigung dieser struk­turellen Probleme, die es da wirklich gibt, benötigt, und da ist eine Gießkanne sicher­lich kein probates Mittel.

Um diese strukturellen Probleme in den Griff zu bekommen, braucht man aber exakt definierte Rahmenbedingungen mit entsprechenden Zielsetzungen. Das muss fokus­siert, das muss zielgerichtet sein, und es muss den zeitlichen Rahmen haben. Die strukturellen Probleme im Tourismus sind ja mannigfaltig: zu kleine Betriebsgrößen, der anstehende Generationenwechsel, generelle Strukturprobleme und eine Reihe von externen Faktoren wie zum Beispiel der Klimawandel oder der ausufernde Res­sourcenverbrauch.

Der Wandel der Märkte führt auch in zunehmendem Maße zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit. Österreichs Tourismus wächst zwar, wir haben immer wie­der Jubelzahlen, aber wenn man sich die Entwicklung von 1995 bis jetzt anschaut, dann sieht man, dass 1995 der Anteil am Weltmarkt 3,2 Prozent gewesen ist und dass es heute nur noch 2,2 Prozent sind und wir im internationalen Ranking auf Platz 11 abgerutscht sind. Der Anteil an den internationalen Tourismuseinnahmen hat sich im selben Zeitraum sogar mehr als halbiert. Waren es 1995 noch 2,8 Prozent, so sind es aktuell lediglich 1,3 Prozent.

Im Freizeit- und im Tourismusbereich muss deshalb ganz breit angesetzt werden, und zwar aus ökologischer, aus sozialer und aus wirtschaftlicher Sicht, und diese Sicht­weise fehlt bei dieser Gesetzesänderung, die vorliegt, einfach zur Gänze.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. (FH) Maximilian Unterrainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „fokussierter, zielgerichteten und zeitlich begrenzter Förderung der Klein- und Mittelbetriebe in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und die dafür zuständige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus werden ersucht, dem Nationalrat gesetzliche Maßnahmen vorzulegen, um eine fokussierte, zielgerichtete und zeitlich begrenzte Förderung der Klein- und Mittelbetriebe in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in die Wege leiten zu können. Diese Förderung soll vor allem die Härtefälle bei der innerfamiliären betrieblichen Übergabe berücksichtigen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Unterrainer

Kolleginnen und Kollegen

betreffend fokussierter, zielgerichteten und zeitlich begrenzter Förderung der Klein- und Mittelbetriebe in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Tourismusausschusses über die Regierungsvorlage (23 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird

Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft gehört zu den produktivsten und wichtigsten Branchen innerhalb der österreichischen Wirtschaft. Seit dem Jahr 2010 beträgt der Anteil der Tourismus- und Freizeitwirtschaft am BIP kontinuierlich zwischen 16% und 16,1%. Dies veranschaulicht zum einen Ihre Bedeutung für Österreich, aber auch Ihre Kontinuität und Wettbewerbsfähigkeit. Im letzten Jahr konnte z.B. die Nächtigungs­anzahl um 2,6% gesteigert werden, was ein Gesamtvolumen von 144,5 Mio. Nächti­gun­gen ergab.

Nichtsdestotrotz muss jedoch auch festgestellt werden, dass sich eine nicht unbe­deutende Anzahl an heimischen Tourismusbetrieben mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sieht. Insbesondere Klein- und Mittelbetriebe sind davon betroffen. Sie haben mit strukturellen Problemen zu kämpfen und stehen insbesondere im Falle von innerfamiliärer Betriebsübergaben nicht selten vor nicht zu bewältigenden Herausforderungen.

Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft hängt im hohen Ausmaß von der Arbeit und den Angeboten der kleineren und mittleren Betriebe, in den Regionen ab. Sie leisten eine unschätzbare Arbeit für die einzelnen Regionen, aber auch für unseren österreichischen Tourismus. Aus diesem Grund bedarf es in diesem Bereich gezielter Fördermaßnahmen, damit jene Unternehmen, die sich der harten Arbeit in der Tourismusbranche stellen, auch jene Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Standards, die von den TouristInnen eingefordert werden, extrem hoch sind. Die Klein- und Mittelbetriebe im Tourismus bieten hohe Standards, aber brauchen auch gezielte Unterstützung, um diese auch aufrechterhalten zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und die dafür zuständige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus werden ersucht, dem Nationalrat gesetzliche Maßnahmen vorzulegen, um eine fokussierte, zielgerichtete und zeitlich begrenzte Förderung der Klein- und Mittelbetriebe in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in die Wege leiten zu können. Diese Förderung soll vor allem die Härtefälle bei der innerfamiliären betrieblichen Übergabe berücksichtigen.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.