20.23
Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Wenn jemand rechtswidrig und schuldhaft einen Schaden verursacht, dann muss er ihn ersetzen. Es gibt aber eine Gruppe von Menschen, für die das nicht in diesem Maß gilt, die sind gleicher als gleich, und das sind Minister. Es kommt so gut wie nie vor, dass Minister für Schäden, die sie dem Bund verursachen, zivilrechtlich in Anspruch genommen werden.
Unter den Berichten, die der Rechnungshofausschuss zur Kenntnis genommen hat, war nämlich auch der Bericht über die Hypo Alpe-Adria – eine Sache, die umfassend untersucht wurde. Es ist aber nicht bekannt, dass gegen irgendjemanden der Verantwortlichen Schadenersatzansprüche erhoben worden wären.
Warum ist das so? – Der Grund ist nicht, dass wir keine gesetzliche Bestimmung hätten. Wir haben ein Organhaftpflichtgesetz. Wir haben Bestimmungen über Regressansprüche im Amtshaftungsgesetz. Im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung wird nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts für Schäden gehaftet. Dennoch kommt es so gut wie nie dazu, dass solche Ansprüche geltend gemacht werden. Was ist der Grund? – Wo kein Kläger, da kein Richter. Es ist niemand da, der diese Ansprüche geltend macht, obwohl natürlich eine Verpflichtung dazu bestünde und sich auch ein Minister, der solche Ansprüche nicht geltend macht, etwa gegen einen Amtsvorgänger, strafrechtlich verantwortlich macht, wenn diese Ansprüche begründet sind.
Ich glaube daher, dass man hier etwas unternehmen muss, und bringe daher einen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs zur Haftung von Politiker_innen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher dem Rechnungshof entsprechende Kompetenzen verleiht, um für die Republik Regressansprüche und Organhaftungsansprüche bei Rechtsverletzungen von höchsten Organen gem Art. 19 B-VG geltend zu machen.
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Der Rechnungshof wäre eine Institution, die dazu in der Lage wäre, und dann wäre sichergestellt, dass es nicht eine Gruppe gibt, die gleicher ist als gleich, und dass die Menschen nicht sagen können, na ja, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)
20.26
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs zur Haftung von Politiker_innen
eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2015/11 (III-1/29 d.B.) – TOP 20
Politiker_innen sind vom Vertrauen der Wähler_innen abhängig und werden anhand ihrer Arbeitshaltung und ihrer Leistungen entweder im Amt bestätigt oder abgewählt. Allerdings kommt es leider immer wieder zu Vorfällen, in denen Spitzenpolitiker_innen aufgrund grober Vernachlässigung ihrer Pflichten Entscheidungen treffen, die finanzielle Schäden und Nachwirkungen über Generationen bewirken. Skandale, wie es sie im Zuge der Hypo-Haftungen und späterer Verstaatlichung, beim Salzburger Finanzdebakel, bei der Linzer Swap-Affäre oder auch bei den Wiener Frankenkrediten gab, sind nur ein paar der aktuellen Beispiele für solche politische Misswirtschaft. Diese Fälle sind Symptome eines größeren strukturellen Problems. Es stellt sich daher die Frage, ob in solchen Fällen die Konsequenz einer Abwahl und Verlust der Wähler_innengunst nicht zu gering ist.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit der Amtshaftung und der Organhaftung um gegen staatliches Fehlverhalten vorzugehen. Wenn ein Staatsbediensteter, der hoheitlich handelt, jemandem durch rechtswidriges Verhalten Schaden zufügt, haftet vorerst die jeweilige Gebietskörperschaft, also der Bund, das Land oder die Gemeinde. Die zuständige Gebietskörperschaft kann sich das Geld dann vom betroffenen Beamten oder Politiker via Regressforderung zurückholen. In der Praxis finden solche Regressforderungen allerdings kaum statt. Meistens werden solche Verfahren lediglich gegen die Beamtenebene geführt, nicht jedoch gegen Politiker_innen. Zudem obliegt es in der Praxis den jeweiligen Ministerien, Regressansprüche gegen ihre Bediensteten geltend zu machen. Im Falle eines Fehlverhaltens einer Ministerin bzw. eines Ministers, müsste dieser gegen sich selbst Regress führen.
Es ist daher notwendig, die Klagsbefugnis außerhalb der politischen Ebene zu verlagern. Dem Rechnungshof sollte deshalb die Kompetenz eingeräumt werden, bei gravierenden Rechtsverletzungen der obersten Organe gem Art. 19 B-VG bei Gericht ein Feststellungsverfahren zu beantragen. In diesem Verfahren wäre zu prüfen, ob die Rechtsverletzung tatsächlich vorliegt. Der Rechnungshof könnte dann, wie auch vom renommierten Verfassungsrechtler Heinz Mayer vorgeschlagen, für die Republik Regressansprüche bzw. Organhaftungsansprüche geltend machen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher dem Rechnungshof entsprechende Kompetenzen verleiht um für die Republik Regressansprüche bzw. Organhaftungsansprüche bei Rechtsverletzungen von höchsten Organen gem Art. 19 B-VG geltend zu machen."
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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag der Abgeordneten Dr. Griss, Kolleginnen und Kollegen ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.