10.41

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Kollege Strasser, Sie haben Ihre Rede­unterlage hier am Rednerpult vergessen! (Abg. Strasser holt seine Unterlagen.)

Herr Präsident Sobotka, könnte man bitte in die Geschäftsordnung aufnehmen, dass Sie immer dann, wenn sich Herr Strasser zu Wort meldet, anstelle: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Strasser!, sagen: Wir unterbrechen jetzt kurz unsere Debatte und bringen eine Werbeeinschaltung des Österreichischen Bauernbundes? (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.) Es wäre dann, glaube ich, für die Zuschauer vor den Fernsehschirmen einfach nachvollziehbarer, was hier passiert ist. Nach dem Ende seiner Rede könnten Sie wieder sagen: Wir unterbrechen jetzt die Werbeeinschaltung vom Bauernbund und setzen die Debatte fort.

Zu dieser Budgetdebatte jetzt stellt sich mir schon eine Frage. Ich habe hier schon ganz, ganz viele Budgetdebatten erlebt, aber ich habe dabei noch nie so leere Regie­rungsbänke erlebt (Abg. Belakowitsch: Stimmt ja nicht!); normalerweise sind sie voll besetzt. (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, Sie haben ein bisschen Ihr Gedächtnis verloren! – Abg. Gudenus: Es gibt Bildschirme zum Zuschauen! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Mir ist lieber, die Bundesregierung arbeitet!) Wir haben uns auf Themenrunden verständigt, darauf, dass wir hier gewisse Themen debattieren, aber ich sehe keine Ministerinnen oder Minister, die sich an diesen Debatten beteiligen. Ich habe auch noch keine Wortmeldung vom Finanzminister oder vom Staatssekretär in der Redner­liste gefunden. Das ist sehr, sehr ungewöhnlich. (Abg. Belakowitsch: Könnten Sie jetzt einmal etwas Inhaltliches beitragen?)

Es ist nicht üblich, dass sie sich vor der ersten Runde zu Wort melden, das steht sogar in der Vereinbarung drin, aber es ist üblich, dass man sich an der Debatte beteiligt. Der Finanzminister ist neu im Amt, aber vielleicht kann man das noch irgendwie lösen, dass das jetzt nicht eine Debatte nur zwischen Abgeordneten bleibt, sondern eine Debatte zwischen Regierung und Abgeordneten wird. Vielleicht (in Richtung Bun­desminister Löger und Staatssekretär Fuchs) könnten Sie Ihre AmtskollegInnen von­seiten der Regierung ersuchen, noch herzukommen und sich an der Debatte zu beteiligen, vor allem deswegen, weil wir Themen ausgemacht haben – jede Fraktion hat die Möglichkeit gehabt, ein Thema zu wählen –, über die dann nach der dritten RednerInnenrunde debattiert wird. An und für sich ist es üblich, dass bei derartigen Debatten auch Minister anwesend sind, und ich will hoffen, dass die dann auch kommen werden (Abg. Wöginger: Das ist eine erste Lesung, Herr Kollege!), denn sonst wird diese Debatte nicht stattfinden können. (Abg. Wöginger: Erste Lesung! – Abg. Zanger: Du hast Wünsche! Ein sonderbares Kerlchen!)

Was kann ich zur bisherigen Debatte sonst sagen? – Ich habe mir kurz überlegt, ob ich nach den Ausführungen des Abgeordneten Gudenus eine tatsächliche Berichtigung machen soll. Das Problem war nur, es wären mehrere tatsächliche Berichtigungen notwendig gewesen, und nach der vielleicht vierten hätte man eigentlich nur noch sagen können: Das waren jetzt Fake News!, oder so etwas Ähnliches. So viele tatsächliche Berichtigungen hätte man gar nicht machen können. Es ist leider so, dass hier ganz, ganz wenige Fakten vorgebracht werden, sondern sehr viel Propaganda gemacht wird; sehr viele flotte Sprüche, aber ganz wenig Substanz. (Abg. Bösch: Kommen Sie doch einmal zur Sache, Herr Kollege!) – Gerne, gerne! (Abg. Bösch: Wir haben hier keine Faschingsveranstaltung, sondern eine Budgetdebatte!)

Wenn zum Beispiel gesagt wird, wir hätten eine Trendwende, eine Trendwende in der österreichischen Budgetpolitik, weil jetzt etwas Neues erreicht werden konnte, es gäbe nämlich seit 65 Jahren das erste Mal so etwas wie einen Budgetüberschuss in Öster­reich, dann muss man sagen – ich habe das gestern auch schon gesagt –, gehen Sie nicht auf die Homepage der Sozialistischen Internationale, sondern auf die Homepage vom Wifo und schauen Sie sich dort die Budgetdaten an! Sie können sie dort bis in die 60er-Jahre zurückverfolgen und werden feststellen – oh! –, 1970, 1971, 1972, 1973, 1974 (Abg. Belakowitsch: Schulden, Schulden, Schulden!) gab es Budgetüberschüs­se – Budgetüberschüsse! –, gesamtstaatliche Budgetüberschüsse.

Bitte schauen Sie sich die Zahlen dahin gehend an (Abg. Belakowitsch: Und dann? – Und dann ging es bergab, oder?) – ich glaube, sie müssen ja nächste Woche präsen­tiert werden –, ob ein Schuldenabbau stattgefunden hat! Die Zahlen werden präsen­tiert, Insider kennen sie schon aus den Unterlagen, die im Parlament aufliegen. – Letz­tes Jahr sind die Schulden gesunken, nicht nur im Verhältnis zum BIP, sondern nominell. Die Verschuldung in Österreich ist 2017 gesunken! (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns das strukturelle Defizit an! Das strukturelle Defizit gibt es deswegen, weil die Konjunktur eine ganz große Auswirkung auf Defizite hat. Das strukturelle Defizit rechnet quasi die Konjunktur heraus, sodass man unabhängig von der Konjunk­tur sieht, wie das Defizit ist.

Wie hoch war laut den Budgetunterlagen, die gestern ausgeteilt wurden, das struk­turelle Defizit letztes Jahr? – 0,1 Prozent Defizit, kein Überschuss. Wie hoch ist es heuer? – 0,5 Prozent Defizit. Ist das niedriger oder ist das höher? (Abg. Schieder: Das Fünffache!) – Das Defizit steigt!

Wie hoch ist das Defizit nächstes Jahr, im 2019er-Jahr? – 0,5 Prozent, und zwar minus. Ist das höher als letztes Jahr oder niedriger? – Es ist höher!

Also erzählen Sie uns jetzt nicht, dass jetzt die gute Zeit anbricht, wenn sich doch ganz einfach Folgendes belegen lässt: Im 2017er-Jahr ist die Verschuldung gesunken, und das strukturelle Defizit war niedriger als das, was Sie jetzt hier vorlegen! – Das sind die Fakten, das sind Ihre Unterlagen, das sind die Zahlen, die die Regierung hier vorlegt. Die kann man sich anschauen, ehrlich anschauen, man kann ehrlich über die Zahlen und Fakten reden – oder irgendwelche Fake News produzieren, wie wir das sonst so gehört haben.

Sie sagen, Sie sparen bei der Verwaltung, 1 Milliarde Euro sparen Sie bei der Ver­waltung ein. – Jetzt haben wir schon gehört, das ist das Geld, das nie ausgegeben worden ist und das nächstes Jahr halt auch nicht ausgegeben wird, das spart man sich dann halt. Das ist natürlich eine interessante Form des Sparens. Ich habe in den letzten Tagen auch viele Interviews von Ihnen, Herr Finanzminister, verfolgt, ich habe aber auf die Frage: Wo ist diese Milliarde?, immer dieselbe Antwort gehört: Das ist auf ganz viele unterschiedliche Bereiche aufgeteilt, das kann ich jetzt gar nicht so auf­zählen!

Wir werden uns das im Budgetausschuss anschauen. Wir wollen uns das wirklich anschauen, wir werden die Milliarde suchen, denn ich glaube, diese Milliarde gibt es nicht. Ich glaube, diese Milliarde ist Geld, das man ohnehin noch nie ausgegeben hat und halt nächstes Jahr auch nicht ausgeben wird. – Das ist keine Sparmaßnahme, das ist auch nicht Sparen in der Verwaltung! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Das, was wir sehen, ist ein Aufblähen Ihres Apparates, gerade in der Verwaltung, nämlich was die Politkommissare betrifft, was die Kabinettsmitarbeiter betrifft. Das, was wir sehen, ist: Bei den großen, ganz wichtigen Politikbereichen wie etwa bei der Inte­gration kürzen Sie. Sie kürzen die Förderungen dafür, dass Kinder Deutsch lernen, Sie kürzen die Mittel dafür, dass anerkannte Flüchtlinge Deutsch lernen, dass sie lernen, wie Österreich tickt, und dass sie am Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Da kürzen Sie, aber damit lösen Sie keine Probleme, sondern damit schaffen Sie welche! (Beifall bei der SPÖ.)

Thema Steuergerechtigkeit: Was machen Sie auf internationaler Ebene? – Da machen Sie gar nichts! Im Gegenteil, Sie streichen Länder wie Panama von der schwarzen Liste! In Österreich schließen Sie gar keine Steuerschlupflöcher, obwohl wir wissen, dass es sie gibt; wir haben sie auch im Wahlkampf aufgezeigt. (Abg. Rädler: Wann waren Sie in der Regierung?) – Ich kann Ihnen sagen, als wir in der Regierung waren, haben wir – und dafür habe ich intern viel Kritik einstecken müssen, weil ich mich intern in der SPÖ dafür eingesetzt habe – dafür gesorgt, dass der schwarze Finanzminister mehr Personal bekommt, damit die Finanzämter und die Steuerprüfer besser funk­tionieren, denn dort wurde zu viel gespart. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe damals viel interne Kritik einstecken müssen, weil ich mich dafür eingesetzt habe, dass ein schwarzer Minister mehr Personal bekommt. Das haben wir aber beschlossen, das haben wir dann auch mit den Stimmen der ÖVP beschlossen. Und was machen Sie? – Sie machen das rückgängig und kürzen die Mittel für mehr Steuer­prüfer wieder. Das sorgt nicht für mehr Gerechtigkeit in Österreich, sondern das sorgt dafür, dass viele, die eigentlich ihren gerechten Beitrag leisten müssten, weniger Steu­ern zahlen werden, und das ist keine ordentliche Geschäftsgrundlage! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

10.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Aufklärung, Herr Nationalrat Krainer, darf ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass wir in der Präsidiale ausgemacht haben, dass die Vertretung der Bundesregierung während der ersten Lesung durch den Bundesminister für Finanzen beziehungsweise den Staatssekretär im Finanzministerium erfolgt.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Marlene Svazek. – Bitte.