9.38

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Kanzler! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Herr Kollege Strolz, man hat es Ihnen angesehen: Es ist nicht ganz einfach, ein gutes Budget schlechtzureden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Schwache Ansage!)

Schauen wir uns die Ausgangssituation noch einmal ganz nüchtern an und schauen wir uns die Fakten an: Faktum ist, unser Staat, unser Bundeshaushalt hat seit 65 Jah­ren Minus gemacht, wir haben immer mehr Geld ausgegeben, als wir eingenommen haben. Das ist Faktum, die Zahlen lügen nicht. Man hat zwar zwischendurch einen ge­samtstaatlichen Überschuss erzielen können, sprich, man hat die Gemeinden, die Län­der, die Sozialversicherungsanstalten dazugerechnet, und dann hat es einmal einen gesamtstaatlichen Überschuss gegeben, doch ich glaube, jede Gebietskörperschaft – eine Gemeinde, ein Land, der Bund – ist für ihre Zahlen verantwortlich und hat die Auf­gabe und die Verantwortung, mit dem Geld, das sie vom Steuerzahler einnimmt, sorg­sam umzugehen und auch zu versuchen, damit auszukommen. Ich glaube, das ist die Verantwortung jeder Gebietskörperschaft und auch die des Bundes.

Faktum ist: Wir haben heute einen Schuldenberg von rund 290 Milliarden Euro, das heißt, jeder Österreicher, egal in welchem Alter, hat heute einen Rucksack mit rund 39 000 Euro mit.

Faktum ist auch – das ist richtig –, wir haben eine gute Konjunktur. Die Frage ist, wozu man diese gute Konjunktur nutzt und was man in Zeiten einer guten Konjunktur macht. Lebt man weiter über die Verhältnisse und leistet sich vielleicht Dinge, die man sich sonst nicht leisten kann, oder senkt man die Steuer- und Abgabenquote, leitet Refor­men ein, die Sie auch hier richtigerweise angesprochen haben, und baut die Schulden ab? – Das ist der eine Weg, die Senkung der Steuer- und Abgabenquote und der Ab­bau der Schulden; der andere Weg bedeutet neue Steuern, neue Schulden und weiter­hin ein Leben über die Verhältnisse. Wir haben uns für den Weg entschieden, dass wir heute sagen, wir senken die Steuer- und Abgabenquote, bauen Schulden ab und leiten Reformen ein. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich bin mir sicher, dass eine große Anzahl der verantwortungsbewussten Österreicher diesen Weg für richtig hält und ihn auch mit unterstützen wird. Ein entsprechendes Budget ist die Grundlage für diese Reformen und gibt die Möglichkeit, Reformen in die richtige Richtung zu lenken, aber die Reformen können nur in den einzelnen Minis­terien und durch einzelne politische Maßnahmen erfolgen. Die Budgets für die Jah­re 2018 und 2019 sind aber jedenfalls die Grundlage dafür, dass man in diese Rich­tung gehen kann.

Wie in einem Unternehmen ist es auch hier in der Politik wichtig, dass Entscheidungen getroffen werden. Die letzten zehn Jahre haben uns vor Augen geführt, was das Schlimmste ist, nämlich wenn keine Entscheidungen getroffen werden und Stillstands­politik herrscht. Das darf es in Zukunft in diesem Land nicht mehr geben.

Wir haben natürlich Diskussionen und es gibt Aufregungen, wie man diese Reformen angeht. Jeder, der betroffen ist, ist natürlich jemand, der davon überzeugt werden muss, dass diese Reform richtig ist. Nicht alle, die betroffen sind, haben unbedingt Freude mit den Reformen, aber man muss halt schauen, dass man diese Reformen sozial verträglich gestaltet. Es ist einfach notwendig, dass wir unseren Staat zukunftsfit machen, und wir müssen die Last für die, die diesen Staat, diesen für uns so wichtigen Sozialstaat erhalten, verringern, damit wir auch in Zukunft darin leben können und unsere Kinder die Möglichkeit haben, in diesem Sozialstaat groß zu werden. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es ist auch Faktum, dass in den Budgets 2018 und 2019 – es sind heute schon viele Beispiele erwähnt worden – entsprechende Steuersenkungen enthalten sind, zum Bei­spiel auch für Geringverdiener, obwohl hier immer gesagt wird, dass wir für die Ge­ringverdiener nichts tun, nämlich in Summe 140 Millionen Euro; weiters der Familien­bonus, Absetzbetrag pro Kind: rund 700 Millionen Euro; Senkung der Lohnnebenkos­ten: rund 700 Millionen Euro. Auf der anderen Seite gibt man mehr Geld aus: mehr Geld für Pflege und Soziales: 800 Millionen Euro in den nächsten Jahren; mehr Geld für den Bereich Bildung und Forschung – also es stimmt nicht, dass da gespart wird –: fast 2 Milliarden Euro. Jeder, der heute im Forschungsbereich tätig ist, Universitäten sind sehr froh über dieses Budget, weil es erstmals etwas ist, was wirklich in die rich­tige Richtung geht, was die Ausbildung und die Bildung unserer jungen Leute betrifft. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie, Herr Kollege Kern, heute als Beispiel hier den Kindergarten hernehmen und als mögliche und wichtige Maßnahmen die Ganztagskinderbetreuung ansprechen, muss ich sagen: Selbstverständlich ist das eine wichtige Maßnahme, aber dann müs­sen Sie auch dazusagen, dass es dafür keine Bundeskompetenz gibt. Das betrifft die Kompetenz der Gemeinden. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wir betreiben in unserer Gemeinde seit 2004 einen Ganztagskindergarten mit alters­übergreifender Kinderbetreuung von eineinhalb Jahren bis 15 Jahre. Wir bieten das un­seren Bürgern, unseren Familien an, und das wird natürlich auch angenommen. Das ist wichtig, und man muss den Gebietskörperschaften, die dafür verantwortlich sind, die entsprechenden Mittel dafür geben. Es ist aber nicht Aufgabe des Nationalrates, über eine Ganztagskinderbetreuung zu diskutieren, weil es keine Zuständigkeit dafür gibt, weil die Zuständigkeit bei der Gebietskörperschaft Gemeinde liegt. Den Gemeinden muss man natürlich durch eine entsprechende Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzie­rungsverantwortung die entsprechenden Mittel dafür zur Verfügung stellen. Das ist in den letzten Jahren nicht passiert, und ich denke, diese Maßnahmen muss man einfach in den nächsten Jahren angehen (Abg. Heinisch-Hosek: ... den Ländern vom Bund! Das ist ja unglaublich!) und in unserem föderalistischen Staat die entsprechenden Rah­menbedingungen schaffen, Frau Kollegin (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist das Abschie­ben der Verantwortung! Unfassbar!), unter Berücksichtigung der einzelnen Gebietskör­perschaften, die ich für sehr gut halte, im Gegensatz zu Herrn Kollegen Strolz, der ja die Länder, unsere Landeshauptleute hier immer als Landesfürsten beschimpft. Ich finde das nicht in Ordnung. Die machen gute Arbeit; auch jeder Gemeinderat und jeder Bürgermeister macht gute Arbeit, nur muss er die entsprechenden Mittel für seine Arbeit bekommen. Ich glaube, das ist die Aufgabe der Politik und das ist die Aufgabe, die wir hier herinnen zu leisten haben, dann wird es auch in allen Bereichen eine Ver­besserung geben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wie gesagt, es gibt den Weg: neue Steuern, neue Schulden, über die Verhältnisse leben; aber auch den Weg: Schulden senken, Steuer- und Abgabenquote senken und die entsprechenden Reformen einleiten. Letzteres sind wir nicht nur der Jugend schul­dig, die die Zukunft unseres Landes bedeutet, sondern auch der älteren Generation, die diesen Sozialstaat aufgebaut hat. Das ist der richtige Weg, und deswegen ersuche ich Sie, heute und auch in den nächsten Tagen, wenn wir hier dieses Budget im Detail diskutieren werden, noch einmal in sich zu gehen und zu überlegen, ob Sie nicht doch diesem Budget zustimmen sollten. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.45

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ross­mann. Ich erteile ihm das Wort.