10.59

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Fi­nanzminister! Herr Staatssekretär! Man kann unglaublich viel und schnell reden, aber trotzdem nichts sagen, Frau Kollegin – bestes Beispiel. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Ich habe heute – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – von den Regierungsparteien un­glaublich viele Märchenbeiträge gehört, also mit Dichtung und Wahrheit nehmen Sie es offenbar nicht so genau. Sie bringen hier Halbwahrheiten zur Sprache, Sie lassen et­was weg und vergessen, Tatsachen auf den Tisch zu legen. Ich darf Ihnen jetzt fol­gende vier Tatsachen kundtun. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Tatsache Nummer eins: Seit dem Jahr 2015 – gut zuhören, Herr Rädler! – saniert die Vorgängerregierung stufenweise dieses Budget, und deswegen ist es jetzt so, wie es ist, nämlich ein saniertes Budget. Dafür aber kann diese Regierung nichts! – Erste Tatsache. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zweite Tatsache, sehr geehrte Damen und Herren: Die noch stabile Gesellschaft in Österreich, die sich über Jahrzehnte hinweg als stabil erwiesen hat, weil jahrzehnte­lang investiert wurde, weil Investitionen in das Sozialsystem getätigt wurden, die mög­lichst allen ein bisschen auch an Lebensqualität zukommen lassen, destabilisieren Sie jetzt. – Das ist die zweite Tatsache, die Sie halb verschweigen. Sie dividieren diese stabile Gesellschaft auseinander, und zwar mit einem kühlen Lächeln der Sonderklas­se. Knallhart, beinhart dividieren Sie die Gesellschaft auseinander, nehmen den Klei­nen und geben den Großen und pfeifen sich nichts um die Leistungen der Menschen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Frauen und Männer, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, die niedrige Einkommen haben, zählen für Sie sowieso nicht. Es gibt nämlich auch Leute in diesem Land, die zu wenig verdienen, um Steuern zu zahlen (Abg. Neubauer: Da gehören Sie nicht dazu!), und für diese Menschen haben Sie sowieso nichts übrig, denn die bekommen nicht einmal 1 Cent über den Familienbonus, den Sie ermöglichen und den wir auch respektieren, keine Frage. Wenn er aber nicht für alle Kinder in die­sem Land gleichermaßen gilt, dann ist das wieder eine der Tatsachen, die Sie verwa­schen haben, und das halte ich den Kindern gegenüber für respektlos. (Beifall bei der SPÖ.)

Tatsache Nummer drei: Einige Ihrer Versprechen sind nicht einmal budgetiert; das ha­ben auch Vorredner, Vorrednerinnen vor mir schon erwähnt. 1 000 Euro, sprich nichts, für den Ausbau der Kinderbetreuung – und daraufhin stellt sich ein Kollege von der FPÖ hierher und sagt, das sei Sache der Gemeinden. Ja woher kommt denn das Geld? – Das Geld kommt von allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern – das ist einmal die eine Tatsache – und, zum Zweiten, verteilt wird das Geld, 305 Millionen Eu­ro in den vergangenen Jahren, vom Bund an die Länder, von den Ländern an die Ge­meinden. Und jetzt sollen auf einmal die Gemeinden allein dafür zuständig sein?! – Also das ist auch wieder so eine Halbwahrheit, mit der Sie hausieren gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben auch den Ausbau der ganztägigen Schulen auf das Jahr 2032 verschoben. Die Kinder, die sie brauchen, werden nichts davon haben. Wenn Sie Ihre Kinder ir­gendwo anders hingeben, so mag das Ihre Sache sein, aber die Kinder, die diese Art der Betreuung brauchen, weil zum Beispiel die Eltern sich keine Nachhilfe leisten kön­nen, werden genau nichts davon haben.

Und: Sie finanzieren, Sie budgetieren nicht einmal die gesamte Abschaffung des Pfle­geregresses. Wie sehr müssen sich die Leute jetzt wieder davor fürchten, dass Sie zu wenig Geld budgetiert haben und dieser Pflegeregress unter Umständen wieder einge­führt wird?

Tatsache Nummer vier: Es ist nicht nur so, dass Sie Dinge nicht budgetieren, nein, Sie kürzen auch Budgets, und zwar nicht nur das AMS-Budget durch das Abschaffen einer wunderbaren Aktion, von der Sie ganz despektierlich sagen, das wäre eine Scheinak­tion gewesen, obwohl 4 400 ältere ArbeitnehmerInnen dadurch einen Arbeitsplatz, ei­nen geförderten Arbeitsplatz, der ihnen eine neue Perspektive ermöglicht hätte, be­kommen haben. – Nein, weggekürzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus haben Sie das ohnehin schon sehr niedrige Frauenbudget um noch ei­ne halbe Million Euro gekürzt. Das ist wirklich arg! Sie versprechen auf der anderen Seite 100 Plätze für Frauen in Not, haben diese aber nicht budgetiert! Im Jahr 2020, hat uns die Frauenministerin gesagt, wird dann vielleicht Geld dafür da sein.

Versprechungen werden gegeben, aber sehr wenig bis gar nichts davon wird auch um­gesetzt! Sie investieren nicht in die großartigen Menschen in diesem Land, Sie inves­tieren in die Großindustrie in diesem Land. Das mag Ihre Philosophie sein (Ruf bei der ÖVP: Die brauchen wir ja nicht, oder?!), aber den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Vizekanzler interessiert das eh schon lange nicht mehr. Ich wollte sagen, hier (auf die Regierungsbank weisend) sitzt ein türkis-blauer Eisblock, der sich um die Leute nichts schert, leider muss ich sagen: Hier saß ein türkis-blauer Eisblock, der schon ver­schwunden ist und dem Menschen mit niedrigen Einkommen völlig egal sind (Beifall bei der SPÖ), dem auch das Wohl vieler Kinder völlig egal ist, denn nicht alle Kinder werden gleichermaßen profitieren.

Und die Leistungen der Frauen, die großartigen Leistungen der Frauen? – Bei 40 Ar­beitsjahren werden sie, wenn sie arbeitslos waren, wenn sie Kinder bekommen haben, wenn sie krank waren, nie und nimmer von dieser Erhöhung der Mindestpension profi­tieren. Es braucht zumindest die Anrechnung der Kindererziehungszeiten (Abg. Räd­ler: Warum haben Sie es nicht gemacht?), Herr Rädler, es braucht die Anrechnung der Kindererziehungszeiten, damit wenigstens einige Frauen etwas davon haben. – Wieder so ein Placebo, das Sie in die Welt geschickt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass es an der Zeit ist, den Leistungen der Menschen sehr respektvoll zu begegnen, sich gebührend damit auseinanderzuset­zen und diese auch zu würdigen. Sie machen das nicht – wir werden das im Gegenzug zu Ihrer Eiszeitpolitik versuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.05

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte, Frau Abgeordnete.