14.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (PILZ): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin, vielen Dank für Ihre Worte! Ich möchte nur an eine Usance in diesem Haus erinnern: Der Minister oder die Ministerin meldet sich erst zu Wort, wenn bereits eine Person pro Fraktion gesprochen hat. – Vielleich hören Sie mir aber nun umso auf­merksamer zu. (Beifall bei Liste Pilz, SPÖ und NEOS.)

Wir haben hier gestern ausführlich über den Klimawandel debattiert, über seine Aus­wirkungen und über die angeblich mutige, aber real-faktisch gar nicht mutige Klimapoli­tik der Regierung. Die Redebeiträge der Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak­tionen haben gezeigt, wie berechtigt die Kritik an der Klimapolitik der Regierung ist. Diese waren nämlich inhaltlich sehr dünn, wenn nicht sogar substanzlos. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Redebeiträge der Oppositionsparteien haben gezeigt, wie breit die Allianz der Ab­lehnung und Kritik ist. Es ist nicht so, dass wir einfach kategorisch auf das draufhauen, was die Regierung präsentiert, nur weil es von der Regierung kommt. Das ist wirklich nicht so. Diese breite Allianz der Ablehnung und Kritik an der Klimapolitik findet sich auch in der Bevölkerung wieder.

Ich möchte nun, um auch unseren Zuseherinnen und Zusehern sowie der Bevölkerung ein bisschen Orientierung zu geben, ein paar Zahlen entmystifizieren, um zu bestäti­gen, dass die Kritik berechtigt ist.

Im vorliegenden Bundesvoranschlag werden für das Jahr 2018 die prognostizierten Auszahlungen in den Bereichen Umwelt, Energie und Klima mit 627 Millionen Euro be­ziffert. Diese Mittel gehen aber nicht alle direkt in den Klimaschutz. Setzen wir diese Zahl ins Verhältnis zu den bereits aktuell vorhandenen Kosten des Nichthandelns beim Klimawandel, sind das heute schon 2,1 bis 4,2 Milliarden Euro pro Jahr: 627 Millio­nen Euro auf der einen Seite, 2,1 bis 4,2 Milliarden Euro auf der anderen Seite, Schaden versus Investition. (Zwischenruf des Abg. Schnöll.) Und es zeigt sich nicht, dass diese Investitionen in den Klimaschutz zunehmen sollen, nein, sie werden ge­kürzt.

Frau Bundesministerin, die Kosten des Nichthandelns beim Klimawandel – Sie haben das gestern noch selbst in den Mund genommen – werden steigen und ab 2050 8,8 Milliarden Euro betragen. Nur in Österreich haben wir pro Jahr 8,8 Milliarden Euro Schaden durch den Klimawandel, wenn wir nichts tun. Es gibt einen variablen Anteil von 5 Milliarden Euro, den wir vermeiden können, wenn wir handeln. (Abg. Schnöll: Wo habt’s denn die Zahlen her?) – Das ist eine Studie des Klima- und Energiefonds, beauftragt von der Regierung.

Ein weiterer Mythos ist, Österreich sei so ein Vorreiterland bei der Energiewende und der Bekämpfung des Klimawandels und das 100-Prozent-Ausbauziel wird von vorne bis hinten gepriesen. Die Sache ist nur die: Wir haben seit vielen Jahren 70 Prozent Anteil an erneuerbarer Energie bei der Stromerzeugung, das ist aber die Großwas­serkraft, die nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde und längst abgeschrieben ist. Wir haben heute 72 bis 75 Prozent, je nach Wasserjahr, das ist nicht sehr toll. Vorrei­terland bei der Energiewende in Europa ist überraschenderweise ein ganz anderes Land. (Abg. Schnöll: In Graz hat der Peter Pilz gegen Wasserkraft demonstriert!) Es ist Portugal, ein wirtschaftlich viel schwächer dastehendes Land als Österreich. Portu­gal hat im März dieses Jahres im Strommix 100 Prozent erneuerbare Energie erreicht. (Abg. Schnöll: In Graz hat der Peter Pilz gegen die Wasserkraft demonstriert im Vorjahr! Das ist die Realität!) – Ja, wir sind nicht für den Totalausbau der Kleinwas­serkraft, es gibt da andere Alternativen. Schauen wir uns den Wasserstoff an, schauen wir uns die konzentrierte Solarthermie an! (Abg. Schnöll: Sie sind gegen alles!) – Ja, ja, man muss es differenziert betrachten. Sehr, sehr recht haben Sie.

Ein weiterer Mythos ist, dass wir im Klimaschutz gut unterwegs sind, angeblich gehen die Emissionen in Österreich zurück. Das behauptet die Regierung auch bei der Prä­sentation der Klimastrategie. Es ist aber nur möglich, das zu behaupten, wenn man mit den Zahlen ein bisschen schummelt. Die heutigen Treibhausgasemissionen sind im­mer noch höher als 1990. Jetzt sind sie angeblich im Sinken begriffen, aber das des­halb, weil Sie das Referenzjahr 2005 verwenden, ein Jahr, in dem die Emissionen so hoch waren wie noch nie in Österreich und in der ganzen EU. Das heißt, Referenz­jahr 2005, ja, die Emissionen haben abgenommen, aber jetzt sind sie schon wieder im Ansteigen begriffen und wir sind immer noch über dem Referenzjahr 1990. Wir unter­bieten die EU in den Klimaschutzzielen und die EU unterbietet das internationale Kli­maschutzabkommen von Paris. (Abg. Schwarz: So ein Quatsch!)

Ein letzter Satz noch zur ökosozialen Steuerreform: Ich kann es nicht fassen, dass wir diese in Österreich noch immer nicht haben. Es ist kein weltfremdes Projekt. Diese Reform ist heute State of the Art in der Steuer- und Umweltpolitik, immer mehr Länder führen sie ein. Nicht nur unsere heimischen Ökonomen, auch der Internationale Wäh­rungsfonds, OECD und Weltbank sprechen sich für die ökosoziale Steuerreform aus. Es darf Sie nicht gruseln beim Wort Steuererhöhung, denn wir erheben Steuern auf das, was verschmutzt, auf CO2, und wir reduzieren die Steuern auf der anderen Seite auf das, wovon wir mehr brauchen, nämlich Arbeit. Und insgesamt geht sich das schön aus, der Verbraucher hat keine Mehrbelastung. Diese Geschichte werden wir hier so oft und so lange und so intensiv erzählen, bis wir in Österreich endlich eine ökosoziale Steuerreform umgesetzt haben werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der Liste Pilz sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

14.44

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.