9.07

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Unser Thema ist heute die UG 30: Bildung. Meine größte Herausforderung ist die eingeschränkte Redezeit, denn es gäbe wahrlich viel zum Bildungsbudget zu sagen.

Erinnern möchte ich zu Beginn einmal mehr an die Vorgabe der Bundesregierung, an Ihr eigenes Ziel, dass Sie bei der Bildung nicht sparen wollen, und an Ihre Aussage, dass Bildung zu den wichtigsten Bereichen Ihrer Vorhaben gehört.

Lassen Sie mich mit dem Faktencheck beginnen: Auf den ersten Blick erhöht sich die Summe für die UG 30 im Jahr 2018 um 138 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Ein Blick auf die Details genügt allerdings, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt, nämlich dringende Investitionen in räumliche Infrastruktur – gar keine Frage –, und die Erhöhung ist natürlich auch der Erhöhung der Gehälter für Pädagoginnen und Pädago­gen geschuldet, denen ich an dieser Stelle herzlich für ihr tagtägliches Engagement zum Wohle unserer Kinder danken möchte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von ÖVP, NEOS und Liste Pilz.)

Es ist dies kein visionäres Budget mit Gestaltungsspielraum, nein, ich wage sogar zu behaupten, dass es ein Budget ist, das nicht einmal die strukturelle Lücke abdecken wird, deren Schließung die ÖVP-Finanzminister seit vielen Jahren verweigert haben. (Ruf bei der ÖVP: Die Sie hinterlassen haben!)

Der Zickzackkurs bei den Deutschklassen zeigt ja eindrucksvoll, wie eng es offen­sichtlich wirklich im Budget ist. Was zurzeit als Eingehen auf die Kritik, die von den Kol­legen aus der Wissenschaft, aber auch von der Praxisseite her kommt, verstanden und argumentiert wird – es wäre ja löblich, wenn es so wäre –, könnte man allerdings auch als Fehlkalkulation Ihrerseits interpretieren, denn aus 230 zusätzlichen Deutschklassen werden plötzlich 80, und einbezogen werden nur mehr die Schuleinsteiger.

Was auch gestrichen wurde mit einem einfachen Handstreich –, ist der Integrations­topf. Damit kippen 450 Sprachpädagoginnen und -pädagogen, 250 Integrationspäda­gogen, 85 Psychologen und die Mitglieder der Mobilen Teams aus dem System. Sie werden den Schulen weggenommen – und das in einer Zeit, in der Integration ein ganz wichtiges Thema ist. Sie, Herr Bundesminister, wissen als Migrationsexperte und aus­gewiesener Wissenschafter in diesem Bereich genau, dass Integration kein Zweijah­resprojekt ist, sondern eine längerfristige Anstrengung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Nächstes Thema: Es wird immer wieder betont, die Neuen Mittelschulen sollen ge­stärkt werden. Gleichzeitig verunsichern Sie die Pädagoginnen und Pädagogen an die­sen Schulen, weil Sie, wie so oft – das muss ich leider sagen –, Ankündigungspolitik betreiben, über Effizienzeffekte und Steigerungen sprechen, dann aber konkrete Ziele, konkrete, realistische, umsetzbare Maßnahmen und Konzepte, siehe Deutschklassen, fehlen.

Zudem sieht man, wenn man genau hinschaut, dass die Budgets für die Neue Mittel­schule sinken – sie sinken! Ist das jetzt wirklich ernst gemeint, dass Sie die Neue Mit­telschule stärken wollen?

Sie argumentieren auch noch in einer Anfragebeantwortung, die sinkenden Budgets für die Neue Mittelschule und für die Primarstufe spiegeln nur die sinkenden SchülerInnen­zahlen wider. Wenn man aber den Schultyp Neue Mittelschule stärken, die SchülerIn­nenzahlen steigern und die Attraktivität erhöhen will, muss man doch mehr Geld dafür in die Hand nehmen! Das mit der Stärkung der Neuen Mittelschule kann also nicht so ernst gemeint sein. (Abg. Steinacker: Es geht immer nur um Geld! Es geht doch um Strukturen!)

In den Wirkungszielen betonen Sie, Herr Bundesminister, die Umsetzung der Digitali­sierungsstrategie 4.0. Ich selbst war an deren Entwicklung beteiligt, war verantwortlich dafür und weiß daher, wie teuer es ist, wenn man sie realistisch und innovativ umset­zen will. Allein die Maßnahmen für die Infrastruktur – WLAN-Ausstattung, Breitband; wir haben erst heute Früh gehört, wie schlecht wir da im internationalen Vergleich sind (Abg. Hauser: Das wäre aber schon Ihr Job gewesen! Eine Selbstanklage!) – kosten 100 Millionen Euro, es ist aber kein einziger Euro im Budget für Digitalisierung zu fin­den beziehungsweise eingepreist. (Beifall bei der SPÖ.)

Letztes Thema: ganztägige Schule. Sie strecken einfach die Mittel auf sieben Jahre hi­naus bis 2032; das ist eine Halbierung der Mittel. Wenn Sie schon immer wieder und zu Recht darüber reden, dass unsere Schülerinnen und Schüler besser lesen, schrei­ben und rechnen können sollten, dann ist jedoch genau das das probate Mittel, um die Grundkompetenzen zu erhöhen, denn an den Ganztagsschulen ist Zeit, mit den Schü­lerinnen und Schülern zu arbeiten, sie zu fördern und sie zu fordern. (Abg. Hauser: Sie haben ja nicht einmal die strukturelle Lücke geschlossen!) Auch Gemeindebundpräsi­dent Riedl mahnt ein: Bitte mehr Mittel in die ganztägigen Schulen! Im urbanen Bereich ist die Nachfrage sowieso ungebrochen.

Deshalb bringe ich hier folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Ganztagsschulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, den ursprünglich im Bildungsinvestitionsgesetz vorgesehenen Zeitrahmen bis 2025 beizu­behalten und den zügigen Ausbau durch entsprechende Informations- und Begleit­massnahmen zu unterstützen und zu forcieren.“

*****

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie sparen im Bildungspaket und im Budget an allen Ecken und Enden. Das ist in Zahlen gegossene Retropolitik auf dem Rücken un­serer Kinder und unserer Pädagoginnen und Pädagogen. Das ist eine Politik der Zu­kunftsvergessenheit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und Liste Pilz.)

9.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Sonja Hammerschmid Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Ganztagsschulen

Zum weiteren Ausbau ganztägiger Schulformen wurde 2016 das mit 750 Millionen Eu­ro dotierte Bildungsinvestitionsgesetz beschlossen und trat mit 1. September 2017 in Kraft. Für die Verbesserung der schulischen Infrastrukturen ganztägiger Schulformen stellt der Bund den Schulerhaltern in den Jahren 2017 bis 2025 für infrastrukturelle Massnahmen einen Zweckzuschuss bzw. eine Förderung zur Verfügung. Den Schü­lerinnen und Schülern soll eine qualitätsvolle schulische Betreuung geboten werden und diese in ihrer leistungsbezogenen und sozialen Entwicklung unterstützen, die Chancengerechtigkeit der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Bildungslaufbah­nen fördern und ein ganzjähriges bedarfsorientiertes Angebot für die Erziehungsbe­rechtigten darstellen und somit zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Ziel dieses Gesetzes ist es, den Anteil der Schülerinnen und Schülern in ganztägigen Schulformen von derzeit rund 20 % auf 40 % im Jahr 2025 zu erhöhen.

Im Zuge der Beratungen zu den Budgets 2018/2019 wird in einer Novelle zum Bil­dungsinvestitionsgesetz der Zeitraum von 2025 bis 2032 erstreckt und somit der Aus­bau ganztägiger Schulformen entscheidend verlangsamt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, den ursprünglich im Bildungsinvestitionsgesetz vorgesehenen Zeitrahmen bis 2025 beizu­behalten und den zügigen Ausbau durch entsprechende Informations- und Begleit­massnahmen zu unterstützen und zu forcieren.“

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte.