14.18
Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir das aktuelle Gesundheitsbudget, die sogenannte UG 24, ansehe, frage ich mich doch ein bisschen, wie Sie, Frau Bundesministerin, damit den künftigen, den neuen Herausforderungen im Gesundheitssystem erfolgreich begegnen wollen. Ich erkenne im Budget nur wenig sichtbare Schwerpunkte, wenig Ambitionen und so gut wie keine Vision.
Fakt ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass es in den Jahren 2018 und 2019 trotz einer sehr guten Wirtschaftslage und Wirtschaftsentwicklung nicht einen Cent mehr Budget für das Gesundheitssystem geben wird. Weshalb das? – Offenbar deshalb, weil auch in diesem Bereich Spielgeld für Kanzler und Vizekanzler freigemacht werden musste, nämlich in Summe, wie Sie alle wissen, 66 Millionen Euro.
Sehr geehrte Damen und Herren, was man mit 66 Millionen Euro mehr im Gesundheitsbudget hätte machen können, ist sehr viel. (Abg. Nehammer: Das ist jetzt schon eine alte Leier, hundertmal widerlegt!)
Das hätten Sie, Frau Bundesministerin, machen können, für die Gesundheit unserer Kinder zum Beispiel: Sie hätten etwa die Gratis-Meningokokken-B-Impfung für alle unsere Säuglinge in Österreich einführen können und somit alle Säuglinge Österreichs vor einer hochkontagiösen bakteriellen Gehirnhautentzündung effektiv schützen können.
Sie hätten weiters den lange ersehnten und von mir geplanten elektronischen Impfpass einführen können – ein hochwirksames Instrument, um die niedrigen Impfraten in Österreich zu erhöhen und die Impflücken in der Bevölkerung endlich erfolgreich zu schließen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Povysil: Der kommt ja! – Abg. Schieder: Ja, den brauchen wir dringend!)
Sie hätten mit diesem Geld, mit diesem Körberlgeld von Kanzler und Vizekanzler, auch dafür sorgen können, dass die gesunde Ernährung an Schulen und Kindergärten in Österreich endlich zur Realität wird.
Wenn wir schon von Geld reden, dann fragen sich doch viele Menschen in diesem Land in den letzten Tagen und Wochen, wie man darauf kommt, 500 Millionen Euro aus dem Gesundheitssystem, aus der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt herauszunehmen. Weshalb will man das machen? – Um dieses Geld offenbar Konzernen und Großunternehmen zu schenken.
Die Ambition einer Gesundheitsministerin eines Landes sollte doch vielmehr sein, dafür zu sorgen, dass so viel Geld wie möglich für die notwendige Gesundheitsversorgung in einem Land zur Verfügung steht, nicht weniger! Das liegt auf der Hand. (Beifall bei der SPÖ.)
Was sagen Sie den Österreicherinnen und Österreichern auf die Frage, wie die AUVA eine halbe Milliarde einsparen soll, ohne Leistungen zu kürzen, ohne ihre sechs Unfallspitäler zu schließen und Rehazentren einzusparen? Was sagen Sie den Arbeitern dieses Landes, die tagtäglich bei ihrer harten Arbeit ihr persönliches Unfallrisiko am eigenen Leib verspüren? Und was sagen Sie 6 000 Beschäftigten der AUVA – hoch qualifizierte, bestens ausgebildete Unfallchirurginnen und Unfallchirurgen, Physikalisten, Pflegekräfte, Anästhesisten, die dort Tag und Nacht hervorragende, international beachtete Arbeit leisten –, die durch Sie und diese Diskussion eine unsichere Zukunft vor sich haben? (Abg. Neubauer: Bleibt so!) – Ihnen sagen Sie, genau: Alles bleibt gleich! (Abg. Neubauer: Es wird besser!) Ich habe Ihnen gut zugehört, Sie sagen sogar: Alles wird besser! Aber ich sage Ihnen ehrlich, das ist fast so, als würde ich meiner kleinen Tochter sagen: Ab morgen bekommst du die Hälfte des Tagesgeldes, aber reg dich nicht auf, du kannst trotzdem damit zwei Jolly mehr kaufen! Das nimmt meine kleine Tochter mir nicht ab, und zu Recht nimmt sie es mir nicht ab. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Was, wenn ich kein Jolly mag?)
Ich gehe davon aus, dass all die Expertinnen und Experten, die Sie gestern im AUVA-Round-Table, wie ich gelesen habe, gemeinsam mit Vizekanzler Strache empfangen haben, mehr oder weniger das Gleiche gesagt haben. Und aus genau diesem Grund möchte ich einen Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die geplante Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt nicht aufgelöst wird.“
*****
Frau Bundesministerin! Die Menschen sind verunsichert – Stichwort :AUVA, Stichwort: Rauchverbot, Stichwort: Elga-Daten. (Abg. Neubauer: Weil Sie sie verunsichern! – Abg. Haider: ... Rauchverbot!) Was ich wirklich nicht verstehe – und das sage ich Ihnen auch persönlich –, ist, dass es in den letzten Wochen und Monaten immer die Gesundheit war und ist, die als Spielball in der Koalition herhalten musste und muss. Bitte lassen Sie das nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist eigentlich ganz einfach: Alles, was die Menschen in diesem Lande wollen, ist, gesund zu bleiben und zu wissen, dass sie im Krankheitsfall in unserem Land gut, ja bestens versorgt sind. Genau das, Frau Bundesministerin, ist in Ihrer Hand. Genau das ist in Ihrer Verantwortung. Ich appelliere daher an Sie: Fangen Sie endlich an, Gesundheitsministerin zu sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer – in Richtung der das Rednerpult verlassenden Abg. Rendi-Wagner –: War das die Abschiedsrede? – Abg. Rädler: Auf nach Wien!)
14.24
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten, Dr.in Pamela Rendi-Wagner
Kolleginnen und Kollegen
betreffend die geplante Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (13 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2018 (Bundesfinanzgesetz 2018 - BFG 2018) samt Anlagen (103 d.B.) zur UG 24
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) erfüllt wichtige Funktionen. Sie stellt für Menschen, die durch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten zu Schaden kommen, eine umfassende Versorgung sicher. Begonnen bei Prävention und Heilbehandlung, über berufliche und soziale Rehabilitation bis hin zur finanziellen Entschädigung, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen bleiben.
Mit ihrem Beitrag von 1,3 Prozent der Beitragsgrundlage stellen ArbeitgeberInnen nicht nur sicher, dass ihre ArbeitnehmerInnen beispielsweise nach einem Arbeitsunfall umfassend versorgt und schnell wieder arbeitsfähig sind, sie sichern sich damit auch gegen Schadenersatzforderungen verunfallter oder an Berufskrankheiten leidender ArbeitnehmerInnen ab, die in schweren Fällen existenzbedrohend für einen Betrieb sein können.
Die Finanzierung der AUVA stellt auch einen Risikoausgleich unter den Unternehmen dar und damit eine solidarische Absicherung gerade kleiner Betriebe. Der kleine Handwerksbetrieb müsste sonst deutlich mehr zahlen als ein großes Versicherungsbüro mit geringem Risiko.
Trotz dieser enormen Leistungen der AUVA eröffnete Bundesministerin Hartinger-Klein am 5. April, dass Sie die Unfallversicherungsanstalt auflösen wird. Hartinger-Klein erklärte gegenüber der APA, sie gehe davon aus, dass die AUVA die 500 Millionen (Anm. geforderte Einsparungen, die im Regierungsprogramm enthalten sind) nicht auf die Reihe bringen werde. Deshalb werde es "nach derzeitigem Stand" zur Auflösung kommen. (APA0358 II, 5.4.2018)
Die Auflösung der AUVA geht zulasten der Steuerzahler, der Dienstgeber oder anderer Sozialversicherungsträger, vor allem aber zulasten der Menschen in Österreich: begonnen bei der Schließung von Unfallkrankenhäusern und Reha-Zentren, über die Streichung der Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung an die Klein- und Mittelbetriebe – eine wichtige Maßnahme zur Minimierung der finanziellen Belastung durch Krankenstände der MitarbeiterInnen –, bis hin zur Streichung der Befreiung vom Unfallversicherungsbeitrag der Unternehmen für Lehrlinge und ArbeitnehmerInnen über 60.
Die Auflösung der AUVA hat mit einer Handvoll Großkonzerne in Österreich nur wenige Gewinner, aber fast fünf Millionen Verlierer: jene Menschen, die bei der AUVA versichert sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt nicht aufgelöst wird.“
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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag, der ausreichend unterstützt ist, steht mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.