9.07

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Datenschutzgesetz, das uns jetzt in dieser Form vorliegt, ist eines der bedeutendsten Gesetze in diesem Bereich, das in Österreich jemals verabschiedet werden wird. Es ist schade, dass man bei diesem Gesetzentwurf nicht den Konsens gesucht hat, weil ja viele Teile auch von uns mitgetragen werden könnten.

Wir haben sogar gemeinsam einen Antrag als Trägerrakete für Verfassungs­bestim­mungen eingebracht und sind davon ausgegangen, dass man mit uns noch verhandelt. Wir wollten über jene Bereiche, die wir zusätzlich haben wollten, beziehungsweise über die Verfassungsbestimmung des Datenschutzgesetzes sprechen, weil die alte Verfassungsbestimmung erstens nicht mehr passt und weil da zweitens Erneuerungen angebracht wären.

Es ist schade, dass man zwar gesagt hat, man verhandelt, aber in der Verhandlung gesagt hat, alle drei Punkte, die wir in unserem Abänderungsantrag genannt haben, sind inakzeptabel. Das war eine kurze Verhandlung, aber es ist natürlich so, wie es ist. Nur: Wenn man will, dass eine Verfassungsbestimmung von der Opposition mitge­tragen wird, dann muss man auch mit ihr verhandeln. Wir sind nicht von Kurz beeinflusst, und wir können noch selbstständig entscheiden, wo wir zustimmen und wo wir nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben das freie Mandat auf unserer Seite. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Bei Ihnen, glaube ich, ist es mittlerweile eine recht rudimentäre Geschichte, denn das, was angeschafft wird, ist abzustimmen und letztendlich auch zu machen. (Abg. Neubauer: Siehe Frau Holzinger!)

Was ich aber in Anbetracht der Entwicklungen bei Facebook wirklich nicht verstehe ist Folgendes: Wir alle wissen, wie Facebook die Facebook-Nutzer ausgenutzt und uns damit vor Augen geführt hat, was mit Daten passiert, die sozusagen wahllos weiter­gegeben werden. Jetzt wissen wir, dass diese übermächtigen Konzerne, wie Google, Facebook und andere, alle Daten absaugen und letztendlich keine Schranken be­züglich der Verwendung dieser Daten kennen. Die einzige Möglichkeit, diesem Rie­sen entgegenzutreten, wären Verbandsklagen. Damit wären Leute, die sich mit Daten­schutz beschäftigen und über intellektuelle wie auch rechtliche Expertise verfügen, in der Lage, diesen Konzernen Paroli zu bieten. Genau diese Möglichkeit nimmt man heraus und nicht hinein, obwohl das andere Länder, wie zum Beispiel Deutschland, machen.

Ich verstehe es nicht. Man überlässt den Datenschutz dem Einzelnen, der als Person klagen muss und dann nicht weiß, wie hoch das Kostenrisiko ist, nicht weiß, ob Facebook eine Kampagne in den sozialen Medien gegen ihn macht, wenn er klagt. Man lässt also diese Abstrahierung des Datenschutzes nicht zu. Es ist aber die einzige Chance, um diesem wirtschaftlich übermächtigen Gegner Paroli bieten zu können, zu anonymisieren, um nicht jenem, der dann klagt, Schaden zuzufügen. Ich verstehe nicht, warum man hier den Großkonzernen die Mauer macht, statt den Einzelnen vor Missachtung der Datenschutzbestimmungen zu schützen. Ich verstehe das nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Es passt aber ins Bild. Es ist auch bei der Steuergesetzgebung so, die großen Kon­zerne werden geschützt und die kleinen werden gerupft. Das ist Ihre Politik, und das setzt sich hier fort. Warum kann man nicht dem Einzelnen ein Instrumentarium in die Hand geben, ohne dass der Einzelne Schadenersatz fürchten oder seinen Namen hergeben muss, ihm die Klagsmöglichkeit einräumen, um Schaden von allen abzu­wenden?

Ich verstehe diese Form des Inschutznehmens dieser Riesen wie Facebook und Google insbesondere in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklung, der medialen Berichterstattung und des Missbrauchs nicht! Ich verstehe nicht, warum man diese Möglichkeit nicht einräumt. Das war nur ein kleiner Wunsch. Ich verstehe das nicht! Die Freiheitlichen waren da in der Diskussion viel offener. Ich weiß nicht, warum das von der ÖVP kategorisch abgelehnt wird. Man muss diesen Konzernen die Stirn bieten können, um dem Einzelnen genügend Möglichkeiten zu geben, seine Rechte bezüglich des Datenschutzes letztendlich auch durchzusetzen. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Alfred J. Noll, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. 2 wird folgende Z 14a. eingefügt:

„14a. In § 28 wird folgender Satz angefügt:

„Solche Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen können auch unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person bei der Datenschutzbehörde Beschwerden einreichen oder die oben genannten Rechte mit Ausnahme des Rechts auf Schaden­ersatz im Sinne des § 29 wahrnehmen, wenn eine Person in ihren Rechten nach der DSGVO in Folge einer Verarbeitung rechtlich verletzt erscheint.““

*****

Dieser Satz soll eingefügt werden. Ich finde es schade, dass Sie da nicht mitgehen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Kolba und Noll.)

9.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dr. Alfred J. Noll, Walter Bacher, Dr. Nikolaus Scherak, MA

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 189/A der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Dr. Peter Wittmann, Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Datenschutzgesetz geändert werden (Datenschutz-Deregulierungs-Gesetz 2018) (98 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. 2 wird folgende Z 14a. eingefügt:

„14a. In § 28 wird folgender Satz angefügt:

„Solche Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen können auch unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person bei der Datenschutzbehörde Beschwerden einreichen oder die oben genannten Rechte mit Ausnahme des Rechts auf Scha­denersatz im Sinne des § 29 wahrnehmen, wenn eine Person in ihren Rechten nach der DSGVO in Folge einer Verarbeitung rechtlich verletzt erscheint.““

Erläuterung:

Gemäß Art. 80 Abs. 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass jede der in Abs. 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereini­gungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Art. 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Art. 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Gemäß Abs. 1 der zitierten Normen müssen solche Einrichtungen ohne Gewinner­zielungs­absicht tätig sein, deren satzungsmäßige Ziele müssen im öffentlichen öffent­lichem Interesse liegen und sie müssen im Bereich des Schutzes von perso­nen­bezogenen Daten tätig sein.

Es wäre daher im Nachteil aller Bürgerinnen und Bürger, wenn Österreich von diesem Eintrittsrecht keinen Gebrauch machen würde.

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Ich darf noch bekannt geben, dass auch Abgeordneter Schellhorn als verhindert gemeldet wurde. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: ... nicht zufällig Wahlkampf! – Ruf bei der FPÖ: Ist er krank, der Arme?! Was hat er denn? Was fehlt ihm denn? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich darf Herrn Nationalrat Gerstl das Wort erteilen. – Bitte.