10.36

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Manche werden es vielleicht nicht wissen: Ich bin eigentlich promovierte Molekularbiologin und habe auch acht Jahre in der medizinischen Forschung gear­beitet. Das ist der Grund, warum auch ich mir eine Einschätzung zum Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 zutraue.

Kollege Smolle, ich glaube, dein Plädoyer für die personalisierte Medizin und alles, was damit verbunden ist, können wir von der SPÖ natürlich mittragen, denn auch wir wollen, dass die Banken zur Verfügung stehen, um medizinische Forschung und Ent­wicklung voranzubringen. So ist nämlich gerade eure Bank, die Biobank der Universität Graz, ein echter Schatz, denn sie umfasst 7,5 Millionen biologische Proben mensch­lichen und tierischen Ursprungs, verknüpft mit den dazugehörigen klinischen und perso­nenbezogenen Daten und Informationen, also Gewebeproben, Blutproben, Speichel, andere Körperflüssigkeiten, Zellen und genetisches Material und DNA-Pro­ben. Das ist ein echter Schatz!

Das ist ein Schatz für die Biomarkerforschung, notwendig für den treffsichereren und wirksameren Einsatz von Therapien, denn jeder Mensch – du hast es auch gesagt – soll jene Medikamente bekommen, die aufgrund seiner genetischen Beschaffenheit und der Rahmenbedingungen, unter denen die Person lebt, auch wirklich wirken, und zwar nur diese, und das geht mit dieser Biomarkerforschung auf Basis der Biobanken ganz gut.

Wir alle wissen: Das rettet Leben. In meiner Zeit an der Veterinärmedizinischen Uni­versität haben wir uns auch mit den Gewebeproben und der Gewebebank der Vetmed angeschlossen, denn dasselbe, was für Menschen gilt, gilt natürlich für Tiere.

Klar ist auch, dass diese Gewebebanken Basis und Quelle für völlig neue Therapie­ansätze und diagnostische Methoden sein können. Was aber unweigerlich damit verknüpft ist und absolut verknüpft sein muss, ist die Voraussetzung, dass wir wirklich sorgfältig mit den Patientendaten umgehen, und zwar stets natürlich im Einverständnis mit den Patienten. Das ist ganz, ganz klar.

Als ehemalige Bildungsministerin hätte auch ich mir damals oft – wirklich oft! – ge­wünscht, dass wir auf die Vielzahl an Daten zugreifen können, die wir haben, auf Pisa genauso wie auf die Bildungsstandarddaten, auf die vielen Daten von Statistik Austria oder auch des Bifie. Längsschnittstudien hätten uns wahrlich helfen können, um im Bil­dungssystem viel treffsicherer zu agieren, und die Nutzung dieser Daten wäre natürlich auch in der Schulentwicklung von immenser Wichtigkeit und von immensem Wert.

Die Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu setzen, die ermöglichen, dass die Wissenschaft zum Wohle des Menschen forschen und Neues entstehen kann. Die Politik hat aber auch die Aufgabe, die Rahmen­bedingungen so zu setzen, dass die Menschen und ihre Daten optimal und bestmög­lich geschützt werden.

In dieser ganzen Causa unterstütze ich natürlich die Stoßrichtung, die dem Gesetz zugrunde liegt, aber eines ist schon klar, und wir haben es heute in vielfacher Aus­führung schon gehört: Es sind einige Dinge im Gesetz nicht zufriedenstellend geregelt.

Ich nehme jetzt noch einmal Philip Kuchers Anmerkungen auf, denn für uns ist es auch ganz klar, dass den Zugriff auf die Daten insbesondere Universitäten, öffentliche Ein­richtungen, Forschungseinrichtungen haben sollen, aber wie das mit den unterneh­merischen Zugriffen geregelt ist, ist wirklich eine Schwachstelle. Ich sage es noch einmal: Die Unternehmen bekommen Zugriff auf diese Daten durch einen Bescheid des Verkehrsministers – vom Verkehrsminister, nicht vom Wissenschaftsfonds, vom Verkehrsminister! –, und die Frascati-Kriterien sind zugrunde gelegt, die da heißen: neuartig, schöpferisch, ungewiss in Bezug auf das Endergebnis, systematisch, über­trag­bar und reproduzierbar.

Cambridge Analytica? Frascati? – Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert: Ein ganz klares Nein war da nicht im Raum; von Ihren VertreterInnen (in Richtung Bun­desminister Faßmann) ja, aber wir haben mit Expertinnen und Experten aus dem Datenschutzbereich diskutiert, die das nicht so gesehen haben. Das heißt, da gilt es schon noch einmal hinzuschauen und an genau dieser Stellschraube noch ein Stück weit zu drehen.

Unlogisch erscheint mir auch, warum jene Register, die man öffnen will, per Verord­nung geregelt werden sollen. Warum gehen wir da so intransparent vor? Warum diese Heimlichtuerei abseits des Parlaments? Sagen wir doch klar, welche Register wir geöffnet haben wollen, schreiben wir es ins Gesetz!

Der letzte Punkt – sonst rede ich zu lange – betrifft das Draufschauen auf die gelebte Praxis auf Basis dieses Gesetzes in einer Arbeitsgruppe, die mit ministeriellen Ver­tretern besetzt ist: Was ist das denn? – Es geht da um ganz, ganz, ganz heikle Daten, umso wichtiger ist, dass wir eine wirklich unabhängige Evaluierung installieren, mit nationalen und internationalen Experten, die das wirklich unabhängig untersuchen können – auf Praktikabilität, auf Treffsicherheit und insbesondere auf ausreichenden Datenschutz.

Ich bitte wirklich, noch einmal darüber nachzudenken, auch im Sinne des einge­brach­ten Entschließungsantrages. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie des Abg. Nehammer.)

10.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann darf ich noch einmal wiederholen, dass wir zur Abstimmung über Ergänzungs-, Abänderungs- und Zusatzanträge nach den Tagesordnungspunkten 8 bis 11 gelangen werden. (Abg. Schieder: Das Gesetz auch! Nicht nur die Anträge!) – Ja, natürlich, und auch über den Grundantrag.