14.20
Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Frau Präsidentin! Geschätztes Hohes Haus! Wie Sie sicherlich wissen, kann Herr Bundesminister Josef Moser heute aus gesundheitlichen Gründen nicht im Plenum sein und somit eben auch nicht das Sicherheitspaket erläutern. Das ist der Grund, warum ich ihn heute vertrete. Ich würde mich sehr freuen, wenn das auch Herr Abgeordneter Feichtinger zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Ich darf ganz kurz die wichtigsten Aspekte aus seinem Ressort zum für die gesamte Bundesregierung sehr bedeutenden Thema Sicherheit erläutern. Unsere Exekutive und vor allem auch die Justiz leisten hervorragende Arbeit, deshalb ist Österreich, weltweit gesehen, eines der sichersten Länder der Welt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Genauso sind wir führend, wenn es darum geht, Strafverfahren unter Beachtung der Grund- und Persönlichkeitsrechte durchzuführen. Die Rechtsstaatlichkeit ist eines der höchsten Güter im Land. Diese Qualität ist Grundlage für ein hohes Maß an Sicherheit und Vertrauen in unsere staatlichen Institutionen.
Es ist uns wichtig, dass diese gute Sicherheitslage weiterhin erhalten bleibt und sich dort verbessert, wo es Möglichkeiten und vor allem auch Verbesserungsbedarf gibt. Wir stehen dabei vor großen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Dazu zählen zum Beispiel die wirksame Verfolgung von Terrorismus, der Kampf gegen die zunehmende grenzüberschreitende, organisierte Kriminalität und die Bedrohung der Gesellschaft durch neue Kriminalitätsfelder innerhalb und außerhalb des Cyberspace.
Wir müssen alles dafür tun, dass unsere Rechtsordnung laufend auch an solche neue Gefahren und Bedrohungen angepasst wird. Unsere Behörden brauchen deswegen Ausstattung und Möglichkeiten, die auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Wenn wir das nicht sicherstellen, werden wir der organisierten Kriminalität gegenüber immer im Nachteil sein.
Diesen Anspruch und diese Zielsetzung erfüllen wir heute mit dem Beschluss des Sicherheitspakets. Dieses Paket garantiert zugleich aber auch größtmögliche Transparenz und einen Rechtsschutz, der unseren Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit entspricht. Das nun vorliegende Sicherheitspaket beinhaltet Anregungen aus insgesamt drei Begutachtungsverfahren und zusätzlich die Ergebnisse der Arbeit einer hochrangigen fächerübergreifenden Expertengruppe.
Im Namen meines Kollegen Josef Moser bedanke ich mich bei allen, die sich konstruktiv in diesen Prozess eingebracht haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Das Paket steht für ein maßvolles, an den Grundrechten und -prinzipien des Rechtsstaates orientiertes Verfahrensgesetz. Im Wesentlichen geht es um folgende vier justizielle Ermittlungsmaßnahmen: erstens die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung für die seit Jahren eingesetzte Ermittlungsmaßnahme der Lokalisierung einer technischen Einrichtung ohne Mitwirkung eines Betreibers, mit staatsanwaltschaftlicher Anordnung und gerichtlicher Bewilligung; zweitens die Neuregelung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Beschlagnahmung von Briefen; drittens die Einführung eines neuen Ermittlungsverfahrens zur Überwachung verschlüsselter Nachrichten via WhatsApp und Skype. Es ist nicht akzeptabel, dass Kriminelle eine gesetzliche Lücke ausnützen, indem sie von Telefongesprächen oder SMS-Dialogen zu WhatsApp wechseln, wenn es heikel wird. Wir alle wissen, dass moderne Messengerdienste und internetbasierte verschlüsselte Kommunikation mehr und mehr in den Vordergrund rücken.
Es ist daher höchste Zeit, den Strafverfolgungsbehörden im Falle von schwerster Kriminalität, Terrorismus sowie schweren Delikten gegen Leib und Leben beziehungsweise die sexuelle Integrität die Möglichkeit der Überwachung dieser Kommunikation zu geben. Dies kann natürlich nur bei begründetem Verdacht geschehen. Jeder Einzelfall wird unter strengsten Voraussetzungen, bestmöglicher Kontrolle und Beachtung des Rechtsschutzes geprüft; das beinhaltet auch umfassende nachträgliche Information der Betroffenen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Maßnahme sind sehr hoch. Es geht dabei nicht um Bagatelldelikte, sondern um schwere Verdachtsmomente: ein mit mehr als zehnjähriger Freiheitsstrafe bedrohtes Verbrechen oder die Aufklärung oder Verhinderung von Terrordelikten oder ein mit mehr als fünfjähriger Freiheitsstrafe bedrohtes Verbrechen gegen Leib, Leben oder sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Neben einer begründeten Anordnung der Staatsanwaltschaft und einer gerichtlichen Bewilligung gibt es umfassende Rechtsschutztransparenz und eine engmaschige Kontrolle. Außerdem wird diese Ermittlungsmaßnahme zunächst befristet für fünf Jahre gelten, mit einer verpflichtenden Evaluierung nach drei Jahren.
Ich halte ausdrücklich fest, dass keine Massenüberwachung und keine Onlinedurchsuchungen stattfinden und nur im Einzelfall die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation betroffen ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Die Einführung einer neuen Ermittlungsmaßnahme, also der Anlassdatenspeicherung, des sogenannten Quick Freeze auf staatsanwaltschaftliche Anordnung ist vergleichbar mit dem Einspruch eines Kunden gegen die Rechnung eines Telekommunikationsbetreibers. Das bedeutet, dass Daten eines Anschlusses – wohlgemerkt: keine Inhalte, wie heute schon mehrmals fälschlich erwähnt – beim Betreiber für maximal zwölf Monate nicht gelöscht werden dürfen. Es erfolgt aber noch keine Übermittlung von Daten an die Strafverfolgungsbehörden. Die Voraussetzungen dafür sind eine vorsätzliche Straftat mit einer Strafdrohung von mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe oder ein dringender Tatverdacht.
Diese ganz neue Regelung des sogenannten Quick Freeze ist wiederum keine Massenüberwachung, sondern eine Einzelfallmaßnahme, die mit der Vorratsdatenspeicherung nichts zu tun hat. Sie berücksichtigt die grundrechtlichen Anforderungen im Lichte der jüngsten Judikatur des EuGH.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, als Abgeordnete zum Nationalrat, aber auch als kritische, den Grundrechten verpflichtete Staatsbürgerinnen und Staatsbürger können Sie heute guten Gewissens diesem ausgewogenen und vom Gedanken der Verhältnismäßigkeit getragenen Paket Ihre Zustimmung geben. Gehen wir daher gemeinsam den eingeschlagenen Weg der Vernunft, der Rechtsstaatlichkeit und der Sicherheit! – Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
14.27
Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Danke, Frau Minister.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hochstetter-Lackner. – Bitte.