10.15

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Vielen Dank. – Jetzt muss ich doch noch etwas aufklären, weil Herr Krainer ja wieder dieses Narrativ bemüht hat, dass sich der Herr Kanzler dieser Debatte heute hier mutwillig entziehen würde. Schauen wir uns einmal an, wie das genau gelaufen ist! Es ist ja nicht so, dass dieser Tagesord­nungs­punkt schon seit längerer Zeit auf der Agenda steht und der Herr Kanzler mutwillig Gespräche im Ausland führt, um sich der Diskussion zu entziehen. Es ist genau umgekehrt. Sie wussten, bevor Sie diesen Tagesordnungspunkt verlangt haben, dass der Herr Kanzler nicht da sein würde. Trotzdem haben Sie diesen Tagesordnungs­punkt auf die Agenda gesetzt und stellen sich dann heute hier her und behaupten, dass der Kanzler mutwillig nicht da sei. Das ist die Ernsthaftigkeit, die ich Ihnen ab­spreche – die Sie eingefordert haben. (Ruf bei der ÖVP: Sehr gut!) Das heißt: Sie haben gesagt, der Kanzler nimmt das Parlament nicht ernst, aber in Wahrheit ist es genau umgekehrt! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sie nehmen das Parlament nicht ernst, weil Sie, obwohl Sie wussten, dass der Kanzler nicht da sein würde, hier einen Affenzirkus aufführen und sich beschweren, dass genau das passiert, was in der Verfassung und auch in der Geschäftsordnung geregelt ist, nämlich dass der Minister den Kanzler vertreten kann, wenn der Kanzler aus berechtigten Gründen keine Zeit hat. (Abg. Strolz: Zum vierten Mal! Er schwänzt zum vierten Mal!)

Jetzt erklären Sie mir das einmal! Schauen wir uns erstens einmal den Titel der Aktu­ellen Stunde an, den Sie heute gewählt haben: Zukunftsfittes EU-Budget ohne Märchen. Allein die Ernsthaftigkeit dieses Titels muss man infrage stellen. Dann stellt sich die Frage: Was kann Herr Blümel Ihnen nicht sagen, was Sie vom Herrn Kanzler erwartet hätten? Wenn es um das EU-Budget geht – und es geht Ihnen ja nicht darum –, dann stehen wir am Anfang. Wir stehen am Anfang einer langen, langen Diskussion, bei der am Ende ein Ergebnis herauskommen wird, das natürlich ein Kompromiss sein wird. Am Anfang etwas über das Ende und über das Ergebnis zu sagen, ist unmöglich. Deshalb können Sie heute auch nicht erwarten, dass konkrete Zahlen auf den Tisch gelegt werden. Was Sie erwarten können, ist – und das haben Sie auch vom Herrn Minister gehört, aber das wollen Sie anscheinend nicht hören –, dass wir nicht mehr zahlen wollen.

Warum ist das gescheit? – Wenn ich so wie die SPÖ in eine Verhandlung gehe und sage, dass wir natürlich mehr zahlen, dann kommt dabei genau das heraus, was auch damals bei den Beitrittsverhandlungen herausgekommen ist, wo wir gesagt haben, dass wir sowieso kommen, egal, was herauskommt. Deshalb war das Ergebnis auch dementsprechend. Das ist der Punkt. Das heißt, wenn wir sagen, dass wir nicht mehr zahlen, dann haben wir eine gute Verhandlungsposition.

Schauen Sie, Herr Strolz, Sie wissen das ja auch. Ich erzähle Ihnen ja nichts Neues. Aber Sie liefern heute hier eine Show ab und das finde ich schade, denn Sie treten demnächst ab und das soll nicht von Ihnen in Erinnerung bleiben. Das können Sie besser, das weiß ich. (Abg. Strolz schüttelt lachend den Kopf. – Abg. Scherak: Wer weiß, was von Ihnen einmal bleibt?!) Deshalb: Hören Sie auf, hier eine Show abzu­liefern, reden wir einmal ganz ernsthaft darüber!

Wenn wir sagen, dass wir nicht mehr zahlen wollen, dann ist das vernünftig. Warum? – Die Europäische Union muss sich erneuern, sie muss einmal definieren, was sie über­haupt leisten will. (Abg. Strolz: Die Europäische Union sind wir! Wer ist denn die Europäische Union?) Da geht es um Agrarförderungen – da ist einiges in Bewegung. Da geht es um die grundsätzliche Frage, was wir mit der Türkei machen. Da haben wir schon 9 Milliarden Euro Heranführungshilfen bezahlt. Wie geht es da weiter? Da geht es natürlich auch um die Zuwanderungsproblematik, denn diese wird auch viel Geld kosten. Dann müssen wir einmal grundsätzlich darüber reden, was wir überhaupt wollen. Wollen wir das, was Avramopoulos will, nämlich Millionen Zuwanderer in den nächsten Jahren? Wollen wir das, was im UNO-Bestandserhaltungsmigrationsbericht steht, nämlich in den nächsten Jahren über 100 Millionen Menschen zusätzlich in Europa? Wollen wir das? – Wenn, ja dann müssen wir über das Budget reden, aber erst ganz zum Schluss. Über Geld spricht man erst ganz zum Schluss, wenn man ein­mal weiß, was man überhaupt will. Das wissen Sie natürlich auch. (Beifall bei Abgeord­neten von FPÖ und ÖVP.)

Die SPÖ ist überhaupt ganz super. Die SPÖ weiß ja schon, was herauskommt: Wir müssen einfach mehr zahlen! – Das ist die Politik der SPÖ. Wenn man nicht wirt­schaften kann, werden einfach die Steuern erhöht. Das haben wir doch in den letzten Jahrzehnten erlebt. (Abg. Plessl: Es gibt ja schon längst Zusagen!) So macht das die SPÖ. Was wir wollen, ist etwas anderes. Wir wollen zuerst einmal herausfinden: Kann man sparen? – Und man kann sparen. (Abg. Leichtfried: Ja wollt ihr es jetzt herausfinden?)

Dann geht es darum, das Geld dort einzusetzen, wo es tatsächlich auch Mehrwert bringt. Das Schöne an diesem 1 Prozent, das alle erhöhen wollen – die SPÖ will 1,2 Prozent, ich weiß nicht, Sie (in Richtung NEOS) wollen 1,3 Prozent des BIPs –, ist, dass es die EU auch selbst in der Hand hat, mehr Geld zu bekommen (Abg. Leichtfried: Was Sie alles wissen!), denn wenn die Wirtschaftsleistung der Mitgliedsländer steigt, steigt auch der Beitrag. Somit muss man in der Europäischen Union nur eine ordent­liche Wirtschaftspolitik machen und es steigt automatisch jedes Jahr der Beitrag, ohne dass wir im Verhältnis zum BIP mehr zahlen müssen. Das ist eine ganz einfache Sache.

Zu sagen, wir zahlen mehr und wollen keine Reformen, ist sicher der falsche Weg, denn wir wissen aus Erfahrung, dass nur dann, wenn es ums Geld geht, die Gegen­seite auch bereit ist, Reformen einzuleiten. Diese Reformen wollen wir bei der Euro­päischen Union sehen, und am Ende reden wir dann über Geld. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Doppelbauer ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.