10.21

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über den EU-Haushalt reden, dann reden wir gleichzeitig auch über die Agrarpolitik. Mit 40 Prozent des Budgets und 60 Milliarden Euro pro Jahr ist das ein wichtiger Teil, den man herausnehmen kann.

Gleich zu Beginn ist es mir aber auch besonders wichtig, zu sagen, wie essenziell die GAP, also die Gemeinsame Agrarpolitik, als ältester, einziger und finanziell noch im­mer bedeutendster vergemeinschafteter Politikbereich der EU eigentlich ist, denn gerade durch die zweite Säule, das heißt für die Entwicklung des ländlichen Raums, werden Förderungen für nachhaltige Bewirtschaftungen zur Verfügung gestellt, welche aus meiner Sicht sinnvoll, wertvoll und gut durchdacht sind. Trotzdem muss ich dabei auch auf die mangelnde Transparenz in der zweiten Säule hinweisen; es ist allgemein bekannt, dass beträchtliche Summen in der Verwaltung und letztendlich bei den ÖVP-Bürgermeistern am Land versickern.

Während der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr werden zur Gemeinsamen Agrarpolitik intensive Verhandlungen auf EU-Ebene anstehen, und das vor allem vor dem Hintergrund des Austritts von Großbritannien. Mit dem Brexit verab­schiedet sich der zweitgrößte Nettozahler aus der Europäischen Union, und die Schätzungen sind, dass wir zwischen 10 und 14 Milliarden Euro kompensieren müssen. Folglich wird das EU-Agrarbudget davon nicht unberührt bleiben können. Budgetkommissar Günther Oettinger hat bereits eine generelle Kürzung angekündigt: 5 bis 6 Prozent, das waren seine Worte.

Da darf und muss man als Regierung schon nachdenken, insbesondere darüber, mit welcher Strategie man sich auf den Brexit und die damit einhergehenden Kürzungen vorbereitet und vor allem, wie sich diese im Agrarbereich auswirken werden, denn das oberste Ziel am Ende des Tages muss sein, dass wir Klarheit und Planbarkeit für die österreichischen Landwirte schaffen. Eine Strategie der Bundesregierung ist im Augenblick aber nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil! In den letzten Monaten hat sich unsere Landwirtschaftsministerin in Widersprüche verstrickt. Im Februar 2018 hat sie gesagt, dass im Falle einer Kürzung des EU-Landwirtschaftsbudgets die Republik für die heimischen Landwirte einspringen würde. Die möglichen Kosten hat sie damals mit zwischen 10 und 14 Milliarden Euro, also so, wie auch vorhin besprochen, angekündigt und beziffert. – Das ist okay. (Abg. Leichtfried: Das ist aber auch Gold Plating!)

Oberösterreichischen Medien hat sie dann gesagt – und zwar ganz, ganz wenig spä­ter –, dass große Zahlungen gekürzt werden sollen und kleinere Förderungen gleich­bleiben. Sie sprach sich für eine Deckelung aus, also für das Capping, und dafür, dass kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr als 100 000 Euro pro Jahr aus EU-För­derungen erhalten soll. Bezüglich der Kosten des Brexits war sie sich dann nicht mehr so ganz sicher. Sie hat dann gesagt, es lässt sich im Augenblick irgendwie schwer ermitteln. – Aha!

In der letzten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses hat sie dann gesagt, dass man durch Effizienzmaßnahmen und weniger Doppelgleisigkeiten das Niveau der Förde­rungen würde beibehalten können, ohne dass die Republik für die Landwirte einsprin­gen muss. – Echt jetzt?

Und auf NEOS-Anfrage kam dann gar die Antwort, man sei zuversichtlich, dass es zu gar keinen Kürzungen des EU-Budgets für den Bereich Landwirtschaft kommen würde; noch einmal: Keine Kürzungen des EU-Budgets für die Landwirtschaft! – Wie jetzt? Das passt nicht zusammen. Unsere Landwirtschaftsministerin hat sich in vier Wort­meldungen zu diesem Thema völlig unterschiedliche Aussagen erlaubt, und das wirkt nicht, als ob die Bundesregierung diesbezüglich einen Plan hätte.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Verteilung der För­dermittel, die in Form von Direktzahlungen rund drei Viertel des Agrarbudgets aus­machen. Als Verteilungskriterium dient dabei generell – in Österreich ist es ein bisschen abgewandelt – die Anzahl der Hektar. Ökonomen sprechen vom Matthäus-Effekt: Wer hat, dem wird gegeben! Das führt dazu, dass finanzielle Mittel vielfach an intensiv produzierende Großbetriebe gehen, mit sämtlichen negativen Auswirkungen auf Klima, Boden, Biodiversität, Qualität der Lebensmittel, während die Kleinbauern zusperren und ums Überleben kämpfen.

Es ist allgemein bekannt – und das wissen alle hier im Saal, die sich mit der Materie be­schäftigen –, dass knapp 20 Prozent der Empfänger circa 80 Prozent der Förde­rungen erhalten. Gerade für kleine Länder wie Österreich ist das fatal, denn Österreich wird nie über Massenproduktion oder über den Preis konkurrieren können, sondern es muss über Innovation, über leistbare Qualität und über Regionalität punkten. Der Euro­päische Rechnungshof fordert in diesem Zusammenhang zu Recht, dass Fördermittel streng an messbare Ziele gebunden werden müssen. Aus meiner Sicht muss das Ziel sein, öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen, die dem Gemeinwohl dienen, auszu­geben, und diese Förderungen müssen messbar sein. Nur so können die Zahlungen der EU an die europäische Landwirtschaft auch weiterhin legitimiert wer­den.

Wir haben klare Forderungen, lassen Sie mich diese kurz zusammenfassen! Erstens: öffentliche Gelder für Leistungen, die zu evaluieren sind, im Interesse des Gemein­wohls. Zweitens: klare Sicht und wirtschaftliche Planbarkeit für die österreichischen Landwirte. Und drittens: Lehnen Sie Ansätze in Richtung Renationalisierung der GAP ab! Sie bringen nichts, fördern nur den Protektionismus und verzerren den Wettbe­werb.

Ich möchte positiv enden, mit dem, was Herr Löger dieser Tage gegenüber den Medien klar gesagt hat, nämlich, dass der Brexit dazu führen wird, dass wir mehr ins EU-Budget einzahlen müssen. Ich finde das wohltuend aufrichtig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Drozda.)

10.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor der Schlussrednerin darf ich recht herzlich die Lehrlinge der Voest bei uns auf der Galerie willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zadić. (Abg. Rossmann: Jetzt ist weder der Herr Bundeskanzler noch der Herr Europaminister anwesend! – Ruf bei der SPÖ: Das geht eigentlich nicht! – Zwischenruf der Abg. Bißmann. – Ruf: Der ist gerade aufs Klo gegangen! – Abg. Rossmann: ...der Herr Europaminister! – Ruf bei der FPÖ: Ich glaube, der Rossmann meldet sich zum Chefordner! – Abg. Noll: Herr Rossmann ist der einzige Aufmerksame! – Abg. Lugar – in Richtung des soeben den Saal betre­tenden Bundesministers Blümel –: Na, da ist er! Schauen Sie! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich darf Frau Abgeordneter Zadić das Wort erteilen. – Bitte.