11.20

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es kommt heute viel zusammen: die globalen Herausforderungen, das Budget, der Kampf gegen Steuerflucht, die Frage der Steuervermeidung auch durch Konzerne. Das alles sind Fragen, die eine ernsthafte Debatte verlangen, Fragen, die dringend politischer Rahmenbedingungen, politischer Entscheidungen bedürfen, Fragen, die Men­schen Sorge bereiten, die wiederum Fragen aufwerfen und die wir ernsthaft dis­kutieren müssen. Zu dieser ernsthaften Diskussion gehört meiner Ansicht nach schon auch, dass wir uns klar dazu bekennen, dass wir die Globalisierung regeln müssen und wollen, dass wir eine Wirtschafts- und Sozialordnung global benötigen, dass wir dem Trump’schen Protektionismus den Kampf ansagen wollen, dass wir aber auch unser Recht, unsere Werte, unsere Standards durchsetzen wollen. Handelsabkommen sind zur Stunde unser einziges Instrument, um unser Recht, unsere Werte, unsere Stan­dards global durchzusetzen. Es geht für mich daher nicht um die Frage, ob wir Handelsabkommen benötigen, sondern darum, wie wir sie gestalten, mit wem wir sie abschließen. (Beifall bei ÖVP und Neos.)

Zu einer aufrichtigen Debatte gehört für mich auch – trotz aller Unterschiede –, dass wir sagen, dass wir erfolgreich waren, denn das Handelsabkommen Ceta ist ein ge­mischtes Abkommen, es ist ein Erfolg der letzten Bundesregierung und auch ein Erfolg dieses Parlaments. Im Handelsabkommen Ceta haben sich unsere Standards durch­gesetzt, es ist deshalb seit acht Monaten in Kraft. Das, was noch offen ist, ist auch nicht mehr das, was vorgeschlagen war. Es gibt keine privaten Schiedsgerichte, es gibt keine Parallelgerichtsbarkeit. Es gibt offizielle Gerichte, keine Parallelstruktur. Richter aus beiden Kontinenten arbeiten zusammen. Es gibt kein internationales Abkommen ohne Investorenschutz und ohne Schiedsgericht, um dringend schnelle Verfahren abzuwickeln, wenn es zu Problemen kommt. Sagen wir doch, dass wir erfolgreich waren, dass auch dieses Parlament erfolgreich war, dass das Europäische Parlament und das nationale Parlament gemeinsam einige Veränderungen durchgesetzt haben, die nur durch das Engagement von NGOs, durch die öffentliche Debatte und durch die Parlamentarisierung erreicht worden sind! (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

Zweitens – in der vorangegangenen Debatte ist es schon gesagt worden, auch bei der Budgetfrage, und das kommt mir auch bei den Konzernen und den Menschen so vor – möchte ich sagen: Es wird so getan, als würden wir mit einer Gegenseite verhandeln. EU und Österreich sind keine Gegenseiten, EU und Österreich bedingen einander. Wir sind mitverantwortlicher Teil der Europäischen Union. Wir verhandeln zwischen den Institutionen der Europäischen Union, es heißt nicht: Österreich gegen die Europäische Union. Wir spielen auch nicht Konzerne und Menschen gegeneinander aus, ebenso wenig spielen wir Österreich und Europa gegeneinander aus. Wir haben aber vieles zu verbessern, das steht außer Streit.

Ich möchte aber schon daran erinnern, dass wir in Österreich durch wettbewerbsfähige Unternehmen, durch eine wettbewerbsfähige Industrie, durch den Binnenmarkt in den letzten Jahren 245 000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Ich möchte für das Euro­päische Parlament auch sagen: Ja, es ist inakzeptabel, dass multinationale Konzerne weniger als 1 Prozent Steuern zahlen, während kleine heimische Betriebe mindestens 25 Prozent Unternehmenssteuern zahlen. (Beifall der Abg. Yılmaz.) Daher haben wir im Europäischen Parlament zahlreiche Steuertransparenzabkommen mit Drittstaaten geschlossen, eine schwarze Liste für Steueroasen beschlossen, Sonder- und Unter­suchungsausschüsse eingesetzt. Wir haben die Geldwäscherichtlinie auf den Tisch gebracht, und es liegen weitere vier Dinge auf dem Tisch, die während der österreichi­schen Ratspräsidentschaft hoffentlich abgeschlossen werden, und zwar: mehr Fair­ness durch harmonisierte Steuerbemessungsgrundlagen; eine Digitalsteuer, die auch als Eigenmittel ins europäische Budget gehen kann, um die neuen Herausforderungen bewältigen zu können; mehr Transparenz durch öffentliche länderspezifische Berichts­pflicht; stärkerer Binnenmarkt durch die Schaffung eines EU-Mehrwertsteuerrahmens, damit wir die 40 Milliarden Euro an Mehrwertsteuerbetrug reduzieren können. (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Wir haben viel zu tun, gemeinsam viel zu tun. Wir haben schon viel erreicht, und was weiter zu tun ist, liegt auf dem Tisch – gehen wir es gemeinsam an! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

11.26

Präsidentin Doris Bures: Nun ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Mag.a Eve­lyn Regner zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Jarolim: Es wäre schön, wenn sich die Regierungsparteien an diese Grundsätze halten würden! – Ruf bei der ÖVP: Der Jarolim ist auch da! – Abg. Rosenkranz: Guten Morgen, Herr Jarolim!)